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Die Skalpjäger – Eine Autobiografie

Die-SkalpjägerThomas Mayne Reid
Die Skalpjäger

Erster Teil
Sechzehntes Kapitel
Eine Autobiografie

Ich war mit meinem Wirt in dem bisher von mir bewohnten Gemach allein. Die Frauen hatten sich in einen anderen Teil des Hauses zurückgezogen, und ich bemerkte, dass Seguin bei seinem Eintreten zu der Tür sah und einen Riegel vorschob.

Welchen furchtbaren Beweis meiner Treue, meiner Liebe – wollte er von mir verlangen? War er im Begriff, mir das Leben zu nehmen oder wollte mich dieser Mann grausamer Taten durch einen furchtbaren Eid binden? Ein düsterer Argwohn durchzuckte meinen Geist, und ich saß schweigend, aber nicht ohne Furcht da.

Eine Flasche Wein stand zwischen uns. Seguin füllte zwei Gläser und forderte mich zum Trinken auf. Diese Höflichkeit machte mich wieder sicher. Wie aber, wenn der Wein vergiftet war? Er trank sein Glas leer, ehe sich der Gedanke noch vollkommen gebildet hatte.

Ich tue ihm Unrecht, dachte ich, der Mann ist trotz allem einer solchen Hinterlist unfähig.

Ich trank den Wein. Er machte mich gefasster und ruhiger.

Nach einem momentanen Schweigen eröffnete er das Gespräch mit der plötzlichen Frage: »Was wissen Sie von mir?«

»Ihren Namen und Beruf, weiter nichts.«

»Das ist mehr, als man hier vermutet.« Er deutete zu der Tür. »Wer hat Ihnen das von mir erzählt?«

»Ein Freund, den Sie in Santa Fe sahen.«

»Ah, St. Vrain, ein wackerer kühner Mann. Ich habe ihn einst in Chihuahua getroffen. Hat er Ihnen von mir nicht mehr gesagt als dies?«

»Nein. Er versprach, auf das Weitere über Sie einzugehen, aber der Gegenstand geriet in Vergessenheit. Die Karawane zog weiter, und wir wurden getrennt.«

»Sie hörten also, dass ich, Seguin, der Skalpjäger sei? Dass ich von den Bürgern von El Paso zur Jagd von den Apachen und Navajo verwendet werde, und dass ich eine bestimmte Summe für jeden Indianerskalp erhalte, den ich an ihre Tore aufhängen kann? Sie haben alles dies gehört?«

»Ja!«

»Es ist wahr!«

Ich blieb stumm.

»Nun, Sir«, fuhr er nach einer Pause fort, »wollen Sie meine Tochter, das Kind eines Mörders im Großen, heiraten?«

»Ihre Verbrechen sind nicht die ihren. Sie ist unschuldig und kennt sie nicht einmal, wie Sie gesagt haben. Sie können ein Dämon sein – sie ist ein Engel.«

»Verbrechen – Dämon …«, murmelte er, halb im Selbstgespräch, »ja, das mögen Sie wohl denken – so urteilt die Welt. Sie haben die Geschichte der Gebirgsmänner in aller ihrer blutigen Übertreibung gehört. Sie haben gehört, dass ich während eines bestehenden Vertrages ein Dorf der Apachen zu einem Festmahl eingeladen und die Speisen vergiftet, die Gäste, Männer, Frauen und Kinder vergiftet und sie dann skalpiert habe! Sie haben gehört, dass ich zweihundert Wilde bewog, sich an das Zugseil einer Kanone, deren Anwendung sie nicht kannten, zu spannen, und dann das mit Kartätschen geladene Geschütz abgefeuert und die Reihe von nichts ahnenden Unglücklichen niedergemäht habe! Von diesen und anderen unmenschlichen Taten haben Sie ohne Zweifel gehört.«

»Es ist wahr, ich habe diese Geschichten unter den Gebirgsmännern vernommen, aber nicht gewusst, ob ich sie glauben soll.«

»Monsieur, sie sind erlogen – sie sind sämtlich erlogen und unbegründet.«

»Es freut mich, das von Ihnen zu hören«, sagte ich, »ich möchte Sie jetzt keiner solchen Barbarei für fähig halten.«

