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Im Zauberbann des Harzgebirges – Teil 10

Im Zauberbann des Harzgebirges
Sagen und Geschichten, gesammelt von Marie Kutschmann

Die Rosstrappe

Wenn man heute dem romantischen Lauf der Bode folgt, die nun freilich kein Strom mehr ist und nur noch im Frühjahr heftig dahinrauscht, dann kann man sich schwerlich einen Begriff davon machen, mit welcher rasenden Gewalt sie einst über Klippen und Gestein hinweggestürzt und sich ihr tiefes Bett durch gewaltige Felsenmassen gebahnt hat. Eine Vorstellung von der hier tosenden Kraft des Wassers gibt uns noch sein Weg zwischen Thale und Treseburg, wo der Fluss eng von gigantischen Felsmassen umstanden ist und über Geröll seinen Lauf nimmt, welches einst als mächtige Felssäulen emporstand, aber durch die Zeit, den Blitzschlag des Himmels, die Gewalt der Stürme, vor allem aber durch den nimmer müden Anprall der Wellen zertrümmert worden ist.

Nach vielen beschwerlichen Versuchen gelang es erst im Jahr 1865 durch Sprengungen einen Pfad zwischen Fels und Fluss anzulegen. Dies ist das Tal der Engen Wege, in welchem die Bode in jäher Hast über Klippenabsätze stürzt und durch die Gewalt ihres Sturzes ein tiefes Becken, den Bodekessel, gegraben hat. Schäumend und tosend braust hier das Wasser, um hastig seinen Lauf fortzusetzen, wie von unsichtbaren Mächten wieder hinausgeschleudert.

Ist es wohl ein Wunder, dass unsere Altvorderen, welche jede ihnen unerklärliche Naturerscheinung mit den wunderbarsten Fantasiegebilden ausschmückten, sich auch diesen Vorgang nicht anders erklären konnten, als dass Unholde und böse Geister hier ihr Unwesen trieben. Dies ist umso begreiflicher, als ihnen nicht wie uns die Möglichkeit geboten war, das Entstehen dieser tosenden Brandung in der Nähe zu sehen. Das Geräusch derselben schlug nur an ihr Ohr, wenn sie sich von den hohen, die Bode einengenden Felsen, dem Hexentanzplatz und der Rosstrappe niederbeugten.

Die Sage führt uns in altersgraue Zeit, in welcher noch das gewaltige Geschlecht der Hünen den Harz bewohnte.

Damals herrschte ein mächtiger König, dessen Gebiet sich über das ganze Gebirge erstreckte. Er hatte keinen Sohn, der nach seinem Tod sein Nachfolger hätte werden können, wohl aber war ihm eine liebliche Tochter erblüht. Ihr musste seine ausgedehnte Herrschaft zufallen, wenn er dereinst die Augen schloss. Daher nahte sich der schönen Emma mancher Bewerber, sie als sein Ehegemahl heimzuführen, denn die Aussicht, so der mächtige Gebieter des Harzes zu werden, war verlockend genug. Stolzen Sinnes aber wollte der König sein geliebtes, einziges Kind nur einem ebenbürtigen Herrscher geben, damit sich ihr Gebiet dereinst noch weit über den Harz hinaus erstrecken solle. Die schöne Emma war wohl zufrieden mit den Plänen ihres Vaters, denn sie liebte über alles die ungebundene Freiheit und fürchtete nichts so sehr als die Fesseln, die ein Gemahl und Eheherr ihr anlegen könnte.

Da sandte einst einer von des Königs Vasallen, der fern im Gebirge nur eine kleine Burg besaß, seinen Sohn Selmar an den Hof, auf dass er seinem Gebieter diene. Kaum hatte Emma den Jüngling erblickt, als seine Schönheit sie entzückte und seine Tapferkeit und sein edles Benehmen ihr Wohlgefallen im höchsten Grade erregten. Der Gedanke, sich der Herrschaft eines Gatten zu beugen, hatte nichts Abschreckendes mehr für sie. Als Selmar, der des Mädchens Liebe bald voll und ganz erwiderte, sie bat, seine Frau zu werden, willigte sie freudig ein.

