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Der Spion – Kapitel 21

Balduin Möllhausen
Der Spion
Roman aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, Suttgart 1893

Kapitel 21

Auf der Mission

Die Council-Bluffs oder Beratungshügel auf dem rechten Missouriufer bestehen im Grunde nur aus den zerklüfteten Abhängen der dort höher ansteigenden Hochebene. Dieselben reichen streckenweise bis in fast unmittelbare Nähe des Stroms. In einer Einbuchtung des Hochlandes und nur durch einen geringen Zwischenraum von dem Missouri getrennt, lag damals gleichsam eingenestelt die alte Pelztauscherstation, die sich vielleicht längst in eine Stadt verwandelte. Ein wenig stromabwärts, hoch oben auf dem Rand der dort etwas zurücktretenden Ebene, erhob sich, weithin sichtbar, die presbyrtische Mission. Als großes zweistöckiges Balkengebäude mit zwei Nebenflügeln leuchtete sie mit ihrem weißen Anstrich weit ins Land hinaus. Vereinzelte Blockhütten und wirtschaftlichen Zwecken dienende kleinere Baulichkeiten verschwanden gleichsam den Größenverhältnissen des eigentlichen Missionshauses gegenüber. Auf der Grenze der sehr spärlich mit verkrüppeltem Baumwuchs geschmückten Ebene gelegen, bot dessen Umgebung nur wenig landschaftliche Reize. Aber es entschädigte dafür gewissermaßen die ungebundene Aussicht, welche man von dort aus in alle Richtungen genoss. Über den Missouri hinweg schweiften die Blicke über ein breites Tal, welches in der Ferne ebenfalls von den Abhängen des höher gelegenen Bodens hügelartig abgeschlossen wurde. An Abwechslung arm, mag es zurzeit mit Ansiedlungen bedeckt sein, deren einzelne vermöge ihrer Lage dazu angetan sind, sich zu Stadien emporzuarbeiten. Auf die Pelztauscherstation, an welche sich die Hütten der Dolmetscher und kleiner Pelztauscher reihten, sah man von dort oben wie auf eine Schachtel voll durcheinander gewürfelter Spielwaren nieder.

Die Sonne stand noch hoch am Himmel, als der Vorplatz der Mission sich überaus freundlich belebte. Unter der Aufsicht Mac Kinneys, eines noch jüngeren Geistlichen, auf dessen klugem hageren Gesicht ernste Willenskraft mit Vertrauen erweckender Milde sich paarte, und seiner Gattin, einer liebenswürdigen Dame, welche sich noch nicht lange in den dreißiger Jahren umgesehen hatte, waren die Zöglinge der Anstalt mit ihren eigenen Kindern hinausgeeilt, um in heiteren Spielen eine Erholungsstunde zu feiern. Mädchen und Knaben waren es im Alter von sechs bis sechzehn Jahren, eine Zeitgrenze, auf deren anderer Seite die Vorbereitungen zu einem Handwerk oder sonstigen technischen Fertigkeiten ihren Anfang nahmen.

Einen seltsamen Kontrast bildeten die ungefähr dreißig Zöglinge mit den braunen Gesichtern, den schwarz funkelnden Augen und dem kurz gehaltenen Haupthaar zu den vier lieblichen, blauäugigen und licht gelockten Nachkommen des Missionars und seiner in holder Mutterwürde prangenden Frau; aber auch zu den aus wollenen Kleidern, Jacken, festen Schuhen und sauberer farbiger Wäsche bestehenden Anzügen, in welchen die noch nicht lange Eingekleideten sich nichts weniger als behaglich zu fühlen schienen. Auf mehreren Bänken dicht am Haus saßen sechs oder sieben grellfarbig geschmückte und bemalte Krieger der benachbarten Indianerstämme, die eingetroffen waren, um sich vom Wohlergehen ihrer Sprösslinge zu überzeugen und, wie stets bei solchen Gelegenheiten, von dem menschenfreundlichen Missionar gastlich aufgenommen zu werden. Mit dem langen schwarzen Haar, den mit der geflochtenen Skalplocke vereinigten Federn und den als Überwurf dienenden zottigen Büffelhäuten oder farbigen Decken erzeugten sie den Eindruck, als ob sie nicht zu der jungen Gesellschaft gehörten. Nicht einmal im Ausdruck ihrer ernsten Gesichter verriet sich eine Regung der Zusammengehörigkeit.

