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Pamfilius Frohmund Eulenspiegel 24

Pamilius-Frohmut-Eulenspiegel-Band-2Des Erzkalfakters, Quadratschlankels und durchtriebenen Leutvexierers, Pamfilius Frohmut Eulenspiegel, des allbekannten, berüchtigten und weltverrufenen Till Eulenspiegel einzigen Sohnes pfiffigen Streiche, Ränke, Schwänke und lustige Possen als: Hendlschnipfer, Brotschwindler, Rahmkripfer, Fischdieb, Entenangler, Zigeuner-, Schneider- und Schusterlehrbua, Herzogslebensretter, Herold, Schatzgräber, magistratischer Bademeister, Hofnarr, Feldherr, frommer Pilger, glücklich dem Galgen entgangener Spieler usw.

Ein unterbrochener Verlobungsschmaus

Voll Vergnügen über meine wieder gefundene Freiheit ging ich in die weite Welt hinein und ließ mir Essen und Trinken schmecken, solange ich einen Pfennig Geld hatte. Aber es kam nun gar zu bald die Zeit, wo auch der letzte Pfennig verschwand, und nun war guter Rat teuer. Aber warum sollte ein lustiger Rat nicht auch einen guten Rat wissen?

Es war ein sonnenheller Tag, als ich auf ein Dorf zuging, dessen Wirtshaus ich einen dringenden Besuch machen wollte. Hinter mir her auf der Landstraße und an mir vorbei fuhren mehrere Wagen, auf denen geputzte Bauernleute saßen. Dieser Tag war ein Feiertag. Ich folgte diesen Wagen und verschluckte von dem aufgewirbelten Staub so viel, wie mein ziemlich großes Maul fassen konnte, was mir zwar den Hunger nicht stillte, aber desto mehr Durst machte.

Kurz vor dem Dorf kam ich zu einer alleinstehenden ärmlichen Hütte mit einem Krautgärtlein, in dessen Ecke ein breiter Stuhl stand, der in der Mitte ein großes, ganz rundes Loch hatte, auf welchem die mütterliche Bewohnerin dieser Hütte in gebückter Stellung mit vorgebeugter Haltung in verwandelter Gestalt den unbrauchbaren Rest dessen redlich zurückgab, was ihr die grundgütige Natur einen Tag früher an Speise und Trank zur Leibesnahrung gespendet hatte.

Bei meinem Anblick wollte die Frau aufstehen. Ich winkte ihr ab und sagte: »Bleibt sitzen, liebe Frau, ich kann schon warten, ich sehe lieber die Henne, als das Ei!«

Der Zaun stand zwischen mir und der Frau, als ich sie bald darauf fragte: »Was bedeuten denn diese vorbeifahrenden Wagen?«

»Der reiche Stockelbauernsohn vom Dorf Sollenweg, anderthalb Stunden von hier, hinter jenem Wald, ist mit seinen Eltern, Geschwistern und Zeugen gekommen, um bei einer guten Mahlzeit seine Verlobung mit der Kathi, der Tochter unseres Dorfwirtes zu feiern.

Ich wusste nun genug, dankte, ging in das Wirtshaus, wo eine Menge Leute in der Stube standen, setzte mich unbemerkt in eine Ecke und verlangte von der Kellnerin einen Krug Bier, ohne zu wissen, wovon ich ihn bezahlen sollte. Zum Glück hatte die Kellnerin etwas Besseres zu tun, als mir einen Krug Bier zu bringen.

Die Angekommenen setzten sich an den langen Tisch, der sich unter der Last der aufgetragenen Speisen bog. Ich schaute sehnsüchtig zu. Als aber in großen Schüsseln gebratene Gansviertln, halbe Enten und Hühner erschienen und zwei Körbe voll verpichtete Flaschen Wein vor die Gäste hingestellt wurden, konnte ich es nicht mehr aushalten und ließ als Bauchredner von außerhalb der Tür und abwechselnd schnell nacheinander durch die Fenster herein, immer mit veränderter Stimme, als ob es mehrere Personen wären, den Ruf erschallen: »Auf! Auf! Das Kandlerbauernhaus in Sollenweg brennt an den vier Ecken!«

Als hätte der Blitz eingeschlagen, sprangen alle erschrocken auf und zur Tür hinaus, und in wenigen Minuten liefen, ritten und fuhren die Rettenden aus dem Wirtshaus und dem Dorf gegen Sollenweg in großer Eile. Niemand dachte mehr an mich.

Ich tat einen tüchtigen Trunk Bier, steckte in die inwendigen zwei großen Taschen meines kurzen Mantel 2 Flaschen Wein, gebratenes Geflügel, soviel ich hineinstopfen konnte und ein Stück Weißbrot. Dann ging ich harmlos zur Haustür hinaus, ohne mehr einen einzigen Menschen im Wirtshaus zu sehen.

Im Schatten des nahen Waldes, so gelagert, dass ich die Straße nach Sollenweg sehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden, hielt ich den köstlichsten Schmaus seit der herzoglichen Tafel, und ließ es mir so gut schmecken, dass die ganze Frucht meiner List wie in einem Abgrund verschwunden war. Gegen das Ende meiner Waldtafel hörte und sah ich die Rettenden, die nichts zu retten fanden, wieder heimreiten und heimfahren, und barbarisch schimpfen über diese »infame Stimmerei«.