Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Der Marone – Gefangennahme der Negerjäger

der-marone-drittes-buchThomas Mayne Reid
Der Marone – Drittes Buch
Kapitel 28

Gefangennahme der Negerjäger

Der Schwarze, obwohl von den drei Männern der Niedrigste im Rang, sprach zuerst.

»Nein, das geht nicht!«, rief er und hielt seine Muskete fest auf den Vordersten der Negerjäger angelegt.

»Nein, Herr Spanier, nicht einen Fuß setzt Ihr aus der Tür, bis wir gesehen haben, was Ihr da drinnen gemacht habt! Ruhig stehen geblieben, oder Ihr bekommt etwas Blei in Euren Knoblauchbauch! Ruhig stehen geblieben!«

»Ergebt Euch«, befahl Cubina mit fester und gebieterischer Stimme und machte eine drohende Gebärde, die, wenn auch vielleicht etwas weniger augenscheinlich als die seines Leutnants, dennoch deutlich seinen Entschluss verkündete. »Legt die Macheten ab und ergebt Euch! Widerstand wird Euch das Leben kosten!«

»Kommt, ihr spanischen Edlen!«, sagte Herbert. »Ihr werdet mich wohl kennen, und ich rate Euch zu tun, was man von Euch verlangt. Wenn nichts gegen Euch vorliegt, so soll Euch nichts geschehen, das verspreche ich Euch! Ha, vorgesehen!«, fuhr er hastig fort, indem er bemerkte, dass die Spanier rückwärts sahen, mit der Absicht, etwa hinten aus der Hütte zu entfliehen. »Versucht nicht fortzulaufen, Ihr werdet doch gefasst werden. Hier sind zwei Läufe und jeder ist gut geladen für solche Vögel, wie Ihr seid. Wenn Ihr fliehen wollt, so soll Euer Rücken gehörig gepflastert werden, das verspreche ich Euch.«

»Carajo!«, stieß der Ältere der Negerjäger aus. »Was wollt Ihr von uns?«

»Ja freilich!«, fügte der andere in unschuldigem Ton hinzu. »Was haben wir getan, dass Ihr all diesen Lärm macht?«

»Was Ihr getan habt?«, erwiderte der Maronenhauptmann kalt. »Das ist es gerade, was wir wissen wollen und zu erfahren entschlossen sind …«

»Da ist nichts zu erfahren«, sagte der Spanier, sich ganz unschuldig stellend, »wenigstens nichts Besonderes. Wir waren auf dem Weg nach Savanna, ich und mein Kamerad hier, und wir …«

»Haltet Euer Maul!«, rief Quaco, der ungeduldig wurde, dem Spanier zu und setzte ihm seine Muskete auf die Brust. »Habt Ihr nicht gehört, wie der Hauptmann befahl, die Klingen fortzuwerfen und Euch zu ergeben? Nieder mit den Degen. Sofort, sage ich und schwatzt nachher mehr!«

So bedroht ließ Andres mürrisch seine Machete auf den Boden fallen, was von dem Älteren der beiden dann gleich nachgeahmt wurde.

»Nun, meine Braven!«, fuhr der schwarze Leutnant fort und hielt fortwährend seine große Flinte auf des Spaniers Brust, »damit Ihr nicht in Versuchung kommt, uns das Fersengeld zu geben, so müssen wir Euch schon ein wenig binden. Deshalb fallt jetzt nieder auf die Knie und rührt Euch nicht, bis ich die Stricke und Speiler bereithabe.«

Die beiden Spanier begriffen den Befehl vollkommen, und da sie einsahen, dass jeder Widerstand unnütz sei, so warfen sie sich sofort auf den Boden, ruhig erwartend, was mit ihnen geschehen würde. Quaco hob jetzt die beiden Macheten auf und brachte sie außerhalb des Bereiches ihrer früheren Eigner. Dann übergab er seine große Flinte an Cubina, der mit Herbert nun die Gefangenen bewachen sollte, und ging ein wenig in die Büsche fort. Bald kehrte er wieder zurück und schleppte eine lange Kriechpflanze mit sich, die einem Strick glich, so wie zwei drei Fuß lange Stöcke. Dies war in so kurzer Zeit geschehen, als hätte er diese Sachen einfach aus einer benachbarten Vorratskammer geholt.

Unterdessen hielten Cubina und Herbert ihre Gewehre ununterbrochen auf die beiden Spanier gerichtet, denn es war klar, dass sie gern die Flucht ergriffen hätten und auch, da es jetzt vollständig Nacht war, bei der geringsten Gelegenheit leicht mit Erfolg einen Versuch dazu machen würden.

