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Atlantis Teil 41

Das Geschäft war geglückt. Zur Hälfte des Parikurses hatte Guy Rouse ein nominales Aktienkapital von zwei Milliarden Dollar unter schärfster Anspannung seines Kredits an sich gebracht. Die zweite Pressenotiz, verbunden mit seinem persönlichen Auftreten als Käufer, hatte Wunder gewirkt. Er überflog die Börsenberichte. Der Kurs mehr als sechzig. Schon jetzt ein Gewinn, der, realisiert, zweihundert Millionen Dollar bedeutete. Ein unbestimmtes Gefühl riet ihm zum Verkauf. Er fühlte instinktiv etwas Drohendes, das ihm stärkstes Unbehagen verursachte. Der Stift in seiner Hand fühlte immer wieder nach dem Papier, die Verkaufsaktion einzuleiten. Zweihundert Millionen Dollar … ein schöner Gewinn, sein Vermögen verdoppelt! Vierhundert Millionen Dollar! Zu wenig! Wie viele gab es in den Staaten, die mehr besaßen.

Heute Abend noch eine neue Bearbeitung der Presse. Vielleicht stand morgen der Kurs schon siebzig. Achthundert Millionen Dollar betrug dann sein Vermögen. Achthundert Millionen! Die Zahl tanzte vor seinen Blicken. Er wischte mit der Hand über die Augen, als wollte er sie verscheuchen.

Achthundert Millionen Dollar. Die Zahl lachte ihn an. Die Riesensumme als Grundstock zu neuer Arbeit. Andere größere Zahlen tauchten auf, wurden größer, immer größer … ein wirrer Reigen.

Mit einem energischen Ruck machte er sich frei von dem Phantom, nahm ein beruhigendes Pulver. Er trat zum Fenster, riss es auf.

Der Sonnenball brach hinter einer dunklen Wolke hervor. Er nahm es als glückliches Zeichen. »Morgen! Morgen!«, murmelte er immer wieder. »Morgen, morgen beginne ich mit dem Verkauf. Achthundert Millionen Dollar!«

Der nächste Tag. Die Uhr von der Trinity Church schlug die erste Mittagsstunde. Beginn der Börse! Im schwarzen Schwall stürzten die Börsenbesucher in die weiten Säle.

Die lange, hagere Gestalt des Präsidenten der New Canal Cy. ragte weit über die anderen hinaus. Er wollte, durch kleine Geschäfte da und dort, den Markt in Kanalaktien beleben.

Die Minuten vergingen. Die Märkte für die bevorzugten Aktien bildeten sich. Die Aktien der New Canal Cy. zogen an … Achtundsechzig Prozent … Achtundsechzigeinhalb Prozent … Achtundsechzigdreiviertel Prozent … Guy Rouse buchte jedes Prozent mit dem Betrag von zehn Millionen Dollar zu seinen Gunsten. Auf siebzig mussten sie kommen … auf siebzig! Dann realisieren … realisieren. Achthundert Millionen Dollar!

Da! Ein Schrei, der über das Summen der tausend Stimmen hinweggellte: »Riesenexplosion im Kanalbett! Stärkste Erdbebenstöße quer über den Isthmus … Kanalufer türmen sich in die Höhe!«

Ein unbeschreiblicher Tumult entstand. Man suchte den, der die Worte gerufen hatte. Es war ein amtlicher Funkfernschreiber.

Hunderte drängten sich um die hohe Gestalt von Guy Rouse. Nur mit Mühe bewahrte er das kühle, gleichmäßige Gesicht. Nur mit äußerster Willensanstrengung konnte er die Wirkung der Nachricht, die ihn wie ein Blitzstrahl traf, verbergen.

Gestern … hätte ich verkauft! Die Stimme im Inneren sprach recht. Jetzt ist alles verloren … Ich fühle es.

Und dann sprach er laut: »Tatarennachricht! Börsenmanöver!« Kalt und schneidend klang seine Stimme über die Köpfe der Umstehenden. »Meine Nachrichten von der Kanalverwaltung … Nichts deutete darauf hin …«

Noch ehe er den Satz vollendet hatte, schrie es aus dem Nebensaal. »Die Explosionen gehen weiter. Alle Aufnahmestationen für den Fernseher zerstört.«

Einen Augenblick Totenstille.

Die Aufnahmestationen standen auf den Uferhöhen. Das war gewiss. Ohne sich noch um Rouse zu kümmern, stürmte man die Maklerbänke. Kanalaktien abzugeben! Zu jedem Preis! Die Deroute brach los.

Rouse schritt dem Ausgang zu. Er musste sich den Weg bahnen, wo man ihm früher achtungsvoll, fast ehrfürchtig ausgewichen war.

Einige scheue Blicke streiften ihn. Da und dort reckten ein paar Fäuste sich ihm drohend entgegen. Noch ehe er den Ausgang erreicht hatte, hörte er die Maklerstimmen Rousesche Kanalaktien anbieten.

