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Der Alte vom Berge – Kapitel 13

C. F. Fröhlich
Der Alte vom Berge
Oder: Taten und Schicksale des tapferen Templers Hogo von Maltitz und seiner geliebten Mirza
Ein Gemälde aus den Zeiten der Kreuzzüge
Nordhausen, bei Ernst Friedrich Fürst, 1828

XIII.

In der Kleidung eines vornehmen sarazenischen Kriegers floh der Ex-Komtur nach dem Libanon zu. Ehe er ihn aber erreichte, wurde er von zehn rüstigen Sarazenen überfallen, die ihn an Händen und Füßen banden und quer über einem Pferd befestigten. Nun bereute er ernstlich, seinen Entschluss entflohen zu sein, aber es war zu spät.

In einer versteckten Felsenhöhle wurde Halt gemacht. Erst jetzt bemerkten die räuberischen Sarazenen, dass sie keinen Glaubensgenossen, sondern einen verkleideten Christen gefangen hatten, worüber sie ein Freudengeschrei ausstießen. Der Anführer machte sogleich Anstalt, ihm den Kopf abzuschneiden, aber der Ex-Komtur versprach ihnen in der Angst seines Herzens reichlichen Lohn, wenn sie ihm das Leben schenken wollten. Die Sarazenen hörten und glaubten seinen Worten, weil sie es wünschten, und schenkten ihm das Leben unter der Bedingung, wenn er sein Versprechen beschwören wollte. Der Elende legte sogleich den feierlichen Schwur ab, dass er ihnen behilflich sein wollte, den Großmeister der Templer zu ermorden, welcher Gold und kostbare Steine an sich trage. Zur Ausführung des schwarzen Vorhabens bestimmte er den ersten Tag im nächsten Monat, weil da gerade jedes Mal beim König ein Bankett gegeben würde, wobei der Großmeister sei. Wenn er in der Nacht zum Tempelhof zurückreite, sei die Ermordung leicht.

»Der Sultan zahlt für den Kopf des Großmeisters,« fuhr jener fort, »wenigstens fünfzig Goldstücke, und nimmt euch unter seine Leibwache mit den vergoldeten Spießen!«

Obwohl sie dem entflohenen Templer nichtganz trauten, so freuten sie sich doch über die zu erwartende Beute. Mit Sehnsucht wünschten sie den ersten Tag des Monats herbei, der nach des Ex-Komturs Berechnung nicht mehr fern sein konnte. Aber auch er machte hohe Pläne. Mit dem Kopf des verhassten Großmeisters wollte er sich zum Sultan begeben, ein Muselmann werden und dem Sultan die Vernichtung des Kreuzheeres sowie die Eroberung Jerusalems recht leicht schildern, wenn er ihm das Oberkommando anvertrauen wollte. Schon sah er sich im Geist als Oberfeldherr vor den Mauern Jerusalems, sah, wie die Christen um Gnade flehten, die er ihnen auch bewilligte, nur die Templer ließ er niederhauen und den vorwitzigen Pannerer Hugo auf die schrecklichste Art foltern. Er hörte sein Geschrei, sein Flehen und lächelte dazu.

Nach seiner Anordnung wurde die Kleidung der Sarazenen etwas geändert und ein Kreuz daran befestigt.

So ausgeschmückt, wanderten sie hoffnungsvoll auf Jerusalem zu. Er selbst hatte das Gesicht ganz braun gefärbt und durch schwarze Flecken ganz verunstaltet. Unbehindert kamen sie in Jerusalem an und gingen in ein Wirtshaus. Dort erfuhren sie, dass nicht heute, sondern erst den nächsten Tag der Erste des Monats sei, wo beim König ein Bankett gehalten würde.

Die Sarazenen, dem Templer nicht ganz trauend, belauerten jeden seiner Blicke und jedes seiner Worte. Zum Glück wurde dieses Wirtshaus von Kreuzfahrern wenig oder gar nicht besucht, sonst wäre eine Entdeckung leicht gewesen.

Der so sehnlich erwartete Abend erschien endlich. Der Elende lächelte und zitterte vor Wut über seine nahe Rache.

Dem neuen Großmeister zu Ehren wurde heute das Bankett mit vieler Pracht gefeiert. Der Palast des Königs war herrlich erleuchtet. Pauken und Trompeten schmetterten herab und verschiedene Toasts wurden ausgebracht. Zwei riesenmäßige Deutsche von der Leibwache des Königs hielten den Haupteingang besetzt.

Die Gauner lauerten an einer Ecke auf den braven Großmeister. Mit übereinandergeschlagenen Armen stand der Ex-Komtur da und dachte, dass auch er heute als Großmeister hier sein könnte, wenn er sich nicht durch den Sultan hätte bestechen lassen, am nächsten Kampf wenig oder keinen Anteil zu nehmen.

Es war noch nicht Mitternacht, als die Tafel aufgehoben wurde. Die Musik ertönte lieblicher und Paar reihte sich an Paar. Dies war das Zeichen, dass sich die Anführer der geistlichen Orden entfernen würden.

