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Ein Höllenjob für Monty Fox – Kapitel 2

Ein-Höllenjob-für-Monty-FoxC.C. Slaterman
Ein Höllenjob für Monty Fox
Ein Space-Abenteuer der etwas anderen Art
Kapitel 2
Friss oder stirb

Der Laden hieß »Checkpoint« und lag am nördlichsten Ende des Raumflughafens.

Eine kleine, unscheinbare Bar, aber genau nach meinem Geschmack.

Eine U-förmige Theke aus blitzendem V4-Stahl, ein Dutzend Stühle und außer dem Mann hinter dem Tresen nirgendwo jemand, der mir auf den Sack gehen konnte.

Ich bestellte mir ein Bier, das so eisig war, dass ich aufpassen musste, damit meine Finger nicht am Dosenblech festfroren, und verzog mich in die hinterste Ecke des Lokals.

Ich wollte allein sein.

Der Verlust meines Raumgleiters traf mich nicht nur finanziell. Ich war gespannt, was Mike, der für mich diese Sache managte, noch aus dem Schrotthaufen herausholen konnte.

Nachdenklich riss ich die Metalllasche auf und nahm einen kräftigen Schluck.

Jesus, war das Zeug kalt.

Ich zog den Kopf zwischen die Schultern und versuchte mich daran zu gewöhnen, dass meine Speiseröhre neuerdings aus purem Eis bestand. Indessen wurde die Eingangstür erneut geöffnet.

Stiefeltritte kamen auf, und nachdem sie verstummt waren, stand ein Mann neben meinem Stuhl.

Ich drehte den Kopf und starrte genervt über die Störung zur Seite. Dort entdeckte ich seitlich von mir ein blank gewienertes Paar Armeestiefel.

Die kobaltblaue Uniformhose, die in diesen Stiefeln steckte, wies ihren Träger durch die beiden gelben Streifen an den Seiten zwar als First Lieutenant der Space Police aus, aber ich ignorierte ihn dennoch und genoss stattdessen das eiskalte Bier.

»Montgomery Fox!«

Es klang eher wie eine Feststellung, nicht wie eine Frage.

Trotzdem war sie in einem Tonfall gehalten, der mir die Nackenhaare aufrichtete. Ich stellte die Dose vor mir auf den Tresen und hob den Blick. Beiläufig registrierte ich, dass sich hinter dem Sprecher inzwischen zwei weitere Männer in Blau aufgebaut hatten.

Ich hatte eigentlich schon viel früher mit den Uniformierten gerechnet. Zwar verfügte Merkur City, wie jede andere Stadt der Galaxie über einen eigenen Raumhafen, aber die Gesetze der Förderation besagten, dass sich jeder Neuankömmling zuerst auf einer sogenannten Grenzstation einfinden musste, bevor er ins Landesinnere weiterreisen durfte.

Diese Raumflughäfen waren zumeist Stützpunkte der Space Police, die akribisch darauf achtete, dass man die Gesetze des jeweiligen Planeten genauestens befolgte.

Da meine Ankunft, vorsichtig gesagt, nicht ganz den Vorschriften entsprach, hatte ich eben längst mit einem derartigen Besuch gerechnet.

Meine Blicke saugten sich wieder an der Hose des Lieutenants fest und wanderten nach oben.

Zunächst über einen wohlgenährten Wanst, dann hinauf zu einer wahren Heldenbrust mit Schultern, die so groß und breit waren, dass ich mich dahinter hätte ausziehen können, ohne dass jemand meine Unterhose zu sehen bekam, und schließlich zu einem kantigen Gesicht. Ein vernarbtes Antlitz, das beherrscht wurde von einer riesigen Knollennase, die mit Dutzenden winziger, aufgeplatzter Blutgefäße verziert war.

Solche Nasen waren in Kneipen und Bars nicht ungewöhnlich, aber selten bei Uniformträgern.

»Wer will das wissen?«, beantwortete ich seinen Wunsch, meinen Namen zu erfahren.

