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Der Welt-Detektiv Band 6

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Jack Lloyd Folge 25

Jack Lloyd – Im Auftrag Ihrer Majestät

Unter Partnern

Jack starrte dem Neuankömmling mit fassungslosem Blick entgegen. Er hatte mit so einigem gerechnet, mit Sicherheit aber nicht damit, Elena hier zu sehen. Die junge Frau stand in der Tür, bis der Gouverneur ihr ein Zeichen gab, dass sie sich nähern sollte. Bei den drei Männern angekommen deutete sie eine leichte Verbeugung an. Die Spanierin trug noch immer die gleiche Kleidung wie an dem Tag, als Jack sie zuletzt gesehen hatte.

»Wie …« Jack brach mitten in der Frage ab. Elena sah ihn direkt an und erwiderte freundlich: »Das ist eine lange Geschichte.«

»Die Ihr Euch hoffentlich anhören werdet, Mr. Lloyd«, fügte der Gouverneur schnell hinzu. »Mrs. Elena ist hier erschienen und hat uns ein, nun ja, nennen wir es durchaus verlockendes Angebot unterbreitet. Allerdings nannte sie dafür eine Bedingung.«

»Und die wäre?« Jacks linke Augenbraue war fragend nach oben gezogen. Warum war der Gouverneur so begierig darauf, einen Handel mit einer jungen Spanierin abzuschließen, die als Tochter eines Händlers kaum mehr vorzuweisen hatte als ein Schiff und eine arg zusammengeschrumpfte Mannschaft?

»Nun, das wird sie Euch hoffentlich selbst erklären, mein junger Freund. Doch zuerst einmal sollten wir uns setzen und anhören, was unsere liebe Freundin zu sagen hat.«

Jack nickte widerwillig. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass die Situation ihm zu entgleiten drohte. Und Elenas Blick, der die ganze Zeit über auf ihm ruhte, als wollte sie die tiefsten Tiefen seines Herzens ergründen, bereitete ihm Unbehagen. Die kleine Gruppe nahm Platz und Jack betrachtete Elena noch einmal eingehend. Dass diese junge Frau ihren Weg gehen würde, war ihm von Anfang an klar gewesen. Letztlich hatte sie bereits in der kurzen Zeit ihrer Gefangenschaft einen tiefen Eindruck bei Jack hinterlassen. Aber dass dieser Weg die junge Spanierin ausgerechnet in den Palast des englischen Gouverneurs von Port Royal, eines durch und durch korrupten Beamten, dessen einziges Anliegen sein eigener Reichtum und dessen Mehrung war, führte, hätte Jack im Leben nicht erwartet. Und mit jedem Wort, das Elena von sich gab, wuchs Jacks Verwunderung mehr. Als die Kaufmannstochter schließlich mit ihrer Erklärung zu Ende gekommen war, starrten drei Augenpaare den Freibeuterkapitän fragend an. Seufzend schüttelte Jack den Kopf. Dann sah er auf und erwiderte Elenas Blick einen Moment lang. Plötzlich huschte ein Lächeln über seine Züge.

»Es gibt eine Menge vorzubereiten, wenn wir diesen Plan wirklich umsetzen möchten. Und damit sollten wir lieber heute als morgen beginnen.«

»Dann seid Ihr also einverstanden?«, fragte Elena, wobei ihre Stimme sich vor Freude beinahe überschlug.

»Wie könnte ich Euch einen solchen Wunsch abschlagen, My Lady.«

Jack und Elena hatten den Gouverneurspalast gemeinsam verlassen. Schweigend liefen sie nebeneinander durch die schmalen Gassen der Stadt und strebten dem Hafen entgegen. Elena spürte, dass Jack, trotz seiner Zusage und seiner Bereitschaft, die notwendigen Planungen mit ihr gemeinsam anzugehen, nicht gerade erfreut über ihr Erscheinen war. Nach einer Weile der Stille fragte sie: »Hat es Euch gewundert, mich so schnell wiederzusehen?«

»Allerdings, Elena. Wie habt Ihr es geschafft, vor mir beim Gouverneur vorstellig zu werden? Ich sah Euch in Richtung Santiago davonsegeln und ging davon aus, dass Ihr die Handelsgeschäfte eures Vaters fortsetzen würdet.«

»Das war auch zuerst meine Absicht. Allerdings hat eine Beratung mit den wenigen Mitgliedern meiner verbliebenen Crew ergeben, dass wir nach dem, was uns wiederfahren ist, nicht einfach zu unserem normalen Leben zurückkehren können und wollen.«

»Und da seid Ihr auf diesen, nun ja, nennen wir es waghalsigen Plan gekommen.«

»Gefällt er Euch nicht, Kapitän?« Elena sah den jungen Kapitän von der Seite an. Sie war verwirrt. Vorhin hatte sie den Eindruck gehabt, sie hätte Jack überzeugt, jetzt wirkte es eher so, als wäre er wütend über ihre Anwesenheit.

