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Der wilde Raubgraf Bruno von Rabenhorst Schlusskapitel

Raubgraf-Bruno-von-RabenhorstDer wilde Raubgraf Bruno von Rabenhorst und sein schreckliches Ende in der Teufelsmühle
Oder: Das furchtbare Femgericht um Mitternacht
Eine Geschichte aus den rohen Zeiten des Faustrechts
Um 1860 niedergeschrieben

Schlusskapitel

Es findet stets der Bösewicht
selbst nach dem Tod die Ruhe nicht.
Sein Geist muss nach mit Grausen
am Ort der Schandtat hausen.

Somit war das Urteil der geheimen Feme buchstäblich vollzogen. Die reichen Besitzungen Brunos wurden zum Teil verkauft und der Erlös den Armen geschenkt, und das Schloss nebst den daran liegenden Grundstücken fiel einem weitläufigen Verwandten Brunos zu, der früher als Tempelritter tapfer gegen die Sarazenen focht und nun den Rest seiner Jahre in Ruhe zu verleben gedachte.

Henrico, dem die ganze Gegend verleidet war, zog zu dem alten Treumann, dessen Freundschaft er vermutlich bis zu seinem Lebensende genoss, denn man hörte in der Gegend von Rabenhorst nie wieder etwas von ihm.

Der Tempelritter zog nach Verlauf eines halben Jahres wirklich in Rabenhorst ein und ließ die Spuren seines ehemaligen unwürdigen Besitzers so viel wie möglich beseitigen, um nicht durch äußere Gegenstände an seine verruchten Vorfahren erinnert zu werden.

Doch die stummen Zeugen früherer Schandtaten ziehen stets, gleich einem Magnet, die unseligen und verdammten Geister wieder an sich, die zu ihren Lebzeiten frevelhaft darin gehaust hatten. So war es auch mit Rabenhorst, wie sich der Tempelritter überzeugen musste.

Gleich in der ersten Nacht, die er in dem verödeten Schloss zubrachte, konnte er kein Auge zutun. Kaum ertönte die Mitternachtsstunden, so ging auch der grässliche Teufelsspuk los. Wildes Wehgeheul mit Schwertergeklirr und fürchterlichem Kettengerassel erschallte im Hof und in den Gemächern, und Türen schlugen auf und zu, sodass es niemand auf seinem Ruhelager aushalten konnte.

Ungefähr eine halbe Stunde machte dieses Gepolter, Geklirr und Gerassel fortgedauert haben, bis es endlich unerträglich wurde. Den beherztesten Knappen befiel ein unheimlicher Schauer und jeder verließ sein Gemach, um in Gemeinschaft diese schreckliche Nacht auszuhalten. Auch dem Tempelritter ging es auf gleiche Art. Eine unsichtbare Hand riss ihm die Bettdecke hinweg, und gleichzeitig vernahm er ein Gerolle in seinem Schlafzimmer, das ihn in Furcht und Schrecken versetzte. Er stand auf, bekreuzigte sich, nahm sein gutes Schwert zur Hand, mit welchem er manchem Heiden und Türken den Schädel zerspalten hatte, und gedachte in der Schlosskapelle in Begleitung seiner Knappen einige Paternoster zu beten, um sich den Teufelsspuk vom Halse zu treiben.

Als er im Begriff war, zu seinen Knappen zu eilen, da führte ihn der Weg an dem Gemäuer vorbei, in welchem der schändliche Burgvogt Brunos eingemauert war. Als er nun an diese Stelle kam, wurden seine Wachslichter, die er auf einem dreiarmigen Leuchter trug, wie von unsichtbarer Hand ausgelöscht, und er hörte ein Geräusch, als fiele ein schwerer Geldsack zu Boden. Doch wie er sich ganz erstaunt nach der Gegend, woher das Geräusch kam, umsah, da erstarrte er fast vor dem fürchterlichen Anblick, den er da zu sehen gezwungen war. Sein Haar sträubte sich empor, und eiskalt lief es ihm durch die Glieder, und er, der auf seinen vielen Kriegszügen vor keiner Gefahr gebebt und überall dem Tod mutig ins Auge geschaut hatte, zitterte jetzt wie Espenlaub!

Er sah einen Teil des Gemäuers gespalten und in dieser Spalte den Burgvogt stehen, dessen unheimliche Gesichtszüge ihm noch von seinen jüngeren Jahren bekannt waren, von einem schauerlichen Licht beleuchtet, das direkt aus der Hölle Schlund zu kommen schien.

Des Burgvogts scheußliches Gesicht, das alle Qualen der Verzweiflung und die Spuren des erlittenen Hungertodes an sich trug, grinste zähnefletschend zu dem rot glühenden Gold, das in der Nähe vor ihm aufgetürmt war. Mit seinen entfleischten Armen, von denen er wechselweise die letzten Fleischfetzen mit seinen spitzen Zähnen herunterriss und gierig verschlang, langte er zugleich nach dem Gold, das er mit seinen knöchernen Klauen haufenweise ergriff und es heißhungrig in seinen weit geöffneten Schlund, aus welchem fortwährend eine bläuliche Lohe schlug, hinunterrollen ließ, dass es zischend in demselben verschwand. Dabei glühten seine Augen, aus welchen rot glühende Funken sprühten, so fürchterlich, dass der Tempelritter diesen grauenhaften Anblick unmöglich mehr ertragen konnte und tief erschüttert vor Angst und Schrecken mit einem Schrei bewusstlos zusammenbrach.

