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Schwäbische Sagen 63

Schwäbische-Sagen

Zweites Buch

Geschichtliche Sagen

Die sieben Knaben

1.
Eine mündliche Überlieferung aus Mühlhausen

Bei Mühlhausen (im Oberamt Spaichingen) stand ehedem ein Schloss auf einem hohen Berg, den man jetzt den Burgrain nennt.

Daselbst soll seit alter Zeit eine Frau »geisten«. Die hatte nämlich sieben Knaben auf einmal geboren, und da ihr Mann gerade abwesend war und sie die vielen Kinder ihm zu verheimlichen wünschte, so übergab sie alle bis auf eins der Magd, dass sie dieselben in dem Brunnen im Tal, der noch heute der Kindlestalbrunnen heißt, ersäufen sollte. Wenn sie aber von jemand befragt werde, was sie da habe, so möge sie nur antworten, sie müsse junge Hunde ersäufen.

Da geschah es, dass der Ritter, der eben von der Jagd heimkehrte, der Magd begegnete und sie fragte, was sie da im Korb trage und wo sie hin wolle. Und als sie sagte, dass sie junge Hunde ertränken solle, so wollte der Ritter die Hündlein sehen und nötigte die Magd so lange, bis sie ihm den Korb aufmachte und ihm alsdann alles gestand.

Darauf begab sich der Ritter zurück in das Schloss, trat in das Zimmer seiner Frau und fragte sie: »Was für eine Strafe verdient doch ein Weib, das ihre eigenen Kinder ersäufen lässt?«

»Die verdient«, sagte sie, »dass man sie in Öl siede.«

»So hast du selbst dein Urteil dir gesprochen!« sagte der Mann und ließ auch sogleich diese Strafe an seiner Frau vollziehen.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Friedingen an der Donau.

Dieselbe Sage knüpft sich an die Ruine Ramsteig zwischen Oberndorf und Harthausen.

Zwischen Schömberg und Rottweil liegt die Ruine Wildeck, da wohnte einst eine vornehme Frau, die während der Abwesenheit ihres Mannes mit sieben Knaben auf einmal niederkam. Darüber entsetzte sie sich dergestalt, dass sie sogleich sechs davon ersäufen lassen wollte und dieselben der Magd übergab und ihr sagte, dass, wenn jemand sie befrage, so möge sie nur antworten, sie müsse junge Hunde ertränken. Da begegnete aber der Magd ihr eigner Hausherr, dem sie alsbald alles bekennen musste. Derselbe ließ nun die Knaben auf einer anderen Burg erziehen und gab dann nach mehreren Jahren ein Fest, wozu er auch diese Kinder kommen ließ. Seine Frau wusste nichts davon, dass es ihre eignen Söhne waren.

Während der Mahlzeit fragte der Mann gelegentlich seine Frau, welche Strafe wohl eine Mutter verdiene, die sechs Kinder habe umbringen wollen.

»Die sollte man lebendig in Öl sieden«, sagte sie.

»So hast du dein eigenes Urteil dir gesprochen«, sagte der Mann und ließ es an der Frau auch ausführen.