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Der Alte vom Berge – Kapitel 10

C. F. Fröhlich
Der Alte vom Berge
Oder: Taten und Schicksale des tapferen Templers Hogo von Maltitz und seiner geliebten Mirza
Ein Gemälde aus den Zeiten der Kreuzzüge
Nordhausen, bei Ernst Friedrich Fürst, 1828

X.

Auf einen freudigen Empfang hoffend, spornten die Templer ihre Rosse zur Eile.

Achmed, des Sultans Sohn, und der Alte waren höchst missvergnügt.

Der Komtur hatte dem Großmeister den wichtigen Fang melden lassen, während Hugo der Meinung war, der Großmeister wisse noch nichts von der glücklichen Expedition.

Da sprengten in blanken Rüstungen und weißen Mänteln viele Reiter den Ankommenden entgegen. Bald erkannte man sie für den Großmeister, nebst den Häuptern des Ordens. Ein allgemeiner Freudenruf begrüßte ihn. Er dankte freundlich, reichte den nächsten Rittern die Hand und ritt dann stolz auf die Gefangenen zu.

»Ist dies der fantastische Alte vom Berge?«, fragte er.

»Ja der bin ich«, entgegnete er mit fester Stimme. »Du ärgerst dich wohl, dass ich dir ins Handwerk pfusche?«

»Wir wollen dir den Hohn vertreiben«, entgegnete der Großmeister und wendete sich mit den Worten an Achmed: »Wie viel gibst du für deine Freiheit?«

»Hundert Goldstücke«, erwiderte der Befragte.

Der Großmeister lächelte, dankte mit herzlichen Worten den Rittern für ihre bewiesene Tapferkeit und fragte, wer am tapfersten gestritten habe.

Ein einstimmiges »Unser Pannerer Hugo ist ein Held!« ertönte.

»O könnte ich Euch würdig belohnen«, meinte der Großmeister und umarmte den jungen Helden.

Zurück zum Tempelhof ging der Zug. Die Brücke fiel. Trompeten, Zimbeln, Pauken und Hörner begrüßten die glücklichen Sieger. Aus den Zellen stürzten die Brüder hervor, um die Ankommenden zu bewillkommen oder die Gefangenen zu sehen.

Im Kapitel dankte der Großmeister dem Pannerer nochmals für seine Tapferkeit und seinen Mut, doch auch der Komtur erhielt wegen seiner bewiesenen Kaltblütigkeit gerechtes Lob.

Nach verschiedenen Verhandlungen kam man auch überein, dass Achmed für seine Freiheit hundert Goldstücke, ebenso viel Perlen an Gewicht und so viel Edelsteine an Gewicht geben sollte, wie zu einem Goldstück gehörte.

Obwohl ein solches Lösegeld fast unerhört war, so wusste man doch, dass der Sultan dieses für die Freiheit seines Sohnes gern geben würde.

Fast alle Ritter stimmten darin überein, dass der Alte vom Berge durch die Folter getötet würde; nur Hugo und der Komtur sprachen dagegen.

»Schenkt ihm nur das Leben«, rief Hugo »sei es auch unter welcher Bedingung es will. Wer weiß, wie nützlich es uns noch werden kann!«

»Wohlan, das Leben sei ihm geschenkt«, rief der Großmeister, »aber nur unter der Bedingung, dass er in einen eisernen Käfig gesperrt wird und jedermann für eine Kupfermünze gezeigt wird.«

Dieser Einfall erregte ein allgemeines Gelächter und laut pries man die Klugheit des Gebieters.

Im Hof des Tempels wurde wirklich nach einigen Tagen der Alte in einen Käfig gesteckt, welcher zu seinem ewigen Aufenthalte bestimmt war.

Achmed erhielt seine Freiheit, nachdem sein Vater das hohe Lösegeld überschickt hatte. Die Templer konnten es recht gut gebrauchen, denn sie warben auf eigene Kosten viele Krieger an, um mit Macht die stets dreister werdenden Sarazenen zurückzutreiben.

Nach wenigen Monaten schickten die Assassinen einen Abgesandten und baten für die Freiheit des Alten eine hohe Summe, doch der Großmeister lachte und forderte eine zwanzig Mal höhere Summe, als für den Sohn des Sultans. Betrübt zog der Assassine wieder ab.

Die Gefangennahme des so gefürchteten Alten vom Berge erregte in Jerusalem eine allgemeine Freude. Wo sich Hugo blicken ließ, nannte man ihn einen Helden und überhäufte ihn mit Schmeicheleien. Nicht ohne Rührung betrachtete er zuweilen das schreckliche Los des ehemals so tätigen Alten, der nun in einem Käfig eingesperrt zuweilen von Knaben verspottet wurde.

Die Zurüstungen, welche die Feinde auf verschiedenen Seiten machten, deuteten auf eine baldige furchtbare Schlacht. Hugo wünschte den Augenblick herbei, um hierdurch, wie er glaubte, die Leere seines Herzens auszufüllen. Armer unerfahrener Hugo, du hattest keine Ahnung davon, dass sich Gott Amor bereits in deinem Herzen festgesetzt hat!