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Deutsche Märchen und Sagen 17

Johann Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

17. Von Elip, dem Schmied

Sankt Elip, das war ein Hufschmied und er verstand seine Kunst so gut, dass er sich ein Schild machen und über seine Tür setzen ließ, worauf geschrieben stand: Elip, ein Meister über alle Meister.

Ein solcher Hochmut ärgerte unseren lieben Herrgott. Er sandte Jesus auf die Erde, damit der den Elip bestrafen möge. Jesus ritt auf einem Sonnenstrahl nieder, nahm ein Schurzfell und band sich das vor. Auch schwärzte er Arme und Gesicht, sodass er vollständig wie ein Schmiedegeselle aussah. So kam er zum Elip, stellte sich vor dessen Tür, las das Schild und lachte.

»Was lachst du?«, fragte Elip.

»Über dein Schild«, antwortete Jesus, »und dass du dich rühmst, ein Meister über alle Meister zu sein.«

»Das bin ich auch«, sprach Elip, »und davon habe ich Proben gegeben.«

Da fragte Jesus: »In wie viel Zeit kannst du denn ein Hufeisen fix und fertig machen?«

Elip lachte und antwortete: »Hoho, das stecke ich nur dreimal ins Feuer und dann bin ich fertig damit.«

»Das taugt nichts«, sprach Jesus, »einmal ist genug.«

Aber Elip lachte und wollte es nicht glauben.

Da kam just ein Reiter herangeritten und Elip sprach: »Da, Geselle, dem Pferd fehlt ein Eisen, ich sehe es ihm an. Du kannst nun deine Kunst zeigen.«

»Gut«, sprach Jesus.

Der Reiter ritt vor die Tür der Schmiede, stieg ab und bat Elip, das Pferd am Hinterfuß zu beschlagen.

Elip sprach: »Der Geselle da wird es tun.«

Indem kam Jesus mit einer gewaltigen Schere und schnitt dem Pferde das Bein ab.

Darüber erzürnte der Reiter und schrie: »Was verdirbst du mir mein Pferd, du schlimmer Geselle!«

Aber Jesus lächelte und sprach: »Lasst mich nur machen, ich will das Bein schon wieder ansetzen.« Und mit den Worten nahm er das Bein mit sich in die Schmiede und schraubte es dort im Schraubstocke fest, hielt das Eisen nur einmal ins Feuer und nagelte es ganz gemächlich auf den Huf. Dann nahm er das Bein wieder auf und setzte es dem Pferd wieder an. Dieses lief noch einmal so schnell, als es gelaufen war. Der Reitersmann gab Elip ein groß Stück Geld.

Das gefiel dem Elip und er sprach zu Jesus: »Ich sehe, du bist ein wackerer Geselle und kennest die Kunst. Willst du bei mir in Dienst treten?«

»Warum nicht?«, sprach Jesus.

Sie wurden des Lohnes einig und Elip sandte alsbald den neuen Gesellen zur Stadt, um Eisen zu holen. In der Zwischenzeit kam aber ein zweiter Reiter und dessen Pferde fehlte auch ein Eisen, wofür Elip ein Neues aufnageln sollte. Elip lief alsbald in die Schmiede, holte die große Schere und schnitt dem Pferd das Bein ab.

Darüber erzürnte der Reiter und schrie: »Was verderbt Ihr mir mein Pferd? Da seht nur, wie das Blut läuft.«

Aber Elip lächelte und sprach: »Lasst mich nur machen, ich will es schon wieder ansetzen.« Mit den Worten ging er in die Schmiede und hielt dreimal das Eisen ins Feuer und nagelte es auf das festgeschraubte Bein. Als er damit fertig war, kam er wieder heraus und wollte das Bein wieder ansetzen, aber das ging nicht. Das Bein fiel immer herunter und wollte nicht halten. Der Reiter tobte, schrie und fasste Elip beim Hals, um ihm den Nacken zu brechen.

Da kam just Jesus mit dem Eisen aus der Stadt zurück und Elip rief ihn um Hilfe an. Jesus nahm das Bein und sagte dem Reiter, er solle Elip loslassen, denn der Schaden könne wieder geheilt werden. Damit setzte er das Bein wieder an. Das Pferd sprang und wieherte vor Freude. Der Reiter bezahlte seine Schuld und ritt weg.

»Siehst du nun, dass du kein Meister über alle Meister bist?«, fragte Jesus den Elip. Der antwortete ärgerlich: »Ja, es ist wahr«. Elip ging zu seinem Schild, nahm seinen großen Hammer und schlug es in Stücke.