Wie glücklich machten die Prinzessin die Beteuerungen ihres Geliebten, dass ihn nicht nach der Krone gelüste, dass er nur sie besitzen wolle, um mit ihr auf seiner einsamen, aber sicheren Burg ein Leben voll Wonne und Glückseligkeit zu führen.

Ohne Scheu trat sie vor den Vater hin und gestand ihm ihre Liebe zu dem Sohn des Vasallen; hatte sie es doch bisher noch nie erlebt, dass er seinem zärtlich geliebten Töchterchen eine Bitte abgeschlagen hatte. Wie erschrak sie daher, als ihr Vater in Zorn geriet und ihr heftig entgegnete, nie möge sie daran denken, die Frau eines seiner Untergebenen zu werden. Nur ein König bekäme ihre Hand.

Als sie endlich sah, dass kein Bitten, kein Flehen den stolzen Sinn des Vaters beugen könne, wurde sie bleicher und bleicher. Traurig und in sich gekehrt saß sie in ihrer Kammer. Selbst das Wiehern ihres Lieblingspferdes vermochte sie nicht ins Freie zu locken.

Es schmerzte den Vater wohl sehr, sein munteres Töchterlein hinwelken zu sehen. Tag und Nacht sann er hin und her, wie er dasselbe wieder glücklich und heiter machen könne, ohne doch seine Entscheidung zu ändern.

Endlich glaubte er einen Ausweg gefunden zu haben. Er ließ Emma und Selmar vor seinen Thron kommen. Als die beiden, keiner günstigen Stunde gewärtig, den ängstlich fragenden Blick zu dem strengen Herrscher erhoben, begann er: »Ist deine Liebe zu meiner Tochter so groß, Selmar, dass du mutig gegen schwere Gefahren kämpfen würdest, um ihren Besitz zu erlangen?«

»Fordere, was du willst, mein Gebieter. Für deine Tochter wage ich alles.«

Stolz blickte diese auf den kühnen Mut des Freundes, aber die Furcht davor, dass der Vater ein schreckliches Wagnis von ihm fordern werde, ließ selbst die starke Hünentochter erzittern.

Der König fuhr fort: »Wenn es also ist, wie du sagst, so wird dir mein Verlangen gering erscheinen und du wirst es mit Leichtigkeit erfüllen. Du magst also nach Island wandern, wo am Fuße des Hekla eine starke Burg erbaut ist. Ein gewaltiger Riese, der Erbfeind meines ganzen Geschlechts, haust in der Feste. Ihn zu bezwingen und zu töten sei deine Aufgabe. Zwei Jahre soll meine Tochter deiner harren; doch bist du dann noch nicht heimgekehrt, so gebe ich sie einem anderen zur Frau.«

Mit Entsetzen hatte Emma diese Worte vernommen. Sie wusste, dass schon mancher Tapfere dorthin gezogen war, das Ungeheuer zu bekämpfen, aber noch keiner war lebend zurückgekehrt. Ebenso gut aber sah sie ein, dass jedes Bitten, ihr Vater möge seinen harten Sinn ändern, vergeblich sein würde. So blieb den Liebenden nichts übrig, als sich dem Entschluss des Königs zu fügen.

Selmar zog bald von dannen mit den tröstlichen Worten, dass die Liebe zu Emma seine Kräfte stählen und er siegreich heimkehren werde. Sie möge nur geduldig und treu seiner Rückkehr harren.

Monde um Monde verrannen; noch immer war die Königstochter von Traurigkeit umfangen. Zwar suchte sie Trost zu finden, indem sie in wilder Hast zu Ross das Gebirge durchjagte; aber es war vergeblich. Nichts vermochte die furchtbaren Bilder von ihrer Seele zu scheuchen, in denen sie den Geliebten tot vor dem schrecklichen Riesen liegen sah.