»Und dennoch würden sie, wenn sie in allen ihren entsetzlichen Einzelheiten wahr wären, doch bei Weitem nicht den entsetzlichen Grausamkeiten gleichkommen, die von dem wilden Feind an den Bewohnern dieser schutzlosen Grenze verübt worden sind. Wenn Sie die Geschichte der letzten zehn Jahre kennen, ihre Metzeleien und Morde,  ihre Tränen und ihren Hass, ihre Räubereien an Menschen und Gütern, die Verödung ganzer Provinzen, die Einäscherung von Dörfern, die Hinschlachtung von Männern an ihrem eigenen Herd, die Entführung von Frauen in die Gefangenschaft, um die wilde Lust des Wüstenräubers zu befriedigen! O Gott, und auch ich habe Kränkungen erfahren, die mich in Ihren Augen, vielleicht in den Augen des Himmels freisprechen werden.«

Er vergrub das Gesicht in seine Hände und beugte sich auf den Tisch. Er litt offenbar an peinlichen Erinnerungen.

Nach einer Minute fuhr er fort: »Ich möchte, dass Sie eine kurze Geschichte meines Lebens anhören.«

Ich gab meine Einwilligung zu erkennen, und nachdem er sich noch ein Glas Wein gefüllt und geleert hatte, sprach er weiter.

»Ich bin nicht ein Franzose, wie Sie glauben. Ich bin ein Kreole, in New Orleans geboren. Meine Eltern waren von St. Domingo geflüchtet, bald nach der Schwarzenrevolution, wo der größte Teil ihres Vermögens von dem blutigen Christoph konfisziert wurde.

»Ich wurde zum Zivilingenieur erzogen, und zu diesem Zweck zu den Minen von Mexiko von dem Eigentümer einer derselben, den mein Vater kannte, gebracht.

Ich war damals noch jung und verlebte mehrere Jahre in den Bergwerken von Zapatecas und San Louis Potosi.

Ich hatte von meinem Sold einiges Geld gespart und begann daran zu denken, ein Bergwerk auf eigene Rechnung zu eröffnen.

Seit Langem schon herrschte das Gerücht, dass am Gila und seinen Nebenflüssen reiche Goldadern existierten. Das edle Metall war in diesen Flüssen gesehen und gesammelt worden, und die Goldmutter, der Milchquarzfelsen, lag überall in den öden Bergen dieser wilden Gegend zu Tage.

Ich brach mit einer Anzahl Leute zu dieser Gegend auf und fand, nachdem ich sie Wochen lang durchreist habe, in den Mimbres-Gebirgen, nahe an der Quelle des Gila, das kostbare Erz in dem Bett des Flusses. Ich errichtete ein Bergwerk und war nach fünf Jahren ein reicher Mann.

Ich erinnerte mich an die Gefährtin meiner Jugend, die sanfte, schöne Cousine, welche meine Zuversicht geteilt und mir meine erste Leidenschaft eingeflößt hatte. Bei mir war es die rste und letzte. Sie war nicht, wie es unter ähnlichen Umständen oft vorkommt, etwas Vorübergehendes. Auf allen meinen Wanderungen hatte ich mich erinnert und sie geliebt. War sie mir ebenso treu geblieben?

Ich beschloss, mich davon zu überzeugen, ließ mein Geschäft in den Händen meines Mayoral und brach zu meiner Vaterstadt auf.

Adele war mir treu geblieben, und als ich zurückkehrte, brachte ich sie mit.

Ich baute mir ein Haus in Valverde, dem nächsten bewohnten Ort bei meinem Bergwerk.

Valverde war damals ein blühender Ort. Es ist jetzt eine Ruine, die Sie vielleicht auf Ihrer Reise stromabwärts gesehen haben.

Hier lebten wir Jahre lang im Genuss von Reichtum und Glück.

Ich blickte auf diese Tage wie auf Menschenalter der Seligkeit zurück. Unsere Liebe war gegenseitig und glühend, und wir wurden mit zwei Kindern gesegnet – beide Mädchen. Die Jüngste glich ihrer Mutter – die andere war, wie man mir gesagt hat, mir ähnlicher. Ich fürchte, dass wir zu große Zärtlichkeit für diese Liebespfänder bewiesen. Wir waren zu glücklich in ihrem Besitz.

Zu dieser Zeit wurde ein neuer Gouverneur nach Santa Fe gesendet, ein Mann, der durch seine Wollust und Tyrannei die Provinz seitdem verheert hat. Es hat keine Tat gegeben, die zu schändlich, kein Verbrechen, welches zu schwarz für dieses menschliche Ungeheuer gewesen wäre.