»Seid bereit!«, sagte er zu den Gaunern.

Zwei prächtige Pferde wurden vorgeführt und gleich darauf traten aus dem hohen gewölbten Eingang die beiden Großmeister der Johanniter und Templer, Arm in Arm, und bestiegen die Pferde. Zwei dienende Brüder warteten bereits seitwärts.

Der Ex-Komtur knirschte vor Wut mit den Zähnen, als er daran dachte, dass der Großmeister der Johanniter die Hauptursache sei, dass er die Stelle nicht erhalten, weil er ihn mit der flachen Klinge entehrt habe.

Als sich die beiden Großmeister trennten, beorderte er fünf der Gauner, den Johanniter zu erdolchen. Er selbst wollte mit den Übrigen den Templer vornehmen. Im Wirtshaus wollten sie wieder zusammentreffen.

Der Gebieter der Johanniter sprengte in Begleitung des dienenden Bruders im schnellsten Trab durch die Straßen, sodass die Gauner unvermögend waren, ihm zu folgen und er hierdurch glücklich der ihm drohenden Gefahr entging.

Der Gebieter der Templer hingegen ritt nur Schritt. Plötzlich fielen zwei Gauner dem Pferd in die Zügel.

»Was soll dies?«, fragte er mit heftiger Stimme. Ehe er noch zum Schwert griff, verwundete ihn der Ex-Komtur heftig mit dem Schwert am rechten Arm, während zwei seiner Genossen ihm die Schwerter in den Leib stießen. Mit einem Ach! sank er vom Pferd.

Der, in einer Entfernung von zwanzig Schritten ihm begleitende dienende Bruder hatte sein Schwert gezogen, stürzte auf die Mörder und schrie aus voller Kehle nach Hilfe. Schon lag aber bereits der brave Großmeister tot auf der Erde und die Mörder standen im Begriff, ihm den Kopf abzuschlagen, als aus den nächsten Häusern Krieger herauseilten. Die Mörder zeigten sich feige. Sie begnügten sich mit dem blutigen weißen Mantel des Großmeisters und ergriffen schleunig die Flucht. Klagend stürzte sich der dienende Bruder auf die Leiche des Großmeisters, wodurch die Mörder Zeit gewannen, sicher zu entkommen.

Zu spät erst wurde an die Verfolgung der Mörder gedacht. Die kriegerische Trompete ertönte. Die Krieger erwachten und griffen zu den Waffen. Patrouillen durchstreiften alle Straßen und die Templer ritten sogar im freien Feld umher.

Der nichtswürdige Ex-Komtur schrieb mit innerer Freude auf ein Stück Pergament, welches er dem Wirt mit der Weisung übergab, solches im Tempelhof abzugeben.

Ich habe Wort gehalten. Montfourat fiel durch meine Hand und nächstens wird der Großmeister der Johanniter und der Pannerer Hugo ein gleiches Schicksal haben.

Der Komtur von Wallis

Mit seinen Genossen erreichte er glücklich eine Pforte. Der Wächter öffnete solche für eine Kupfermünze schnell, und die Gesuchten befanden sich nun schon ziemlich in Sicherheit. Die einzeln umherstreifenden Templer stießen durch Zufall nicht auf die Fliehenden und so kamen sie wohlbehalten wieder in der Höhle an. Der Ex-Komtur erhielt böse Mienen von den goldgierigen Sarazenen, worüber er nicht in geringe Angst geriet. «Verdammter Christenhund«, begann der Anführer der Sarazenen, »du hast uns schändlich belogen. Der Großmeister hatte weder Gold noch Edelsteine an sich, ich habe genau nachgesehen.«

»Dieser Großmeister legte wahrscheinlich keinen Wert auf dergleichen Sachen«, entschuldigte sich jener.

»Leere Ausflüche«, schrien die Moslem wild, »du musst sterben!«

Ihre Klingen blitzten bereits in der Luft, von der Abendsonne beleuchtet, als der Elende am ganzen Körper zitternd, auf die Knie fiel und mit hohen Schwüren beteuerte: »Beim Barte Eures großen Propheten beschwöre ich Euch, schenkt mir das Leben. Den blutigen Mantel des Großmeisters will ich dem Sultan zeigen, Eure Religion annehmen und die Ge schenke des großen Sultans Euch überlassen. Vielleicht werde ich durch meine Talente zur Würde eines Paschas oder Agas erhoben, wo ich euch dann herrlich belohnen will. Ich kann und werde euch nicht entwischen, drum reist mit mir zum mächtigen Sultan. Wenn ich erhoben werde, so werdet ihr es auch. Bedenkt doch dies und habt Erbarmen und Nachsicht mit mir Armen!«

Die Gauner sahen einander an, aber in jedem Blick las man den Wunsch. er möge leben bleiben.

»Wohlan,« sagte endlich der Anführer, »du sollst leben. Allein das schwöre ich dir, erhalten wir keine Geschenke von dir in Kahira, so musst du bluten.«

Schon am nächsten Tag traten sie ihre Reise zum Sultan an.