»Schnauze! Wenn hier einer Fragen stellt, dann bin das ich!«

Ich nickte und beschloss, fortan vorsichtiger zu sein. Ein riesiger Lieutenant der Space Police war an sich schon eine Sache, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Wenn dann noch miese Laune im Spiel war, konnte es rasch gefährlich werden. Erst recht, wenn das Ganze auch noch mit Alkohol getränkt war.

»Mitkommen, der Polizeikommandant will Sie sehen.«

Ich nickte erneut und wollte wieder nach meinem Bier greifen. Die Dose war schließlich noch halb voll und das Zeug schweineteuer.

»Sofort!« Der Tonfall ließ keinen Widerspruch zu.

Missgönnte er mir etwa die Plörre?

Ich wollte gerade einen Spruch vom Stapel lassen, als mein Blick auf seine Kollegen fiel. Danach wusste ich, was Sache war.

Die beiden hielten ihre Laserpistolen bereits in den Händen. Zusammen mit der Befehlstimme der Knollennase war das eine Ansammlung von Argumenten, denen ich mich schlecht entziehen konnte.

 

***

 

Codden Romala war ein typischer Vertreter des vierzehnten Saturnmondes.

Gelbe Haut, keine Haare und ziemlich klein.

Mit letzterem umschreibe ich die Tatsache, dass er auf Zehenspitzen unter meinem ausgestreckten Arm hindurchspazieren konnte, ohne denselben mit seiner Schädeldecke zu berühren.

Ein laufender Meter, wenn Sie wissen, was ich damit meine.

Es ist nicht so, dass ich generell etwas gegen die Bewohner von Enceladus habe, aber dieser Kerl war mir auf Anhieb so sympathisch wie ein vereiterter Backenzahn. Was aber nicht an seinem Äußeren lag, sondern vielmehr an seinem Gehabe.

Romala war arrogant, zynisch und absolut humorlos, kurz gesagt ein Kotzbrocken, wie er im Buch stand. Normalerweise ignoriere ich solche Leute, aber bei ihm war das relativ schwierig.

Codden Romala war nämlich der oberste Polizist dieses Planeten.

»Willkommen auf dem Merkur, Mister Fox!« Seine Fistelstimme ähnelte der eines Eunuchen, was ihn auf meiner Beleibtheitsskala noch einmal um zwei Stufen tiefer fallen ließ.

»Danke«, erwiderte ich unverbindlich. »Darf ich fragen, wie ich zu der Ehre Ihrer Einladung komme?«

Zu meiner Überraschung brach der gelbe Zwerg in ein schrilles Gelächter aus, sodass ich befürchtete, die Fensterscheiben in seinem Büro würden zerspringen.

Als er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, blickte er auf den Lieutenant, der mich hergebracht hatte.

»Haben Sie das gehört, Miles? Ich und ihn eingeladen! Der Kerl scheint Komiker zu sein. Sollen wir ihm sagen, weshalb er hier ist?«

Ohne Miles’ Antwort abzuwarten, wandte sich Romala danach wieder mir zu. Dabei musterte er mich einen Atemzug lang so intensiv mit seinen dunklen, bösartig funkelnden Schlitzaugen, dass ich das Gefühl hatte, er wollte mich mit seinen Blicken durchbohren. Als er dann noch zu reden anfing, konnte ich mich prompt einem mulmigen Gefühl nicht erwehren.

»Jetzt hören Sie mir mal zu, Sie Spaßvogel. Ich habe Sie nicht hergebeten, weil mir gerade langweilig ist, sondern weil ich weiß, womit Sie ihr Geld verdienen. Sie sind ziemlich bekannt in der Szene und gelten als ein harter Hund, der bisher noch jeden seiner Jobs erledigt hat. Deshalb hätte ich Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen.«

»Geschäfte sind immer gut«, sagte ich jovial. »Um was geht es denn?«

»Sagt Ihnen der Name Farrok etwas?«

Scheiße! Insgeheim hatte mit so etwas Ähnlichem fast gerechnet.

Natürlich sagte mir der Name etwas, schließlich kannte in unserem Sonnensystem diesen Namen jedes Kind. Der Mann war eine lebende Legende.