Er schien anfangs gut genug zu sein und wurde in den Häusern der Ricos des Tals festlich empfangen. Da ich zu diesen gezählt wurde, so beehrte er mich häufig mit seinem Besuch. Er residierte hauptsächlich in Albuquerque, und es wurden große Feste in seinem Palast gegeben, wozu er mich und meine Gattin ganz besonders einlud. Dagegen kam er oft unter dem Vorwand, die verschiedenen Teile der Provinz zu besuchen, in mein Haus in Valverde.

Ich bemerkte endlich, dass seine Besuche einzig und allein meiner Gattin bestimmt waren, der er einige schmeichelhafte Aufmerksamkeiten bewiesen hatte.

Ich will von der Schönheit Adeles zu jener Zeit nichts sagen. Sie können sich diese selbst vorstellen und werden vielleicht imstande sein, Ihre Fantasie zu unterstützen, wenn Sie auf den Reizen verweilen, die Sie an ihrer Tochter entdeckt zu haben scheinen; denn die kleine Zoe ist das Portrait von dem, was ihre Mutter damals war.

Zu der Zeit, von welcher ich spreche, stand sie noch in der Blüte ihrer Schönheit. Der Ruhm dieser Schönheit war auf aller Zungen und hatte die Eitelkeit des wollüstigen Tyrannen piquiert.

Aus diesem Grund wurde ich der Gegenstand seiner freundschaftlichen Zutunlichkeit.

Ich hatte dies erraten, nahm aber, im Vertrauen auf die Tugend meiner Gattin, von seinem Benehmen keine Notiz. Bis jetzt hatte noch keine offene Kränkung meine Beachtung verlangt.

Als ich einst nach einer langen Abwesenheit in die Minen zurückkehrte, teilte mir Adele mit, was sie mir bisher aus Zartgefühl verhehlt hatte, nämlich, dass ihr von Sr. Exzellenz zu verschiedenen Zeiten, besonders aber bei einem Besuch, den er ihr während meiner Abwesenheit erwiesen hatte, Beleidigungen widerfahren waren.

Dies war für Kreolenblut genug. Ich ging nach Albuquerque und züchtigte den Beleidiger auf offener Plaza vor der Menge.

Ich wurde ergriffen und in ein Gefängnis geworfen, wo ich mehrere Wochen lang lag. Als man mich in Freiheit setzte, und ich meine Heimat wieder aufsuchte, war sie geplündert und verödet! Die wilden Navajo waren dort gewesen, meine Familiengötter waren zerstreut und zerbrochen, und mein Kind – o Gott! Meine kleine Adele war als Gefangene ins Gebirge geschleppt worden.«

»Und ihre Gattin – Ihr anderes Kind …?«, fragte ich, begierig, das Übrige zu erfahren.

»Sie waren geflohen. In dem entsetzlichen Kampf – denn meine armen Peonen wehrten sich tapfer – war meine Gattin, mit Zoe in ihren Armen, hinausgeeilt und hatte sich in einer Höhle, die sich im Garten befand, versteckt. Ich fand sie im Rancho des Vaquero im Wald, wohin sie gegangen war.«

»Und Ihre Tochter Adele – haben Sie seitdem etwas von ihr gehört?«

»Ja – ja – ich werde augenblicklich dazu kommen …

Mein Bergwerk war zu gleicher Zeit ausgeplündert und zerstört, viele von den Arbeitern niedergemetzelt worden, ehe sie entrinnen konnten, und das Werk selbst und mein Vermögen verfiel.

Mit einigen von den entflohenen Bergleuten und anderen Bewohnern von Valverde, die gleich mir hatten leiden müssen, organisierte ich eine Gruppe und folgte dem wilden Feind. Aber unsere Verfolgung war vergebens, und wir kehrten zum größten Teil mit zerstörter Gesundheit und gebrochenem Herzen zurück.

O, Monsieur, Sie können nicht wissen, was es heißt, auf diese Weise ein Lieblingskind verloren zu haben. Sie können die Qual des beraubten Vaters nicht begreifen.«

Er drückte seinen Kopf zwischen seine Hände und blieb einen Augenblick stumm. Sein Gesicht trug die Spuren Herz zerschneidenden Kummers.

»Meine Geschichte wird bald bis zur gegenwärtigen Zeit erzählt sein. Wer weiß das Ende?

