Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern – 53. Blatt

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern
von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871

Eulenspiegel kommt krank nach Mölln, macht sein Testament und stirbt.

anches Jahr hatte Eulenspiegel in der Welt umherge­schwärmt und viele Bosheiten, Schelmereien und Narrenspossen ausgeübt, als er endlich müde und krank zu Mölln ankam.

Da Eulenspiegels alter Mutter bekannt wurde, dass ihr ungeratener Sohn noch lebe und zu Mölln sei, reiste sie zu ihm, glaubte noch etwas zu erben und sprach: »Mein lieber Sohn, hast du denn nichts erspart, dass ich von dir erben könnte? Ich bin nun alt und schwach und kann nichts mehr verdienen.«

Er antworte: »Liebe Mutter, wer nichts hat, dem muss man auch nichts geben, damit er nicht zu viel be­kommt.«

Aber Eulenspiegel dachte noch kurz vor seinem Ende daran, wie die Leute nach seinem Tod noch angeführt werden sollten. Er machte nämlich ein Testament und teilte seine Hinterlassenschaft in folgende drei Teile: Den ersten Teil vermachte er dem Magistrat zu Mölln, den zweiten seinen Freunden und den dritten der Geistlichkeit daselbst, mit der Verordnung, dass wenn er stürbe, so solle man erst nach vier Wochen das Vermögen gehörig teilen und sich dabei, zum Andenken an ihn, recht gütlich tun. Seine Mutter aber, die zu seinem großen Reichtum nichts beigetragen hätte, solle nichts haben. Dieses Vermächtnis nahmen die Erben dankbar an, und Eulenspiegel starb einige Tage danach. Nachdem vier Wochen verflossen waren, kamen die Erben zusammen, um das Testament zu öffnen und das Vermögen zu teilen. Aber wie erschraken sie, als sie die Kisten öffne­ten und nichts als Steine darin fanden. Es sah einer den anderen an und wurden zornig. Der Pfarrer und der Rat meinten, die, welche die Kiste in Verwahrung gehabt haben, hätten den Schatz heimlich herausgenommen und die Kiste wieder zugemacht; die Freunde aber, die Pfaffen hätten es getan. Mit lautem Unwillen gingen sie auseinander.