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Indian Cowboy – Die Nacht der Wölfe

Indian Cowboy – Die Nacht der Wölfe

Amerikanische Indianer haben eine lange und schwierige Geschichte mit Alkohol und es gibt sicherlich Grund genug, die frühen Siedler dafür verantwortlich zu machen, dass sie den Einheimischen Alkohol verabreicht haben. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erzwangen indische Agenten, die von der Bundesregierung beschäftigt waren, tatsächlich ein Alkoholverbot auf Reservierungen, nach der Theorie, dass Indianer produktivere Arbeiter wären, wenn sie nüchtern wären. Aber dann erkannten die Siedler in der Nähe, dass sie viel Geld damit verdienen konnten, den Indianern Alkohol zu verkaufen. Daraufhin wurden die Regeln gelockert. Indianerführer wie Joseph LaFlesche, Häuptling der Omaha im frühen 19. Jahrhundert, verboten Alkohol, als er seine Auswirkungen auf sein Volk sah, aber nachfolgende Führer erlaubten seine Wiederkehr.

Brita Rose-Billert greift in ihrem Werk diese Thematik auf und nimmt den Leser mit auf einen Weg, der für Ryan Black Hawk kein leichter ist, ihn aber aus dem Alkohol- und Drogensumpf führt.

Indian Rodeo

Das Leben ist ein Rodeo und ein Rodeo ist das ständige Auf und Ab des Lebens.

Du kämpfst darum, oben zu bleiben, in der Gewissheit, zu fallen, und es ist nicht die Frage, ob du oben bleibst, sondern wie lange.

Und wenn du im Dreck liegst, ist nicht die Frage, wie lange, sondern ob du wieder aufstehst.

Es liegt bei dir, wieder aufzustehen.

Das Buch

Brita Rose-Billert
Indian Cowboy 1
Die Nacht der Wölfe
Gegenwartsroman, Paperback, Twentysix, Norderstedt/München, September 2018, 328 Seiten, ISBN 9783740749088, Layout, Cover und Design: Robert Billert
Synopsis:
Er fährt illegale Autorennen, trinkt Brandy und raucht Gras. Ryan Black Hawk ist der King, mit allen Wassern gewaschen und die jungen Frauen liegen ihm zu Füßen. Doch als eines Nachts zwei seiner Freunde tödlich verunglücken, wendet sich das Blatt.

Die Liebe Samantha Crying Crows gibt ihm die Kraft, für seine Ranch und die Pferde zu kämpfen. Der neue Weg des Indian Cowboy ist hart, steinig und weit.

Leseprobe

Vorspann

Wie eine Laterne schickte der runde Mond sein kühles Licht über das Land. Schwarze Wolken zogen vorbei und ließen gespenstische Schatten über die Grasebene wandern. Der Nordwind blies rau über das Land. Der Atem des Nordpols trieb winzige Eiskristalle bis tief in den mittleren Westen, in die Great Plains. Die fast baumlosen Grasebenen boten ihm keinen Einhalt. In einem der Täler fanden die Menschen Schutz. Das alte Holzblockhaus hatte seit mehr als siebzig Jahren Sturm, Kälte und Regen getrotzt. Verwitterung hatte daran genagt. Doch das Haus war standhaft geblieben. Am Hang hinter dem Haus knarrten einige Kiefern. Sie wirkten wie schwarze Riesen und trotzen dem Sturm, aufrecht und schief. In einem Bachlauf, der das Tal durchfloss, reflektierte sich glitzernd das Mondlicht. Dicht gedrängt standen fünf Pferdekörper zusammen und dösten im Stehen. Unweit davon stoben feine, weiße Eiskristalle über einen Rappenhengst. Der hatte den Kopf gesenkt und dem eisigen Wind sein Hinterteil zugewandt. Der Wind sang sein monotones Lied durch die Nacht, als wollte er alles damit einschläfern. Selbst die Kojoten waren verstummt. Die Geschöpfe der Finsternis schienen einen schützenden Unterschlupf gefunden zu haben.

Motorengeräusch mischte sich unsanft in den trügerischen Sound.

Zunehmend lauter werdend kam ein alter Buick über den Schotterweg, der zum Tal führte. Vor der Veranda des Holzhauses stoppte der. Zwei junge Männer stiegen aus und zogen einen dritten aus dem Wageninneren. Sie schleiften ihn zur Verandatreppe hinauf. Dann stellten sie ihn vor der Tür ab. Schwankend lehnte der sich dagegen. Das weiße Hemd war aus der Hose gerutscht. Sein langes, schwarzes Haar war durcheinander. Der Wind spielte damit. Einer der Männer hing der schwankenden Gestalt eine fellgefütterte Jeansjacke über die Schulter und klopfte mit der Hand darauf.

»Halt die Ohren steif, Kumpel«, sprach er. Die Zunge gehorchte ihm kaum. Der Kerl kicherte.

