Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Der Spion – Kapitel 14

Balduin Möllhausen
Der Spion
Roman aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, Suttgart 1893

Kapitel 14

Die Tage im Schneckenhaus

Seit mehreren Tagen teilte Margaretha ihre Wohnung mit Oliva. Während dieser Zeit hatte Letztere dieselbe nur in den Abendstunden verlassen, um sich an Margarethas Seite im Garten zu ergehen. Wenn aber tiefer, undurchdringlicher Ernst sie umhüllte, zuweilen sogar in einem Grad, dass sie der neu gewonnenen lieblichen Freundin heimliche Scheu einflößte, so gab es auch wieder Stunden, in welchen sanfte Schwermut sie beherrschte. Dann ergriff das herzliche Entgegenkommen Margarethas sie in einer Weise, dass Tränen in ihren Augen zusammenliefen, jeder einzelne Blick auf das freundliche Antlitz eine rührende Bitte um Nachsicht in sich barg. In solchen Stunden mochte ihr vorschweben, dass sie selbst einst ähnlich vertrauensvoll und jugendselig in die Zukunft hinausschaute, in gleicher Weise mit einem Gefühl unendlicher Zufriedenheit dem nächtlichen Schlaf in die Arme sank, um beim Erwachen wie die Vögel des Waldes den heraufziehenden Tag jubelnd zu begrüßen.

Wohl ereignete es sich, dass jene traumartig auftauchenden Erinnerungen plötzlich von düsteren Schatten verdrängt wurden und sie ihre Hand der Margarethas jäh entriss, als ob sie befürchtet hätte, durch ihre Berührung das neben ihr einherschreitende Bild holder Unschuld zu entweihen; jedoch nur, um sie bald wieder zu ergreifen, sie trotz des Widerstrebens der schmerzlich erstaunten Gefährtin an ihre Lippen zu erheben und mit Küssen und heißen Tränen zu bedecken.

»Wer so sein könnte, wie Sie«, sprach sie mit ihrem tiefem Organ unter dem Andrang der sie überwältigen Empfindungen, »möge Ihr reiner Seelenfriede Ihnen erhalten bleiben für und für, ein Übel wollendes Geschick Sie nie mit Menschen zusammenführen, denen nichts heilig …« Sie brach ab. Unter Aufbietung ihrer äußersten Kräfte sich emporrichtend, suchte sie sich zu ermannen, von sich auszuscheiden, was Margaretha eben noch milde berührte, sie selbst dagegen bis ins Mark hinein gleichsam feindselig durchzitterte.

»Ich trachte nicht danach, Ihre gewiss traurigen Erfahrungen kennenzulernen«, versetzte Margaretha tröstlich. Zärtlicher schmiegte sie sich an die stolz, beinahe trotzig erhobene schöne Gestalt an. »Unmöglich aber können dieselben Ihnen alle Wege zu Glück und Zufriedenheit gänzlich verschließen. Es bedarf sicher nur des Rates und Beistandes treuer Freunde, um Sie vergessen zu machen, was hinter Ihnen liegt. Sie sehen ja, wohin Sie kommen, schlagen die Herzen Ihnen entgegen. Zu der Bewunderung Ihrer Kühnheit, zu der Achtung vor der Selbstlosigkeit, mit welcher Sie sich dem Dienst des Vaterlandes weihen, gesellt sich auch das Gefühl aufrichtiger Zuneigung, der Wunsch, die Bahnen vor Ihnen zu ebnen. Der treuherzige alte Onkel sprach es offen zu mir aus, und aus voller Überzeugung pflichtete Doktor Krehle ihm bei. Wenn Sie sich nur entschließen könnten, einem Leben zu entsagen, welches, abgesehen von den furchtbaren Gefahren, Ihren, wenn auch kräftigen Körper, aufreiben muss.« Mit unverkennbarer banger Teilnahme harrte sie einer Erwiderung.

Oliva war auf einer Stelle stehen geblieben, wo das Mondlicht sie voll traf. Die Blicke starr vor sich auf den Pfad gerichtet, erzeugte es den Eindruck, als hätte Margarethas kosende Stimme einen Einfluss auf sie ausgeübt, ähnlich süßem Drosselschlag, dessen Töne ergreifend zum Herzen dringen, auch ohne dass sie von Worten getragen werden. Was in ihrem Inneren vorging, wusste nur sie allein, aber tiefer neigte sie den schlanken Nacken unbewusst, wie unter dem wachsenden Gewicht einer ihr aufgebürdeten Last. Plötzlich schüttelte sie sich leicht. Es war wie ein Schauder, der ihre Gestalt durchlief. Dann richtete sie sich straff empor, und zwar mit einer Heftigkeit, dass Margaretha vor ihr erschrak. Ihr Antlitz erschien im Mondlicht totenbleich. Die starken Brauen hatte sie tief gerunzelt. Unter denselben hervor aber leuchtete es wie Blitze, die planlos nach einem Ziel suchen. Doch wenige Sekunden, und aus den großen dunklen Augen lugte wieder jenes ergreifende Flehen. Nur um den festgeschlossenen Mund lagerte noch eine Mahnung an den starren Willen, der durch nichts erschüttert werden konnte.