Jahre lang trieb ich mich an den Grenzen des Indianerlandes umher und jagte nach meinem Kind. Ich wurde von einer kleinen Schar unterstützt, die meistenteils aus Unglücklichen, gleich mir, welche ihre Frauen oder Töchter verloren hatten, bestand. Aber unsere Mittel erschöpften sich, und die Verzweiflung ermüdete uns. Die Sympathien meiner Gefährten wurden alt, einer nach dem anderen gab die Sache auf. Die Regierung von New Mexiko bot uns keine Hilfe. Im Gegenteil, man argwöhnte damals – jetzt ist es bekannt -, dass der Gouverneur selbst in geheimen Bündnissen mit den Navajo-Häuptlingen stehe. Er wollte sie unbelästigt lassen, während sie ihrerseits versprachen, nur seine Feinde zu plündern!

Als ich dieses entsetzliche Geheimnis erfuhr, erkannte ich die Hand, welche den Streich gegen mich geführt hatte. Von der Schmach, die ich ihm zugefügt, sowie von der Verachtung meiner Gattin aufgeregt, hatte sich der Schurke schnell gerächt.

Seitdem ist sein Leben zwei Mal in meiner Gewalt gewesen. Aber wenn ich es ihm genommen hätte, so würde ich wahrscheinlich das meine verwirkt haben, und ich hatte Gegenstände, für welche ich leben musste. Ich finde vielleicht noch einen Abrechnungstag für ihn.

Ich habe gesagt, dass meine Truppe zusammenschmolz. Mit krankem Herzen und dem Bewusstsein der Gefahr, die mir in New Mexiko drohte, verließ ich die Provinz und ging durch die Yornada nach El Paso. Hier lebte ich eine Zeitlang, dem Schmerz um mein verlorenes Kind dahingegeben.

Ich blieb nicht lange untätig. Die häufigen Beutezüge, welche die Apachen nach Sonoro und Chihuahua unternahmen, hatten die Regierung energischer in der Verteidigung der Provinzen gemacht. Die Presidios wurden wieder hergestellt und mit brauchbaren Truppen besetzt, und man organisierte eine Gruppe von Jägern, deren Sold im Verhältnis mit der Anzahl von Skalpen bestand, welche sie in die Niederlassung sendete.

Man bot mir den Befehl über diese eigentümliche Guerilla an, und in der Hoffnung, noch mein Kind wieder erlangen zu können, nahm ich ihn an. Ich wurde ein Skalpjäger.

Es war ein entsetzliches Amt, und wenn die Rache allein mein Zweck gewesen wäre, so würde sie schon längst befriedigt sein. Wir haben eine Menge von Bluttaten ausgeführt – eine Menge von Szenen vergeltender Rache durchlebt.

Ich wusste, dass sich meine gefangene Tochter in den Händen der Navajo befand. Ich hatte es zu verschiedenen Zeiten von Gefangenen, die ich gemacht hatte, gehört, aber nie Kräfte genug an Leuten und Mitteln besessen, um sie zu befreien! Eine Revolution nach der anderen hielt die Staaten in Armut und Bürgerkrieg, und unsere Interessen wurden vergessen. Bei allen meinen Anstrengungen konnte ich doch nie eine Streitkraft ausrüsten, um durch die Wüsteneien im Norden des Gila zu dringen, wo die Städte der wilden Navajo lagen.«

»Und Sie denken …«

»Geduld – ich werde bald zu Ende sein. Meine Schar ist jetzt stärker als je zuvor. Ich habe durch einen den Navajo vor Kurzem entflohenen Gefangenen die sichere Nachricht, dass die Krieger beider Stämme im Begriff sind, nach Süden zu ziehen. Sie bieten alle ihre Kräfte auf, um einen großen Beutezug selbst, wie wir gehört haben, bis an die Tore von Durango zu machen. Es ist meine Absicht, in ihr Land zu ziehen, während sie abwesend sind, und meine Tochter zu suchen.«

»Und Sie denken, dass sie immer noch lebt?«

»Ich weiß es. Derselbe, der mir diese Nachricht gebracht hat und der seinen Skalp und seine Ohren zurückgelassen hat, der arme Bursche, hat sie oft gesehen. Sie ist erwachsen, und, wie er sagt, eine Art von mit eigentümlichen Gewalten und Vorrechten begabte Königin unter ihnen. Ja – sie lebt noch, und wenn es mir gelingt, mich ihrer zu bemächtigen, so wird dieses Trauerspiel zu Ende sein. Ich werde weit von hier gehen.«

Ich hatte die seltsame Erzählung mit tiefer Aufmerksamkeit angehört. Der ganze Widerwille, welchen mir meine frühere Kenntnis von dem Charakter dieses Mannes eingeflößt, verschwand aus meinem Geist, und ich fühlte Mitleid, ja Bewunderung für ihn. Er hatte viel gelitten. Verbrechen werden durch Leiden gebüßt, und in meinen Augen war er gerechtfertigt. Vielleicht war ich in meinem Urteil zu nachsichtig. Es war in meiner Lage natürlich.

