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Im Gespräch mit Marc A. Herren zu Perry Rhodan Mission SOL Band 7

Marc A. Herren
Perry Rhodan
Mission SOL, Band 7
Eine kosmische Bestimmung

Science-Fiction, Heftroman, Hörbuch und E-Book, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, 6. September 2019, 64 Seiten, € 2,40, Titelbild: Dirk Schulz

Der im Jahre 1976 in Bern geborene Autor, der jederzeit gern die Besonderheiten seiner Schweizer Herkunft zur Sprache bringt, kann auf einen wechselvollen Lebenslauf zurückblicken. Der Sohn eines Bäckers besuchte die Höhere Fachschule für Wirtschaft, verbrachte ein paar Jahre in der Schweizer Armee, reiste viel und ließ sich an der New York Film Academy zum Filmemacher ausbilden.

Eine Greencard schlug Herren aus zugunsten der Arbeit als Teamleiter für E-Banking-Spezialisten in einer Schweizer Bank, einige Zeit als Tauchlehrer auf Gran Canaria und war zwischendurch Pressechef eines erfolgreichen Damenvolleyballteams. Er war jahrelang Teamautor der Perry Rhodan-Serie und Expokrat der Miniserie Arkon, entschied sich dann aber fürs Familienleben und arbeitet derzeit als Vollzugsverantwortlicher in einer Justizvollzugsanstalt im Berner Seeland. Aktuell schreibt er nur noch selten, hat sich dafür aber zum Zauberkünstler weitergebildet.

Alexandra Trinley: Marc, du hast lange keinen Perry mehr geschrieben. Wie kam es zu dazu?

Marc A. Herren: Dazu muss ich etwas ausholen. Ich war zwanzig Jahre lang Leser von Perry Rhodan und habe Autoren am Anfang, in der Blüte und im Herbst ihrer Schaffenskraft erlebt. Als ich bei meiner heißgeliebten Serie als Autor einsteigen durfte, habe ich mir immer gesagt, dass ich aufhören werde, wenn ich meinen eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werde. Dazu kam, dass ein Teil meiner Motivation, für Perry Rhodan zu schreiben, im Gedanken lag, dass ich mit meinen Romanen etwas hinterlasse, das auch nach meiner Zeit noch Bestand haben wird. Alle meine Romane sind stark autobiographisch geprägt.

Wenn ich in alten Texten blättere, erkenne ich sofort, was mich damals interessierte, inspirierte. Als ich 2014 heiratete und unsere Tochter zur Welt kam, hatte ich meine erste große Schreibkrise. Plötzlich war da etwas, das größer war als ich – und besonders meine Ansprüche an das Schreiben. Nach einer Auszeit stieg ich nochmals ein, schrieb ein paar – aus meiner Sicht – schöne Romane und erhielt dann die Gelegenheit, Arkon zu entwerfen. Diese Miniserie repräsentiert alles, was ich an Perry Rhodan liebe. Zudem packte ich Ideen hinein, z. B. Sahira Saedelaere, die sich über die Jahre entwickelt hatten.

Während der Arbeit daran merkte ich aber, dass dies alles so nicht mehr für mich stimmte. Das Perry-Schreiben und ich als Familienvater passten nicht mehr zusammen. Wenn ich zu Beginn meiner Schreibkarriere im Zug und in den unterschiedlichsten Ländern gearbeitet hatte, so musste ich mich nun von meiner Familie – mein erster Sohn war gerade unterwegs – isolieren. Dazu kommt, dass man unmöglich mit Perry-Schreiben in der Schweiz überleben kann, wenn man eine Familie miternähren muss. Ich konnte unmöglich meiner Frau Job und Haushalt zumuten, nur damit ich genügend Zeit zum Schreiben hatte – und dabei nur einen kleinen Teil zum Familieneinkommen beisteuern. Also suchte ich eine neue Stelle, fand sie im Justizvollzug bei der Arbeit mit Gefangenen im Resozialisierungsprozess – und wurde glücklich damit. Zwei Jahre später kam unser zweiter Sohn auf die Welt, die Geschichte Zuhause wurde noch aufwändiger und an regelmäßiges Schreiben war nicht mehr zu denken. Bis dann die kurze Anfrage von Kai kam, bei der ich nicht nein sagen konnte …

Alexandra Trinley: Hat dein Roman Bezüge zu deiner eigenen Miniserie Arkon?