»Unmöglich«, sprach sie hart, doch milderte ihre Stimme sich bald wieder zum alten Wohlklang. »Sie sind so gut, so edel gesinnt, meinen es so treu, und dennoch kann ich nur wiederholen: unmöglich. Schrecken Sie nicht vor mir zurück, denn das, was mich gewaltsam in das verzweifelte Dasein hineintrieb, ist nichts, dessen ich mich zu schämen brauchte. Nein, nicht mir fällt die Schuld dafür zu, dass ich meinem Geschlecht gewissermaßen entsagte, es nur noch die einzige Genugtuung für mich gibt, dem Befehl eines böswilligen Geschicks, welches kein Mitleid, kein Erbarmen kannte, bis ans Ende zu gehorchen. Nein, eine Umkehr ist nicht mehr möglich; wenigstens so lange nicht, wie eine bestimmte Aufgabe, geheiligt durch Lebende und Tote, ihrer Lösung harrt. Wenige Tage werde ich noch unter Ihrem Dach weilen. Scheide ich dann von hier, so geschieht es mit Dank erfülltem Herzen. Die Erinnerung an Sie und Ihr liebes Haus, und eine wahrhaft tröstliche ist es, wird nicht von mir weichen bis zum letzten Atemzug. Weiter, als ich eben getan habe, kann ich mit meinem Vertrauen nicht gehen. Hören werden Sie wohl noch von mir, und geht Ihnen einst die Kunde zu, dass ich in dem von mir gewählten Beruf mein Ende fand, fern von den Stätten meiner Kindheit in die fremde Erde eingescharrt wurde, dann weihen Sie mir einen freundlichen Gedanken, jedoch ohne mich zu beklagen. Sagen Sie sich vielmehr, dass ein zertretenes Gemüt zur Ruhe gelangte; das aber, was mir vielleicht zum Vorwurf gereichen könnte, weit überwogen wird durch das, was unschuldig zu tragen mir bestimmt gewesen.«

Abermals durchlief ein Schauder ihre Gestalt. Wie düsterer Visionen sich erwehrend, strich sie mit der Hand über ihre Stirn. Im nächsten Augenblick hatte Margaretha beide Arme um ihren Hals geschlungen. Sich innig an sie anschmiegend, gab auch sie ihrer Wehmut in Tränen Raum. Seitdem ihre Mutter zum ewigen Schlaf in die Erde gebettet worden war, hatte sie keinen mehr besessen, den sie mit hingebender Zärtlichkeit an ihr Herz hätte drücken mögen. Alle, sogar die ihre eigenen Wege wandelnden Brüder wie der ernste Vater, waren und blieben ihr mehr oder minder fremd. Jetzt aber schien es, als ob plötzlich das Wehr vor ihren so lange verhaltenen Herzensergüssen fortgezogen, sie in die fern liegenden Zeiten zutraulicher, Schutz bedürftiger Kindheit zurückversetzt worden wäre.

Oliva zitterte. Sie mochte sich vergegenwärtigen, wie ihr Weg oft genug über Blut und Leichen hinwegführte, ihre sichere Hand sogar selbst das Todesgeschoss entsendete und noch wildere Szenen zu erwarten standen, in welchen eine Hauptrolle zu spielen sie als eine heilige Pflicht betrachtete. Sie zitterte, und doch gewann sie es nicht über sich, die rührende zärtliche Hingebung Margarethas abzulehnen. Im Gegenteil: Den Arm legte sie um die liebliche Gefährtin, sie mit einer Gewalt an sich pressend, als hätte sie sich nie wieder von ihr trennen wollen.

