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15 neue Fragen an …

Oliver Fehn

Oliver Fehn, geboren 1960, aufgewachsen in einer Kleinstadt. In den 80er Jahren längere Zeit wohnhaft in New York. Seit 1999 freier Autor und Übersetzer. 23 Buchveröffentlichungen, darunter die Romane Verfluchter Sommer, Die Klavierbrücke, Das Wolkenhotel sowie die Novelle Judith und Jolanthe und drei Bände mit Kurzgeschichten.

Weitere Informationen über den Autor gibt es auf seiner Webseite.


1. Was bedeutet das Schreiben für Sie?


Was es für mich bedeutet, ist nicht so wichtig. Das lässt sich auch nicht vermitteln. Ich gehöre zu den Autoren, die ganz bewusst für eine Leserschaft schreiben – und was es denen bedeutet, für die ich schreibe, halte ich für weitaus wesentlicher.


Welche drei Bücher, die Sie gelesen haben, haben Ihnen bisher am besten gefallen?


Mein unumstrittenes Lieblingsbuch ist Emily Brontës Sturmhöhe, auch bekannt unter dem Originaltitel Wuthering Heights; dann Victor Hugos Les Misérables (Die Elenden), das es ja auch als Broadway-Musical gibt … hm, und dann vielleicht noch den Tom Sawyer, den hab ich schon als Kind geliebt, und er hat mir immer besser gefallen als der später erschienene Huckleberry Finn.


3. Welches war Ihre erste, professionell veröffentlichte Arbeit?


Fünf Gedichte in der Kulturwarte. Das war eine regionale Kulturzeitschrift, nur wenige Seiten dick, die von dem damals leidlich bekannten Schriftsteller Claus Henneberg herausgegeben wurde. Da war ich siebzehn. Keine große Leistung, aber man hat sich trotzdem gefreut. Mein erstes Buch – ein Gedichtband, an dem noch zwei andere Autoren beteiligt waren – erschien dann, als ich 22 war, im Verlag edition 7&70 in Hanau: Am Ende der Flüsse. Insgesamt eine karge Zeit, an die ich nicht gern zurückdenke.   


4. Welches Buch oder welche Geschichte von Ihnen würden Sie mir zum Lesen empfehlen und warum?


Hm, schwer zu sagen, aber ich würde mal vorschlagen: als Einstieg meinen Erzählband Hitzemond, danach vielleicht den Roman Die Klavierbrücke oder Das Wolkenhotel. Die lesen sich spannend und bedienen gleichzeitig die Gefühlsschiene. Auch mein Kalender ist gut zum Kennenlernen.


5. Unter welchen Umständen würden Sie das Schreiben mit einem anderen Beruf oder Hobby tauschen?


Gar nicht. Wer kann schon von sich behaupten, dass er sich jeden Tag so auf seinen Job freut wie ich? Na, und hobbymäßig hab ich in meinem Leben auch schon vieles ausprobiert, vom Klavierspielen bis zur Sternbeobachtung, vom Sport bis hin zum Reisen. Es lohnt sich schon, wenn man überall mal reingeschmeckt hat.    


6. Welcher Autor hat Sie am meisten beeinflusst?


Meine ersten Einflüsse waren eigentlich keine Autoren, sondern Song-Lyriker. Ich schwärmte von Marc Bolans versponnenen Texten, ein Jahr später auch von denen Cohens oder Dylans. Das war für mich etwas anderes als die oft stinklangweilige moderne Literatur. Natürlich stand ich auch auf Rimbaud – und später auf Truman Capote, der mir zeigte, dass man mit Sprache noch viel mehr machen kann. Capote als Person war sicherlich Geschmackssache, aber als Autor hab ich ihm einiges zu verdanken.

Eine darf ich auf gar keinen Fall vergessen – nämlich Daphne du Maurier. Rebecca, Die Vögel, Wenn die Gondeln Trauer tragen – das war eine Art von psychologischem Horror, den es in unserer Welt der Superlative nicht mehr gibt. Ich las ihre Geschichten, und nachts träumte ich sie weiter. Und lernte eine Menge von ihr.


7. In welchem anderen Genre würden Sie sich gern ausprobieren?


Ich schreibe ja sowieso genreübergreifend, da stellt sich die Frage weniger.


8. Hören Sie beim Schreiben Musik und wenn ja, welche?


Nein, auch nicht zum Lesen. Ich muss Dinge bewusst tun, mit allen Sinnen. Außerdem hat Schreiben ja sehr viel mit Rhythmus zu tun, man hat den Beat einer Geschichte in sich, und der sollte auf keinen Fall durch andere Rhythmen überlagert werden.