Mit unverkennbarer innerer Befriedigung über die fortschreitende Gesittung der ihrer Obhut Anvertrauten, hatten Mac Kinney und seine Gattin ihre Blicke über die junge Schar hinwegschweifen lassen, als Letztere mit einem Ausdruck des Zweifelns bemerkte: »Wo unsere Daisy zur Zeit weilen mag. Ich bat sie dringend, mir zur Seite zu bleiben, trotzdem verschwand sie gleich nach dem Mittagessen. Mit ihrem seltsamen, obwohl eine rührende Ergebung in sich bergenden Wesen, flößt sie mir tatsächlich große Besorgnis ein.«

»Wo sie weilt?«, versetzte Mac Kinney mit verständlich hervorklingendem Wohlwollen, »das zu erraten, dürfte schwer sein. Wohl aber ist die Ursache ihrer Abwesenheit durchsichtig genug. Seitdem Durlach zu dem zweifellos nicht ungefährlichen Unternehmen aufbrach, fürchtet sie, wo sie geht und sieht, für sein Leben. Da wird sie wohl hingegangen sein, um an einem heimlichen Ort auf seine Heimkehr zu warten. Etwas Ergreifendes liegt in der Anhänglichkeit, welche sie absichtslos auf die ihr eigentümliche Weise verrät.«

»Von hier aus hätte sie den Missouri ebenso gut überwachen und nach dem heraufkommenden Boot ausschauen können«, wendete die Missionarin ein, »damit wäre ihr zugleich die Gelegenheit zu schwermütigem Grübeln entzogen geblieben. Gewiss, ich muss sie ernstlich tadeln, wenn sie auf Grund ihrer heimlichen Regungen sich gänzlich von uns abschließt.«

Mac Kinney lächelte versöhnlich und erwiderte beschwichtigend: »Befände ich mich nach deiner Überzeugung in einer auch nur annähernd ähnlichen Lage wie Durlach, würdest du anders denken oder weniger um mich sorgen?«

»Nein, sicher nicht; wohl aber würde es sich bei mir in einer anderen Weise offenbaren.«

»Was ich gerne zugebe. Übersehen wollen wir nicht, dass meine verständige Frau von frühester Kindheit an mit der Gesittung verwuchs, eine solche ihr nebenbei durch unberechenbare Generationen hindurch angestammt wurde, wogegen Daisy erst in einem späteren Alter der zügellosen Freiheit und damit dem Einfluss ihrer heidnischen Umgebung entrissen wurde. Merkwürdig leicht und zutraulich, wie sie sich uns anschmiegte, und eifrig, wie sie die Lehren der Gesittung in sich aufnahm, konnte das, was sich ebenfalls, wenn auch nur mütterlicherseits, von ihren Vorfahren auf sie übertrug, doch nicht ganz von ihr ausgeschieden werden. Die zwölf Jahre, welche sie im Kreis der braunen Verwandten verbrachte, lassen sich nicht verwischen wie ein Kreidestrich auf der Tafel. Ihr verstorbener Vater aber, eine raue Pelztauschernatur, war bei allen sonstigen Vorzügen doch nicht der Mann dazu, das zu empfinden oder zu beachten. Eine gänzliche Umwandlung vollzieht sich nur sehr langsam und wohl dann erst vollständig, wenn sie als Gattin eines gebildeten Weißen der Mittelpunkt eines glücklichen Familienlebens geworden ist.«

»Du sprichst so zuversichtlich, als ob du keine Zweifel über die redlichen Absichten unseres Freundes hegtest.«

»Zweifel? Nein«, erklärte Mac Kinney träumerisch, »und nach meinen beinahe eifersüchtigen Beobachtungen darf ich solche auch nicht ins Leben treten lassen. Zunächst webte sich ein Band zwischen den beiden, welches nach meiner Überzeugung nur durch den Tod gelöst werden kann. Dann aber würde es nimmermehr dem ehrenwerten Charakter Durlachs entsprechen, mit den heiligen Regungen eines unschuldigen jungen Geschöpfs ein frevelhaftes Spiel zu treiben. Er hat vielmehr mir gegenüber seinen unerschütterlichen Willen offenbart, Daisy zu seiner Zeit zum Altar zu führen und auch schon auf meine Anregung hin ihre beiderseitige Zukunft ernst in Betracht gezogen. Freimütig gab er zu, dass der Westen keine Stätte böte, wo er dem lieben Kind ein Glück bereiten könne, wie es ein solches verdiene. Und so trägt er sich mit der Hoffnung auf eine baldige Beendigung des Krieges, um sie dann mit nach St. Louis hinunter zu nehmen und dort seinen Hausstand zu begründen. Ebenso offenherzig erklärte er, dass das wilde Jagdleben zwar seine überschwänglichen Reize besitze, welchen zu entsagen ihm sehr schwer werden würde. Zugleich aber gab er zu, dass seine ganze Vergangenheit wie das Verhältnis zu seinen Geschwistern erheischten, mit seiner Liebhaberei nicht über eine bestimmte Grenze hinauszugehen. Auch über die Art der von ihm zu begründenden Zukunft sprachen wir in allerjüngster Zeit. Dabei missfiel mir nur die Leichtfertigkeit, mit welcher er eines Sonderling von Onkel gedachte, eines unverheirateten alten Tischlermeisters, unter dessen Schutz sich zurzeit seine Schwester befindet. Er meinte, es koste ihn nur ein Wort, um bei dem queren alten Burschen – seine eigenen Worte – als gut bezahlter Lehrling einzutreten und später gemeinschaftlich mit ihm eine Möbelfabrik zu gründen.«

Hier kehrten die beiden Gatten sich ihren Zöglingen zu, um einen Kreislauf, zu welchem diese sich geordnet hatten, zu lenken und zu überwachen.

