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Schwäbische Sagen 71

Schwäbische-Sagen

Zweites Buch

Geschichtliche Sagen


Das Hündchen von Bretten
Eine mündliche Überlieferung aus Bretten

An einer Kirche zu Bretten ist ein Hündchen ohne Schwanz in Stein abgebildet. Wenn nun jemand in einem Streit den Kür­zeren zieht, einen Prozess verliert und dergleichen, so pflegt man von ihm zu sagen: »Er kommt daher, wie das Hündchen zu Bretten.« Über den Ursprung des steinernen Hündchens und dieses Sprichwortes erzählt man sich Folgendes: Einst hatten Feinde schon lange das Städtchen Bretten belagert und wollten es aushungern. In der äußersten Not legten die Bürger fast ihre letzten Lebensmittel zusammen und mästeten damit ein Hündchen. Als dies sich erholt hatte und recht rund und voll war, ließen sie es zum Stadttor hinaus ins feindliche Lager laufen. Sobald die Feinde das fette Hündchen sahen, dachten sie: Haben sie den noch so füttern können, so müssen sie selbst wohl noch viel zu beißen haben. Sie gaben ärgerlich die Belagerung auf und zogen ab. Zuvor aber hieben sie dem Hündlein den Schwanz ab und schickten ihn so verstümmelt wieder zurück. Zum Dank für die guten Dienste ließen die Brettener Bürger jenen Hund in Stein hauen und anfangs auf das Stadt­tor, später außen an die Laurentikirche setzen.

Andere erzählen die Geschichte so: Ein Wirt habe seinen Hund immer mit einem Korb zu einem Metzger geschickt, um Fleisch und Würste zu holen, und der Hund habe alles immer gut heimge­bracht. Da habe der Metzger einmal aus Mutwillen dem Hund den Schwanz abgeschnitten und diesen zu den Würsten in den Korb gelegt hatte, sodass der Hund seinen eigenen abgeschnittenen Schwanz habe heimtragen müssen. Der Herr aber habe dem treuen Hund ein Denkmal errichtet.


Der Herzog Ulrich vor Bretten
Eine mündliche Überlieferung aus Bretten

Als der Herzog Ulrich von Württemberg im Jahr 1504 Bretten belagerte, machten die Bürger einen glücklichen Ausfall. Bei der Flucht der Württemberger war der Nagel am Rad eines Kanonenwagens verloren gegangen. Damit nun aber das Rad nicht ab­laufen möge, steckte ein getreuer Schwabe seinen Finger hinein, der ihm nun alsbald abgedreht wurde. Da rief er:

Au weih, au weih!
Nach Bretta komm i nimme meih.

Früher soll diese Geschichte am alten Rathaus in Bretten angemalt gewesen sein.


Ursprung von Renquishausen
Eine schriftliche Überlieferung vom Heuberg

Das Dorf Renquishausen auf dem Heuberg soll auf folgende Art entstanden sein: Es befindet sich noch bis auf den heutigen Tag eine Wiese bei dem Ort, die den Kinderspielen gewidmet ist. Daselbst versammelte sich von Alters her des Sonntags die Jugend aus dem Dorf Kolbingen, das etwa eine halbe Stunde davon ent­fernt liegt, und tummelte sich dort herum, woher hie Wiese den Namen Rennwiese bekam. Das einzige Haus aber, welches neben der Wiese lag, nannte man das Rennwieshaus. Als später sich mehrere Leute aus den benachbarten Dörfern dort ansiedelten, entstand nach und nach ein Dorf, welches vom ersten Haus den Namen Rennwieshausen erhielt, woraus dann das jetzige Renquishausen geworden ist.


‘s Eaßen ist der Moaster! ‘s Trinkan ist nix!
Eine schriftliche Überlieferung vom Heuberg

Dieses Sprichwort, auf dem Heuberg gang und gäbe, wird von folgender Begebenheit abgeleitet: Die Obernheimer hatten einst mit den Wehingern einen Prozess und begaben sich, um den Streit zu beenden, nach Wehingen. Schon morgens um acht Uhr hatten sie sich hier versammelt, obwohl die Verhandlungen erst des Nachmittags um zwei Uhr beginnen sollten, und hielten sich wäh­rend der Zeit in den Wirtshäusern auf. Da verzehrte der eine die Portion Käse, die er mitgenommen, der andere seine Knackwürste (Schüblinge), die er eingesteckt, und so ein jeder, was er eben hatte. Alsbald gesellten sich auch zu ihnen die beim Prozess beteiligten Wehinger, welche in demselben Maße tranken, wie die Obernheimer aßen. Als nun nachmittags um zwei Uhr beide Teile auf dem Wehinger Rathaus erschienem und die streitige Sache besprachen, so willigten die trunkenen Wehinger alsbald in alle Forderungen der Obernheimer, worauf die Letzteren die Redens­art aufbrachten und verbreiteten: »’s Eaßen ist der Moaster! ‘s Trinkan ist nix!«