»Das sei Ihnen gesegnet viel tausendmal«, sprach sie mit ihrem vor Innigkeit gedämpften tiefen Organ. »Was Sie jetzt an mir getan haben, Sie ahnen es nicht. Wollte Gott, ich dürfte mich Ihrem besänftigenden Einfluss ganz hingeben; allein es kann nicht sein.« Sie entwand sich Margarethas Armen. Sie leise auf die Stirn küssend, fuhr sie mit plötzlich veränderter Stimme fort: »Ich muss meinen Aufbruch beschleunigen oder die Kämpfe, welche Sie absichtslos in meinem Inneren entfachten, werden immer schwerer. Um der Eindrücke willen, welche ich hier empfing, bereue ich nicht, unter Ihr Dach verschlagen worden zu sein. Wollen Sie mir aber eine Wohltat, o, mehr noch, eine Liebe erweisen, so lassen Sie es bei dem heutigen Austausch unserer Empfindungen bewenden. Ich bedarf der Kraft und des Mutes zu dem Werk, welches noch vor mir liegt, und die versagen mir, wenn ich immer wieder zu einem Vergleich meiner Person mit der Ihren veranlasst werde. Wie der Abend so milde ist und der Himmel so sternenklar«,  verfiel sie in einen sorglos erzählenden Ton. Sich gleichsam selbst marternd, aber auch ihren Willen stählend, fügte sie hinzu: »Und wie der Mond so friedlich herein schaut. Was sah er alles? Ich denke vier Wochen zurück; damals leuchtete er ebenso friedlich. Ich befand mich oben am Kansas. Damals ahnte ich nicht, dass ich sein stilles Gesicht noch einmal von einer solchen Stelle aus betrachten würde.« Sie schob ihren Arm unter den Margarethas. Lustwandelnd sie mit sich fortziehend, sprach sie weiter: »Man sollte kaum glauben, dass unter einem solchen Himmel etwas anderes als ewiger Friede wohnen könne. Wie das alte Haus mit seinem wunderlichen Bilderschmuck so verschlafen daliegt, die Spätrosen und Reseda so süß duften. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass dem guten alten Findegern dieses abgeschlossene einfache Heim durch keine Schätze der Welt ersetzt werden könnte.«

Margaretha atmete auf. Das rätselhafte Wesen Olivas hatte sie zugleich mächtig angezogen und wieder mit einer gewissen Scheu erfüllt. Um so bereitwilliger ging sie auf diese neue Wendung des Gespräches ein. Nicht um die Welt hätte sie die Hand an die ungeahnten Wunden legen mögen, die so leicht wieder – sie hatte es ja erfahren – zu bluten begannen. Und weiter wandelten sie in dem freundlichen Garten auf den verschlungenen Pfaden, bis endlich Martin Findegerns raue Stimme herübertönte, indem er sie zum gemeinsamen Mahl ins Haus rief. Seit mehreren Tagen war auch Houston zu Martins aufrichtiger Befriedigung in der Werkstatt beschäftigt gewesen. Da er auf die Ankunft eines fremden Gastes vorbereitet war, so hatte man keinen Anstand genommen, ihn Oliva vorzustellen. Seine Teilnahme für die verwegene Texanerin erhielt aber einen doppelten Rückhalt dadurch, dass sie sich ihm gegenüber als im Dienst Kampbells, des Spions, stehend bekannte. Offenherzig erklärte er, seitdem er das Schmerzenslager verlassen hatte, habe er sich, um nicht gänzlich müßig zu bleiben, mit Begeisterung denjenigen angeschlossen, deren Aufgabe, nicht nur die in St. Louis und der Nachbarschaft zerstreuten heimlichen Feinde der Union zu überwachen, sondern auch deren verräterischem finsteren Wirken mit allen zu Gebote stehenden Mitteln entgegenzuarbeiten. Da er mit allen Verhältnissen wohl vertraut war, so galten seine Ratschläge stets als maßgebend. Dieselben erzeugten sogar eine Art Sicherheitsgefühl unter den Bewohnern des Schneckenhauses. Wussten diese sich doch, mit Rücksicht auf Oliva, von ihm gewissermaßen beschützt, und manche wichtige Nachricht, welche in Erfahrung zu bringen für Nicodemo beinahe bis zur Unmöglichkeit erschwert gewesen wäre, namentlich über die Bewegungen der in der Nachbarschaft von Kansas City sich zusammenziehenden Streitkräfte, verdankte sie seiner unermüdlichen Fürsorge. So äußerte er sich auch missbilligend darüber, dass Margaretha die Tochter Palmers zu ihren Schülerinnen zählte. Den dagegen erhobenen Einwendungen begegnete er mit der unumwundenen Erklärung, dass Findegerns Haus unter den verkappten Rebellen als der Herd gefährlicher Umtriebe gegen die Sezession verrufen sei und Harriet mit ihren Musikstunden nur den Zweck verbinden könne, sich über die dort verkehrenden Menschen Gewissheit zu verschaffen. Und es war ja bekannt, dass die Südländerinnen ihre Männer, Väter und Brüder an zügellosem Fanatismus und Opferwilligkeit für die von ihnen vertretene Sache noch übertrafen. Seinem dringenden Rat allein war nebenbei zuzuschreiben, dass Oliva sich während des Tages streng verborgen hielt, außerdem aber Nicodemo geraten wurde, bei seinen gelegentlichen nächtlichen Besuchen die größte Vorsicht walten zu lassen.

So hatte das Bewusstsein der Gleichartigkeit der Gesinnungen die Bewohner des Schneckenhauses und Houston einander schnell näher gebracht. Es wuchs das gegenseitige Vertrauen unter dem Einfluss des zwischen ihnen schwebenden Geheimnisses. Sogar Martin hatte den zunächst in ihm rege gewordenen Argwohn, der Captain habe es auf seine Nichte abgesehen, verloren. Es störte ihn nicht länger, ihn in freundschaftlichem Verkehr mit Margaretha zu sehen. Er betrachtete denselben vielmehr als eine natürliche Folge des Einverständnisses in einer ernsten, sogar bedrohlichen Angelegenheit. Befestigte sich aber seine eigene Freundschaft für den Captain angesichts des Eifers, mit welchem er sich in der Werkstatt nützlich machte, so missfiel ihm andererseits die schnell zunehmende Gelenkigkeit seines Knies, dessen notdürftige Heilung ihm als das Signal für das Aufgeben des kaum gewählten neuen Berufes galt.