 

*

 

Zu derselben Zeit befand Daisy sich eine mäßige Strecke stromabwärts, wo sie sich auf halber Höhe eines der hügelartigen Abhänge niedergelassen hatte. Von der Mission aus nicht bemerkbar, stand ihr selbst dort eine ungehemmte Aussicht über den Strom bis zu seiner nächsten südlichen Biegung offen. Regungslos wie ein Steingebilde saß sie, die großen dunklen Augen dahin gerichtet, wo die in dem Boot heimkehrenden Männer zuerst in ihren Gesichtskreis treten mussten. Obwohl Markolf, auf ein ernstes Wagnis vorbereitet, beteuerte, nicht vor Einbruch der Nacht zurück sein zu können, sogar darauf hinwies, dass seine Abwesenheit einen Tag und länger dauern möge, war sie doch schon um die Mittagszeit heimlich zu ihrer Warte geschlichen, um daselbst mit ihrem Bangen und Sehnen allein zu sein. So bot sie in ihrer wartenden Stellung ein unbeschreiblich anmutiges Bild, in welchem die hervorragendsten Reize zweier Rassen sich zu einem bezaubernden Ganzen vereinigten. Mit ihrem zwölften Jahr erst dem heimatlichen Wigwam entführt und daher den Sitten der Eingeborenen noch nicht vollkommen entfremdet, hatte sie, ahnungslos, dass es ihre äußere Erscheinung vorteilhaft beeinflusste, ihr rabenschwarzes Haar von der Stirn bis über den Hinterkopf hinunter in zwei gleich starke Hälften gescheitelt, diese aber in Handlänge von dem schön geformten Haupt in je eine Flechte gewunden, welche, nach vorn über die Schulter fallend, bis auf ihren Schoß niederreichten. Lichtbraun und samtweich ragte zwischen der schwarzen Einfassung ein liebliches Antlitz hervor, in welchem neben der zarten Farbe nur noch die ein wenig hervortretenden Wangenknochen an die indianische Herkunft erinnerten. Ein eigentümliches Gepräge sanfter Schwermut und ergebungsvoller Geduld hatte sich über ihre Züge ausgebreitet. Diese Stimmung offenbarte sich noch deutlicher in den großen dunklen Augen, welche durch die wie müde gesenkten Lider so weit verschleiert wurden, dass die langen schwarzen Wimpern die Wangen beinah berührten. Der eine schmale, in festes Leder gekleidete Fuß ruhte etwas erhöht auf einer Unebenheit des Bodens vor ihrem Sitz. In ungezwungener Haltung hatte sie die Hände vor dem emporgezogenen Knie verschränkt. Das sie umhüllende Kleid aus blauem Flanell war nach Sitte der Weißen geschnitten und schmiegte sich anmutig an den schlanken jungfräulichen Körper. Eine scharlachfarbige Decke, welche neben ihr lag, vervollständigte einen Anzug, wie er nicht geeigneter und kleidsamer für die fremdartige Erscheinung hätte ersonnen werden können. Als Schmuck trug sie große silberne Ohrreifen, während eine Schnur bernsteinartig schillernder gelber Glasperlen sich sechsfach um den Hals schlang und mit einzelnen Windungen tief über ihren Busen hinabreichte.

Stunde um Stunde war verstrichen, ohne dass sie ihre Stellung wesentlich verändert oder die geringste Spur von Unruhe verraten hätte. Nur hin und wieder rief es den Eindruck hervor, als ob sie, ihre Sehkraft verschärfend, das Haupt ein wenig weiter nach vorn geneigt habe. Immer wieder sank sie in ihre wartende Stellung zurück. So einten das kaukasische und indianische Element sich in ihr zu einem holden Rätsel, dessen freundliche Lösung eine das ganze junge Herz erfüllende unergründliche Liebe.

Die Sonne neigte sich bereits stark dem Westen zu, als ihr träumerisch ruhiges Antlitz sich jäh wie durch Zauber belebte. Ein tieferer rötlicher Schimmer durchbrach das lichte Braun der Wangen. Aus ihren Augen leuchtete es dagegen wie unermessliches Entzücken. Die üppig blühenden Lippen des zierlich geschnittenen Mundes wichen ein wenig von den weißen Vorderzähnen zurück, als hätte sie mehr Raum für den in ängstlicher Spannung verkürzten Atem gewinnen wollen.

Weiter und weiter neigte sie sich nach vorn, und schärfer spähten ihre Augen. Nein, sie täuschte sich nicht. Da hinter der Uferbiegung schlich es unscheinbar hervor und auf den Stromspiegel hinaus. Es blitzten im Sonnenschein die von den kräftig gehandhabten Rudern emporgeworfenen schmalen Wassergarben. Ja, das war das ersehnte Boot. Ein Zweites gab es nicht in der Nachbarschaft. Es konnte nur das von Markolf gesteuerte sein.