Aber ihr Unglück sollte noch größer werden. Eines Tages teilte ihr der Vater mit, dass der König des Riesengebirges, der mächtige Bodo, sie zur Frau begehre, und dass er die Werbung dieses großen Herrschers freudig angenommen habe. Emma war entsetzt bei dem Gedanken, die Frau dieses Unholdes, der ein böser Zauberer war, zu werden. Seine feurig rollenden Augen und sein erschrecklich großes und hässliches Gesicht flößten ihr Schauder ein. Sie beschwor ihren Vater, sie diesem Grässlichen nicht zu opfern, aber auf alle ihre Bitten entgegnete derselbe, dass er solch einen Freier un­möglich abweisen könne; erstens, weil es töricht wäre, das Glück, in den Besitz unendlichen Reichtums zu gelangen, von sich zu stoßen, dann aber, weil bei einer Abweisung der Mächtigste der Riesen sich furchtbar rächen würde. Da drang Emma in ihren Vater, doch des Versprechens zu gedenken, welches er Selmar gegeben hatte, und wenigstens die jenem gesteckte Frist abzuwarten.

Nach einigem Zögern willigte der König darin ein, denn er glaubte, dass Selmar niemals heimkehren werde. Den mächtigen Bodo wusste er zu beschwichtigen und ihn noch ein Jahr hinzuhalten mit dem Versprechen, dass dann seiner Vermählung mit Emma nichts mehr im Wege stehen solle.

Die beiden Jahre waren vorüber. Vergeblich stand Emma von früh bis spät auf den Zinnen der Burg und spähte in die Ferne. Selmar kehrte nicht heim. Wohl aber sah sie nun den schrecklichen Bodo nahen, der der Zusage gemäß kam, sie zu holen. Auf ungeheurem schwarzen Ross flog er daher. Angst und bange wurde ihr, wie sie an seiner Seite einen mächtigen, weißen Zelter ohne Reiter erblickte, der augenscheinlich bestimmt war, sie in die Heimat des Verabscheuten zu tragen. Nun übergab er seinem Knappen die Pferde und betrat die Burg, die von seinen dröhnenden Schritten widerhallte. Die Furcht, dass ihr Vater sie nun werde rufen lassen, damit sie den Riesen begrüße, trieb die Unglückliche hinaus in den Wald. Dort wollte sie Abschied nehmen von den Plätzen, an denen sie einst glücklich gewesen war mit dem Geliebten.

So lehnte sie unter einer mächtigen Eiche, von deren Fuß die Liebenden oft hinausgeblickt in die Ferne und am Horizont die einsame Burg gesucht hatten, in der sie dereinst zufrieden und glücklich zu leben gedachten. Da plötzlich trat der heiß Ersehnte ihr entgegen. Namenlose Freude überkam sie, jauchzend flog sie in die Arme des Geliebten und im Wonnerausch des Wiedersehens vergaßen beide alles Leid, alles Ungemach.

Mit Schmerz aber bemerkte Emma gar bald, wie bleich und wie hinfällig ihr Selmar war. Auf ihre besorgten Fragen erfuhr sie, dass er zwar nach hartem Kampf den Riesen getötet habe, aber dabei selbst schwere Verwundungen davongetragen hatte, sodass er lange ans Siechbett gefesselt gewesen sei. Auch auf dem Ritt in die Heimat habe er manche Gefahren zu bestehen gehabt, die ihn verhinderten, zur bestimmten Zeit einzutreffen; doch nun, da er sehe, dass es noch nicht zu spät sei und die Geliebte noch seiner harre, sei er so glücklich, wie es Worte nicht zu sagen vermöchten.

Da erwachte Emma aus ihrem Glückstraum, und die Gegenwart mit all ihren Schrecken trat vor ihre Seele. Sie begann laut zu jammern und klagte dem Geliebten das bittere Leid, das ihr der Vater angetan hatte und das sie nun aufs Neue trennen würde.

Außer sich vor Schmerz und Zorn wollte Selmar sogleich auf die Burg eilen, um den gehassten Nebenbuhler zu töten, doch gab er Emmas Bitten nach, die ihm vorstellte, dass er nach den überstandenen Strapazen noch zu schwach sei und bei dem ungleichen Kampf unterliegen müsse. Nur List konnte die Geliebte den Händen des Unholds entreißen. Lange sannen beide hin und her und endlich glaubten sie einen Ausweg gefunden zu haben.