 

Die Feierabendstunde hatte geschlagen, und die ersten Dämmerungsschatten machten sich bereits bemerkbar, als Houston sich in Margarethas Begleitung in den Garten begab, um daselbst die Dunkelheit und damit Oliva zu erwarten. Gewissermaßen als Schildwachen hatten Martin Findegern und Doktor Krehle auf der Veranda Platz genommen, wo sie sich bald in eine Unterhaltung über den Stand des Krieges und der Politik im Allgemeinen vertieften.

»Ich muss gestehen«, meinte der ehrliche alte Sargfabrikant auf eine beiläufige Bemerkung des von ihm unzertrennlichen Gefährten, »seitdem ich selbst ein wenig mit in die Tagesereignisse eingreife, erhielt das Leben größeren Reiz für mich. Bless you, man besitzt wenigstens etwas, worüber man vor der Hobelbank delibrieren mag, anstatt nur die Arme zu rühren und ein Liedchen d‘rüber hinzusingen.«

Krehle zuckte die Achseln in höchst verdächtiger Weise und bemerkte ausdruckslos: »Ein rechtschaffener Handwerker sollte sich überhaupt nicht um Politik kümmern. Das ist nämlich der nächste Weg zur Vernachlässigung des Geschäftes, und schließlich läuft er noch Gefahr, eines guten Tages oder vielmehr nachts gehängt zu werden.«

Martin Findegern packte den Rand seines hohen Hutes mit zwei Fingern, lüftete ihn leicht, gab ihm eine kriegerische Stellung. Seine Erwiderung mit einigen schweren Tabakwolken aus der bequasteten kurzen Pfeife einleitend, versetzte er gereizt: »Wer ist‘s denn, der Politik auftischt, sobald ich die Sägespäne von meiner Schürze klopfe? Doch kein anderer als der Herr Doktor Arminius Krehle. Gehe ich aber darauf ein, so geschieht‘s, weil meine Zunge ebenso wenig festgenietet ist wie die Ihre. Und hängen, meinen Sie? Sogar hier in St. Louis, einer Unionsstadt, wo jeder ehrenwerte Bürger meine Ansichten teilt? Bless you! Die wären die Letzten, Hand an unsereins zu legen, und wenn es zehnmal bekannt würde, dass ich eine Kundschafterin unter meinem Dach beherberge.«

»Gern gebe ich das zu«, spann Krehle das Gespräch mit unerhörter Gemütsruhe weiter, »allein was die ehrenwerten Bürger nicht besorgen, das führen andere mit dem größten Vergnügen aus. Sie hörten von den Klu-Klux-Männern. Glauben Sie etwa, die – und es gibt ja solche hier am Ort – machten sich ein Gewissen daraus, nachdem sie Kunde von den Unterstützungen erhielten, welche Sie deren Todfeinden angedeihen lassen, unter dem Schutz der Dunkelheit den Zaun zu übersteigen, einem gewissen Herrn Martin Findegern einen Strick um den Hals zu legen und ihn aus dem eigenen Giebelfenster herauszuhängen, wie einen Krammetsvogel? Dergleichen geschähe wenigstens nicht zum ersten Mal in diesem Malefizländle.«

»Da hätte ich wenigstens das Vergnügen, Sie an meiner Seite hängen zu sehen«, erwiderte Martin mit bissigem Lachen. »Der gelehrte Herr Doktor Krehle aber fände die Genugtuung, in einer besseren Welt mit etwas mehr praktischem Sinn auszumachen, als er hier auf Erden bewiesen hat. Denn was ist dieser Klu-Klux-Klan? Bless you! Hirngespinste, um Kinder ins Bett zu jagen, und nicht um einen festen Tischlermeister zu graulen. Der Captain Houston ist gewiss ein junger Mann erster Klasse, und Talent zum Tischler besitzt er ebenfalls. Trotzdem glaube ich nicht alles, was er über einen Klan erzählt, den er selbst nie sah.«

»Weshalb rät er so dringend zur Verheimlichung unseres Gastes?«, hieß es gemächlich zurück, »doch nur um unserer aller Sicherheit willen. Also muss der Sache Ernstes zugrunde liegen. Aber es gibt Menschen, die, wenn sie wirklich wollten, für manche Dinge kein Verständnis besitzen.«

