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Slatermans Westernkurier 09/2018

Auf ein Wort, Stranger, der Wilde Westen lebt auch heute noch, nur viel, viel südlicher.

Wer den Westernkurier verfolgt, weiß, dass wir die Epoche des Wilden Westens nicht nur auf die Grenzen der Vereinigten Staaten beschränken, sondern auch des Öfteren über den Tellerrand hinausblicken. Themen wie die blutigen Jahre Mexikos oder Namen wie Benito Juarez und Zapata gehören genauso zum Repertoire wie Kanadas Mounted Police oder die Geschichte der Cangaceiros in Brasilien.

Die heutige Ausgabe unserer beliebten Kolumne ist aus aktuellem Anlass erneut Südamerika gewidmet, oder besser gesagt, den indigenen Völkern dieses Kontinents.

Brasiliens Indianer flüchten vor unserer Welt.

Im Blätterwald der Zeitungen nur eine Schlagzeile von vielen, doch sie macht betroffen.

Wir haben nachgeforscht, was dahintersteckt.

 

*

 

Im brasilianischen Urwald am Amazonas sollen heute noch mehr als 200 Stämme leben, die wenig bis gar keinen Kontakt mit der Außenwelt haben. Das hat die internationale Menschenrechtsorganisation Survival International erklärt. FUNAI, die brasilianische Behörde für Indigene Angelegenheiten, hat vor Kurzem spektakuläre Drohnenaufnahmen solcher Gruppen sogenannter unkontaktierter Völker veröffentlicht.

Sie stammen aus der Region Vale do Javari, dem größten Territorium einheimischer Völker in Brasilien. Dort, im nordwestlichen Teil des Amazonasdschungels, in der Grenzregion zwischen Kolumbien und Peru, die so groß wie Österreich ist, leben die meisten unkontaktierten und isolierten Indianergruppen, die es noch auf diesem Globus gibt.

Trotz der Abgeschiedenheit ihrer Siedlungen wissen diese Ureinwohner sehr wohl, dass es auch eine Welt außerhalb ihres Waldes gibt. Aus Erzählungen oder eigenen Kontakten kennen sie diese Außenwelt, die sie als bedrohlich wahrnehmen, nur zu gut. Sie leben deshalb ständig unter permanentem Stress und extremer Angst und ziehen sich immer tiefer in die riesigen Waldgebiete zurück, um dort unentdeckt leben zu können.

Eigentlich ist es die Aufgabe der Behörden, sie vor illegalem Holzschlag, Viehzucht und Bergbau zu schützen und ein unbefugtes Eindringen in ihr Stammesgebiet zu verhindern, so jedenfalls ist es in der neuen 1988 in Kraft getretenen Verfassung Brasiliens festgeschrieben.

Genauso wie der Umstand, dass den indigenen Gemeinschaften das Land ihrer Vorfahren für immer zugesichert wurde.

Aber die Realität sieht anders aus.

Die Führung des Landes steckt seit Jahren im Korruptionssumpf. Um politisch überleben zu können, benötigt der jeweilige Ministerpräsident die Stimmen der einflussreichen Agrar-Fraktion im Kongress. Mindestens 25 Prozent aller Abgeordneten werden dieser Lobby zugerechnet.

Die Landwirtschaft ist der wichtigste Wachstumsfaktor Brasiliens. Deswegen haben die Interessen der Großgrundbesitzer, Viehzüchter und die von Holz- und Bergbaugesellschaften auch Vorrang. Die Indianer, die nur Subsistenzwirtschaft betreiben, also nur so viel anbauen, wie sie zum Leben brauchen, werden daher als Störfaktor angesehen.

Dass die Industrie nicht nur ihre Landrechte missachtet, sondern mit ihren Arbeitern auch Epidemien wie Masern, Pocken oder Grippeviren einschleppt, denen viele der Ureinwohner zum Opfer fallen, wird billigend in Kauf genommen.

Mord, Raub und Vergewaltigung sind in diesem Teil des Landes an der Tagesordnung und es herrschen Zustände, gegen die einem das karge Leben in den Goldgräberstädten und Boomtowns des Wilden Westens wie ein Kindergeburtstag vorgekommen wäre.

Der Einfluss der Agrar-Lobby ist inzwischen so groß, dass die Polizei bei derartigen Verbrechen wegsieht, ja, er geht sogar so weit, dass die Gesetze zum Schutz der Ureinwohner ausgehöhlt und die Gelder der Indianerbehörde drastisch gekürzt werden. Genauso werden Presse und Fachwelt in ihrer Berichterstattung manipuliert.

Laut Behauptung von Ethnologen ist das indigene Leben in Brasilien nicht dem Untergang geweiht.

Eine verbale Ohrfeige in das Gesicht dieser Völker angesichts der Tatsache, dass bereits mehrere Stämme der Ureinwohner aus Verzweiflung ihre Neugeborenen töten, um ihnen ein Leben in dieser ach so modernen und aufgeschlossenen Welt zu ersparen.

Stephen Corry, der Direktor von Survival International in London, sieht eine Katastrophe auf diese Völker zukommen und er ist beileibe nicht der Einzige, der inzwischen mahnend den Zeigefinger hebt.

Doch sie werden die Profitgier dieser Menschen nicht aufhalten können, und deshalb wird es nicht mehr lange dauern, bis das Todeslied eines bekannten amerikanischen Indianerstammes auch in diesem Teil des Amazonas erklingt.

O Sonne, du wirst ewig bleiben, doch wir Kaitsenko müssen sterben.

Quellenhinweis:

  • Dee Brown, Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses, Knaur Verlag, ISBN 3426613034
  • www.deutschlandfunk.de
  • … aus aller Welt, eine Kolumne der Stuttgarter Zeitung in der Ausgabe vom 1. September 2018 von Markus Brauer

Nachtrag:

Nach dieser düsteren Thematik wird es in der nächsten Ausgabe des Westernkuriers wieder einen Beitrag geben, bei dem auch der Humor nicht zu kurz kommt.

Versprochen!

Euer Slaterman