Plötzlich warf sie sich auf ihrem Sitz zurück. Die zarte Glut ihrer Wangen erlosch. Mit ersterbendem Glanz blickten ihre Augen, und die Arme vor der Brust kreuzend, versuchte sie durch deren festes Anpressen den ungestümen Schlag des geängstigten Herzens zu bändigen. Ein Traum war vor ihre Seele getreten, ein Traum aus jüngster Zeit, ein böser, böser Traum von Tod und Sterben, vom Scheiden auf Nimmerwiedersehen.

Wohl kehrte das Boot zurück. Wer aber sagte ihr, dass Markolf sich an dessen Bord befand? Zum Kampf war er ausgezogen. Er hatte es zwar nicht offen ausgesprochen; allein sie war scharfsinnig genug gewesen, es zu erraten. Wie jeden anderen konnte auch ihn das Todesgeschoss getroffen haben.

Fest richtete sie den Blick auf das Boot, welches, gegen die Strömung ankämpfend, die Fluten verhältnismäßig langsam durchschnitt. Acht Männer befanden sich in demselben, als es die Fahrt stromabwärts antrat. Sie versuchte, die einzelnen Gestalten zu zählen, allein es war unmöglich in der Lage, welche das Fahrzeug beibehielt.

Mehr und mehr prägten nunmehr Geduld und Ruhe sich in ihren samtweichen Zügen aus. Wer sie sah, hätte sie für teilnahmslos halten mögen. Und doch klopfte ihr Herz so bange, so stürmisch, als hätte jede neue Sekunde dessen letzten Schlag bringen sollen.

Minuten folgten auf Minuten und wurden zu einer halben Stunde, und noch immer saß Daisy wie in Träumereien versunken da. Näher war das Boot gekommen und näher rückte es mit jedem neuen Ruderschlag. Sollte die Fahrt denn gar kein Ende nehmen?

Endlich, endlich schnellte sie auf die Füße empor. Das Boot hatte halb gewendet, offenbar als Signal, sodass es ihr die Breitseite zukehrte, sie also die in demselben befindlichen Männer zählen konnte. Einer derselben erhob sich von seinem Sitz, richtete die Mündung der Büchse gen Himmel und feuerte sie ab. Zum zweiten Mal erhob er sie, jetzt aber, um ein an den Lauf befestigtes Tuch lebhaft zu schwingen, bevor das Boot seinen alten Kurs wieder aufnahm.

Mit beiden Händen ergriff Daisy jetzt die Scharlachdecke und schwang dieselbe grüßend einige Male im Kreis ums Haupt, um sie gleich darauf mantelartig um ihre Schultern zu werfen. Markolfs Augen ruhten auf ihr, das wusste sie. Nicht die kleinste ihrer Bewegungen entging seiner Aufmerksamkeit. Sie meinte, seine heißen Blicke zu fühlen, und eilte daher ein wenig höher zum Abhang hinauf, wo sie einen aus dem Erdreich hervorragenden Felsblock erstieg, um sich dem Geliebten in ihrer ganzen Gestalt, von dem lachenden Antlitz bis zu den schmalen Schuhen hinunter zu zeigen.

Endlich war das Boot ihr gegenüber eingetroffen, wo es landwärts bog und unterhalb des hohen Ufers verschwand. Erwartungsvoll spähte Daisy hinab. Doch schon in der nächsten Minute schwang Markolf sich zum Uferrand hinaus, wogegen das Boot wieder eine kurze Strecke dem Strom hinaufschoss, um die Fahrt zur Pelztauscherstation fortzusetzen. Einige Worte rief er den Gefährten nach. Schnellen Schritts kehrte er sich dem zu Daisy hinaufführenden Abhang zu.

Wie von Schwingen getragen, schwebte Daisy von ihrem erhöhten Standpunkt nieder. Die Scharlachdecke bedachtsam um ihre Schultern ordnend, ging sie talwärts dem Geliebten entgegen.

Auf der Mitte des sie zuvor voneinander trennenden rauen Wegs traf sie mit Markolf zusammen. Was sie von ihm wissen wollte, den Grad der Freude des Wiedersehens, das unbegrenzte Maß seiner unerschütterlich treuen Zuneigung, das las sie aus seinem glücklich lachenden Antlitz. Ein unbeschreibliches, beinahe schüchternes Lächeln spielte auf ihren kindlichen Zügen, ein Ausdruck, als habe sie es nicht fassen können, dass der schöne große Mann mit dem mutigen Herzen ihr allein gehöre. Damit aber verwebte sich die rührende Unterwürfigkeit, mit welcher sie, fortgesetzt seine Blicke suchend, ihm beide Hände entgegenstreckte, um bald in eine innige Umarmung gezogen zu werden. Wie in einem Traum die Augen halb schließend, duldete sie, dass er sie auf den Mund und die Wangen küsste. Fremd war ihr helles Aufjubeln und stürmisches Entgegenkommen. Aber das leise Zittern, welches ihren schlanken Körper durchlief, sprach eindringlicher zu Markolf, als es ihm mit tausend Engelszungen hätte verkündet werden können.

