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Der Konstanzer Hans Teil 14

W. Fr. Wüst
Der Konstanzer Hans
Merkwürdige Geschichte eines schwäbischen Gauners
Reutlingen, 1852

Vierzehntes Kapitel

Hans kommt in neue Verlegenheiten. Er trennt sich von der Schleiferbärbel.

Die große Gefahr, welcher Hans soeben entgangen war, machte ihn sehr bedenklich. Er hatte wenig Lust, sein Gaunerleben fortzusetzen. Aber kaum hatte er die Freiheit eine Zeitlang wieder genossen, so kehrte auch der alte böse Geist in seine Seele zurück. Neue Einbrüche und Diebstähle wurde ausgeführt, bei denen er übrigens mit mehr Überlegung zu Werke ging. Am Ende schaffte er sich auch neue Kleider und einen neuen Pass an. Hierauf ging er mit dem schwarzen Toni, der nun sein Kamerad war, und mit der Schleiferbärbel nach Altenburg am Rhein. Dieser Kamerad verwundete ihn bei Nacht mit einem Säbel, wovon ihm eine starke Narbe im Gesicht blieb. Hans hatte die Schleiferbärbel im Verdacht, dass sie die Urheberin seiner Verwundung sei, jagte sie fort und befahl ihr, ihm nie mehr unter die Augen zu kommen. Jeder künftige Versuch von ihrer Seite, ihn wieder für sich zu gewinnen, blieb auch fruchtlos.

Dafür aber schloss Hans mit seinem ehemaligen Todfeind, dem Schinder-Peter, Freundschaft, was für seinen Charakter und seine Schicksale sehr nachteilig war. Bald darauf wurde gegen Hans’ Ansicht bei einer Näherin in Thalheim ein Diebstahl ausgeführt, der die Teilhaber alle ins Gefängnis brachte. Es war nämlich während des Stehlens ein Schnee gefallen und die Fußtritte verrieten den Aufenthalt der Diebe. Die Streifer nahmen die ganze Diebsgesellschaft, welche sorglos schlief, gefangen und lieferten sie am anderen Tage unter starker Bedeckung nach Tuttlingen.

Diese Gefangenschaft war für Hans äußerst gefährlich, weil er schon vor zwei Jahren in dieser Stadt in Verhaft gewesen war. Er und seine Genossen würden besser wegkommen, dachte er, wenn er die Sache ganz auf sich nähme, weil sie dann nicht als eine eng verbundene Diebsgesellschaft angesehen werden könnten. Seine Kameraden waren damit vollkommen einverstanden, weil sie jedenfalls den größten Vorteil dabei hatten. Dieser Verabredung gemäß gab nun Hans an, er komme aus Piemont, wo er als Soldat gedient habe und durchgegangen sei. Vor einigen Tagen habe er die Leute getroffen, die mit ihm eingeliefert worden seien. Ihnen allen habe es an verschiedenen Kleidungsstücken gefehlt, und er habe gewusst, wo man solche bekommen könne, da er in dieser Gegend bekannt sei.  Auf alle weitere Fragen gab Hans genügenden Bescheid. Seine Genossen verantworteten sich auch so, wie man sich vorher verabredet hatte.

Da das Verhör nicht streng war, so gaben sie sich der Hoffnung hin, mit einer leichten Strafe davonzukommen. Hans und Peter waren deshalb in ihrem gemeinschaftlichen Gefängnis sehr lustig. Als man ihnen aber ankündigte, sie würden zu weiterer Untersuchung an das Fürstenbergische Amt Hüffingen abgegeben, da wurde ihr bisheriger lustiger Ton sehr herabgestimmt. Sie nahmen sich vor, bald möglichst auszubrechen. Der Plan hierzu war sehr fein angelegt, misslang aber doch durch die Aufmerksamkeit ihrer Wächter, die bei ihnen im Gefängnis waren. Nun wurden sie, nachdem ihr Plan entdeckt war, enger geschlossen. Da rasten, tobten und fluchten sie fürchterlich, zwischen hinein beteten sie wieder eine Menge Rosenkränze her.

Wäre Hans so gefühllos und grausam gewesen, wie sein Kamerad, so wären die Wächter, wozu dieser riet, im Schlaf ermordet worden, damit sie hätten entfliehen können. Aber jener sagte: Warum sollen wir diese Unschuldigen töten? Gott rettet uns vielleicht durch ein anderes Mittel aus unserem Elend.

Da die Fürstenbergische Regierung nicht die sämtlichen Kosten der Gefangenschaft und Bewachung der Diebsgesellschaft übernehmen wollte, so wurde vonseiten Württembergs die Freilassung der Gefangenen beschlossen, wenn diese nicht von Hüfingen aus innerhalb eines bestimmten Termins abgeholt würden. Die festgesetzte Zeit verstrich, ohne dass man die Gefangenen abholte. Der Oberamtmann in Tuttlingen ließ ihnen nun die Fesseln abnehmen, die sie gegen drei Monate getragen hatten. Hans erhielt noch fünfzig Stockschläge auf den Weg, aber auch die väterliche Ermahnung, nicht mehr zu stehlen, indem der Oberamtmann ihm die große Gefahr und Strafe schilderte, die aus der Fortsetzung seiner Diebstähle notwendig entstehen müsse.

Die liebreiche Vorstellung dieses wackeren Beamten machte einen umso tieferen Eindruck auf Hans, weil er selbst schon im Gefängnis sich fest vorgenommen hatte, dem Gaunerleben ganz zu entsagen, das ihn schon so oft in die größten Gefahren gebracht hatte. Beide Gefangene wurden nun – jeder in anderer Richtung – über die Grenze geschafft.