»Der Plan ist gut, wenn auch nicht ungefährlich. Wenn er mir nicht gefallen würde, hätte ich ihm nicht zugestimmt. Ich frage mich nur, warum Ihr Euch mir nicht direkt anvertraut habt, sondern zuerst zum Gouverneur gegangen seid.«

Elena sah zu Boden. Nach einer Weile des Schweigens, in der man nur die Schritte der beiden Personen auf den staubigen Straßen, die zurück in den Hafen von Port Royal führten, hörte, räusperte sich die junge Frau.

»Ich hatte keine andere Wahl«, murmelte sie leise.

»Und warum nicht?« Jack blieb stehen und sah Elena fragend an.

»Als wir in Port Royal eintrafen und vor Anker gingen, dauerte es nur kurze Zeit, bis Everet und seine Soldaten an Bord waren. Offenbar hatte jemand das Schiff erkannt und dem Gouverneur gemeldet, dass die Jungfrau von Cartagena eingetroffen war. Ich weiß nicht, ob Everet hoffte, die Dokumente, die er und der Gouverneur unbedingt haben wollten, an Bord zu finden, auf jeden Fall ließ er uns festsetzen und das Schiff durchsuchen. Es dauerte eine ganze Weile, ehe ich überhaupt mit ihm sprechen und ihm klar machen konnte, dass wir keine Feinde sind, sondern dass ich dem Gouverneur einen Vorschlag zu unterbreiten habe. Eigentlich hatte ich geplant, Euch hier zu suchen und Port Royal mit Euch zu verlassen.«

Jack nickte langsam. Dann ging er weiter. Elena, die eigentlich eine direkte Antwort erwartet hatte, musste sich beeilen, um Schritt halten zu können. Nachdem Jack nach ein paar Minuten noch immer nichts gesagt hatte, fragte sie leise: »Seid Ihr wütend auf mich?«

»Nein, Elena. Ich bin beeindruckt. Und ich denke darüber nach, wie wir die notwendigen Dinge beschaffen können.«

»Wir werden auch noch einige Männer für die Jungfrau von Cartagena benötigen. Meine Crew ist doch sehr dezimiert.«

»Ja, ich werde meine Mannschaft auch wieder vergrößern müssen. Glaubt Ihr, die Männer Eures Vaters werden Euch bedingungslos folgen?«

»Was meint Ihr?«

»Nun, eine Frau an Bord eines Freibeuterschiffes ist in der Regel eine Gefangene. Es wird auf jeden Fall schwer werden, Euch als einen Teil der Crew zu integrieren. Ich habe die Befürchtung, dass es noch schwerer werden dürfte, Euch als Kapitän zu positionieren.« Jack, der einen heftigen Widerspruch Elenas erwartete, hatte den Blick bewusst geradeaus gehalten, während er sprach. Dass seine Begleiterin einen Moment schwieg, bevor sie antwortete, verwunderte ihn.

»Macht Euch darum mal keine Sorgen, Jack. Ich werde die Leitung der Jungfrau von Cartagena übernehmen, als Eure Stellvertreterin an Bord. Wer gegen mein Wort handelt, handelt gegen Eures. Somit seid eigentlich Ihr Kapitän beider Schiffe.«

Jack seufzte leise.

»Dreht es, wie Ihr wollt. Wir können nur hoffen, dass es nicht zu unschönen Zwischenfällen kommt. Ich werde Euch jemanden an die Seite stellen, der dafür sorgen wird, dass die Männer ruhig bleiben.«

»Und wer soll das sein?« Elena schaute Jack von der Seite an. Sie war wenig begeistert davon, dass sie einen Wachhund bekommen sollte, auch wenn Jacks Beweggründe vielleicht wirklich die allerbesten sein mochten.

»Joe. Er wird wissen, wie man die Männer bei Laune hält.«

»Wenn es Euch dann besser geht, Kapitän«, murmelte Elena. »Aber, ist Joe nicht Euer Erster Maat und Steuermann?«

»In der Tat. Aber das dürfte kein Problem sein. Ich kenne da jemanden, der seine Position an Bord der Swallow einnehmen könnte.« Leise, eher zu sich selbst sprechend, fügte Jack hinzu: »Jetzt muss ich ihn nur noch davon überzeugen.«

Fortsetzung folgt …

Copyright © 2011 by Johann Peters