»Ja, da bin ich wieder«, sagte er in seiner fröhlichen und doch so aufrichtigen Weise, indem er den Arm um Daisy legte und, sie unterstützend, mit ihr den Weg nach oben einschlug. »Da bin ich und zwar so wohlbehalten und gesund, wie je zuvor. Mein braunes Mädchen aber wird jetzt einsehen, dass alles Zagen und Bangen besser erspart worden wäre, alle Träume der Welt nicht schwerer wiegen, als die hinter einem Schwimmvogel sich schließende Furche auf stillem Wasser.«

Daisy sah mit tiefer Bewunderung zu dem ihr zugeneigten wettergebräunten Antlitz auf. Kurze Zeit säumte sie, um die Stimme des Geliebten in ihren Ohren ausklingen zu lassen, dann bemerkte sie gedämpft: »Der eiserne Mark ist der schönste, der klügste und mutigste Mann unter dem Himmel. Sehe ich ihn nicht, so bin ich zum Sterben krank. Da oben saß ich, seitdem die Sonne am höchsten stand. Nach dir schaute ich aus.« In ihrer Erregung griff sie zu indianischen sinnreichen Vergleichen. »Wie der in der Prärie Verdurstende nach einer Quelle. Ich bangte nach dir, wie die schwache Antilope, der man den starken Partner raubte. Ich war blind, da weilte dein Anblick Licht in meinen Augen, ich war taub, bis deine Stimme wieder zu meinen Ohren drang.«

»Wie du lieblich redest, indem du Angestammtes und eifrig Erlerntes miteinander vermischst«, versetzte Markolf in scherzhaftem Erstaunen, »möchtest du diese Art nie vergessen bis ins höchste Alter hinein. Sie wird dich zieren in allen Kreisen, in welche du allmählich Eingang findest. Tadeln muss ich dagegen, dass dein liebes Herz dich schon so früh zu deiner Warte trieb. Weshalb bliebst du nicht bei deinen gütigen Beschützern und Freunden? Hättest du doch auf mich warten können drei Tage und drei Nächte. Denn nur einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass wir durch die Ereignisse nicht länger zurückgehalten wurden.«

»Du bist wieder bei mir«, antwortete Daisy mit rührender Einfachheit, dadurch zugleich alle weiteren Vorstellungen des Geliebten abschneidend. Nach den angedeuteten Ereignissen forschte sie nicht. Er befand sich an ihrer Seite. Welcher Art die Erfahrungen sein mochten, die hinter ihm lagen: Dieses Bewusstsein genügte ihr für alles.

Ein Ruf drang von dem am Fuß des Abhangs hinführenden Weg zu ihnen herauf. Sie kehrten sich zu demselben um, und ihr erster Blick fiel auf Maurus, Lydia und Kit Andrieux, deren Begleitung in geringem Abstand folgte.

»Willkommen in den Council-Bluffs!«, rief Markolf hinunter, »reitet eures Wegs und beeilt euch, zur Mission heraufzukommen! Auf Wiedersehen in einer halben Stunde!« Seinen Arm wieder um Daisy legend, folgte er mit ihr seinen Weg langsam weiter aufwärts, während die Gesellschaft unten die Pferde zu frischerem Einherschreiten antrieb.

»Das war mein Bruder«, antwortete Markolf auf die in den zu ihm erhabenen klaren Augen sich offenbarende Frage. »Du wirst ihn bald kennen und lieben lernen. Bei ihm befindet sich eine junge Lady, die auf einige Zeit deine Hausgenossin sein wird, und es sollte mich nicht wundern, würde sie sehr bald deine liebe Gefährtin und Freundin. Von ihr kannst du viel lernen, vor allem, dass auch du eine junge Lady bist, die vor dem Verkehr mit anderen vornehmen Damen nicht zurückzuschrecken braucht.«

»Dein Bruder bleibt nicht, oder du hättest es ausgesprochen«, versetzte Daisy zaghaft.

»Nur ganz kurze Zeit. Dann kehrt er nach Kansas City und von dort zu seinem Regiment zurück.«

»Du willst ihn begleiten. Ich errate es …«

»Nicht doch, Daisy, ängstige dich nicht zu früh und ohne jeglichen Grund«, fiel Markolf zärtlich beschwichtigend ein, »begleitete ich ihn wirklich eine Strecke, läge darinnen ein großes Unglück? Ist der Krieg erst beendet, so ruft es mich ohnehin nach St. Louis, um daselbst unseren Hausstand einzurichten, bevor ich dich als meine Frau von hier abhole. Wir möchten uns auch vorher von unserem Freund Mac Kinney trauen lassen.«

»Begleitest du deinen Bruder«, versetzte Daisy hastig und mit einer gewissen Entschiedenheit, »so gehe ich mit dir. Bleibe ich zurück, so muss ich sterben. Der böse Traum lebt noch. Ich kann ihn nicht aus meinem Kopf reißen.«