Martin schob den Hut auf die andere Seite hinüber, warf einen verstohlenen Seitenblick auf den gefürchteten Mundwinkel und antwortete erzwungen gleichmütig: »Herr Doktor, alle Achtung vor Ihrer Malkunst und Gelehrsamkeit. Allein mit diesem Kompliment können Sie sich nur selbst gemeint haben, da will ich nicht widersprechen; denn von jemand, der in fünfundzwanzig Jahren kaum lernte, einen Sarg regelrecht zu lackieren, darf man nicht allzu viel erwarten.«

»Vollkommen richtig«, bemerkte Krehle. Außer dem berüchtigten Mundwinkel, der ein feines Tabakrauchwölkchen entsendete, rührte sich keine Linie des selbstzufrieden schauenden, vollen Antlitzes. Anstatt aber fortzufahren, rückte er seinen Stuhl einen Schritt zur Seite. Arme und Kopf auf die Brüstung lehnend, betrachtete er den Torweg mit einer gewissen freundlichen Teilnahme.

Martins Leidenschaftlichkeit erwachte. Einen Zornesblick sandte er Krehle zu, worauf er mit seinem Stuhl ebenso weit zu der anderen Seite hinüberrückte und in der Haltung dem Beispiel des Doktors folgte. So saßen die beiden alten Knaben da, als ob sie sich gegenseitig in den Abgrund der Hölle gewünscht hätten. Eine Minute verstrich und noch eine, ohne dass einer von ihnen sich rührte. Krehle hätte lieber den Untergang der Welt abgewartet, bevor er, ein hervorragender Vertreter von Kunst und Wissenschaft, ein versöhnliches Wort an den guten Handwerksmeister richtete. Martin Findegern fühlte sich dagegen zu sehr als Gebieter auf seinem Grund und Boden, um sich von einem Hausgenossen beherrschen zu lassen.

Abermals verstrichen zwei Minuten. Dann zog Martin die Tabakdose hinter der Schürze hervor. Nachdem er durch deren Benutzung die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte, reichte er sie, jedoch ohne ihn anzusehen oder sonst noch ein Glied zu rühren, seitwärts zu Krehle hinüber. Dieser bediente sich mit ähnlicher Bewegung und bemerkte im harmlosesten Ton zum Torweg hinüber: »Kurzsichtig sind Sie dennoch.«

»Wir Menschen sind alle kurzsichtig«, meinte Findegern, sein Kinnbärtchen sanft ausreckend.

»Der eine mehr, der andere weniger«, lautete die eintönige Antwort, und Martin fügte boshaft nachdenklich hinzu: »Es kommt nur darauf an, worin man kurzsichtig ist, und dann wer.«

»Einfach Sie, Herr Findegern, und darin, dass Sie als verknöcherter alter Junggeselle blind dafür sind, dass unsere Grethe und der Captain sich gegenseitig mit Blicken betrachten, die schon etwas mehr als freundschaftlich genannt zu werden verdienen.«

»In allen Ehren, Herr Doktor: Erstens sind wir ziemlich gleichaltrig, was nicht ausschließt, dass ich Sie noch einmal in meinen besten Sarg lege, Sie also überlebe; und zweitens möchte ich fragen, ob Sie von der Liebe mehr verstehen als ich, der ich einmal nahe daran war, zu heiraten.«

»Ich besitze meine offenen Augen, Herr Martin Findegern. Übrigens ein Glück, dass es mit der Heirat nichts wurde. Dadurch ist ein braves Frauenzimmer vor einem traurigen Los und die Welt vor zu vielen Findegerns bewahrt geblieben. Rücksichtlich des Überlebens dagegen, Herr Martin Findegern, möchte ich doch raten, die Sache abzuwarten. Ich hege nämlich die Zuversicht, zu seiner Zeit einen Vergissmeinnichtstrauß auf Ihr ausgedientes Herz zu legen und den gemalten Guirlanden auf Ihrem Sarg die kostbarsten duftenden Rosengewinde beifügen zu dürfen.«

Etwas stärker zog Martin an seinem Kinnbärtchen und höher schraubte er die Brauen zur Stirn und den Hut auf den Hinterkopf hinauf. Beinahe eine halbe Minute sann er nach. Reizten ihn die mit grausamer Gelassenheit hervorgebrachten, hinterlistig berechneten Bemerkungen Krehles, so überwog die Sorge um Grethe, den stets freundlich vermittelnden Hausgeist, doch seine Leidenschaftlichkeit. Er schurrte daher, ohne sich zu erheben, seinen Stuhl genau so weit zurück, wie er zuvor geflüchtet war, worauf er freundschaftlich anhob: »Wenn der Captain sich zu einem angesehenen Möbelhändler empor arbeitete, wäre das etwa ein Unglück?«

»Ein Unglück gerade nicht, wenn alles glatt verliefe. Allein ich gebe zu bedenken, dass der Captain von Tag zu Tag beweglicher wird, und die Stunde absehbar ist, in welcher er sich von uns verabschiedet, um zu seinem Regiment zurückzukehren, und was dann?«

