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Oberhessisches Sagenbuch Teil 33

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Der Else ihr Keller am Bilstein

Am nordöstlichen Ende des Bergrückens, dessen höchste Spitze der Bilstein bildet, ragen hoch erhaben oder geborsten mächtige Felsen empor. Zu ihnen findet sich auch eine in den Berg gehende nicht unbedeutende Höhle. Das ist der Else ihr Keller oder ihre unterirdische Wohnung, woselbst sie ihr Bett aus Laub und Moos hat. Mitunter tut sich eine Spalte auf, dann sieht man sie sitzen und spinnen. Zieht der Nebel blau um die Felsen, dann kocht sie ihr Mahl. Liegen noch einzelne Schneeblacken unter den dort befindlichen Bäumen, so trocknet sie ihre Wäsche. Sie ist eine alte, gruselige Frau und wandelt des Nachts ruhelos umher. An dem einsamen Ort hüten des Mittags die Weidbuben nicht gerne, denn die Else soll früher schon gekommen sein und Menschen mit sich hinein in den Berg genommen haben, die sind nie wieder zurückgekehrt.

In den Ritterzeiten, in der Zeit der Zwölften, es denkt einem nicht, wann es gewesen ist, ritt einmal ein stattlicher Held den Bilstein hinauf und sah im Mondschein eine gebrechliche Frau mit ihrem Krückstock auf dem Stein eines Kreuzwegs sitzen. Diese bat ihn gar inständig, er möge sie doch hinter sich aufs Pferd nehmen, dass sie auch noch heimkäme. Allein der Ritter hatte taube Ohren für ihr Flehen und jagte vorüber. Plötzlich umfassten ihn die klapperdürren Arme des Weibes. Die Elfe war ihm hinter den Rücken gesprungen und trieb das schäumende Ross auf die höchste Spitze des Felsens. Dort stürzte sie Mann und Ross hinunter, dass sie elendiglich an dem Gestein zerschellten, und verschwand im Berg.

Einen Wiesgrund unter dem Bilstein, wo früherhin das Dorf Busenborn gestanden hatte, heißt man die Bauflecken und die Bornwiese. Da sah einmal ein Mann aus dem genannten Dorf, der auf der entgegengesetzten Bergwand hinging, in der brennenden Mittagssommerhitze ein langes, weißes Tuch wie zum Bleichen ausgespannt. Als er höchst verwundert den Platz aufsuchte, fand er nichts, nur war das Gras dem langen Weg nach, wo es gelegen hatte, patschnass. Da fiel ihm ein, von den Alten gehört zu haben, dass die Elfe oft herabkomme, hier ihre Wäsche zu tun, zu baden und zu bleichen. Er wusste nun, was der Märe gewesen war.

In Michelbach und der tiefer gelegenen Gegend sagt man auch, die Hollefrau wohne im Bilstein.