Weder Herbert noch Cubina vermochten in dem vollständigen Dunkel, das in dem Innern der Hütte herrschte, irgendetwas zu erkennen und ahnten deshalb auch noch keineswegs das schreckliche Schauspiel, das sie hier erwartete. Dennoch hatten sie Verdacht, dass die Spanier irgendeine Übeltat entweder beabsichtigt oder gar schon begangen hatten, denn sie hatten schon auf dem Weg einiges über die Negerjäger erfahren, das allen, die ihnen begegneten, verdächtig vorgekommen war.

Das am Baum angebundene, zu einer Reise gesattelte Pferd war der am meisten verdächtige Gegenstand. Obwohl keiner von den dreien eigentlich wusste, dass dieses Pferd dem Custos gehörte, so hatten doch alle sofort, als sie es erblickt, ein gewisses Vorgefühl, dass sie hier zu spät angekommen seien.

Die wilde Hast, mit der die Spanier aus der Tür stürzten, als sie an derselben aufgehalten wurden, schien diese traurige Ahnung bereits zu bestätigen. Noch ehe einer von ihnen die Hütte betreten hatte, waren sie darauf vorbereitet, hier einen Toten anzutreffen, vielleicht sogar mehr als einen, denn Plutos Verschwinden war noch nicht aufgeklärt.

Quaco, geschickt in der Handhabung von Tauwerk, besonders in jener Art schlanker Flechtwerk, durch welche auf Jamaika die großen Bäume miteinander verbunden sind, band bald die beiden Spanier mit Händen und Füßen fest zusammen. Lange Übung im Binden fortgelaufener Neger hatte Quaco hierin sehr erfahren gemacht, da es auch einen Teil der eines Maronen notwendigen Kenntnisse bildete.

Die drei mit Flinten Bewaffneten traten nun in die vollkommen dunkle Hütte ein, in der alles still und ruhig wie im Grab war. Lange vermochten sie nichts zu erkennen, doch zuletzt konnten sie in einer Ecke etwas wie die Gestalt eines auf einer niedrigen Bettstelle ausgestreckten Mannes unterscheiden.

Quaco näherte sich derselben, beugte sich etwas nieder und berührte sie vorsichtig mit der Hand.

»Ein Mann«, murmelte er; »entweder schlafend oder tot!«

»Tot!«, rief er einen Augenblick später aus, nachdem beim Tasten seine Finger die kalte Stirn des Leichnams getroffen hatten. »Tot und kalt!«

Cubina und Herbert gingen jetzt auch vorwärts, bückten sich etwas und bestätigten Quacos Angabe.

Wessen Körper mochte es nur sein? War es der des Custos Vaughan oder der seines schwarzen Dieners Pluto? Nein, es war nicht der eines Schwarzen. Um das zu beweisen, bedurfte es keines Lichts, denn die Befühlung des Haares war genügend, um zur Überzeugung zu gelangen, dass hier auf der Bettstelle ein weißer Mann tot lag.

»Fange mir einen von den Cocuyos!«, sagte der Maronenhauptmann zu seinem Leutnant.

Quaco ging aus der Hütte ins Freie. Am Rand des Walds flimmerten kleine Funken, die gleichsam eine sich bewegende Milchstraße zu sein schienen. Dies waren die Lamprydae oder kleineren Feuerfliegen. Mit diesen hatte Quaco indes nichts zu schaffen. Stellenweise waren aber auch einige viel größere Funken von schöner goldgrüner Farbe. Das war der große beflügelte Käfer, der Cocuyo, der ein angenehmes und helles Licht verbreitete.

Mit seinem alten Hut als Insektennetz gelang es Quaco bald, einen solchen Käfer einzufangen, mit dem er in die Hütte zurückkehrte und ihn dicht an den Kopf des Leichnams hielt. Dabei begnügte er sich nicht mit dem gewöhnlichen goldgrünen Licht, welches das Insekt aus den beiden Augengleichen Erhöhungen auf seiner Brust ausstrahlt. Der waldkundige und erfahrene Quaco vermochte dieses Licht noch bedeutend heller und stärker zu machen. Er bog nämlich die Flügel mit den Fingern zurück und den Unterleib mit dem Daumen, und legte dadurch eine länglich runde Scheibe von rosenrotem Licht frei, die eigentlich nur zu sehen ist, wenn das Insekt fliegt.

Ein Kreis von ungefähr einer Elle Durchmesser ist auf diese Weise durch das phosphorische Glühen des Insekts stets ganz wohl erhellt. In diesen Kreis wurde das Gesicht des toten Mannes nun gebracht und wirklich war das von dem Käfer ausgeströmte Licht hinreichend, um die Zuschauer zu befähigen, in den geisterhaft blassen Umrissen des starren Totengesichts die Züge des Custos Vaughan zu erkennen.