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Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern – 27. Blatt

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern
von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871

Eulenspiegel vermietet sich in Rostock als Schmiedeknecht.

a Eulenspiegel nach so manchen Orten, wo er seine Schel­menstreiche und Bübereien zu arg gemacht hatte, nicht wieder kommen durfte, so dachte er, nachdem er seinen Hunger durch Hühnerbraten gestillt und die übrigen Hühner verkauft hatte, darüber nach, welchen Weg er nehmen wollte, und wanderte auf Rostock zu. Nachdem er hier angekommen war und seine Narrenspossen zeigte, wollte ihm niemand etwas dafür geben. Er musste sich deshalb zum Arbeiten bequemen und vermietete sich als Schmiedeknecht bei einem Meister. Dieser Schmied hatte sich ein Sprichwort angewöhnt, das er immer, wenn der Knecht den Blasebalg ziehen sollte, wieder­holte. Als nun Eulenspiegel mit dem Blasen etwas nachließ, rief der Meister sein Sprichwort: »Hoho, folget mit den Bälgen nach.«

Indem er diese Worte gesagt hatte, ging er auf den Hof.

Eulenspiegel nahm geschwind den Blasebalg auf die Schultern und lief dem Meister nach in den Hof und sprach: »Wo soll ich ihn hinlegen, ich will den anderen auch geschwind holen.«

Der Meister sah sich um und sagte: »Tyll, bist du wahnsinnig, oder was fehlt dir? Sogleich bringe mir den Blase­balg wieder an seine Stelle!« Der Meister aber, welcher wohl merkte, dass Eulenspiegel dieses aus Schalkheit getan hatte, dachte an eine Wiedervergeltung. Er wurde daher mit dem anderen Knecht einig, dass er fünf Nächte hintereinander um Mitternacht wecken wolle. Dies gefiel aber Eulenspiegel gar nicht.

Als der Meister dies schon drei Mal getan hatte, sagte der andere Knecht zum Schein: »Was meint unser Meister wohl damit, dass er uns nicht länger will schlafen lassen. Er pflegte doch sonst so früh nicht zu wecken?«

Eulenspiegel antwortete: »Wenn es dir nicht zuwider ist, so will ich den Meister um die Ursache fragen.«

Und sein Mit­knecht sagte: »Das soll mir recht lieb sein, denn immer so früh aufzustehen, habe ich keine Lust.«

Eulenspiegel fragte also: »Lieber Meister, was heisst denn das, dass Ihr uns jede Nacht nur zwei, höchstens drei Stunden schlafen lasst?«

Der Meister antwortete: »Es ist meine Weise so, dass ich die neu angenommenen Knechte nicht länger schlafen lasse.«

Eulen­spiegel sagte nichts dawider; aber in der folgenden Nacht, wie der Meister weckte, stand der andere Knecht auf und ging hinunter an die Arbeit. Unterdessen nahm Eulenspiegel das Bett, nahm es auf seinen Rücken, ging damit an den Amboss und schlug so derb auf das glühende Eisen, dass die Funken auf das Bett flogen.

Als der Meister Eulenspiegel mit dem Bett sah, wurde er zornig und sprach: »Bist du toll? Was soll das Bett auf deinem Rücken?«

Er antwortete: »Meister, zürnt nicht über mich. Es ist meine Weise so, dass ich die eine halbe Nacht auf dem Bett und die andere halbe Nacht das Bett auf mir liegen muss.«

Die Antwort verdross den Meister noch mehr und er sagte: »Sogleich trage das Bett an seinen Ort und gehe mir oben aus dem Haus, du Böse­wicht!

Eulenspiegel sagte: »Ja, das will ich tun.« Er brachte das Bett auf die Kammer, nahm seine Sachen, holte eine Leiter und stieg unter das Dach, deckte es auf, kletterte auf die Latten, zog die Leiter zum Dach heraus und stellte sie hin­unter auf die Straße, stieg hinab und ging fort. Als der Meister das Gepolter oben im Haus hörte, ging er mit dem anderen Knecht hinauf, um zu sehen, was es wäre, und siehe, Eulenspiegel war zum Dach herausgestiegen und hatte seines Meisters Befehl pünktlich erfüllt. So aufgebracht der Meister auch darüber war, so musste er sieh doch zufrieden geben, und das Dach wieder zumachen lassen, denn Eulenspiegel war schon zum Tor hinaus.

Der Knecht aber sagte: »Wer Eulenspiegel nicht kennenlernt, der kommt am besten weg, denn er ist ein Taugenichts.«