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Der Welt-Detektiv Band 6

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Rübezahl, der Herr des Gebirges – Folge 49

Rübezahl, der Herr des Gebirges
Volkssagen aus dem Riesengebirge
Für Jung und Alt erzählt vom Kräuterklauber
Verlag Carl Gustav Naumann, Leipzig, 1845

49. Wie Rübezahl das Vertrauen eines Mannes vergilt.

Nachdem der Kräuterklauber die garstige Geschichte, Gott sei Dank, dem Leser verschwiegen hatte, so fuhr er auf einen böhmischen Bauer los, der über Hornsdorf nach Schmiedeberg wollte und Korn geladen hatte. Er war eben bald durch Michelsdorf durch, dieser Bauer, als ein Mann an ihn herantrat, der wie ein Gastwirt aussah. Er redete den Bauer an und fragte ihn, was er geladen habe und wohin er wolle. Der gab ihm auch willig Rede und Antwort und sagte ihm, dass er Korn geladen habe, womit er nach Schmiedeberg wolle, wo er es vorteilhaft zu verkaufen gedenke.

»Vielleicht könnt Ihr Euch«, entgegnet der Fremde, »den weiteren Weg ersparen, wenn wir des Korns wegen hier Handels eins werden könnten.«

Der Mann meinte, das solle ihm lieb sein, denn dann könne er sich ja den ganzen schlimmen Weg über den Pass ersparen.

»Allerdings«, versetzte der Fremde, »und ich bin sogar erbötig, Euch für das Korn denselben Preis zu zahlen, den Ihr in Schmiedeberg erhalten hättet, doch müsst Ihr mir das Korn zu meiner Wohnung fahren.«

Der Bauer besann sich ein wenig und sagte dann, wenn er nur nicht gar zu weit vom Wege ab wohne, so möge es drum sein. »Und was den Preis des Korns anlangt«, fuhr er fort, »so werdet Ihr wohl besser wissen, was es gilt, als ich, und meinen Schaden wohl auch nicht wollen.«

»Gut›, sagte der Fremde, nämlich Rübezahl, »ich merke schon, dass Ihr eine gute böhmische Haut seid. Fahrt also immer zu, es soll Euch nicht gereuen.«

Also fuhr der Mann getrost zu, und nach einer Weile zeigte ihm Rübezahl oben auf dem Berg sein Haus. Der Bauer kratzte freilich anfangs bedenklich in den Haaren, als er da oben hinaufsah; aber ehrlich war er, und ein ehrlicher Mann hält bekanntlich immer sein Wort.

Den Berg hinauf ging es freilich schwer; aber Rübezahl schob tüchtig am Wagen, und so kamen sie glücklich ans Haus. Hier führte Rübezahl den Bauer hinunter in den Keller und zeigte ihm mehre Fässer, in welche er das Korn schütten solle. Jedoch, sagte er, könne er ihm dermalen kein bares Geld geben; wolle er sich aber von den dort liegenden Waren so viel aussuchen, wie in seine Säcke gingen, so werde er nicht Ursache haben, den Handel zu bereuen.

Der Bauer war ganz bestürzt. Doch machte er einen geschwinden Überschlag des Wertes jener Waren nach seiner Art, war endlich auch den ganzen Handel zufrieden, und packte so viel zusammen, wie seine Säcke nur fassten.

Nur eine Bedingung legte ihm Rübezahl auf, nämlich, dass er keinen Sack eher öffne, bis er nach Hause gekommen sei.

Der Bauer versprach es und fuhr mit frischem Mut davon. Rübezahl selbst half ihm den Berg hinunter und zeigte ihm den Weg, Wie der Bauer eine Weile gefahren war, wurde es den Rossen immer saurer, sodass sie den Wagen kaum von der Stelle brachten. Dem Bauer wurde es bedenklich. Er stieg also auf den Wagen und prüfte die Schwere der Säcke.

»Ja, die sind freilich schwer«, sagte er, »da wird um einen weniger die Last schon leichter werden, und du hast ja ohnehin einen guten Handel gemacht.«

Plump, und damit lag ein Sack auf der Straße. Leichter war es nun, aber nicht auf lange. Denn bald kam er wieder nicht von der Stelle und warf so einen Sack nach dem anderen vom Wagen herunter, bis er nur noch einen Sack übrighatte.

Es war ein gar erbärmliches Gesicht, mit welchem er auf den leeren Wagen schaute, der vor Kurzem ein voller gewesen war. Obwohl er nun nichts weiter darauf hatte, als den letzten und einzigen Sack, so ging es doch immer wie früher, die Rosse konnten den Wagen nicht erziehen.

Da stand nun der arme Bauer, kratzte sich wieder hinter den Ohren und machte sich im Stillen die bittersten Vorwürfe über sein blindes Vertrauen zur Ehrlichkeit anderer. Er stieg endlich auf den Wagen, um zu sehen, was er nur eigentlich geladen hatte. Aber wie versteinert stand er, als er den Sack voll Kohlen fand. Voller Ärger schüttete er den ganzen Inhalt auf die Erde, warf zornig den Sack auf den Wagen, und fort im Ingrimm seines Weges. Nun freilich, wenn man statt Geld für eine Fuhre Getreide nichts mit nach Hause bringt, kann einem wohl der Kopf wehtun.

Als er nach Hause kam, ließ er die Flügel gar sehr hängen und sah sonst aus, als ob er vom Stängel fallen wollte. »Aber die verdammten Kohlen, die Säcke müssen doch ordentlich ausgeschüttelt und gereinigt werden.« So sprach er und schüttelte also und schüttelte wieder, denn in der Eile war doch noch manches Gebröckel von den Kohlen im Sack geblieben. Er war wie aus den Wolken gefallen, als er ein Goldstück nach dem anderen aus dem Sack herausschüttelte, die zusammen an Wert weit mehr betrugen, als seine ganze Ladung.

Hatte er sich erst geärgert, so ärgerte er sich jetzt erst recht, dass er nicht wenigstens ein Viertel Kohlen darin gelassen hatte. »Denn«, sagte er, »so ein Viertel voll Dukaten wäre nicht schlecht.«

Und der Kräuterklauber meint es auch, wenn er sie hätte.