»Verschwindet schon!«, lallte der Bursche, der an der Tür lehnte, um nicht umzufallen und hob die rechte Hand zum Gruß.

»Danke, Scott.«

Die beiden jungen Männer rissen sich zusammen und wankten geradewegs zu ihrem Wagen. Die durchdrehenden Räder des Buicks schleuderten Dreck und Steinchen auf. Der Wagen wendete mit rasantem Tempo und sprintete davon, als befürchte er, verfolgt zu werden. Das Fauchen des Windes verschluckte das Motorengeräusch schließlich.

Langsam verblassten die Sterne in der Morgendämmerung. Mehrmals strich sich der junge Indianer das Haar aus dem Gesicht, atmete tief durch und versuchte, die Tür zu öffnen. Mit einem Ruck wurde sie plötzlich aufgerissen, sodass der Kerl in das Haus stolperte. Ein großer Mann von kräftiger Statur fing ihn mit den Armen auf. Er hatte langes Haar, das in der Mitte gescheitelt und in zwei Zöpfe geflochten war. Es schimmerte silbergrau.

»,N Abend, Vater«, lallte der junge Mann verdutzt, obwohl es längst hätte Guten Morgen heißen müssen.

Das Gesicht des Angesprochenen schien versteinert zu sein. Mit keiner Regung gab er seine Gedanken preis. Er antwortete seinem Sohn auch nicht. Dennoch unterdrückte er seine Wut mit Mühe. Mit hartem Griff packte er sein eigen Fleisch und Blut. Dann schleifte er den betrunkenen Sohn hinter sich her, zur Tür hinaus. Die Jeansjacke blieb am Boden liegen.

Der Sechzehnjährige machte keine Anstalten, sich dagegen zu wehren. Auch er gab keinen Laut von sich. Erst als ihn der Vater zum Bachlauf geschleift hatte und seinen Kopf unter das eisige Wasser drückte, begann er sich zu wehren. Vergeblich. Der feste Griff seines Vaters ließ nicht nach. Lange hielt er den Sohn, bis er glaubte, dessen Widerstand würde nachlassen. Dann zog er ihn hoch.

Die Pferde hatten die Köpfe gehoben und beobachteten das Geschehen.

Der junge Mann schnappte keuchend nach Luft, bevor er sich kurzerhand wieder unter Wasser fand. Seine Sinne waren plötzlich hellwach und er realisierte, was mit ihm geschah. Als der Vater ihn wieder am Genick aus dem Wasser zog, hatte er sich verschluckt und hustete erstickend. Kein Wort hätte er herausbringen können. Wieder spürte er seinen Kopf, seinen ganzen Oberkörper unter den Fluten des Bachlaufes. Die sanfte Strömung spielte mit seinem Haar, als wollte sie es fortschwämmen.

»John! Lass ihn am Leben. John! Hör auf damit! Du wirst deinen Sohn noch umbringen!«, rief eine weibliche Stimme. Sie klang verzweifelt.

John zog den scheinbar leblosen Körper aus dem Wasser und ließ ihn am Ufer liegen. Ein leises Röcheln war das einzige Lebenszeichen seines Sohnes. Noch immer sprach John nicht. Aber sein Gesicht verzog sich, als hätte ihm jemand in sein Herz gestochen. Er wandte sich ab von seinem ältesten Sohn, ging wortlos an seiner Frau vorbei in das Haus und lehnte die Tür an.

Die fortschreitende Morgendämmerung ließ die Sterne ganz verblassen. Nur die gelblich weiße Mondscheibe und der Morgenstern standen am Firmament. Feine Eiskristalle schwebten sanft auf dem scheinbar leblosen Körper, der dem Willen seines Besitzers nicht gehorchen wollte. Die Glieder waren steif vor Kälte, die Muskeln schwach und der Kopf wollte zerspringen. Alles ringsum drehte sich. Mit dem Schwindel kam die Übelkeit wie eine Übermacht, die sich nicht mehr bändigen, nicht beherrschen und nicht mehr unterdrücken ließ. Mit letzter Kraft stützte sich der Sechzehnjährige auf die Hände und übergab sich. Dann robbte er zum Bachlauf, um sich den Mund mit klarem Wasser aus zu spülen. Das nasse Hemd klebte an seiner Haut. Erst jetzt spürte er die Kälte, die an ihm heraufkroch. Unwillkürlich begann sein Körper zu zittern. Seine innere Stimme zwang ihn. Steh auf. Steh endlich auf.

Er versuchte es.

Kriechend bewegte er sich voran, dann kam er schließlich schwankend auf seine eigenen Füße und taumelte zum Haus. Erst als er die Treppe zur Veranda erreicht hatte, bemerkte er die Frau, die dort stand, in eine Wolldecke eingehüllt. Der besorgte Blick seiner Mutter traf den seinen. Er wich ihrem Blick beschämt aus und ging hinein. Sie folgte ihm schweigend und schloss die Tür.