»Bless you, ich rechne, es braucht nur Friede geblasen zu werden, und er ist wieder da.«

»Aber wenn er totgeschossen wird, nachdem er sich so tief in das Herz des armen Kindes einnistete, dass er mit keiner Gewalt der Erde mehr aus demselben vertrieben werden kann?«

»Das wäre freilich ein Unglück, allein dergleichen wird uns erspart bleiben, wenn es noch einen Funken von Gerechtigkeit unter dem Himmel gibt. Nebenbei ist nicht erwiesen, dass sie innerhalb der kurzen Zeit so eng miteinander verwuchsen, um nicht mehr ohne Harm auseinandergerissen zu werden. Bless you, Herr Doktor, aus Liebesgram stirbt sich‘s nicht leicht; ich weiß das aus Erfahrung. Auch ich stand einst kurz vor dem Heiraten. Als es nichts wurde, ließ ich mir deshalb kein einziges graues Haar wachsen.«

»Was ich Ihnen gern zutraue«, tönte es förmlich zuvorkommend unter der bedenklich nach unten geneigten Schnurrbarthälfte hervor, und der Friede wäre sicher wieder gescheitert, hätte sich diesen zweideutigen Worten nicht angereiht.

»Auf alle Fälle erscheint es ratsam, einer etwa entstehenden ernsten Zuneigung keinen Vorschub zu leisten. Und Vorschub leisten nenne ich, wenn man die beiden jungen Leute sich selbst überlässt, wie zum Beispiel jetzt. Da gehen sie Seite an Seite einsam im Garten im romantischen Mondenschein, aber meinen ehrlichen Namen verwette ich gegen den elendesten Hobelspan, der unter Ihren Händen hervorfliegt, wenn sie, wie gewisse Leute, oft zu Ziehharmonika oder Tabakdose zu greifen brauchen, um ihre Eintracht zu sichern.«

Förmlich bestürzt erwiderte Martin Findegern: »Wenn wir ihnen vielleicht ein wenig Gesellschaft leisteten?«

»Nichts da, Herr Martin Findegern«, entschied Krehle für seine Verhältnisse lebhaft, und eine eigentümliche, ihm sonst fremde Wärme klang aus seiner Stimme hervor, »erscheint eine Überwachung geboten, so muss sie mit peinlicher Schonung der Gefühle ins Werk gesetzt werden. Denn solch Kinderherz ist wie ein rohes Ei. Hat es einen Stoß weg, kann es durch nichts mehr zusammengeheilt werden, wie des Captains zerschossenes Knie. Sie brauchen deshalb nicht drein zu schauen wie ein bemoostes Haupt, an dessen Tür Schuster und Schneider mit unbezahlten Rechnungen klopfen. Denn ist die geeignete Zeit erst da, und es liegen keine anderen Bedenken vor, so können wir ja ein wenig nachhelfen. Nebenbei sind Sie, trotz allen Leugnens, ein schwerreicher Mann. Da wäre es kein großes Opfer für Sie, ein Stückchen von Ihrem Grundbesitz abzuschneiden und Ihrer leiblichen Schwestertochter ein Haus zu bauen, in welchem zu wohnen ein Gouverneur sich nicht zu schämen brauchte …«

»Und dazu ein glänzendes Möbelgeschäft«, fiel Martin Findegern begeistert ein, der jetzt so weit war, wie Krehle ihn haben wollte. So dicht rückte er neben diesen hin, dass kein Kartenblatt zwischen den beiden Stühlen hätte hindurchgleiten können. »Bless you, Herr Doktor, ich hatte nämlich schon selber einen Gedanken darüber. Da betrachten Sie einmal den Streifen Land da links vom Torweg, der begrenzt zwei Straßen, und ein Haus ließe sich da errichten – natürlich mit Vorgarten, den schönsten Rosen und Vergissmeinnicht drinnen …« Einmal im Fluss, zauberte er das Bild eines Heimwesens vor die geistigen Blicke des gemächlich lauschenden Freundes hin, woran selbst dieser Gefallen fand. Er war ebenso unermüdlich wie ausführlich. Keine Tür, keine Treppe, keinen Schornstein – nichts vergaß er, was zu einer behaglichen, vornehmen Häuslichkeit gehörte. So vertieft hatte er sich in seinen Schilderungen, dass er die eingetretene Dunkelheit nicht beachtete, vollständig vergaß, dass die beiden jungen Leute unterdessen noch immer einsam im Garten im romantischen Mondenschein lustwandelten.

 

Wenn Krehle in seiner gleichsam eifersüchtigen Sorge um Margaretha sich zu mancherlei Befürchtungen verleiten ließ, so waren dieselben mindestens verfrüht. Denn jedes Wort, welches die jungen Leute während ihres langsamen Einherschreitens und gelegentlichen Säumens wechselten, hätten die beiden alten Junggesellen mit anhören können, ohne dadurch beunruhigt zu werden. Erst gegen Ende, als das Eintreffen Olivas bald zu erwarten stand, schweiften sie in ihrer heiteren, vonseiten Margarethas sogar mutwillig geführten Unterhaltung ein wenig von der bisher innegehaltenen Richtung ab.

