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Elbsagen 34

Elbsagen
Die schönsten Sagen von der Elbe und den anliegenden Landschaften und Städten
Für die Jugend ausgewählt von Prof. Dr. Oskar Ebermann
Verlag Hegel & Schade, Leipzig

34. Hans Jagenteufel, der wilde Jäger bei Dresden

Am 13. Oktober des Jahres 1644 war eine gewisse Katharine Ullmann sonntags früh mit ihrer Tochter in die Heide gegangen. Sie hatten anfangs Holz gesucht, dann aber Eicheln auflesen wollen, bis es um 11 Uhr mittags geworden war. Als sie nun zur Predigt läuten hörten, war die Tochter fortgegangen, weil es sehr geregnet hatte, und die Mutter, welche an einem Grund nicht weit von dem Ort, der das verlorene Wasser heißt, stand, hatte eine Viertelstunde danach ein Jägerhorn stark blasen hören. Dann war etwas starkgefallen, als ob ein starker Baum umstürzte. Sie war darüber sehr erschrocken. Da sie glaubte, dass es Förster wären, hatte sie ihr Säckchen mit Eicheln ins Gestrüpp getragen. Kurz darauf hatte sie es wiederum blasen hören. Als sie sich umgesehen hatten, da war ein Gespenst zwei Schritte von ihr vorübergeritten, das folgendermaßen ausgesehen hatte. Ein Grauschimmel mit Sattel und Zeug trug einen Reiter ohne Kopf. Der hatte einen Rock aus grauem Tuch an, einen Hirschfänger an der Seite, ein Jägerhorn auf dem Rücken und trug schwarze Stiefel mit Sporen. Der war anfangs schnell, dann langsam vorübergeritten, sodass sie ihm ziemlich weit hat nachsehen können. Sie war bis halb 3 Uhr dort allein geblieben und hatte sich mit Eichelsuchen beschäftigt. Den neunten Tag hernach war dieselbe Frau früh abermals in die Heide gegangen und hatte da bis mittags nach 11 Uhr Eicheln gesammelt. Als sie sich an der Radeberger Straße beim Fürstenberg im Gestrüpp neben ihrem Eichelsack niedergefetzt und einen Apfel geschält hatte, hörte sie eine Stimme gehört, die folgende Worte sprach:

»Habt Ihr den Sack voll, seid Ihr auch nicht gepfändet worden, so habt Ihr gute Förster?«

Sie antwortete: »Ja, die Förster sind fromm, sie haben mir nichts getan.«

»Ach Gott! Sei mir armen Sünder gnädig.«

Als sie zur Seite aufwärts gesehen hatte, sei ein Mann an ihrer rechten Seite ohne Pferd gestanden, der habe den Kopf mit bräunlichen und krausen Haaren unter dem linken Arm gehabt, sodass sie das Gesicht nicht sehen konnte. Auf dem grauen Rock hatte er ein kleines schmales Überschläglein, unter dem aufgeschlagenen Rock ein gelbledernes Wams mit grünen Schnüren und grünen Ärmeln, das Jägerharn auf dem Rücken, den Hirschfänger auf der Seite, auch Stiefel mit Sporen angehabt und hierauf weiter gesagt: »Hieran tut Ihr recht und wohl, dass Ihr um Vergebung der Sünden bittet. Die Förster sollen die Leute die Eicheln auflesen lassen, es sind viele arme und vertriebene Leute, die es benötigen. Sie sollen deshalb gelinde und nicht scharf sein. Wollte Gott, ich wäre in meines Vaters Fußstapfen getreten, wozu er mich oft ermahnt hatte, dass ich den Leuten nicht zu scharf sein solle, so wäre ich nicht vor 133 Jahren durch Saufen und Trunkenheit zu dieser Verdammnis gekommen. Mein Vater hat Hans Jagenteufel geheißen und ich heiße auch Hans Jagenteufel, bin meines Vaters einziger Sohn, und ebenso wie mein Vater Förster hier gewesen. Die Menschen sollen Buße tun und sich bekehren, oder Gott wird eine große Strafe über die Stadt Dresden ergehen lassen, dass zwei neue Armeen ankommen werden. Die eine ist schon im Anzug. Wenn die Stadt noch nicht Buße tut, wird Gott sie mit einem so großen Sterben strafen, dass nicht genug Totengräber zu erlangen sein werden, die Menschen zu begraben. Ihr Menschen verachtet Gott und sein Wort, Gott wird sich von euch wenden mit seinem Wort und Sakramenten. Wollte Gott, dass ich mich hätte bekehren können, so wäre ich durch Saufen und Trinken zu dieser Verdammnis nicht gebracht worden. Sage es ihnen, sie sollen herzliche Buße tun, sich zu Gott bekehren, von der großen Sünde, Saufen, Völlerei, Spielen, Wuchern, Gotteslästern, Fluchen und Schelten abstehen, denn Gott ist über euch sehr erzürnt, dass er auf seinem Stuhl blutige Zähren weint. Werden sie sich bekehren, so wird Gott auf das kommende Jahr an Korn, Wein, Obst und allen Früchten mehr und reichlicher geben als die vergangenen Jahre. Wollt Ihr es ansagen, so gebt mir die Hand darauf.«

Sie, die Frau, sei aber dermaßen erschrocken und habe nicht gewusst, was sie tun sollte. So habe sie der Mann abermals gefragt.

»Wollt Ihr es ansagen?«

Sie habe darauf mit erschrockenem Gemüt ja gesagt, der Mann ihr die rechte Hand geboten und weiter gesagt: »So gebt mir die Hand darauf«, was sie in Gottes Namen getan hatte, wobei sie gefühlt habe, dass des Mannes Hand wie Schnee kalt gewesen sei.

Da habe sie sich erschreckt und mit der Hand gezuckt, worauf der Mann wieder gesagt habe: »Fürchtet Euch nicht, meine Hand ist Euch kalt anzufühlen. Mir aber brennt sie ewiglich und ohne Ende. Ich bin nicht gekommen, die Menschen zu quälen, ich bin selbst gequält.«

Darauf sei er verschwunden.