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Fort Aldamo – Band 19

Band-19-Die-verschollene-PatrouilleFrank Callahan
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 19
Die verschollene Patrouille

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 26.07.2016, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Master Sergeant Finnewacker lächelt breit, als er den Abmarsch der zwanzig neuen Strafgefangenen beobachtet. Die Jungs sollen sich gleich daran gewöhnen, dass in Fort Aldamo kein Zuckerlecken auf sie wartet, wenn sie nicht spuren, sondern die Hölle. Deshalb hat Finnewacker die Strafsoldaten auf einen Dreißig-Meilen-Gepäckmarsch in die Wüste geschickt. Doch bald vergeht dem Master Sergeant das Lächeln. Die Strafsoldaten und ihre Bewacher verschwinden spurlos. Und auch eine Patrouille ist verschollen. Da reitet Master Sergeant Finnewacker selbst los, um die Männer zu suchen, und er stößt auf ein grauenvolles Geheimnis …

Leseprobe:

»Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert!«

Master Sergeant Finnewackers klirrende Stimme verstummte. Er blickte die zwanzig neuen Sträflinge an, die auf dem Appellplatz von Fort Aldamo angetreten waren und stramm vor dem Spieß der Strafkompanie und kommissarischen Commander der alten, ehemals spanischen Festung standen.

Finnewacker wippte auf den Zehenspitzen.

»Aber nicht bei mir, ihr Pfeifen. Nicht bei mir – schreibt euch das hinter die Ohren! Verstanden?«

Jetzt stand der Master Sergeant breitbeinig vor den Sträflingen und hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt. Das dicke Notizbuch, das noch gefürchteter war als er selbst, ragte ihm aus der Knopfleiste seiner Feldbluse.

Master Sergeant Finnewackers Augen funkelten, als er jeden der Neuen hart musterte.

Die Sträflinge trugen grauweiße Drilliche, die sich deutlich von den blauen Monturen der Chargierten abhoben.

Keiner der strafversetzten Soldaten konnte dem Blick des eisenharten Master Sergeants standhalten. Die meisten Neuen senkten die Köpfe. Angst lag auf fast allen Gesichtern. Zuviel hatten alle schon von Fort Aldamo und vor allem von Master Sergeant Finnewacker gehört.

Finnewackers Stimme klang nun ruhiger und doch lag eine unbeugsame Schärfe in ihr, als er fortfuhr: »Ihr alle seid Lumpen, Gesindel undwurden. Das steht fest. Ich nehme mir später jede einzelne Akte von euch her. Ihr solltet aber eines wissen: Euch erwartet kein Zuckerlecken, sondern die Hölle, wenn ihr nicht pariert. Ich mache wieder richtige Soldaten aus euch, richtige brauchbare Menschen, denen es eine Ehre ist, das Ehrenkleid der Nation – die Uniform – tragen zu dürfen.«

Master Sergeant Finnewacker lächelte breit. Es war aber schon mehr das gefährliche Zähnezeigen eines Tigers.

»Ihr lernt mich noch kennen. Das verspreche ich euch!«

Finnewacker nahm seinen Blick von den zwanzig Neuen und wandte sich Sergeant Fitzgerald zu.

Der kleine Krauskopf – Finnewackers Stellvertreter – baute sein Männchen und nahm Haltung an.

»Übernimm den Sauhaufen, Sergeant!«, befahl Master Sergeant Finnewacker, machte lässig kehrt und marschierte auf die Kommandantur zu.

Hinter Finnewacker ertönten die Kommandos von Sergeant Fitzgerald, der die Sträflinge wegtreten ließ. Es dauerte nicht lange, dann stiefelte Fitzgerald ins Zimmer und blieb vor Finnewackers Schreibtisch stehen.

Der Spieß und kommissarische Commander von Fort Aldamo rauchte genüsslich an einer Zigarre und hatte die Stiefel auf dem Schreibtisch liegen Sein prüfender Blick traf den kleinen Krauskopf, der lässig grüßte und den alten Freund fragend ansah.

»Was ist …?«‚ fragte der Master Sergeant.

»Wann soll der Dreißig-Meilen-Gepäckmarsch mit den neuen Sträflingen stattfinden?«

»Morgen bei Sonnenaufgang«, bestimmte Finnewacker. »Willst du das Kommando übernehmen, Kleiner?«

Sergeant Fitzgerald griente.

Sehr glücklich schien er über Master Sergeant Finnewackers Frage nicht zu sein.

»Gut, Finnewacker, einverstanden.«

»Hast du sonst noch was auf dem Herzen, alter Haudegen?«, fragte der Master Sergeant herzlich.

»Ich mache mir Sorgen um unsere Patrouille. Sie ist längst überfällig. Da stimmt doch was nicht!«

Finnewacker runzelte die Stirn. Das war immer ein schlechtes Zeichen Er legte die halb gerauchte Zigarre in den Aschenbecher zurück und stand auf.

»Sergeant Wollcram ist ein erfahrener Bursche und kennt alle Tricks, um dort draußen in der Wüste zu überleben. Gut, du hast recht, Kleiner. Wollcram und seine vier Begleiter sind seit ungefähr zwölf Stunden überfällig Ich finde aber, dass noch kein Grund zur Besorgnis besteht. Behalte es im Auge, Fitzgerald. Wir schicken einen Suchtrupp los, wenn Wolicram bis morgen Mittag nicht zurückgekehrt ist. Einverstanden …?«

Sergeant Fitzgerald nickte.