»Mich beschleicht eine Ahnung«, knüpfte Houston, der sich beim Gehen nur noch eines Stockes bediente, an eine zufällige Bemerkung der lieblichen Gefährtin an, »eine Ahnung, allerdings begründet durch mancherlei Beobachtungen, sogar Ereignisse, als ob Oliva nicht lange mehr Ihr Gast bleiben würde.«

»Dann brauchten Sie nur ganz hergestellt zu sein, und die beiden alten Herren und ich wären wieder auf uns allein angewiesen«, versetzte Margaretha, ihr Bedauern freimütig offenbarend, »und in der Werkstatt erst, wie würde man da den talentvollen Tischlerlehrling vermissen.« Hell klang ihr glückliches Lachen durch den mondbeleuchteten Garten.

»Ich darf nicht hoffen, dass mein längerer Verkehr unter Ihrem gastlichen Dach auch Ihre Billigung fände?«

»Was soll ich darauf antworten?«, fragte Margaretha vollkommen unbefangen, »bedingungsweise könnte ich Ja, auch Nein sagen. Ich wähle daher den Mittelweg und erkläre: Man gewöhnt sich an alles. Einräumen muss ich freilich, dass ich mich jedes Mal freute, so oft ich Sie durch die Pforte treten sah und eine größere Beweglichkeit an Ihnen entdeckte. Doch eine Gegenfrage: Es erscheint mir zweifelhaft, dass Sie für das Gewerbe eines Sargfabrikanten sich tatsächlich in so hohem Grad begeisterten, wie Sie die beiden arglosen alten Knaben glauben machen wollen. Gestehen Sie es immerhin offen ein. Um der freundlichen Stunden willen, welche sie namentlich dem Onkel bereiten, will ich Gnade für Recht ergehen lassen und die furchtbare Täuschung verzeihen.«

»Bis zu einer gewissen Grenze gebe ich Ihnen recht«, versetzte der Captain, »doch eben nur bis zu einer bestimmten Grenze. Durch die Verwundung zu langwierigem Müssiggang gezwungen, in dieser großen Stadt allein, ohne Freunde und nähere Bekannte – und welche Berechtigung hätte ein invalider Feldsoldat, der auf nicht mehr als seinen Sold angewiesen ist, sich bemerklich zu machen – hieß ich es willkommen, eine Beschäftigung gefunden zu haben, die wohltätig auf Körper und Geist einwirkte, aber auch andere erfreute. Das Gefühl, mich nützlich zu machen, ließ mein Los mir weniger hart erscheinen, wie der heitere Verkehr mit guten, glücklichen Menschen meinen bisherigen trüben Grübeleien ein Ziel setzte. Beging ich also eine Täuschung, wie Sie es nannten, so ist sie sicher eine harmlose und verzeihliche.«

»Unverzeihlich wäre dagegen«, wendete Margaretha lebhaft ein, »die aus einer noch ärgeren Täuschung begründete Behauptung – zumal der Onkel Findegern sie Ihnen hoch anrechnet – zu seiner Zeit Hobel und Säge als Mittel zur Begründung einer unabhängigen Lage nicht mehr aus der Hand zu legen.«

»Und dennoch keine leichtfertige Behauptung«, beteuerte der Captain, innig ergötzt durch das scharfe Verhör, welchem Margaretha ihn unterwarf, »ich brauche nur zu wiederholen, was ich dem ehrenwerten Herrn Martin Findegern auf eine ähnliche Frage antwortete: Als geborener Amerikaner stelle ich persönliche Unabhängigkeit allen anderen Vorzügen voran, gleichviel ob die Mittel dazu in einer Werkstatt, in einem Büro oder in einem kaufmännischen Geschäft liegen.«

So lange Houston seine Anschauungen freimütig bekannte, hingen Margarethas Blicke mit reger Spannung an seinen Lippen. Sobald er aber endigte, sah sie nachdenklich vor sich nieder. Nach kurzer Pause sich plötzlich aufrichtend, fragte sie gleichsam kindlich neugierig: »Wie kamen Sie überhaupt zu uns, da doch jeder andere Ihnen die Krücken ebenso gut, vielleicht noch besser angefertigt hätte? Ich gestehe, die wiederholten Nachbestellungen, die mir gar nicht so sehr notwendig erschienen, und die ich daher nur ungern beim Onkel befürwortete, flößten mir Bedenken ein. Ich hielt für möglich, dass Sie eine Rolle spielten, wie Sie eine solche Miss Palmer ungerechterweise zur Last legen möchten.«

Herzlich lachte Houston, so herzlich, dass Margaretha, wie in Ahnung, Ungehöriges gesagt zu haben, selbst im Mondlicht bemerkbar, holdselig errötete und ihre flüchtige Verwirrung bekämpfend mit in das Lachen einstimmte.