Farrok wäre mit Sicherheit, wie so viele andere vor und nach ihm, im Meer der namenlosen Besiedler der Milchstraße untergegangen, wenn ein Mitarbeiter des staatlichen Instituts für Petrologie nicht ein ungewöhnlich großes Vorkommen an Monazit auf seinem Land entdeckt hätte. Monazit ist ein wichtiges Erz zur Gewinnung der Selten-Erden-Metalle, etwas, das schon im einundzwanzigsten Jahrhundert auf der Erde heiß begehrt war.

Das Institut machte ihm nach der Entdeckung das Angebot, das Land für den doppelten Betrag, den er für seinen Erwerb bezahlt hatte, zurückzukaufen, aber Farrok lehnte ab. Ihn interessierte das Erz nicht, er wollte mit seiner Familie hier nur in Ruhe und Frieden leben. Aber die Typen ließen nicht locker. Sie bedrängten ihn immer wieder und erhöhten die Summe, bis er einen Betrag ausschlug, bei dem mit absoluter Sicherheit jeder, und damit meine ich wirklich jeder in diesem Sonnensystem, schwach geworden wäre.

Danach war Schluss mit lustig.

Das Institut griff zu etwas rabiateren Mitteln, um Farrok zu überzeugen. Aber der Schuss ging nach hinten los.

Die Sprengladung der Bombe, die ihm und seiner Familie einen Schrecken einjagen sollte, war zu groß bemessen, und als sich der Rauch der Detonation verzogen hatte, war sowohl von seiner Frau als auch von seinem Sohn nicht viel mehr übrig als eine Handvoll zerfetztes Gewebe, das mühelos in einem Zahnputzglas Platz gefunden hätte.

Farrok selber war wie vom Erdboden verschwunden.

Vier Wochen später, es war an einem Sonntagmorgen, entdeckte man eine Gestalt, die seltsam zusammengekauert auf der weit ausladenden Steintreppe saß, die zum Eingang des Instituts hinauf führte. Jemand hatte ihr das abgeschnitten, was einen Mann von einer Frau unterschied, und es ihm in den Mund gestopft. Die Gestalt war der Stellvertreter des Institutsleiters.

Als man dem Direktor die Mitteilung vom Tod seines engsten Mitarbeiters überbringen wollte, prangte an der gläsernen Eingangstür seines Hauses eine Nachricht, die mit Blut geschrieben war. Der Direktor selber saß nackt auf einem Stuhl in der Küche seines Hauses, festgebunden mit den eigenen Gedärmen.

Die Entdeckung der beiden und die Art ihres Todes sorgten sowohl im Institut als auch bei verschiedenen offiziellen Stellen für eine regelrechte Panik. Das war ungefähr ein halbes Jahr her. Seither ward Farrok nicht mehr gesehen, obwohl man die Belohnung, die auf seinen Kopf ausgesetzt war, inzwischen mehrmals erhöht hatte und sie im Moment bei fünfzigtausend ICE lag.

Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass mich Farrok zu diesem Zeitpunkt nicht interessiert hätte, aber bei ihm war die Sache etwas anders. Er war nicht einer von diesen gedungenen Mördern oder Totschlägern, hinter denen ich sonst her war, sondern ein Vater, der Rache für den Tod seiner Familie genommen hatte.

Dazu kam, dass Farrok nicht irgendjemanden getötet hatte, sondern die korrupten Staatsdiener eines ohnehin verhassten Systems. Es gab kaum jemand, der nicht mit ihm sympathisierte, und das machte es beinahe unmöglich, ihn zu stellen. Ohne prahlen zu wollen, ich bin gut, sogar ziemlich gut, aber mich wegen jemandem, dessen Taten ich im Stillen sogar nachvollziehen kann, gleich mit der gesamten Bevölkerung eines Planeten anzulegen, ist nicht mein Ding.

Farrok war auf Merkur eine Art Heiliger.

Das sagte ich auch dem Polizeikommandanten.

Romala lachte meckernd.