»Nein, Daisy«, entgegnete Markolf gütig. Ohne den rechten Arm von ihr zurückzuziehen, strich er mit der linken Hand sanft über ihr schwarzes Scheitelhaar. »Du darfst nicht vergessen, dass du aufgrund deiner Erziehung zu den Weißen zählst, mag immerhin ein bräunlicher Schimmer dein gutes Antlitz schmücken. Als solche aber musst du dich von allem lossagen, was an den wunderlichen Glauben deiner braunen Vorfahren erinnert. Dahin gehört in erster Reihe, dass du Träumen keinen höheren Wert beimisst, als sie verdienen. Was würde der ehrwürdige Mac Kinney zu solchen Worten sagen, hörte er sie?«

Nachdenklich sah Daisy vor sich nieder. Erst nach einer Pause bemerkte sie zögernd: »Und doch zeichnet die braunen Frauen manches vor den weißen aus; manches, um das ich sie beneide.«

»Was könnte das sein, meine arme ängstliche Taube?«

»Tritt der braune Krieger eine Reise an, so folgt die Frau in seinen Spuren. Sie trägt seine Lasten, arbeitet für ihn. Soll ich meinem Herrn nicht ebenfalls dienen?«

»Nein, dienen nicht«, erklärte Markolf ergötzt, obwohl des lieblichen Mädchens sanft flehende Stimme ergreifend zu seinem Herzen drang. »Nur lieben darfst du mich mit aller Kraft deines unschuldigen Gemüts, nebenbei auf meinen Rat hören, wenn ich das Werk zu beenden trachte, welches unser Freund Mac Kinney und seine Frau mit so überraschendem Erfolg begannen und förderten. Das Dienen fällt dem Mann zu, wie du es bei deinen gütigen Beschützern beobachtetest und wie es Sitte unter den zivilisierten Nationen ist. Dahin gehört aber auch, dass ich zuweilen meinen eigenen Weg gehe, du nicht zagst, wenn ich im Verfolgen ernster Beschäftigungen zeitweise von dir fern gehalten werde.«

»Alles, alles will ich tun, wie mein Herr es mir anbefiehlt«, antwortete Daisy demütig. Sie hob Markolfs Hand an ihre Lippen, wie sie es so oft an Mac Kinney seiner Gattin gegenüber gewahrte. »Wenn du mich belehrst, sind meine Ohren offen. Durch die Ohren finden deine Worte ihren Weg zu meinem Herzen.«

So süß klang ihre Stimme, so ergebungsvoll und still beglückt sah sie zu Markolf auf, dass dieser nicht umhin konnte, ihr Haupt an seine Wange zu ziehen und sie zu küssen, dass ihr der Atem fast versagte. Und weiter wandelten sie Hand in Hand, und weiter sprachen sie, indem Daisy immer neue Fragen aufwarf, die ebenso schnell liebevoll belehrend beantwortet wurden. So erreichten sie, auf dem wenig gangbaren Abhang mancherlei Windungen beschreibend, die Höhe, wo die Mission vor ihnen lag. Langsam, ganz langsam und fortgesetzt Hand in Hand schritten sie einher. Wie sie von Weitem unterschieden, war das fröhliche Leben auf dem Vorplatz verstummt. Die Glocke hatte Groß und Klein, Alt und Jung zum gemeinschaftlichen Mahl in der großen Halle gerufen. Auch den alten Kriegern waren Plätze an den langen sauber gedeckten Tischen eingeräumt worden. Dem Beispiel der jungen Stammesgenossen folgend, lauschten sie mit einer gewissen Andacht dem ihnen unverständlichen Segen, welchen der Missionar über die Versammlung hinsprach.

Doch nicht lange sollte der Vorplatz vereinsamt bleiben. Während auf der einen Seite Markolf und Daisy sich nicht übereilten, näherten sich auf der anderen Maurus und Lydia, gefolgt von Eva und Nestor, Letzterer das Packpferd neben sich am Zügel führend, welches seiner Herrin geringe Reisehabseligkeiten trug. Kit Andrieux und die Otoe waren auf der Station zurückgeblieben, wo sie in der geräumigen Tauschhalle von weißen und braunen Jägern lärmend umringt und um ihre jüngsten Abenteuer befragt wurden.

