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Aus dem Wigwam – Der Donnervogel der Makah

Karl Knortz
Aus dem Wigwam
Uralte und neue Märchen und Sagen der nordamerikanischen Indianer
Otto Spamer Verlag. Leipzig. 1880

Der Donnervogel der Makah

n der Hütte eines der Häuptlinge an der Niah-Bay im Territorium Washington befindet sich ein großes Brett, welches von einem Clyoquot mit drei merkwürdigen Figuren bemalt ist. Dieselben repräsentieren T’hlukluts, den Donnervogel, Chetupuk, den Walfisch, und Hahektoak, ein fabelhaftes Geschöpf, welches den Blitz hervorbringen soll.

Die betreffenden Indianer glauben nämlich, dass das Geräusch des Don­ners und die Verdunklung des Himmels beim Gewitter von den großen Flügeln eines Vogels herrühren, der unter dem Namen Katait, T’hlukluts und Tutusch bekannt ist. Derselbe soll eigentlich ein Riese sein und sich nur auf den höchsten Wipfeln der Berge aufhalten.

Wenn er Hunger hat, so zieht er ein großes, aus Federn gemachtes Gewand an, schnallt sich mächtige Flügel um und setzt sich einen Vogelkopf auf, wonach er sich den Hahektoak oder Blitzfisch umbindet. Der Kopf jenes Fisches ist so spitz wie eine Nadel und seine rote Zunge sprüht beständig Feuer. So ausgeschmückt schwebt der T’hlukluts über dem Ozean und wartet auf Walfische. Sobald er einen bemerkt, lässt er den tödlichen Hahektoak in ihn fahren und trägt ihn danach in seinen scharfen Krallen zu seiner Felsenwohnnng, wo er ihn in der größten Gemütsruhe verzehrt. Zuweilen saust der Hahektoak auch spaßeshalber mit solcher Kraft in einen Baum, dass die Stücke nach allen Himmelsgegenden fliegen. Auch ist es schon vorgekommen, dass er Menschen getötet hat.

Sobald der Hahektoak in einen Baum oder einen anderen Gegenstand fährt, geben sich die Indianer alle mögliche Mühe, irgendeine Reliquie von ihm zu finden. Dieselbe soll den Besitzer mit allerlei nützlichen Eigenschaften versehen. Ein Knochen von ihm, der, wie erzählt wird, blutrot ist, soll jedem die Befähigung verleihen, Walfische mit der größten Leichtigkeit töten zu können.

Die Indianer, welche derartige Wunderdinge besitzen, zeigen dieselben jedoch nicht, da sie diese für große Heiligtümer halten, welche nur die rechtmäßigen Besitzer ansehen dürfen. Ein zum Kwinaiult gehöriger Krieger sah den Donnervogel einst auf einem hohen Berg sitzen und schlich unbemerkt so nahe an ihn heran, dass er eine seiner Schwanzfedern an einen Baum binden konnte. Als er fortflog, riss er die Feder aus, die jener Indianer nun als Amulett in großen Ehren hielt. Dieselbe soll 40 Meter lang sein. Trotzdem sie außer ihm noch niemand gesehen hat, so glaubt es doch jeder Indianer gern, da der glückliche Besitzer seither ungemeine Fertigkeit im Töten der Seeotter besitzt.