 

***

 

Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als ein Polizeijeep der Stammespolizei den Schotterweg in das Tal gefahren kam. Dann stoppte der vor dem Holzhaus. Ein Officer stieg aus und pochte an die Haustür. Der Hausherr öffnete.

»Hau, John Black Hawk. Ist dein Sohn zu Hause?«, fragte der Officer mit einer Spur Besorgnis. Eine tiefe Furche grub sich über die Nasenwurzel des Mannes, der etwa in Johns Alter sein konnte.

»Ich habe drei Söhne. Welchen meinst du?«, fragte John unberührt.

»Deinen ältesten Sohn. Ryan.«

»Hat er wieder was angestellt?«

»Heute Morgen gab es einen schweren Unfall, hier ganz in der Nähe. Ein Betrunkener hat einen anderen Wagen gerammt. Der alte Buick hat sich mehrmals überschlagen, ist in Flammen aufgegangen und total ausgebrannt. Er gehörte Scott Waci Tate. Mit ihm wurde Ryan das letzte Mal gesehen, gestern Abend.

In dem Wrack des Wagens wurden zwei verkohlte menschliche Überreste gefunden. Wer noch mit Scott im Wagen war, wissen wir noch nicht. Aber wir haben eine Gürtelschnalle gefunden, die zu deinem ältesten Sohn gehören könnte …«

Dann schwieg der Officer abwartend.

»Was haben sie verbrochen?«

»Sie haben sich illegale Autorennen geliefert, sturzbetrunken gefahren und mit Sicherheit waren auch Drogen mit im Spiel. Zumindest haben sie Gras geraucht. Tja leider. Bedauerlich, dass die Burschen nicht zur Vernunft zu bringen sind. Nun haben es wieder zwei mit ihrem Leben bezahlen müssen.« John nickte.

»Sie haben Ryan in der Morgendämmerung vor der Tür abgestellt und sind weggefahren. Er liegt oben im Bett und schläft seinen Rausch aus.«

»Wer war mit Scott im Wagen?«

»Ich kenne die Saufkumpanen meines …« John zögerte bevor er weitersprach. »… meines Sohnes nicht. Frage ihn.«

Der Officer nickte, trat ein und stieg die leiterähnliche Treppe hinauf. Mit der Faust schlug er gegen die Zimmertür. Da keine Antwort kam, stieß er sie auf und zog die Decke vom Bett. Der Bengel lag wie tot darauf, nur mit einer schwarzen Boxershorts bekleidet. Erst als ihn der Officer unsanft rüttelte, blinzelte Ryan. Mit fragendem Blick sah er sich um, als wüsste er nicht, wo er war.

»Du hast dich ja wieder ganz schön zugedröhnt. Drogen auch?«

Ryan stieß verächtlich die Luft durch die Lippen und schloss die Augen wieder.

»Bist du gestern mit Scott gefahren?«

Ryan antwortete nicht.

»Scott hat dich betrunken nach Hause gebracht. Feiner Zug von deinem Kumpel, der einem Minderjährigen Brandy und schlechtes Gras besorgt. Wer war der andere in Scotts Wagen?«

Ryan schwieg. Er hatte die Augen wieder einen Spaltbreit geöffnet. Sein Blick ging auf seine eigene, nackte Brust und die Mundwinkel verzogen sich trotzig nach unten.

»Gut. Dann will ich dir sagen, dass deine beiden Freunde einen schweren Unfall verursacht haben. Heute Morgen sind sie in Scotts Wagen verbrannt. Zwei verkohlte Überreste im Wrack. Du hattest mehr Beistand als Verstand.«

Ryan schnippte vom Bett hoch und schien plötzlich hellwach zu sein.

»War Scott genauso zu wie du?«, fragte der Officer.

»Scott hat immer mehr vertragen als ich«, antwortete Ryan mit schwerer Zunge.

»Scott war einundzwanzig, du bist erst sechzehn!«

Ryan schwieg.

»Wer saß neben Scott?«

»Weiß nicht.«

»Du könntest uns eine Menge Arbeit ersparen, Ryan.« Der Officer atmete tief durch, bevor er weitersprach. »Vielleicht können wir ihn identifizieren. Eine Analyse ist zu teuer für einen, der von niemanden vermisst wird.«

Ryan nickte.

»Ich kann mich an nichts mehr erinnern.«

»Denk nach, Ryan!«

Ryan stützte den noch immer viel zu schweren Kopf auf seine Hände. Dann schüttelte er ihn ganz langsam.

»Nein. Ich weiß nichts mehr. Absolut gar nichts.«

Veröffentlichung der Leseprobe mit freundlicher Genehmigung der Autorin