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Guido von Scharfenstein – Kapitel III

Guido von Scharfenstein, der mächtige Bezwinger der Zauberer und Hexen, und die wunderbare Rose
Eine Ritter- und Zaubergeschichte aus guter alter Zeit
J. Lutzenberger Verlag Burghausen

III.

Drei Tage bereits war Ritter Guido mit seinen drei Knappen unterwegs. Der Anweisung Leutholds folgend, zog er immer gegen Süden, ohne dass ihm bisher das geringste Abenteuer zugestoßen wäre.

Ein majestätischer Urwald nahm soeben unseren Ritter auf. Die hohen Eichen rauschten vom frischen Frühlingswind angeregt. Die Einsamkeit des Waldes machte Guido nachdenklich. Er ließ das Haupt auf die Brust sinken und dachte an Rosamunde.

Das ferne Wiehern eines Rosses weckte Guido aus seinem Nachdenken, denn solche Töne verfehlten nie ihre Wirkung auf ihn.

Zugleich kam einer der Knappen herangeritten und fragte »Herr Ritter, es zieht ein Haufen Reisiger heran. Ich habe soeben die Harnische durch das Laub blinken sehen. Soll ich auf Kundschaft vorwärts reiten?«

»Nein, bleib hier«, versetzte Guido und schlug das Visier seines Helmes nieder. »Wir wollen ihnen entgegen reiten, sei es, wer es sei.«

Er hatte noch nicht ausgeredet, als ihm die gepanzerte Schar entgegenkam und anhielt, als sie Guido mit seinen Knappen gewahr wurde. Auch dieser parierte sein Ross und betrachtete sich die Begegnenden. Es waren wohl ihrer zehn Ritter, denen voran ein hochgewachsener Mann hielt, in einer stahlblauen Rüstung auf einem schwarzen normannischen Streithengst.

Sein Wappenschild war eine in einen Kreis geringelte Schlange. Dasselbe Symbol zierte auch den Helm des Ritters.

»Gelüstet es Euch, Herr Ritter, mit Guido von Scharfenstein eine Lanze zu brechen, so gebietet Euren Leuten, dass sie uns Platz machen und legt ein!«, begann dieser.

»Ei, seht doch, mein junger Kampfgenosse«, war des fremden Ritters Erwiderung, »wie Ihr mir zuvorkamt. Ich wollte Euch dasselbe Anerbieten machen. Aber seht Euch wohl vor. Ich bin Bruno von der Schlangenburg, werde aber gewöhnlich nur der Schlangenritter genannt. Ich pflege stets eine Bedingung zu machen, wenn ich mit einem mannhaften Ritter kämpfe.«

»Nun so lasst sie hören, aber macht es nicht zu lang, denn ich brenne vor Begierde, Euch in den Sand zu strecken!«

»Oho, Ihr sprecht ja ungemein kühn, Herr Ritter von Scharfenstein! Doch hört meine Bedingung: Wenn ich Euch besiege, so müsst Ihr mir folgen, so wie diese zehn Ritter, und mir zur Befreiung meines trauten Weibes behilflich sein, das mir ein schändlicher Zauberer geraubt hat und nun in seiner höllischen Burg gefangen hält. Seid Ihr das zufrieden?«

»Freilich bin ich es, und stelle nur die Gegenbedingung, dass, wenn ich Euch besiege, Ihr dann ungesäumt die Befreiung Eures Weibes unternehmt, ohne noch länger auf den Straßen Hilfe hierfür zu suchen, denn mich gelüstet es sehr nach einem größeren Abenteuer.«

»Wohlan, Ritter Guido! Es sei so. Und nun, Ihr Leute, macht Platz, damit ich diesem Ritter zeige, dass Ihr von keinem gewöhnlichen Kämpfer besiegt wurdet.«

Die Ritter und ihre Knappen zogen sich zurück. Ein Gleiches tat auch Guido mit seinen Knappen. So war ein schmaler langer Raum als Kampfplatz ausgemittelt. Die beiden Streiter fassten sich gegenseitig fest ins Auge, senkten ihre Lanzen ein wenig zur Begrüßung und als Zeichen zum Beginn des Kampfes. Da brausten sie gegen einander los und trafen mit gewaltigem Stoß zusammen. Beide Rosse berührten mit dem Sprunggelenk den Boden, aber die Streiter blieben fest im Sattel und betrachteten mit Unwillen den Stumpf der zersplitterten Lanzen. Der Schlangenritter hatte etwas gewankt, hielt sich aber im Gleichgewicht. Guido aber saß fest und unerschütterlich wie eine Mauer.