Marc A. Herren: Nur in der Form von Sahira Saedelaere. Alaska erfährt endlich, dass er eine Tochter hat, die quasi unsterblich ist und – wie es der Zufall (?) will – dem gleichen kosmischen Geheimnis nachspürt, wie er selbst. Daneben habe ich mich sehr genau an das hervorragend ausgearbeitete Exposé von Kai gehalten.

Alexandra Trinley: Perry Rhodan ist Teamarbeit. War es schwer, nach all der Zeit wieder ins Gefüge hineinzufinden?

Marc A. Herren: Och, überhaupt nicht schwer. Der Austausch mit den anderen Autoren war äußerst anregend und lustig (wir haben einen Kommunikationskanal, über den wir ernsthafte und weniger ernsthafte Dinge diskutieren). Zudem stand mir Kai jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Wie oben schon angetönt, steuert er meines Erachtens die Serie sehr klug und umsichtig und liefert uns interessante und klug strukturierte Vorlagen. Kein Wunder, war Kai doch Teilnehmer von Michael Marcus Thurners Schreibcamps, bei dem ich auch zweimal als Dozent mitwirkte. Bei einem dieser Camps habe ich ihn übrigens auch für Arkon verpflichtet und er hat es mir mit einem wunderbaren Roman gedankt.

Alexandra Trinley: Kommen wir zu deiner Hauptfigur, die auf dem Titelbild ein wenig an Darkwing Duck erinnert. War das deine Idee?

Marc A. Herren: Nein, Darkwing Duck hat nicht als Inspirationsquelle Pate gestanden. Dafür verschiedene Batman-Titelbilder. Ich wollte unbedingt Alaska auf dem Cover haben, aber nicht so, dass man ihn eindeutig erkennt. Dies habe ich über Umweg über die Redaktion an Dirk Schulz gesteckt und er hat meine Ideen wunderbar umgesetzt.

Alexandra Trinley: Es gibt in deinem Roman viele Gedanken und Gespräche über die kosmische Ebene. Was macht einen kosmischen Menschen aus?

Marc A. Herren: Ich denke, er lässt sich mit einem heutigen Menschen vergleichen, der in größeren Maßstäben denkt. Nicht in lokalen, in staatlichen, sondern in weltlichen. Jemand, der nicht im egoistischen Klein-klein gefangen ist, sondern der sich über das Ganze Gedanken macht und als Weltbürger entsprechend handelt. Was uns hier und heute fehlt, ist ein Perry Rhodan, der die Staatsgrenzen zerstört, die Menschheit eint und Probleme ganzheitlich löst. Erst wenn wir uns nicht mehr als Berner, Schweizer, Deutsche, Österreicher sehen, sondern als Erdenbüger – als Terraner –, haben wir einen hoffentlich entscheidenden Schritt in der menschlichen Evolution gemacht. Analog dazu stehen für mich in der Serie die Zellaktivatorträger – allen voran Perry, Alaska und Atlan –, die in kosmischen Maßstäben denken. Sie sind aber immer noch Menschen geblieben und setzen sich auch für das Leben an sich ein.

Alexandra Trinley: Steht der kosmische Mensch über Gut und Böse? Dieser Konflikt beschäftigt vor allem die Heilerin Mahlia Meyun. Wie siehst du das persönlich? Ich meine, kannst du die in deinem Roman beschriebene Balance auch als real existierender Mensch vertreten?

Marc A. Herren: Ich denke, dass Gut und Böse nicht so einfach zu definieren ist. Es ist immer eine Frage der Ebene und der Perspektive. Ein kosmischer Mensch sollte nicht in schwarz/weiß denken. Er muss die Schattierungen abwägen, jede einzeln, egal, wie schwierig es ist. Er muss das große Ganze im Blick haben, ohne die Auswirkungen auf jedes einzelne Leben zu vernachlässigen. Perry Rhodan ist menschlich geblieben, das zeigt sich zum Beispiel in dem Moment, als Mahlia die Maske abnehmen will und er sie daran hindert. In dieser Szene war Mahlia diejenige, die in kosmischen Maßstäben handeln wollte, und Perry der »einfache Mensch«. Die Idee zu dieser Szene stammt übrigens von Kai und ich verbeuge mich dafür vor ihm.

