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Der Welt-Detektiv Band 6

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Detektiv Schaper – Falsches Geld – 8. Kapitel

Detektiv-SchaperM. v. Neuhof
Detektiv Schaper
Erster Teil
Falsches Geld
8. Kapitel
Der Horcher an der Wand …

Fritz Schaper hatte nach der letzten Unterredung mit Bornemann sofort durch sein Büro einen Brief an das Dresdener Polizeipräsidium schreiben lassen und dieses um Überlassung eines Abzuges des Bildes Franz Merwinskis gebeten, falls ein solches im dortigen Verbrecheralbum vorhanden sei.

Am Nachmittag war denn Hiller, als Postbote verkleidet, bei »Herrn Bernhard Marlow« erschienen und hatte die Antwort der sächsischen Polizeibehörde überbracht.

Man bedaure, Abzüge von Bildern aus dem Verbrecheralbum an Privatpersonen, bzw. -institute nicht abgeben zu können, lautete diese Antwort sehr knapp und etwas von oben herab.

Da hatte der berühmte Detektiv, dem die Berliner Polizei regelmäßig das größte Entgegenkommen bezeigte, ärgerlich aufgelacht und zu Hiller gesagt: »Die Herren dort in Dresden scheinen nicht recht gewusst zu haben, mit wem sie es zu tun hatten. Nun – bekommen werde ich das Bild schon, das uns dazu verhelfen soll, festzustellen, ob Sagnalis merkwürdiger Logierbesuch wirklich der flüchtige Merwinski ist. Gehen Sie also jetzt sofort zum Kriminalkommissar Trautmann und bitten Sie ihn, mir die gewünschte Fotografie zu besorgen. Natürlich kein Wort zu ihm, Hiller, wozu wir das Bild brauchen. Wer steht zurzeit von euch hier vor dem Haus Wache?«

»Graeser, Herr Schaper.«

»Gut. Adieu denn also, Hiller.«

Am Abend desselben Tages saß der Detektiv mit einem Buch – es war Kochels Geschichte der Kriminalwissenschaften – in seinem Schaukelstuhl in seinem Zimmer, und zwar unter der Stelle, wo sonst das Zigarrenschränkchen hing. Dieses selbst stand in der Ecke an der Wand gelehnt. Das nur mit Wachs befestigte Tapetenstück war herausgenommen und auf die Messingröhre des Schallverstärkers der Trichter aufgeschraubt, sodass Schaper sofort hören musste, wenn drüben im Nebenzimmer gesprochen wurde.

Hin und wieder erhob sich der Detektiv auch leise und legte das Ohr an den Trichter. Dann vernahm er so deutlich, als ob ihn nur ein Vorhang von dem Nebenzimmer trennte, die verschiedensten Geräusche, Stuhlrücken, Räuspern, das Anzünden eines Streichholzes, vorsichtige Schritte von offenbar mit Pantoffeln oder weichen Morgenschuhen bekleideten Füßen.

Aber das war auch alles. Ein längeres Gespräch zwischen den beiden Komplizen zu belauschen, war ihm auch jetzt noch nicht geglückt.

Das Abenddunkel nahm immer mehr zu. So legte Fritz Schaper denn das Buch beiseite, zündete sich eine Zigarre an und überließ sich, zurückgelehnt in den Schaukelstuhl, seinen Träumereien.

Über ihm wurde Klavier gespielt, irgendein schwermütiges Lied. Und die Töne versetzten den einsamen Mann in eine wunderbare Stimmung, aus der er dann doch ganz unverhofft aufgestört wurde.

Schnell, aber geräuschlos hatte er sich aufgerichtet. Stimmen, die aus dem Nebenzimmer durch den Schallverstärker zu ihm drangen, hatten ihn aufgeschreckt. Er hielt das Ohr an den Trichter. Und so wurde er unsichtbarer Zeuge folgender Unterredung, die von zwei Männern mit halblauter Stimme geführt wurde und von der ihm doch keine Silbe, keine Klangschattierung im Ton entging.

