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Der Welt-Detektiv Band 6

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Rübezahl, der Herr des Gebirges – Folge 17

Rübezahl, der Herr des Gebirges
Volkssagen aus dem Riesengebirge
Für Jung und Alt erzählt vom Kräuterklauber
Verlag Carl Gustav Naumann, Leipzig, 1845

17. Wie Rübezahl einem Bürschlein das Spiel verleidet

Wos sich doch die gross’n Herrn
Selbst dos Leben so erschwern!
Doß sie’s Viech un d’ Menschen plag’n
Müssen’s olli Woch’n jag’n;
Ich konns durchaus nit ergründen,
Nit begreifen wos ‘s dron finden.
Dieses Kriechen durch die Schluchten,
Als ob’ s da nach Golde suchten!
Kurz, in allem Ernst gesagt,
S’ gibt nix Dümmres als die Jagd.

Um a drei iß schon die Stund
Für die Herrn un für die Hund,
Jeder kommt mit seinem Stutzen
Un da fangen s’ an zu putzen,
Un dann rennen s als wie b’sessen
Ohne ahnen Bissen z’ essen
Ganze Tage durch die Waldung;
Un odis iß a Unterhaltung?
Nah, da soll am Got bewahr’n
D’ Jäger sag ja alli Narrn.

Kurz, das Jagen lass bleib’n,
Wos die Jägerburschen treib’n!
Wie s’ mich hob’n herum gestossen!
Bald hätt ich mich selbst erschossen.
Ueber hundert tausend Wurzeln
Lass’n an odi Kerle purzeln.

Un kaum liegt ma auf der Nasen,
Fangen’ s wieder an zu blasen,
Und odis heissen s’ eine Jagd;
Ach, dem Himmel sei’s geklagt!

Un wie a gehetzter Has
Setzt ma sich ins kühle Gras,
Glabt, ma is da ganz allein:
Kummt a ungeheures Schwein,
Und kaum will ma sich da wehren,
Kummen ruckwärts a paar Bären,
Won der Seiten a paar Tiger
Un no hundert andre Viecher,
Un da sitzt ma mitten drin.
Na, für döis hobi kah Sinn!

So sang eine Stimme, so offenbar auf der anderen Seite des Gebirgs zu Hause war, als eben Rübezahl einmal sein Revier beging und Lust hatte, mit den Menschen anzubinden. Er wartete also den Gesang gar nicht aus, sondern schritt auf den Sänger zu, der sich ins Moos gelagert hatte und, wie es schien, da der Ruhe pflegte.

»Ihr scheint, guter Freund, auch eben kein Freund der Jägerei zu sein«, redete ihn Rübezahl an.

»Ja«, versetzte der Fremdling, wenn’s Euer Gnaden dabei auch so gangen wäre als mir, so würdet’s halt ah kah guts Liedel davon singen. Ich bi bei der Jägerei g’west, aber da hob’n s mich so seziert, dass ich a Schneider g’worden bi, un jetzt will ich alliweil wandern.«

»Glückliche Reise!«, sagte Rübezahl und ging seines Weges weiter. Nachdem sich der Bursche erholt hatte, setzte auch er, das Felleisen auf dem Rücken, seinen Weg fort und kam endlich auf einen grünen Plan, wo er mehrere junge Bursche Kegel schieben sah, und blieb stehen.

Nun hatte der liebe Mensch eine schlimme Seite. er war nämlich ganz versessen aufs Spiel. Wo er Würfel sah oder Karten, da zwickte es ihm im Leib, denn durchs Spiel, dachte er, musst du dein Glück machen. Wie er also da Kegel schieben sah, so ließ es ihn nicht da vorbei. Er stellte sich hin und sah zu. Je länger er zusah, desto mehr juckte und zuckte es ihm in den Fingern. Die Burschen erwiesen sich auch höflich ihm gegenüber, forderten ihn auf, mitzuspielen, und sagten, er könne vielleicht etwas gewinnen. Das Schneiderlein ließ sich das nicht zweimal sagen, schob mit und gewann auch einen Pfennig nach dem anderen, bis er ein hübsches Sümmchen beisammen hattw. Da dachte er, besser ist habe ich, als hätte ich, und sagte, er müsse nun fort, denn er habe noch weit bis in die Herberge; denn was ein rechter Schneider ist, der ist pfiffig.

Die Burschen aber war auch pfiffig und sagten: »Da du so viel gewonnen hast, kannst du nicht sogleich fort. Wir wollen um deine Barschaft spielen. Gewinnen wir, so wollen wir deine Barschaft unter uns teilen. Gewinnst aber du, so wollen wir dir, so viel deine Barschaft beträgt, aus unseren Beuteln zahlen.«

Wollte das Schneiderlein wohl oder übel, so musste er freilich auf den Antrag eingehen, aber sauer wurde es ihm. Es ging ihm auch gar schlecht und er verlor alles. Beim Abschied redet ihm einer von den Burschen zu, er solle doch zum Andenken einen Kegel mitnehmen. Dieser Vorschlag kam ihm kurios vor. Da er sich vorher schon gewundert hatte, wie nur auf diesen Plan im wilden Gebirge die Kegelschieber möchten gekommen sein, so fiel er gleich auf Rübezahl und dachte: Wer weiß, wozu es gut ist, der Kegel kann zu Gold werden. Und steckte ihn ein. Wie er nun eine Strecke weit gegangen war, so konnte er sich nicht mehr bezwingen

und war, den Kegel betreffend, neugierig geworden. Er griff in die Tasche, um ihn herauszuziehen. Aber leider ergriff er etwas ganz anderes. Es war weich. Wie er es herausbrachte, so war es etwas, was die Kühe verlieren, wenn sie im Gebirge spazieren gehen.

So war denn freilich die Erwartung des jungen Burschen gar arg getäuscht, und es war nur gut, wenn er sich daran gespiegelt und die gute Lehre, die ihm Rübezahl jetzt gegeben, beachtet hatte.

Denn merke: Es steht jungen Leuten nicht wohl an, sich ans Spielen zu gewöhnen und Hab und Gut, und wohl Ehre und Leben einzusetzen. Arbeitsamkeit, Genügsamkeit und Sparsamkeit bringen viel sicherer zum Glück.