Alexandra Trinley: Nun ist Mahlia eine sehr starke Persönlichkeit, die von einigen Konflikten zerrissen wird, wie sie stereotyp den Frauen zugeordnet werden, obwohl sie allgemein menschlich sind: das Hin- und Hergerissenwerden zwischen Kindern und Freiheit, zwischen einer neuen Liebe und der alten, abgestandenen Beziehung, zwischen Führungsverantwortung und Hadern mit der Welt. Dein Vorgänger, der Sozialarbeiter Hermann Ritter, führt sein Einfühlungsvermögen auf seinen Beruf zurück. Wie ist das bei dir?

Marc A. Herren: Da ich derzeit in einem klassischen Sozialarbeiterjob arbeite, kann ich nichts dagegen einwenden (grinst). Allerdings sollten meines Erachtens alle Autoren ein gewisses Maß an natürlichem Einfühlungsvermögen besitzen, egal, ob sie nun als Buchhalter, Lehrer oder Kabarettisten arbeiten. Romane, bei denen man den Eindruck erhält, dass die Autoren das Innenleben ihrer eigenen Figuren nicht verstehen, verlieren mich ziemlich schnell als Leser. Volz und Feldhoff waren Meister darin, Figuren zu erschaffen, mit denen man sich identifizieren konnte, egal, aus welchem Volk sie stammten. Ich selbst orte in meiner Empathie meine stärkste Begabung. Ich werde nie hohe Literaturpreise gewinnen, aber wenn ich meine Leserinnen und Leser erreichen kann, dann macht das mich glücklich.

Alexandra Trinley: Wie sieht deine aktuelle Arbeit eigentlich aus?

Marc A. Herren: Ich bin Fachverantwortlicher eines Teams aus fünf Vollzugsverantwortlichen. Wir kümmern uns um maximal 40 Gefangene, die für alle möglichen Delikte Strafen zwischen ein paar Monaten und ein paar Jahren absitzen. Unser Fokus liegt auf der Resozialisierung.

Ab dem ersten Tag im Strafvollzug beginnt die Vorbereitung auf die Zeit nach der Entlassung. Es klingt paradox, ist aber so. Wir sperren Menschen weg und bereiten sie ab diesem Zeitpunkt auf die Wiedereingliederung in der Gesellschaft vor. In unserer täglichen Arbeit erstellen wir Vollzugspläne, wir bereiten mit den Gefangenen ihre Urlaube vor und nach (unsere JVA bietet mehrheitlich offenen Vollzug an) und legen einen speziellen Fokus auf den Tag 1 nach dem Austritt. Optimalerweise verfügt ein Gefangener zu diesem Zeitpunkt über eine Wohnmöglichkeit, einen Job und ein funktionierendes soziales Netzwerk. Wenn dies gegeben ist, verbessert sich die Legalprognose massiv.

Wir sind sehr nahe an den Gefangenen und nehmen beispielsweise auch das Mittag- oder Abendessen zusammen mit ihnen ein. Wir haben ein offenes Ohr für kleine oder große Sorgen und wollen ihnen in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe geben. Insgesamt ein sehr interessanter Beruf, bei dem kein Tag gleich wie der andere aussieht.

Alexandra Trinley: Nun beginnt dein Roman ja auch im Gefängnis, es wird gekämpft und ausgebrochen, und die Polizei ist hinter unseren Helden her. Ich hatte das Empfinden, du würdest da mal richtig Räuber und Gendarm spielen und hättest am Rollenwechsel Spaß. Stimmt das? Und hat dir der reale Strafvollzug bei der Gestaltung geholfen?