»… nie getan, Merwinski, wenn der junge Mensch mir nicht in gewisser Weise entgegengekommen wäre«, hörte er den einen sagen, der der Stimme nach nur Sagnali sein konnte, dessen Organ er von gelegentlichen Gesprächen, die zwischen dem Italiener und dem Sohn seiner Zimmervermieterin auf der Treppe geführt wurden, nur zu gut kannte.

»Entgegenkommen?«, fragte der andere nun offenbar erstaunt – dieser andere, der also wirklich der entflohene Chemiker Merwinski, der Dieb der Banknotenpapiere war.

Hierauf erzählte Sagnali seinem Komplizen ganz eingehend den Verlauf der Aussprache, die er keine Stunde vorher mit Horst-Günther gehabt hatte.

»Sie können sich meine Überraschung vorstellen«, sagte der Italiener zum Schluss seines Berichtes, »als der junge Mann mir auf meinen sehr vorsichtig gefassten Vorschlag, sich von uns für sein Schweigen bezahlen zu lassen, kaltblütig erwiderte: ›Auf eine solche Offerte habe ich schon lange gehofft!‹ Er sagte »gehofft«, Merwinski, und darin lag sein Einverständnis. Nun hatte ich nicht den geringsten Grund mehr, ihm gegenüber mit verdeckten Karten zu spielen. Ich setzte ihm unseren Plan auseinander und er war sofort einverstanden, noch mehr, er hatte die Sachlage so schnell und gründlich erfasst, dass er mir erklärte, gleich übermorgen Vormittag sei die beste Gelegenheit zur Ausführung, da er dann den Boten seiner Bank nach der Reichsbank begleiten müsse, wie bereits bestimmt sei, und den Transport von einer Million neuer Banknoten übernehmen würde.«

»Eine Million«, meinte Merwinski freudig.

»Allerdings – soviel und noch mehr haben wir ja auf Vorrat gearbeitet – mithin können wir den Schlag ruhig wagen, der jetzt außerdem viel von seiner Gefährlichkeit eingebüßt hat, da Horst-Günther die Sache so einzufädeln gedenkt, dass eine Entdeckung des Austausches der echten mit den unechten Scheinen so gut wie unmöglich erscheint.«

»Da bin ich doch neugierig, wie der talentierte junge Herr die Geschichte arrangieren wird«, sagte Merwinski offenbar in bester Laune.

»Eigentlich sehr einfach. Die neuen Banknoten, die von der Reichsbank zur Verteilung an die anderen Geldinstitute gelangen, sind stets in Päckchen zu dreihundert Stück vereinigt. Jedes Päckchen enthält eine bestimmte Sorte Scheine. Anzahl und Gesamtwert sind auf der Papierhülle vermerkt, die die Unterschrift des Beamten der Ausgabestelle trägt. Wir werden also unsere eigenen Fabrikate verpacken, und der junge Molnar muss uns nach einer morgen bei seiner Bank besorgten Vorlage dann die Unterschrift auf den einzelnen Päckchen nachmachen. Das Schwierigste ist nun, den Austausch der Päckchen vorzunehmen. Aber auch hierfür hat unser Bundesgenosse einen glänzenden Gedanken, den er Ihnen morgen selbst mitteilen mag. Jedenfalls allerhand Achtung vor der verbrecherischen Veranlagung dieses jungen Menschen«, fügte Sagnali in bitterem Ton, wie Camper deutlich heraushörte, hinzu.

Worauf Merwinski mit spöttischem Auflachen erwiderte: »Ihre letzte Bemerkung, Freund Ernesto, klang gerade so, als ob Sie Ihr Gewissen immer noch nicht beruhigt hätten. Die Ehrlichkeit als unnötigen Ballast erkennen, ist ein Zeichen eines wahrhaft großen Geistes. Wie oft soll ich Ihnen das vorpredigen!«, sagte Merwinski voller Hohn.