Die Knappen und Diener, welche ängstlich sich gruppenweise in den unteren Gemächern versammelt hatten, eilten auf den grellen Schrei ihres Gebieters sogleich die Treppe hinauf und fanden ihn in bewusstlosem Zustand. Endlich, nach einigen angewandten kräftigen Mitteln, kam er wieder zu sich und sah sich ängstlich nach jener verdächtigen Stelle um, sodass es seine Diener sogleich ahnten, da sie ja alle selbst viel Schauderhaftes wahrgenommen hatten, was da wohl passiert sein könnte. Man brachte ihn in sein Ruhegemach zurück und musste auf dem Weg dahin noch manches Schauerliche sehen und hören, sodass sie beschlossen, diese grauenhafte Nacht in der Nähe des Tempelritters zuzubringen.

Als jedoch mit dem ersten Glockenschlag des kommenden Tages und mit dem ersten Hahnenschrei, der den frühen Morgen verkündete, plötzlich Ruhe eintrat, und nachdem jeder dem anderen erzählt hatte, was ihm zugestoßen sei, begab sich alles allmählich wieder zur Ruhe, bis zum hellen Sonnenschein, welcher die Bewohner Rabenhorsts wieder mit neuem Mut erfüllte und den Tag über durch nichts störte. Allein die zweite Nacht zu der nämlichen Stunde ging das Spektakel wieder von Neuem los. Obwohl alles gerüstet war, diesem entsetzlichen Spuk energisch entgegenzutreten, so konnte man dennoch denselben nicht an seinem Treiben hindern, sondern man musste vielmehr dem Spuk aus dem Wege gehen.

So erging es den Bewohnern von Rabenhorst jede Nacht, nur mit dem Unterschied, dass mit jeder neuen Nacht der Teufelsspuk, welcher mit dem zwölften Stundenschlag seinen Anfang nahm und mit der ersten Morgenstunde wieder aufhörte, ärger wurde.

Schon einige Nächte hindurch hatte man diesen Spuk ertragen, doch als die zwölfte Mitternacht erschien, da war es nicht mehr zum Aushalten. So fürchterlich wirtschafteten die bösen Geister in dem Schloss herum, dass es kein ruhiges Plätzchen mehr in demselben gab.

Des anderen Morgen trat einer der getreuesten Diener zum Tempelritter und sprach: »Gnädiger Herr! Was wir seit zwölf Nächten auf diesem verfluchten Schloss gesehen und gehört haben, das ist fürchterlicher, als ich zu erzählen vermag, und wir wollen das nicht noch einmal sehen und hören. Wir haben deshalb alle einmütig beschlossen, von hier fortzugehen. Selbst auf die Gefahr hin, dass Ihr noch länger bleiben wollt, aus Eurem Dienst zu treten, so hart uns auch dieses ankommen würde. Denn alle Nacht kommt aus der verfluchten Teufelsmühle der verdammte Bruno auf einem rabenschwarzen Hengst, aus dessen Nüstern glühender Dampf herauswirbelt, von einem wahren Höllenheer gefolgt, in welchem man die fürchterlichsten Gestalten sehen kann, durch die Lüfte herangesaust, um hier sein Unwesen zu treiben, das uns und Euch keine Ruhe lässt, mögen wir auch tun, was wir wollen.«

Der Tempelritter, dem dieser Spuk schon längst unerträglich war, hatte bereits beschlossen, noch heute das unheimliche Schloss zu verlassen, und gab nun sogleich Befehl, alles zur schnellsten Abreise zu rüsten. Jeder beeilte sich, diesem willkommenen Befehl aufs Pünktlichste entgegenzukommen. Noch ehe die Sonne ihren höchsten Stand am Horizont erreicht hatte, verließ der Tempelritter, von seinen getreuen Knappen und Dienern gefolgt, das Schloss Rabenhorst, um es nie wieder zu betreten.

Es geriet nun nach und nach in Verfall und wurde der unheimliche Aufenthalt der bösen Geister, die in allerlei fürchterlichen Gestalten, sowohl in der Luft als auf der Erde den Wanderer oder Landmann, welchen zufällig der Weg in der Nähe dieser öden Behausung vorbeiführte, erschreckten, sodass man lieber einen guten Umweg machte, als auf kürzerem Weg diesem Schloss zu nahe zu kommen.

Noch jetzt reicht schon der Name allein hin, um bei den dortigen Bewohnern der Gegend einen geheimen Schauer zu erwecken, und wenn er nur ausgesprochen wird, so schlägt jeder ein Kreuz und versucht ausweichend dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.


Die vollständige Story steht als PDF, EPUB, MOBI und AZW3 zur Verfügung.

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