»Mit anderen Worten«, erklärte Houston noch immer ergötzt, »Sie vermuteten in mir ein Mitglied jenes verrufenen Klans, der leider auch in St. Louis seinen Einzug hielt, um, wie an anderen Orten, Schrecken und Entsetzen unter den Anhängern der Union zu verbreiten. Ein arger Verdacht gegen einen Unionsoffizier. Trotzdem begrüße ich freudig die in Ihrer Frage sich verratende vertrauensvolle Offenheit. Doch wie würden Sie es beurteilen, ließe ich in meiner Antwort dieselbe Offenheit walten?«

»Offenheit gegen Offenheit könnte ich nur anerkennen«, versetzte Margaretha wieder frei von jeder Regung der Befangenheit.

»Ohne zu zürnen oder neue Vorwürfe zu erheben?«

»Weshalb zürnen? Ihre Beweggründe zum ersten Aufsuchen meines Onkels können nur die ehrenwertesten gewesen sein.«

»Wohlan denn, Miss Margaretha. Traurigen Betrachtungen nachhängend hinkte ich an dem offenen Torweg vorüber. Die Möglichkeit, mein Leben fortan als Krüppel verbringen zu müssen, drückte mich nieder. Rastend blieb ich stehen. Die wunderlichen Malereien des Hauses, namentlich das riesenhafte, widersinnig buntfarbige Schneckenhaus oberhalb der Tür, fesselten meine Aufmerksamkeit. Dabei fielen meine Blicke auf Herrn Martin Findegern, der eben ein Brett zur Werkstatt trug. Ich beneidete ihn um die Ungezwungenheit seiner Bewegungen, um die Kraft seiner gesunden Glieder und den frohen Lebensmut, der sich in seiner Regsamkeit verriet. Da öffnete sich die Tür des Hauses und heraus auf die Veranda trat eine jugendliche Gestalt. War ich nicht imstande, auf die weite Entfernung hin deren Gesichtszüge zu unterscheiden, so genügte die Beobachtung der holden Anmut, mit welcher sie zur Werkstatt hinüberschritt, den Entschluss in mir zu reifen, mir sofort eine neue Krücke anfertigen zu lassen.«

»Womit selbstverständlich meine bescheidene Person gemeint ist«, bemerkte Margaretha, durch mutwilliges Eingehen auf die Erzählung eine Anwandlung von Verlegenheit verschleiernd. »Sie bestätigen dadurch nur meinen Argwohn, dass Sie Täuschung auf Täuschung häuften und den arglosen Onkel Martin zu deren Opfer wählten.«

»Nicht alles war Täuschung«, beteuerte Houston mit überzeugender Wärme, »ich hätte mich sonst wohl länger mit der ersten Krücke begnügt. Denn die Eindrücke, welche ich bei meinem damaligen Besuch empfing, waren derartige, dass ich mich von Tag zu Tag höher aufrichtete, infolge dessen Nachbestellungen notwendig wurden, bis ich endlich die Vorliebe für das Tischlergewerbe in mir entdeckte.«

Während des letzten Teils seiner Erklärung hatte Margaretha den Mond ins Auge gefasst, als hätte sie die Ursache seines milden Leuchtens ergründen wollen. Houston überwachte sie unterdessen aufmerksam. Es entging ihm nicht, dass ihre Wangen tiefer erglühten, sie aber, dieser Wandlung sich bewusst, seine Blicke zu meiden wünschte. So antwortete sie auch, ohne ihre Stellung zu verändern, zwar nicht zürnend, doch bis zu einem gewissen Grad ablehnend. »So wollen wir es dabei bewenden lassen und nicht um Worte streiten. Was auch immer Sie bewogen haben mag, sich hinterlistig hier einzuschleichen …« Ein verhaltenes wunderbares Lächeln spielte um ihre blühenden Lippen »Alles mag Ihnen verziehen sein um der heiteren Stunden willen, welche Sie den beiden alten Herren bereiteten. Aus denselben Ursachen gebe ich auch zu, dass ich einverstanden damit bin, wenn es länger so bleibt, anstatt dass Sie sich als Zielscheibe für feindliche Kugeln aufstellen.«

Der Mond hatte seine Anziehungskraft für sie verloren, und Houston frei anblickend, fügte sie klagend hinzu: »Wie doch ein einziges Wort oft genügt, erschütternde Bilder heraufzubeschwören. Ich gedenke meiner Brüder. Wie mag es ihnen ergehen? Wo mögen sie weilen? Ich zittere bei dem Gedanken, dass auch sie hinweggerafft werden können …«

»Sie sind Männer«, fiel der Captain ernst ein, »in der Natur des Mannes liegt Tatendurst. Wohin derselbe führt, er darf nicht danach fragen …«

Er brach ab und lauschte gespannt zum Haus hinüber.