Ruhig, ja heiter betrat bald darauf Emma die Burg ihres Vaters, indessen Selmar sich in der Nähe verbarg.

Der wilde Bodo war entzückt von seiner reizenden Braut und überreichte ihre viele wertvolle Geschenke, unter denen sich auch der weiße Zelter befand. Freundlich dankend nahm Emma alles entgegen. Als er ihr aber das Pferd übergab, zeigte sie sich so hocherfreut, dass sie bat, es doch gleich einmal besteigen zu dürfen. Gern willfahrte der Riese diesem Wunsch und lehrte sie alle Zauberformeln, die sie anwenden müsse, um den Zelter zu leiten. Vermittelst dieser Formeln konnte sie denselben zum rasenden Galopp anspornen und im selben Augenblick durch einen anderen Spruch seinem Sturm Einhalt gebieten und ihn lammfromm einhergehen lassen.

Das Hochzeitsmahl sollte stattfinden. Emma erschien im glänzenden Gewand, die strahlende Krone der Harzkönigin, aus der Hunderte von Edelsteinen blitzten, in den blonden Haaren. Bodo berauschte sich im Anblick seiner Braut. Selbst der Vater schaute mit Entzücken auf die reizende Erscheinung, die so heiter und lieblich zu ihnen trat. Mit großer Besorgnis hatte er bisher an den für die Hochzeit festgesetzten Tag gedacht, da er fürchtete, sein widerspenstiges Töchterchen werde sich nicht fügen und noch im letzten Augenblick sich weigern, dem Zauberer die Hand zu reichen. Nun war alle Sorge vergessen, ja sie schlug, als Emma so glücklich und heiter schien, in die lauteste Freude um. Emma selbst versäumte nicht, die leeren Krüge immerfort mit frischem Met zu füllen, bis der Jubel mehr und mehr verstummte und sich die Folge des reichlich genossenen Getränks, eine unwiderstehliche Müdigkeit, aller Festgenossen bemächtigte.

Auf diesen Augenblick hatte Emma gewartet. Schnell eilte sie hinaus und bestieg ihren weißen Zelter. Selmar war ihr gefolgt und versuchte, sich des schwarzen Rosses zu bemächtigen, um durch die Entfernung desselben gleichzeitig den Riesen an der Verfolgung zu hindern. Aber weder Selmar noch Emma kannten die Zaubersprüche, durch welche das Pferd allein zu lenken war. Sowie sich ihm jemand nahte, schlug es wutschnaubend mit den Hufen und bäumte sich so, dass ein Besteigen unmöglich war. Emma trieb ängstlich zur größten Eile. So blieb ihnen kein anderer Ausweg, als dass Selmar sich hinter die Geliebte auf den Zelter schwang. Nun ging es in wildester Flucht von dannen. Fortstürmend wollten sie versuchen, die Burg Selmars zu erreichen, die für jeden, selbst für einen Zauberer, unzugänglich war.

Aber kaum war der Zelter nur durch die Tore der Burg gesprengt, da erhob der zurückgebliebene Rappe ein furchtbares Gewieher, dass die Berge davon widerhallten und Bodo aus seiner Trunkenheit aufgeschreckt wurde. Wutschnaubend bemerkte er die Flucht seiner Braut, schwang sich auf sein Pferd und stürmte wie auf Windes Flügeln den Flüchtigen nach. Immer rasender wurde der Ritt, denn auch Emma, als sie den Verfolger gewahrte, gebrauchte die stärksten Zauberformeln, um ihr Pferd zur Eile anzutreiben. Wie ein Gewittersturm ging es über Klippen und Höhen.