9. Welche Story von Ihnen könnten Sie sich auch als Film am besten vorstellen und wer sollte die Hauptrolle darin spielen?


Darüber habe ich mir wirklich nie Gedanken gemacht. Ich finde, man sollte aus Büchern nicht immerzu Filme machen, dafür sind sie nicht konzipiert. Falls doch: Ich könnte mir vorstellen, dass meine Romane Verfluchter Sommer und Die Klavierbrücke sich relativ gut umsetzen ließen. Wer die Hauptrolle spielt, wäre mir egal, sofern er der Figur entspricht, die er verkörpern soll. Nur der Regisseur, das sollte auf jeden Fall ein amerikanischer sein.


10. Was inspiriert Sie?


Die Stille. Nur in der Stille können meine Gedanken zur Höchstform auflaufen. Wir sind es ja gewohnt, ständig und überall berieselt zu werden: mit Hintergrundmusik, mit Werbung, mit Klingeltönen, Signalen und anderem Georgel. Mir tut das nahezu körperlich weh. In der Stille steckt so viel, sie hat auf mich heilende Wirkung.  


11. Schreibblockaden gehören oft zum Alltag eines Autors. Wie gehen Sie damit um?


Ich glaube, es gibt keine Schreibblockaden, das ist nur so ein Modewort. Okay, es gibt Tage, da hat man keinen Bock aufs Schreiben, oder es fällt einem nichts ein – dann brühe ich mir eben einen Kaffee und lese ein interessantes Buch. Am nächsten Tag läuft meist alles wie gewohnt. Aber Autoren sind oft Hypochonder, und so kam es vermutlich zur Legende mit den Schreibblockaden.


12. Welchen guten Rat haben Sie für junge Autoren/ Hobbyautoren?


Erstens: Wenn ihr was anfangt, dann macht es auch fertig. Es gibt Leute, die einem, wenn man sie nach ihren Fortschritten fragt, immer wieder das gleiche Romanfragment vorlegen. Aber man muss Aktionszyklen zu Ende bringen. Zweitens: Verfallt beim Schreiben nicht in eine Kunstsprache, die sich von eurer Sprechsprache unterscheidet. Schreibt klare Sätze. Überfrachtet eure Texte nicht. Der Schlüssel liegt in der Einfachheit.


13. Lesungen gehören zur Tätigkeit des Autors. Wie bereiten Sie sich darauf vor und was bedeuten sie Ihnen persönlich?


Ich gebe seit Jahren keine Lesungen mehr. Das letzte Mal habe ich 2007 auf der Frankfurter Buchmesse gelesen, zusammen mit zehn anderen Autoren in einem Café, und danach eine Handvoll Bücher verkauft. Dafür war ich den ganzen weiten Weg gefahren. Im Übrigen bin ich kein großer Showman. Ich bleibe gern im Hintergrund.


14. Wie recherchieren Sie für einen neuen Roman/ eine neue Story?


Gar nicht – ich schreibe nur über Dinge, die ich aus Erfahrung kenne. Ich könnte also zum Beispiel keinen historischen Roman aus dem Mittelalter schreiben, auch keine extrem technologische Science-Fiction-Geschichte. Ich weiß noch, wie eine Autorin in einem Forum fragte: »Kann mir jemand sagen, wie ein Joint riecht? Ich brauche das für meinen neuen Roman.« – Lieber Gott, wenn ich nicht weiß, wie ein Joint riecht, warum muss ich dann unbedingt darüber schreiben? Der Leser merkt sowieso, ob jemand weiß, wovon er spricht.


15. Woran arbeiten Sie derzeit?


Darüber bewahre ich grundsätzlich Stillschweigen, ich will meine Leser ja auch ein wenig überraschen. Und jetzt hab ich erst mal ein neues Buch herausgebracht. Manche sagen zwar »Nach dem Buch ist vor dem Buch«, aber ich brauche in der Regel erst mal jede Menge Ruhe. Das ist dann so die Input-Phase. 

Geisterspiegel: So, das war’s auch schon. Ich hoffe, dass Ihnen die Beantwortung der Fragen ein wenig Spaß gemacht hat und bedanke mich ganz herzlich auch im Auftrag der Geisterspiegel-Redaktion und natürlich unserer Leser.


Weiterführende Artikel:

Oliver Fehn – Nach vielen Sommern sterben die Schwäne