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Die Gespenster – Zweiter Teil – Fünfundzwanzigste Erzählung

Die Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit von Samuel Christoph Wagener
Allen guten Schwärmern, welchen es mit dem Bekämpfen und Ablegen beunruhigender Vorurteile in Absicht des Geisterwesens ernst ist, liebevoll gewidmet von dem Erzähler Friedrich Maurer aus dem Jahr 1798
Zweiter Teil

Fünfundzwanzigste Erzählung

Der klingelnde Berggeist bei Suhl im Hennebergischen

Der Glaube an Berggeister ist nirgend allgemeiner, als unter den Bewohnern der Bergstädte. Indessen gibt es auch in Gegenden, wo der Berg- und Hüttenbau stark getrieben wird, von Zeit zu Zeit noch mancherlei Erscheinungen, deren wunderbare Außenseite jenen Glauben vollkommen zu rechtfertigen scheint. Oft zwar sind die Äußerungen der sogenannten Berggeister offenbar nichts als die Wirkungen böser Dünste, Schwaden genannt, welche die Eingeweide der Erde durchwühlen, sich in den Schächten und unterirdischen Gängen der Bergwerke sammeln, den Bergknappen auf manche Art ängstigen und oft selbst mit Lebensgefahr bedrohen. Allein nicht immer kann man sie auf diese Art natürlich erklären.

So wurde zum Beispiel in dem sächsischen Städtchen Suhl in der Grafschaft Henneberg im Jahre 1797 ein Berggeist aus einem verfallenen Bergwerk, den sogenannten Totenmännern, mit einer Kette herausgeholt und von jedermann gesehen. Einige Köhler, die an diesem Berg im Wald Holz verkohlten, hörten immer in dem dasigen Bergwerke etwas klingeln. Was anderes, als ein Berggeist konnte das sein. Da man aber von den Berggeistern fürchterliche Dinge erzählt, so konnte man es ihnen eben nicht verdenken, dass sie sich fürchteten.

Nachdem das Holz verkohlt war, ging der eine von den Köhlern zum Hammermeister, um seinen Lohn zu holen, und erklärte, dass er Gott danke, dass sie fertig wären, denn seine Kameraden hätten zuletzt wegen des dort hausenden Berggeistes nicht mehr bleiben wollen.

»Ich selbst«, fügte er hinzu, »muss bekennen, es war allerdings, zumal des Nachts, recht fürchterlich anzuhören, wenn der Berggeist klingelte.«

Der Hammermeister, ein vorurteilsfreier Mann, begnügte sich, diese Äußerung des Wahnglaubens mitleidig zu belächeln. Allein einige Tage darauf hatte er selbst Gelegenheit, den klingelnden Berggeist zu hören. Er ging mit einigen Fuhrleuten zu den Kohlen, um sie nach Hause fahren zu lassen. Der Köhler, der hierher bestellt und dessen Gegenwart wegen des Aufladens notwendig war, war nicht da und kam auch nicht. Sie vermuteten daher, er habe das Füllfass, womit die Kohlen aufgeladen werden, vielleicht irgendwo in dieser Gegend versteckt. Sie suchten in dieser Hinsicht allenthalben umher. Der Hammermeister kam an das verfallene Bergwerk, welches mit Gesträuch bedeckt und verwachsen war.

»Vielleicht« sagte er, »liegen die Gerätschaften zum Aufladen unter diesem Reisig versteckt.«

Man suchte unter dem Gesträuch. Und siehe, es begann zu klingeln. Nun fiel ihm der Berggeist ein. Er zog noch mehr Reiser hervor, und es klingelte wieder. Er rief nun die sämtlichen Fuhrleute herbei und ließ aufräumen. Da sie etwas hineinsehen konnten, sahen sie einen Schwanz, wie von einem Hammel, und ein Bein, das ihnen wie ein Bocksfuß vorkam. Höchst wahrscheinlich dachten sie sich das andere Bein, das sie noch nicht sehen konnten, als einen Pferdefuß. So schien also die Versicherung der Köhler, hier hause ein höllischer Berggeist, nun doch nichts weniger, als grundlos zu sein.

In seiner Höhle beunruhigt, fing er auch an, stärker zu klingeln. Doch ließ sich der Hammermeister dadurch nicht abschrecken. Er befahl, noch mehr aufzuräumen. Nun hing man die Ketten der Fuhrleute zusammen. So befuhr einer von ihnen den verfallenen Schacht, nicht ohne Lebensgefahr auf Seiten derer, die ihn hinabließen, und dessen, der hinabfuhr. Allein ihre gefährliche Arbeit lohnte auch die angewandte Mühe, sie brachten den Berggeist wirklich herauf.

Und wer war dieser? Ein Hammel mit einer Schelle um den Hals, der vermutlich, als er daselbst auf der Weide war, von dem Schäferhund gejagt, hineingefallen war. Er war so abgezehrt, dass er kaum noch zehn Pfund schwer sein mochte. Wie hätte dies aber auch anders sein können, da er mehrere Wochen ohne alle Nahrung darin hatte zubringen müssen, denn so lange hatten ihn die Köhler bereits klingeln gehört.

Er fraß und soff nicht. Man brachte ihn endlich mit Gewalt einen Bissen Brotes bei. Da er so entkräftet war, dass er weder stehen noch gehen konnte, trug man ihn nach Hause. Er erholte sich wieder, scheute aber lange die Sonne und verbarg sich an finsteren Orten. Doch wurde er völlig wiederhergestellt. Der Hammermeister ließ ihn mästen und wollte seine Köhler mit einem Berggeistbraten bewirten. Unstreitig hätten sie nun auch kein Bedenken getragen, davon zu essen; ja sie würden sich bei diesem Mahl der Angst und Bangigkeit erinnert haben, die sie vergeblich ausgestanden hatten. Allein der Hammel schien zu harten, sonderbaren Schicksalen geboren zu sein.

Er stand des Nachts im Kuhstall. Eine Kuh riss sich los und stieß ihn so unbarmherzig, dass er Tages darauf elendig an der empfangenen Wunde starb.