Schon schlug das höhnische Lachen des Riesen an ihre Ohren. Voller Angst stürmten sie weiter, als sie die Äste einer Eiche so nahe streiften, dass dieselben Selmar zu Boden schleuderten. Entsetzt bemerkte Emma den Sturz des Geliebten, aber sie durfte es nicht wagen, ihm beizustehen und ihn vor Bodos Wut zu schützen. Selmar war ein Mann und musste im Kampf sein Heil versuchen. Sie dagegen musste an ihre eigene Rettung denken, denn der Gefürchtete kam näher und näher. Unbeachtet ließ auch er Selmar liegen, ihn sollte seine Rache später treffen. Nun galt es ihm nur, Emma wiederzuerlangen.

Da plötzlich scheute Emmas Pferd, und vor sich sah sie einen gähnenden Abgrund, in welchem große Wassermassen zischend und tosend dahinschossen. Von Angst und Verzweiflung getrieben, suchte sie einen Ausweg. Doch vergeblich. Rückwärts konnte sie nicht, ohne in Bodos gefürchtete Hände zu fallen, und vor ihr tat sich nur der entsetzliche Schlund auf, den an der anderen Seite ebenso schroffe Felsengebilde begrenzten. Verzweiflungsvoll spähte sie hinüber. Mit triumphierendem Gefühl nahte nun ihr Verfolger, der schon die schöne Beute in seinem sicheren Besitz wähnte. Grauen und Furcht trieben Emma bei seinem Anblick zum Äußersten. Noch einmal schaute sie zu dem gefürchteten Unhold zurück, dann wagte sie das Schreckliche, sprach die stärkste Zauberformel, gab ihrem Pferd die Sporen und flog über den Abgrund wie ein Blitz. Die goldene Krone löste sich bei dem gewaltigen Sprung aus ihren Haaren und fiel in den Fluss, der unten vorbeiströmte. Sie aber erreichte das jenseitige Ufer, auf welches das Pferd mit dem Huf gewaltig aufschlug, dass derselbe sich tief in dem harten Felsen eindrückte. Bis auf den heutigen Tag ist dieser Eindruck noch sichtbar. Nach dem Sprung aber sank das Tier erschöpft nieder. Auch die Reiterin war fast ohnmächtig zusammengebrochen. Nur die Kraft blieb ihr, noch einmal ängstlich nach ihrem Verfolger zurück zu spähen. Wütend hatte dieser Emmas Tat der Verzweiflung gesehen, aber er war nicht willens, sich im letzten Augenblick noch seine Beute entgehen zu lassen. Alle Kräfte aufbietend, spornte er sein Pferd zum gewagten Sprung an und flog vom Felsen über den Abgrund dahin. Aber was der kühnen Emma gelungen war, ihm glückte es nicht. Sein Pferd sprang zu kurz, und mit furchtbarem Gebrüll stürzten Ross und Reiter in den brausenden Strom. Da verwandelte sich Bodo im Sturz vermittels seiner Zauberkünste in einen riesigen Drachen. Da er an derselben Stelle niederstürzte, an der auch Emmas Krone hinabgefallen war, bewacht er seitdem mit eifersüchtigen Augen die Krone. Kein Wesen darf sich nähern, um sie dem nassen Element zu entreißen. Der wütende Drache tötet alle, die dies Wagnis unternehmen. Wenige haben auch nur den tollkühnen Versuch gemacht, denn das Brausen und Tosen des Wassers, das schäumend aus dem Kessel emporspritzt, in welchem Krone und Drache ruhen, erfüllte alle mit Grausen und hielt sie von dem Furchtbaren zurück.

Nur einer hat es nach Jahren gewagt, sich in die grause Tiefe zu stürzen; doch nicht um in den Besitz der kostbaren Krone zu gelangen, sondern weil Ritterehre ihn zwang, ein gegebenes Wort einzulösen.

Emma hatte den furchtbaren Sturz ihres Verfolgers gesehen. Das selige Gefühl der Befreiung stählte ihre Kräfte, sodass sie bald in die väterliche Burg zurückkehren konnte. Als dann auch Selmar vor dem Thron des Königs erschien, wurde er als Besieger des gefürchteten Feindes in Island freundlich empfangen, und seiner Verbindung mit Emma wurde kein Hindernis mehr in den Weg gelegt.