Exekution! Wie ein Peitschenhieb traf ihn die Erkenntnis. Alles verloren! Die Schuldenlast erreichte das Vierfache seines Vermögens.

 

*

 

Das U-Boot im rasenden Golfstrom. Todesfahrt! Das winzige Boot ein Spielball des tobenden Elements. Da plötzlich, als hätte eine fremde Hand es mit gewaltiger Kraft gepackt, wurde der Steven nach Nordost gezwungen, herausgerissen aus den wirbelnden Strudeln in ruhige See.

Sie waren aufgetaucht. Gerettet! Was keiner von allen noch zu hoffen gewagt hatte, war doch noch geschehen. Sie alle hatten mit dem Leben abgeschlossen, als das Steuerruder zerbrach. Die furchtbaren Wirbel hatten das Boot zeitweise in gewaltige Tiefen hinabgerissen. Jeden Augenblick hatten sie erwartet, dass der ungeheure Wasserdruck die knisternden Wände des Bootes zerquetschte. Bei den Bemühungen, den todbringenden Wirbeln zu entgehen, war, ein letztes, schlimmstes Unheil, das Steuerruder zerbrochen.

Wieder über den Fluten. In langer, mühseliger Arbeit hatten sie das gebrochene Ruder wieder instand gesetzt, hatten neuen Kurs auf Saltadera genommen, vorbei an den Trümmern treibender Wracks, vom kleinsten Fischerboot bis zu den größten Ozeanriesen, im Kampf des Golfstroms gegen die feste Barre.

Während sie das Steuer flickten, war Uhlenkort in der Turmluke. Mit dem scharfen Glas spähten seine Augen über das Wasser. Den Isthmus selber konnte er nicht sehen. Er sah nur die vorspringende Spitze von Florida im Nordwesten.

Das Meer zwischen ihm und ihr schien eine graue, ruhige Fläche. Da! Von Süden her nahte eine niedrige Wand, schneller und immer schneller bewegte sie sich auf die Halbinsel zu, bog um sie herum. Blaues Wasser! Das blaue Wasser des Golfstroms. Die blaue Wand rollte weiter nach Norden, weißes, kräuselndes Kielwasser zu ihren Seiten.

Er riss die Mütze vom Kopf, schwenkte sie jubelnd in der Luft. »Christie! Christie! Tredrup! Schaut hinüber. Der Golfstrom, er fließt wieder im alten Bett!« Er stieg hinab.

»Fertig das Steuer!«, rief ihm Tredrup entgegen. Und während das Steuer Süd zu Südwest gelegt und das Boot in Fahrt gebracht wurde, saß Uhlenkort an Christies Seite unter dem Sonnensegel. Mit überströmendem Herzen sprach er zu ihr. Sie lehnte sich an seine Brust, und ihr Ohr trank sich satt an dem Schönen, Guten, was er ihr zu erzählen wusste nach all dem Leid der letzten Wochen.

Zuviel war das, nicht so leicht zu vergessen. Zuletzt noch das U-Boot im Sturm. Sie zitterte um das Leben des Geliebten. Er merkte es nicht, wie ihr Körper schwerer und schwerer wurde, sich an seine Brust drängte. Er beugte sich darüber. Mit blassem Gesicht lag sie ohnmächtig in seinen Armen.

Sie trugen sie unter das Sonnensegel, betteten sie im Kühlen. Saßen an ihrer Seite, bis sie aus der Ohnmacht erwachte … dann in tiefen Schlummer sank.

An der Boje von Saltadera machten sie fest, setzten im Boot zur Hütte über. Tredrup ging vor ihnen her, stieß die Tür zum Laboratorium auf. Einen Augenblick standen sie, die Augen noch vom Sonnenlicht geblendet, konnten im Dunkel des Gemachs nichts erkennen. Dann, als die Augen sich gewöhnt hatten … Johannes Harte schien nicht darin zu sein.

Tredrup drehte das Licht an. Der Raum war leer. Schon wollte Uhlenkort nach oben eilen, wo sich die Wohnräume befanden, da hielt ihn ein erstaunter Ruf Tredrups zurück.

»Hier, der Apparat, der hier stand … er ist weg! Auch der kleine von dem Tisch ist fort. Er hat sie mitgenommen!«

Uhlenkort stand stumm. Er kannte die Einrichtung des kleinen Laboratoriums. Die Apparate waren zusammen mit ihrem Herrn verschwunden. Verschwunden? Warum gerade jetzt, da das Werk, das große Werk gelungen war? Wohin? Sollte er nach Spitzbergen zurückgegangen sein? Und wie, wie? Hatte er sich von einem vorbeifahrenden Schiff mitnehmen lassen?

Da kam Tredrup hereingestürzt. »Dein Flugzeug ist fort, die Halle ist leer!«

Sie standen sich gegenüber, sahen sich fragend an. Keiner wusste Antwort, was hier geschehen, weshalb Johannes fort war.

Kein zurückgelassenes Zeichen, keine Spur …