»Ihr führt fürwahr einen gewaltigen Stoß«, sprach Bruno, nachdem sich sein Unwille etwas gelegt hatte. »So sah ich noch keinen meiner Lanze widerstehen und noch keiner brachte mich so zum Wanken.«

Zum zweiten Mal rannten die Streiter gegeneinander. Der Anprall war nicht minder kräftig, aber Guido hatte für diesen Ritt seine Besonnenheit noch mehr gesammelt, zielte vorsichtiger gegen den oberen Körperteil seines Gegners und hielt sein Ross mit kräftigem Schenkeldruck aufrecht. Ebenso strengte sich auch der Schlangenritter an, denn der Gedanke, hier seinen Ruhm der Unbesiegbarkeit zu verlieren, war ihm unerträglich. Allein alle Mühe war vergebens. Seine Lanze zersplitterte abermals an Guidos gepanzerter Brust, er selbst aber wurde aus dem Sattel gehoben und fiel rasselnd zur Erde.

Bruno erholte sich unter den Händen seiner Freunde und seines Besiegers bald von dem schweren Fall, richtete sich auf und starrte Guido verwunderungsvoll an. »Wenn Menschen Euch erzeugt haben, Herr Ritter!«, sagte er, »so seid Ihr trotz Eurer Jugend der beste Kämpfer, der mir jemals vorgekommen ist. An Euch gewinnt meine Sache einen mächtigen Bundesgenossen, denn Ihr vermögt am Ende allein so viel, wie wir alle zusammen. Ihr seid mein Meister geworden und seid nun unser aller Anführer im Kampf. So sehr es mich auch wurmt, dass ich von einem Jüngling überwältigt wurde, und ihm nun dienstbar sein muss. Doch grolle ich Euch deshalb nicht im Geringsten.«

»Ganz recht, Herr Ritter!«, versetzte Guido; »doch lasst uns nun aufbrechen und den Zweck unserer Bestimmung, die Befreiung Eures Weibes, verfolgen.«

Guido und Bruno ritten nun dem Zug voran.

Der Erstere fragte: »Sagt mir doch, Bruno, welche Bewandtnis es denn eigentlich mit dem Räuber Eures Weibes hat. Ihr nanntet ihn, wenn ich nicht irre, einen Zauberer?«

»Das ist er auch«, versetzte der Schlangenritter, »und zwar einer von der schlimmsten Gattung. So viel ich erfahren habe, ist Gundelbart, so heißt der Zauberer, von der berüchtigten Hexe Xanda und einem scheußlichen Ungeheuer, das halb Tier, halb Mensch sein soll, gezeugt worden; daher eine höchst widrige Missgestalt, halb Affe, halb Mensch, so lange er in seinem Schlupfwinkel, den er eine Burg nennt, haust. Aber wenn er auszieht, die Unschuld zu verführen und grenzenloses Elend bei redlichen Menschen anzustiften, kann er sich in einen schönen und kräftigen Rittersmann verwandeln. Das eben ist die verführerische Eigenschaft, die ihm seine scheußliche Gebärerin zugewendet hat. Dadurch wird er den Frauen und Jungfrauen so gefährlich. Er hat auch eine Schwester, namens Gundelberta, die eben solch ein widerwärtiges Geschöpf sein soll, aber unter der Gestalt einer minniglichen Jungfrau den Jünglingen und Männern ihre Netze stellt. Mit ihr bewohnt er sein Sündennest und lauert auf Beute.«

»Aber sagt mir doch«, fragte Guido, »wenn er nur mit seiner ekelhaften Schwester eine Burg bewohnt, warum habt Ihr denn nötig, so viele wehrhafte Ritter gegen ihn zu führen?«

»Weil ich weiß, dass deren vielleicht leider noch nicht genug sind, denn seine Burg, die zwar eher eine Höhle heißen könnte, wird von breitem, fauligen Wasser umstanden, worüber nur eine Brücke führt. Diese Brücke ist bewacht von allerhand Ungetüm. Er selbst erhebt sich auch riesengroß gegen seine Feinde, wenn sie ihn in seiner Behausung bekämpfen wollen.«

»Und ist denn Euer Weib auch von ihm verführt?«

»Das wolle Gott verhüten. Meine Utta ist die schönste und tugendhafteste Burgfrau weit und breit. Da dem Unhold es nicht gelang, sie zu verführen, so wandte er alle List darauf an, sie zu entführen, was ihm vermöge seiner Zauberkraft wohl leichter gelang. Mit einem Mal war mein Weib verschwunden. Ich war beinahe rasend und gönnte mir weder Ruhe noch Rast, um sie wieder aufzufinden; doch vergeblich. Da erfuhr ich von einem frommen Pilger, dass Gundelbart der Räuber meines Weibes sei. Er beschrieb mir die Lage seiner Burg und gab mir den Rat, dass ich ausziehen und jeden Ritter, der mir auf dem Weg begegne, zum Kampf herausfordern soll. Auf diese Weise, sagte er, würde ich auch den rechten finden, welcher allein die Kraft besäße, mit einem solchen Ungeheuer zu kämpfen. Vielleicht seid Ihr derjenige, den der Pilgrim meinte.«

»Wollte Gott, dass ich es wäre, denn seitdem ich Eure Lage und den Schurken Gundelbart kenne, habe ich eine wunderbare Sehnsucht, Euch nach Kräften beizustehen.«