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Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern – 48. Blatt

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern
von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871

Eulenspiegel kommt wieder nach Braunschweig und wird Lohgerber.

chon einige Jahre waren verstrichen, dass Eulenspiegel in Braunschweig nicht gewesen war. Nein, sagte er zu sich selbst, jetzt muss ich wieder hin, sonst könnten die Leute glauben, Eulenspiegel sei tot. Er ging also von Leipzig nach Braunschweig und nahm bei einem Gerbermeister Arbeit, welcher ihn aber nicht kannte.

Einige Tage danach wurde der Meister zu Gast gebeten und trug Eulenspiegel auf, das Leder gar zu machen und sprach: »Siede den Tubben voll Leder gar.« Eulenspiegel fragte:» Was soll ich für Holz dazu nehmen?«

Der Meister lachte und sagte spöttisch: »Das ist eine Frage! Wenn ich kein Holz mehr hätte, so könntest du wohl Stühle und Bänke nehmen und damit das Leder gar machen.«

Eulenspiegel antwortete: »Ei, das wird auch gehen!«

Der Meister sagte im Weggehen verdrießlich: »Ja, verderben kann man alles.«

Als er fort war, hing Eulenspiegel den Kessel über das Feuer und steckte eine Haut nach der anderen hinein, zerhackte alle Stühle und Bänke und verbrannte sie unter dem Kessel, bis das Leder mürbe gekocht war. Nun zog er das verdorbene Leder aus dem Kessel und legte es auf einem Haufen, nahm dann in sein Reisebündel Wurst, Schinken und Brot und machte sich aus dem Tor.

Der Meister kam spät am Abend mit seiner Frau nach Hause und dachte in seiner Betrunkenheit viel an seinen Gesellen. Am anderen Morgen aber ging er früh in das Gerbhaus. Wie er­schrak er, als er die Häute verdorben und einige Beine von Tischen und Stühlen da liegen sah. Darauf lief er in die Wohnstube. Dort fand er keinen Tisch und keinen Stuhl und entdeckte mit Schrecken, dass sein Knecht weggelaufen war und alle Hausgeräte aus Holz verbrannt hatte. Er ging zu seiner Frau, welche noch im Bett lag, und erzählte ihr alles, wie auch, dass der Knecht Wurst, Schinken und Brot mitgenommen habe.

»Der Bösewicht«, schrie die Frau, »der ist gewiss Eulenspiegel gewesen!«

Und diese Vermutung wurde ihnen von anderen, welche Eulenspiegel kannten und gesehen hatten, bestätigt.