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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sammlung bergmännischer Sagen Teil 35

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


IV. Vermischte Sagen

23. Der goldene Schacht in Reichenbach

In Reichenbach im Schacht wächst falbes Gold zuhauf.

Der Fleiß, die Mühe brachte ans Tageslicht es herauf.

Stets hundert Mann im Stollen, die fuhren ein und aus,

des Erzes viel zu holen, und hundert ruhen aus.

Den goldenen Esel finden, zu heben ihn empor,

Das hoffen sie in Sünden: Sein Ohr lugt schon hervor.

Es pfeift der Geist im Berge entsetzensvoll und graus,

Es heulen schwarze Zwerge und löschen Lampen aus.

Doch hundert Mann im Stollen arbeiten immerzu,

Das goldene Tier zu holen, und hundert haben Ruh.

Und draußen toben Stürme, der Hase läuft bergan;

Es schwanken Haus und Türme und Glocken schlagen an.

Sie schlagen laut und helle, jetzt neunundneunzigmal,

Es banget jeder Seele ob dieser Glocken Schall.

Die Menschen gehen, schwanken; die Erde zittert, bebt;

Mit schrecklichen Gedanken ist jede Brust belebt.

Doch hundert Mann im Stollen arbeiten immerzu,

Das goldene Tier zu holen, und hundert suchen Ruh.

Und als sie ihn gehoben, den Esel, golden schwer,

Und einer führt nach oben, Musik zu holen her,

O weh … da bricht die Erde, es fällt der Esel schwer,

Und neunundneunzig Menschen sind leblos … sind nicht mehr.

Seitdem ist nun im Schacht kein falbes Gold zuhauf.

Der Fleiß, die Mühe brachte nur Gift statt Gold herauf.