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Schinderhannes – Achtzehntes Kapitel

Leben und Taten des berüchtigten Johann Bückler, genannt Schinderhannes
Für Jung und Alt zur Lehre und Warnung aufs Neue geschrieben von W. Fr. Wüst, Reutlingen 1870
Druck und Verlag von Fleischhauer & Spohn

Achtzehntes Kapitel

Urteil und Tod

Schon am frühen Morgen des 20. Novembers 1803 war eine zahllose Menschenmenge in Mainz versammelt, um den Urteilsspruch anzuhören und die zum Tode Verurteilten hinrichten zu sehen.

Die Gefangenen wurden in den Sitzungssaal gebracht. Nach einer kurzen Rede des Regierungskommissars verfügten sich die Richter zur Abfassung des Urteilsspruchs in ein anderes Zimmer. Es dämmerte bereits, als sie wieder in den Saal zurückkamen. Die tiefste Stille herrschte nun unter der Menge und ein unwillkürlicher Schauer ergriff in diesem Augenblick jeden Menschen von Gefühl.

Der Präsident las das lange Urteil über 64 Angeklagte ab; 20 derselben wurden zum Tode, 16 zur Kettenstrafe, 4 zur Gefängnisstrafe, 2 zur Verbannung verurteilt und 20 freigesprochen; 2 waren im Gefängnis gestorben.

Auf den Schinderhannes kamen 53 Verbrechen, die er von 1796 bis 1802 verübt hatte. Unter diesen sind kleinere Diebstähle nicht mit eingerechnet.

Das Gericht sprach aus zarter Schonung zuerst das Urteil über Julie aus, die Frau des Schinderhannes, damit sie nicht das Todesurteil über den Vater ihres Kindes sprechen hören sollte. Sie erhielt zwei Jahre Gefängnisstrafe. Schinderhannes war nun getröstet, da er wusste, dass dieselbe nicht unter der Guillotine bluten würde. Sein Vater wurde zu 22-jähriger Kettenstrafe verurteilt, als überführt, ein unstetes Leben geführt und in seines Sohnes Namen von den Juden Geld erpresst zu haben.

Am folgenden Tag, den 21. November, wurde den zum Tod Verurteilten der letzte Gang gemacht. Morgens erhielt Schinderhannes zuvor Besuch von einem evangelischen Geistlichen. Heiteren Gesichts ging er diesen entgegen mit den Worten: »Sie wollen mir Trost bringen, Herr Pfarrer. Gehen Sie nur zu meinen Mitschuldigen, die haben ihn nötiger. Ich bin gefasst.« Doch äußerte er den Wunsch, das Heilige Abendmahl noch von ihm zu empfangen.

Nachmittags ein Uhr setzte sich der schreckliche Zug in Bewegung. Auf fünf Wagen wurden die Verbrecher unter einer starken militärischen Bedeckung zum Richtplatz geführt und alle Straßen, Plätze und Fenster waren mit Menschen bedeckt. An der Mündung des Mains in den Rhein, auf einem erhabenen Platz, war die Guillotine aufgestellt. Schinderhannes verlor auch beim Anblick des Richtplatzes seine Geistesgegenwart nicht.

»Die Ruhe und Fassung dieses Menschen in dem entsetzlichen Augenblick erstaunenswürdig«, sagte ein Augenzeuge. »Kein Zug von Wildheit oder Brutalität entstellte sein Gesicht. Er schien ruhig und heiter. Wäre er für eine gute Sache gestorben, man müsste seine kräftige Natur rühmen. Gewiss hätte etwas Treffliches aus ihm werden können. Sein Verhängnis wollte, dass er unter der Hand des Henkers sterben sollte.«

Als der Zug bei der Guillotine ankam, sprang Schinderhannes mit großer Fassung vom Wagen herab und bestieg das schreckliche Gerüst. Er war der Erste, der den Tod zu erleiden hatte. Mehrere seiner Gefährten musste man halb leblos auf das Schafott führen oder tragen. In einer kleinen halben Stunde waren alle Verbrecher hingerichtet.

Die weiteren zum Tode Verurteilten waren:

1. Christian Reinhardt, der schwarze Jonas, 28 Jahre alt

2. Friedrich Schmitt, der Sachs genannt, 23 Jahre alt

3. Jakob Porn, 45 Jahre alt

4. Philipp Klein, Husaren-Philipp, 35 Jahre alt

5. Johannes Welsch, 28 Jahre alt

6. Georg Friedrich Schulz, 22 Jahre alt

7. Johann Adam Lahr, 24 Jahre alt

8. Franz Brixius, 39 Jahre alt

9. Peter Hassinger, 30 Jahre alt

10. Franz Mund, 38 Jahre alt

11. Philipp Weber, 33 Jahre alt

12. Johannes Korbmann, 38 Jahre alt

13. Georg Weißheimer, 46 Jahre alt

14. Johann Nikolaus Müller, 20 Jahre alt

15. Heinrich Blum, 45 Jahre alt

16. Johannes Müller, Müllerhannes, 45 Jahre alt

17. Franz Bayer, 37 Jahre alt

18. Josef Klein, 25 Jahre alt

19. Christian Denig, 25 Jahre

»Ein Auge, das den Vater verspottet und verachtet, der Mutter zu gehorchen, das müssen die Raben am Bach aushacken und die jungen Adler fressen.«

Merke dir das, mein junger Leser! Befolge das vierte Gebot, welches Verheißung hat. Du siehst, der Arm der Gerechtigkeit hat die Verbrecher erreicht und schrecklich bestraft. Die Obrigkeit trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tun. Sie hat hier ein Beispiel der Strenge gegeben, um andere vom Versuch abzuschrecken, ferner solche verbrecherische Handlungen zu begehen.

»Ein weiser Sohn ist seines Vaters Freude, aber ein törichter Sohn ist seiner Mutter Grämen.«

Ihr Eltern! Hab Acht auf eure Kinder, dass ihr sie erzieht in der Furcht Gottes! Gewöhnt sich schon in der frühen Kindheit einen strengen Gehorsam und eine nützliche Tätigkeit! Brecht ihren eigenen Willen, solange es noch Zeit ist! Ein schon erstarktes Bäumchen lässt sich nimmer geradebiegen, wenn ihr es habt krumm wachsen lassen.