Beim Anblick Lydias und seines Bruders war Markolf stehen geblieben. Sinnend beobachtete er, wie sie von dem herauseilenden Missionar und dessen Familie willkommen geheißen und ins Haus geführt wurden. Erst nachdem Nestor und Eva mit den Pferden von einem älteren Indianerburschen zum Hof hinausgeleitet worden waren und der Vorplatz wieder verödet lag, setzte er sich aufs Neue in Bewegung. Er war schweigsam geworden. Das liebliche Geschöpf an seiner Seite zärtlich überwachend, wie ein getreuer Gärtner, der seine Lieblingsblumen vor jedem erkältenden Hauch zu schützen versucht, hatte er mit überlegter Absicht so lange gewartet, bis alle eingetreten waren. Bevor er Daisy seinem Bruder und Lydia vorstellte, sollten die Gemüter sich wenigstens einigermaßen beruhigt haben. Es sollte deren Aufmerksamkeit weniger gestört werden, wenn dieselbe sich der Geliebten zuwendete. Bangigkeit ergriff ihn bei dem Gedanken, dass Maurus und die hochgebildete Tochter des Colonels, mochten sie nach den ihnen gewordenen Mitteilungen immerhin die freundlichsten Rücksichten walten lassen, vielleicht von Vorurteilen gegen die reizvolle bräunliche Tochter der Wildnis beherrscht wurden. Boten sie aber wirklich das Äußerste auf, der schüchternen jungen Halbindianerin Vertrauen erweckend entgegen zu kommen, und es lebte dabei in ihnen nur eine Spur des Zweifelns, so kannte er Daisy zu genau, um nicht vorauszusehen, dass sie, gewissermaßen von einem scharf unterscheidenden Instinkt geleitet, jene versteckten Empfindungen gleichsam herausfühlen würde. Dann aber stand zu befürchten, dass sie wie eine vom nächtlichen Frost gestreifte Blüte bis in ihr unschuldiges Herz hinein erkältet, in sich zusammenschauerte, Misstrauen keimte, wo Liebe und freundliche Hingebung hätte üppig wuchern sollen.

Ein ähnliches Vorgefühl, wenn auch nicht vollständig klar, mochte sich in Daisy regen und heimlichen, von Bangigkeit gebotenen Fragen Raum geben. Der Bruder des Geliebten und dessen Freundin – welche Aufnahme hatte sie bei ihnen zu gewärtigen? Waren sie nicht gekommen, um ihr den stolzen, eisernen Mark zu rauben und dadurch ihr Ende zu besiegeln? Scheu blickte sie zu Markolf auf. Ernst thronte auf seiner Stirn, Trotz lagerte um die fest geschlossenen Lippen. Aber ihre kleine Hand hielt er kraftvoll, als hätte er ihr durch den festen Druck zu verstehen geben wollen, dass er durch keine Macht der Erde von ihrer Seite gerissen werden könne. In Furcht, seinen Ideengang ganz zu unterbrechen, wagte sie nicht, ihre Stimme zu erheben. Erst als sie nur noch wenige Schritte von der Haustür trennten, hielt sie Markolf zurück.

Leise, wie ein großes Geheimnis enthüllend, raunte sie ihm zu: »Muss ich mit hineingehen? Ich fürchte deinen Bruder, ich fürchte die neue Freundin, wenn sie ihre Augen auf mich richten. Was soll ich sagen? Was tun? Wie mich bewegen?«

»Mit hinein, fragst du?«, versetzte Markolf rau, dass Daisy vor ihm erschrak. Fester drückte er ihre Hand. »Wohin sonst sollte ich mit dir gehen? Ohne dich wäre da drinnen auch für mich kein Platz. Wo ich bleibe, da bleibst du. Zu mir gehörst du. Du bist meine Freude, mein Stolz. Wer anders denkt, und wäre es mein eigener Bruder, der ist tot für mich. Und was du tun und sprechen sollst?« Er lachte, jedoch freier und herzlicher, indem er die von charakteristischen Reizen umflossene schöne geschmeidige Gestalt betrachtete und sich von deren Unwiderstehlichkeit überzeugte. »Ha, Kind, darüber braucht dich keiner zu unterrichten. Vor allen Dingen hast du keinen zu fürchten. Trage dich, wie du es von der Natur lerntest, sprich, was dir gerade einfällt, handle, wie dein armes schüchternes Herzchen es dir vorschreibt, und du gewinnst alle zu deinen Freunden.« Daisys Hand wieder ergreifend, führte er sie durch die von den braunen Zöglingen belebte Halle in das bekannte Wohnzimmer des Missionars. Dort regte sich noch alles in der vollen ersten Freude des Wiedersehens. In Lydias Augen perlten Tränen, als die beiden ihr verwandten Gatten der Beteuerungen des Entzückens über ihr Eintreffen kein Ende wussten, deren Kinder nach Überwindung der ersten Befangenheit sich zutraulich an sie schmiegten. Wusste sie doch nicht, wohin sie sich wenden sollte, um so viel Güte und Zärtlichkeit auf einmal zu erfassen. Wehmütig beobachtete Maurus, an dessen Seite der Missionar getreten war, die freundliche Gruppe. Er verstand ja am besten, den Eindruck zu würdigen, welchen nach den grausigen Erfahrungen der liebevolle Empfang auf die Vereinsamte ausübte.

Da öffnete sich die Tür. Gleichzeitig kehrten alle Blicke sich derselben zu. Über die Schwelle schritt Markolf, die junge Halbindianerin noch immer an der Hand führend.