Marc A. Herren: Der reale Strafvollzug hilft mir generell, Menschen besser zu verstehen. Ihre Psyche, ihre dunkle Seite – und dass die Menschen hinter Gittern im Grunde die genau gleichen Menschen wie du und ich sind. Der Strafvollzug kann jeden treffen. Das nur dazu. Lustigerweise stand die ganze Verfolgungsjagd so nicht im Expo. Ich habe das erste Kapitel geschrieben, als das ganze Expo noch gar nicht stand.

Kapitel 1 hatte damals 15.000 Zeichen. Ich schickte es Kai zu und er gab mir das Feedback, dass arg viel gesprochen und wenig gehandelt wird. Ich soll doch bitte etwas Action machen, bevor sich die vier Personen zu zwei Teams aufteilten und transmittierten. Also machte ich mich an die Flucht und Verfolgung und erhielt so die Gelegenheit, die Charakterisierungen von Mahlia, Pravo und Alaska voranzubringen. Ehe ich es mir versah, hatte ich zwei Kapitel und an die 60.000 Zeichen – und war bereits in Nöten, was die Gesamtlänge des Romans anbelangte.

Ich freue mich, dass diese doch eher schwierige und langwierige Arbeit als Autorenspaß rüberkam. Sie war es nicht und ich ärgerte mich einige Male, wenn ich merkte, dass ich länger und noch länger wurde dabei. Wie oft hatte ich in Schreibwerkstätten gepredigt, wie ich jede einzelne Szene plante und dabei auch gleich immer wusste, wie lang diese werden sollte. Bei diesem Manuskript habe ich mich – zumindest zu Beginn – ziemlich verfahren. Aus den anvisierten 180.000 Zeichen wurden über 200.000 und ich musste wertvolle Zeit einsetzen, um etliche Szenen zu kürzen. Eine Arbeit, die ich so bislang nicht kannte.

Alexandra Trinley: Eine Frage noch zum Cappin-Fragment. Magst du für die Neuleser unter uns dessen Geschichte erzählen?

Marc A. Herren: Oh. Da rate ich euch, entweder die hervorragende Perrypedia zu Hilfe zu nehmen oder die alten Alaska-Romane nachzulesen. Als Geheimtipp empfehle ich den zweiten Band der Kosmoschroniken. Hubert Haensel hat eine großartige Alaskageschichte verfasst.

Alexandra Trinley: Und was ist eine Proto-Chaotische Zelle?

Marc A. Herren: Da musst du die restlichen PRMS-Romane lesen. Ich weiß es nicht.

Alexandra Trinley: Wirst du wieder mal etwas für Perry Rhodan schreiben?

Marc A. Herren: Das würde ich gerne. Ich habe gemerkt, dass ich das Schreiben nach wie vor liebe und zeitweilen verfluche. Und dass ich mit meiner Familie grundsätzlich zu wenig Zeit habe, um mich intensiv dem Romanschreiben widmen zu können. Zumindest jetzt, wenn die drei Kinder noch so klein sind.

Was ich ganz sicher schreiben möchte, ist ein großer Roman, in dem Sahira und Alaska nach dem Nexiom suchen. Allerdings müsste dazu Alaska die aktuelle Miniserie überleben, was leider nicht so ganz gesichert ist. Da heißt es daumendrücken und hoffen. Bis es soweit sein sollte, dass ich wieder Perry schreibe, werde ich hoffentlich das eine oder andere private Romanprojekt stemmen. Ich habe immer noch einen Jugendroman, den ich begonnen habe zu schreiben. Dazu einen bereits ausgetüftelten Krimi, den ich nur noch niederschreiben müsste.

Abseits vom Schreiben habe ich die Zauberei für mich entdeckt und besuche das eine oder andere Seminar dazu. Mein Fernprojekt ist eine Art Zaubershow am nächsten GarchingCon, bei der ich verschiedene Mutantenfähigkeiten vorführe, also beispielsweise Telepathie, Telekinese oder gar Teleportation. Der großen PR-Gemeinde werde ich also auf die eine oder andere Art erhalten bleiben.

Alexandra Trinley: Dann mal vielen Dank für die Auskünfte!

Marc A. Herren: Gerne.

Eine Lese- und Hörprobe des Romans findet man hier.