Als er seine Erzählung beendet hatte, war ich von Freude erfüllt. Ich fühlte das lebhafteste Entzücken über das Bewusstsein, dass sie nicht der Sprössling des Dämonen, wofür ich ihn gehalten hatte, war.

Er schien meine Gedanken zu erraten, denn es lag auf meinem Gesicht ein Lächeln der Zufriedenheit – ich möchte sagen des Triumphs, als er sich über den Tisch beugte, um sein Glas wieder zu füllen.

»Meine Geschichte muss Sie gelangweilt haben. Trinken Sie!«

Hierauf trat eine kurze Stille ein, und wir leerten unsere Gläser.

»Und nun, Sir, kennen Sie den Vater Ihrer Geliebten wenigstens etwas besser als vorher. Haben Sie immer noch den Willen, sie zu heiraten?«

»O, Sir, sie ist jetzt heiliger als je.«

»Aber Sie müssen sie von mir erwerben, wie ich schon gesagt habe.«

»Nun, so sagen Sie mir, wie, Sir. Ich bin zu jedem Opfer, welches in meinen Kräften steht, bereit.«

»Sie müssen mir zur Wiedererlangung ihrer Schwester beistehen.«

»Gern.«

»Sie müssen mich in die Wüste begleiten.«

»Ich will es.«

»Genug! Wir brechen morgen auf.« Und er erhob sich, und ging im Zimmer auf und ab.

»Zu einer frühen Stunde?«, fragte ich, halb in Furcht, dass er mir eine letzte Zusammenkunft mit der, welche ich mich jetzt mehr als je zu umarmen sehnte, versagen würde.

»Mit Tagesanbruch«, antwortete er, ohne, wie es schien, meine Besorgnisse zu bemerken.

»Ich muss nach meinem Pferd und meinen Waffen sehen«, sagte ich, indem ich aufstand, und in der Hoffnung, sie draußen zu treffen, nach der Tür zuschritt.

»Alles das ist besorgt. Godé ist da. Sie ist nicht in der Halle. Bleiben Sie, wo Sie sind, ich werde die Waffen holen, nach welchen Sie verlangen. Adele, Zoe! O, Doktor! Sind Sie mit Ihren Kräutern wieder da? Es ist gut, wir reisen morgen ab. Adele, bringe Kaffee, und mache uns dann Musik. Dein Gast verlässt dich morgen.«

Die schöne Gestalt Zoes stürzte mit einem Schrei zu uns.

»Nein – nein – nein – nein!«, bald zu dem einen, bald zu dem anderen gewendet, mit Ausdruck eines leidenschaftlichen Herzens.

»Nun, mein Täubchen«, sagte ihr Vater, »lass dich nicht so leicht erschrecken. Es dauert nur kurze Zeit. Er wird wiederkommen.«

»Wie lange, Papa? Wie lange, Enrique?«

»Nur sehr kurze Zeit. Sie wird mir länger erscheinen, als Ihnen, Zoe.«

»O, nein – nein – eine Stunde wird eine lange Zeit sein. Wie viele Stunden denken Sie, Enrique?«

»O, ich fürchte, dass wir Tage lang entfernt sein werden.«

»Tage! O, Papa! O, Enrique! Tage! …«

»Komm, kleines Dirnchen. Sie werden bald vorüber sein. Geh, hilf deiner Mama den Kaffee bereiten.«

»O, Papa – Tage! Lange Tage! – Sie werden nicht schnell vorübergehen, wenn ich allein bin.«

»Aber du wirst nicht allein sein. Deine Mama wird dir Gesellschaft leisten.«

»Ah!«

Und sie entfernte sich mit einem Seufzer und zerstreuter Miene, um dem Gebot ihres Vaters zu gehorchen. Als sie zur Tür hinaustrat, seufzte sie von Neuem hörbar. Der Doktor war ein stummer und verwunderter Zeuge der letzten Szene gewesen. Als ihre Gestalt in der Halle verschwand, konnte ich ihn vor sich hinmurmeln hören. »Jawohl, das arme kleine Fräulein! Das konnte ich mir denken.«

Ende des ersten Teils


Der gesamte Teil 1 steht als PDF, EPUB und MOBI zur Verfügung.

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