Hätte Daisy, wenn vertraut mit allen Künsten der verfeinerten gesellschaftlichen Sitte, mit kluger Berechnung das Äußerste hervorgesucht, durch ihre Erscheinung das Auge zu bestechen, so wäre es ihr dennoch unmöglich gewesen, ein noch mehr bezauberndes Bild zu schaffen, als sie nun in ihrer Befangenheit ein solches bot. Wie banges Flehen um Mitleid, um Erbarmen sprach es aus ihren großen dunklen Augen. Zagen offenbarte sich in dem um den lieblichen Mund lagernden süßen Lächeln. Auf Markolfs Zügen ruhte dagegen das Gepräge ernster, beinah düsterer Spannung. In den vorhergegangenen Tagen, so lange Daisy nicht zugegen war, wurde es ihm nicht schwer, dem Bruder und Lydia gegenüber mit glühender Begeisterung ihre Vorzüge aufzuzählen, ohne dass je Zweifel über den ihrer harrenden Empfang in ihm aufstiegen. Nun hingegen, in den Minuten der Entscheidung, vermochte er sich ernster Besorgnisse nicht zu erwehren.

Nach seinem Eintritt herrschte kurze Zeit Schweigen. Es war, als hätten die neu Hinzugekommenen sich zuvor mit dem eigentümlichen Zauber der mit den holdesten Reizen umflossenen jungen Halbindianerin vertraut machen müssen, um an dessen Wirklichkeit zu glauben.

Da trat Frau Mac Kinney vor Daisy hin. Ihre Hand ergreifend und sie auf die Stirn küssend sprach sie liebreich tadelnd: »Du hast deinem eigenwilligen Herzen doch nicht gebieten können, dass du mir unter den Händen verschwandest.« Sie warf einen freundlichen Blick auf die schöne, kraftvolle Gestalt Markolfs und fügte wohlwollend hinzu: »Verdenken kann ich es dir freilich nicht. Dein Gefühl schrieb es dir vor, und dem darfst du immerhin unbeirrt folgen.«

Über Daisys Antlitz eilte es wie ein Sonnenstrahl des Glückes. Freundliche Ermutigung war in der Missionarin letzten Worten enthalten, aber auch eine Gefahr, deren Tragweite ihre Beschützerin erst kennen lernen sollte.

»Unser aller Liebling«, stellte Letztere Daisy Maurus und Lydia vor. »Seit dem Tod ihrer Mutter, der vor sechs Jahren erfolgte, in unserer Familie lebend, ist sie gewissermaßen in das Verhältnis einer Tochter zu uns getreten.«

Markolf hatte seinen Bruder und Lydia nicht aus den Augen gelassen. Indem er die Bewunderung gewahrte, welche beide offen zur Schau trugen, gelangte in seinen Zügen mehr und mehr innere Befriedigung zum Ausdruck. Als Lydia aber vor Daisy hintrat, sie gleichsam von der Missionarin in Empfang nahm und, hingerissen durch das ängstliche Wesen des holden Mädchens, dessen beide Hände ergriff und es zärtlich küsste, da verflog spurlos das letzte Gewölk, welches bis dahin seine Stimmung umdüsterte.

»Die Adoptivtochter meiner teuren Verwandten gehört auch zu mir«, sprach Lydia in ihrer herzgewinnenden Weise.

»Und zu mir als die Braut meines Bruders«, fügte Maurus hinzu, indem er Daisys eine Hand dem Griff Lydias sanft entzog. »Mag es uns beschieden sein, bis in die spätesten Tage uns als zusammen gehörig zu betrachten, zu meiner Freude und zu Ihrer und Ihres Auserkorenen Glück.«

»Das fehlte mir nur noch«, versetzte Markolf. Im Übermaß seiner Freude Maurus an der Schulter packend, wirbelte er ihn förmlich zu sich herum. »Ja, das fehlte mir nur allein noch zu meiner Zufriedenheit«, wiederholte er, den Bruder fest anschauend. »Um Margaretha sorge ich nicht. Von ihr weiß ich, dass sie in Daisy mit warmem Herzen eine Schwester begrüßt. Bahnte Daisy aber durch ihre äußere Erscheinung sich ihren Weg in dein Wohlwollen, so wirst du sie noch tausendfach lieber gewinnen, nachdem du erst die von ihren treuen Beschützern sorgfältig gepflegten Eigenschaften ihres Herzens kennen lernst.«

Er kehrte sich in seiner offenen Weise Lydia zu, welche noch immer Daisys Hand hielt und die wie von unfassbar entzückenden Träumen Umwobene wehmütig betrachtete. Was er zu ihr sprach, legte den Grundstein zu einer dauernden, innigen Freundschaft.

Die Sonne hatte sich unterdessen dem westlichen Horizont zugeneigt. Weit auf den Missouri hinaus reichten die Schatten der die Mission von seinem Ufer trennenden Abhang. Rosig angehauchte Federwolken segelten langsam am blauen Himmel einher. Rosige Lichter schmückten alles, was in den Bereich der vom glühenden Westen entsendeten Beleuchtung trat.

Wie ein verlockendes Bild des Friedens lag die Mission da. Tiefe Stille herrschte in deren Umgebung. Durch die geöffneten Fenster ins Freie hinaus drangen die Stimmen von Jung und Alt, die sich in feierlichem Chor zum Lobgesang einten.