»Lassen Sie Ihre ironischen Scherze!«, fuhr Sagnali gereizt auf. »Sie wissen nur zu gut, dass nur Sie mich auf die schiefe Bahn geführt haben, indem Sie mich im Gefängnis stets mit Ihren Einflüsterungen verlockten und das Gute in mir langsam töteten. Sie waren es, der den Plan fasste, ich sollte mich als Graveur und Kupferstecher so weit vervollkommnen, dass ich imstande sei, Druckplatten für falsches Papiergeld herzustellen. Das Papier, echtes Banknotenpapier, wollten Sie liefern. Und nun – nun haben Sie mich ganz in den Händen.«

Wieder lachte Merwinski hämisch auf.

»Gut gegackert, Henne, die uns goldene Eier gelegt hat«, gab er rücksichtslos von sich. »Nun, all diese stille Wut auf meine selbstlose Persönlichkeit, die es nur gut mit Ihrem künstlerischen Streben meint, wird schon schwinden, wenn nur erst aus dem Schablonenfabrikanten ein berühmter Maler mithilfe desselben Geldes geworden ist, das Ihnen jetzt so viel Kopfschmerzen und Seelenangst bereitet. Doch nun genug der müßigen Reden. Was verlangt der junge Molnar für seine Hilfeleistung?«

»Ein Drittel der Summe, also 333 000 Mark.«

»Donnerwetter! Welche Frechheit! Nie gehe ich darauf ein, nie und nimmer!«

»Ich habe ja auch gehandelt, und er ist bis auf 150 000 Mark herabgegangen.«

»Warum sagen Sie das nicht gleich! Der Schreck ist mir ordentlich in die Glieder gefahren, denn schließlich hätten wir es ihm ja doch bewilligen müssen.«

Das, was die beiden dann noch weiter besprachen, war dem Detektiv vielleicht noch wertvoller als das Vorhergegangene.

Atemlos lauschte er. Kein Wort verlor er von der leise gewechselten Rede und Gegenrede.

Eine halbe Stunde später – es war inzwischen elf Uhr geworden – verließ Fritz Schaper das Haus und fuhr in einem Auto zu Bornemann in die Tiergartenstraße.

Der Millionär war soeben erst aus einem Vortrag der technischen Gesellschaft heimgekehrt.

»Ob ich mitkomme, Fritz? Welche Frage!«, sagte er begeistert, nachdem Schaper ihm sofort nach der Begrüßung kurz seine Absicht mitgeteilt hatte.

Bald darauf fuhren sie in dem Autotaxameter, den der Detektiv vor dem Haus hatte warten lassen, zu dem Westend genannten Stadtteil von Groß-Berlin hinaus.

Unterwegs weihte Schaper den Freund in alles Nötige ein.

»So ganz ungefährlich ist unser Unternehmen jedenfalls nicht«, betonte er zum Schluss. »Merwinski dürfte kaum unbewaffnet sein, wenn er den Banknotenvorrat aus dem Lagerspeicher holt. Vorsicht ist daher sehr am Platze.«

»Nun, wir sind immerhin zwei gegen einen«, meinte Bornemann ruhig. »Und mit meinen Armen nimmt es so leicht kein anderer auf. Die halten, was sie einmal haben.« Und nach einer Weile fügte er hinzu: »Dein Schallverstärker hat sich also wieder einmal vortrefflich bewährt, Fritz. Ohne ihn hätte sich diese Untersuchung doch wohl noch etwas sehr in die Länge gezogen.«

»Das fürchte ich auch. Nun wissen wir genau Bescheid, und Herr Merwinski wird nicht wenig überrascht sein, wenn wir ihn heute abfassen, wie er dem Versteck den Bedarf an falschen Banknoten für übermorgen entnimmt.«

Weder der Millionär noch Schaper ahnten, dass die Überraschung weit mehr auf ihrer Seite sein würde und dass die Dinge einen ganz anderen Verlauf nehmen sollten, als sie voraussehen konnten.