»Sind Sie immer noch dieser Meinung, wenn ich Ihnen jetzt verrate, dass ich aus vertraulicher Quelle weiß, dass die Belohnung inzwischen auf einhundertfünfzigtausend erhöht wurde?«

Ich hatte das Gefühl, als ob mir gerade jemand in den Bauch getreten hatte, und brauchte einen Moment, um das zu verdauen.

150.000 ICE, schoss es mir durch den Kopf. Heiliger Rauch, damit wäre ich auf Jahre hinaus saniert gewesen.

Aber dann meldete sich wieder mein Bauchgefühl und darauf konnte ich mich bisher immer verlassen.

Irgendwo war hier ein Haken bei der Sache.

»Was erwartet man von mir, was Ihre ganze Behörde nicht kann?«

Romala machte eine abwertende Handbewegung.

»Wie ich aus gut unterrichteten Kreisen erfahren habe, hält sich Farrok anscheinend irgendwo in Sektor vier auf. In dieser unwirtlichen Gegend braucht man eine ganze Armee, um einen einzelnen Mann aufzuspüren. Es kommt erschwerend hinzu, dass dieser Verbrecher von nahezu jedem gedeckt wird. Es ist daher unmöglich, ihn mit der regulären Polizei aufzuspüren. Aber ein einzelner Mann wie Sie, der weiß, worauf es ankommt, könnte es schaffen.«

»Mag sein, aber so einfach, wie Sie sich das vorstellen, ist es nicht.«

»Wie meinen Sie das?«

»Erstens kenne ich das Gelände nicht, in dem ich agieren soll, und zweitens habe ich hinten keine Augen. Da Farrok von der gesamten Bevölkerung von Sektor vier gedeckt wird, stehe ich dort ziemlich alleine. Ich habe niemanden, der mir den Rücken frei hält, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

»Aus diesem Grund gebe ich Ihnen auch Lieutenant Miles mit.«

Ich warf einen kurzen Blick auf den versoffenen Polizisten, überlegte und schüttelte dann den Kopf.

»Nein danke, ich glaube, aus diesem Geschäft wird nichts.«

Romala lächelte. Jedenfalls sah es so aus, seine schmalen Lippen zuckten etwas.

»Ich wünschte, Sie wären etwas kooperativer bei dieser Sache.«

Ja klar, du Arschloch, dachte ich grimmig. Hauptsache, du hast einen Vorteil dabei.

»Aber Sie lassen mir anscheinend keine andere Wahl.«

Romala setzte seine finsterste Polizeikommandantenmiene auf und blätterte wichtigtuerisch in einem Wust von Papieren, die er vor sich auf dem Schreibtisch ausgebreitet hatte.

Je länger er darin blätterte, umso nervöser wurde ich.

Schließlich ließ er die Bombe platzen.

»Montgomery Fox, ich verhafte Sie hiermit, weil Sie mit einem nicht manövrierfähigen Raumgleiter auf unserem Flughafen gelandet sind und dabei sämtliche relevanten Sicherheitsbestimmungen außer Acht gelassen haben. Dazu klage ich Sie noch wegen Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt an. Sie haben mindestens zwei der rot-weißen Sicherheitsbarrieren demoliert und außerdem sind Sie den Aufforderungen meines Police-Lieutenants nachweislich nicht nachgekommen. Sie können es sich also überlegen.«

Ich schluckte. Das war ziemlich starker Tobak.

Gewiss konnte mich ein gewiefter Anwalt in kürzester Zeit aus dem Schlamassel wieder heraushauen, aber erstens kostete so etwas ein Schweinegeld und zweitens traute ich dem Drecksack zu, dass er Mittel und Wege finden würde, um mich länger in seinem Hauptquartier festzuhalten, als mir lieb war.

Sein diabolisches Grinsen bestätigte meine Vermutungen.

Ich hatte also die Wahl, mich zu fügen, oder für unbestimmte Zeit in den Katakomben des Polizeigefängnisses zu verschwinden.

Wenn es dumm lief, vielleicht sogar für immer.

Vogel friss oder stirb.

Es gab nicht viel zu überlegen.

Als ich nickte, überzog sich Romalas Gesicht mit einem diabolischen Grinsen und meine Faust wollte unbedingt in sein Gesicht.

Fortsetzung folgt …