»In Ordnung, sonst läuft alles wie geschmiert.«

»Das hoffe ich. Ist das Festungserweiterungskommando draußen?«

»Aye, aye, Master Sergeant!« Der kleine Krauskopf nickte seinem Vorgesetzten zu, machte kehrt und verließ die Kommandantur, während sich Finnewacker wieder seiner Zigarre widmete.

Master Sergeant Finnewacker stand im Schatten des Torbogens, als die zwanzig neuen Sträflinge zum Dreißig-Meilen-Gepäckmarsch ausrückten.

Finnewacker grinste zufrieden.

Die Neuen würden sehr schnell kapieren, dass es keine Flucht aus Fort Aldamo gab. Es gehörte zur Tradition der alten, ehemals spanischen Festung, dass die Neuzugänge den Dreißig-Meilen-Gepäckmarsch innerhalb der ersten Woche absolvieren mussten.

Und Master Sergeant Finnewacker hatte etwas übrig für Traditionen.

Gewertet wurde bei diesem Marsch jeweils nur die Einheit der Neuen, die es schaffte, so einzurücken, wie sie abmarschiert war: also vollzählig, in geschlossener Formation und im Laufschritt, der am Fuß der Zufahrtsrampe der alten Festung zu beginnen hatte.

Der Marsch führte immer nach Süden. Fünfzehn Meilen hin und fünfzehn Meilen zurück. An der Wendemarke gab es meist nur eine kurze Verschnaufpause. Jede erste und fünfte Meile musste im Laufschritt zurückgelegt werden.

Dieser Höllenmarsch durch die Wüste war natürlich eine ungeheure Strapaze. Die strafversetzten Soldaten legten die Strecke mit geschultertem Karabiner und mit fünfzehn Kilo Gepäck im Tornister zurück. Dreißig Meilen durch die Hölle erwarteten die Soldaten.

Im Umkreis von fünfzig Meilen gab es nur Wüste und Einöde, Sand und Klapperschlangen, Skorpione und anderes giftiges Getier. Dazu kam die gnadenlose Hitze.

Dumpf schloss sich das Tor hinter dem letzten Sträfling des Dreißig-Meilen-Gepäckmarsches.

Master Sergeant Finnewacker blickte Sergeant Gedder entgegen, der auf ihn zutrat und korrekt grüßte.

»Was gibt’s, Gedder?«

Der Sergeant zögerte.

»Ich soll dich an die Patrouille erinnern, Finnewacker. Das hat mir Fitzgerald aufgetragen.«

»Schon gut«, brummelte Master Sergeant Finnewacker. »Hab’s nicht vergessen. Ich warte noch bis nach dem Mittagessen. Dann reite ich selbst mit zwei oder drei Männern los. Sonst noch was …?«

»Sergeant Kleiber sucht dich.« Finnewackers Gesicht verdüsterte sich.

»Was will der Küchenbulle?« Gedder zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, Finnewacker. Ich schätze aber, dass …«

Finnewacker unterbrach Gedder. »Wenn dem Fettsack schon wieder der Zucker ausgegangen ist, lernt er mich mal richtig kennen. Entweder treibt er hier einen schwungvollen Handel oder er frisst alles selbst. Das würde auch erklären, warum der Armleuchter immer dicker wird.« Finnewacker stampfte wütend davon und ließ den Sergeant stehen, der hinter seinem Vorgesetzten hergrinste. Gedder sah Kleiber aus dem Küchentrakt hervortreten, der sich kurz umsah und sich darin auf Master Sergeant Finnewacker zubewegte. Kleibers Gang ähnelte dem einer watschelnden Ente. Der Küchenbulle schob seinen stattlichen Bauch wie eine Ramme vor sich her. Finnewackers Schritte wurden schneller. Er tat so, als hätte er Kleiber nicht gesehen.

»Finnewacker, bleib stehen. Ich muss mit dir reden«, japste Kleiber, der ebenfalls schneller lief und schon nach wenigen Schritten außer Atem geriet.

Finnewacker stiefelte weiter und brummte dabei wie ein wütender Grizzlybär, dem eine sicher geglaubte Forelle aus den Pranken gerutscht war.

Und dann setzte der Dicke zu einem Spurt an, den ihm wohl niemand in Fort Aldamo zugetraut hätte.

Sergeant Kleiber gelang es, seinen Vorgesetzten einzuholen. Nun blieb Master Sergeant Finnewacker nichts anders übrig, als anzuhalten.

Der dicke Küchen-Sergeant japste und keuchte wie ein Ackergaul nach einem Fünf-Meilen-Rennen. Das Gesicht erinnerte an einen Backstein, so rot schimmerte es. Und Kleiber blähte die Nasenflügel auf, als wolle er gleich Feuer und Schwefeldampf ausspucken.

»Dir würde mal wieder ein Dreißig-Meilen-Gepäckmarsch guttun, Kleiber«, fauchte Finnewacker und sah, dass Sergeant Kleiber wie unter einem Peitschenhieb zusammenzuckte. »Was willst du eigentlich …?«

Dem Dicken hatte es die Sprache verschlagen. Mit Schaudern stellte er sich wohl vor, dreißig Meilen durch die Gluthölle der Wüste latschen zu müssen. Nein, das war wirklich nicht nach Kleibers Geschmack.

Der Küchenbulle griente recht kläglich und winkte ab.

»Ach, nichts Besonderes, Finnewacker«, stotterte er, machte kehrt und stiefelte im Schneckentempo davon.

»Na also«, murmelte Master Sergeant Finnewacker zufrieden. »Wer sagt’s denn? Nichts wie fort, ehe dem Fettwanst wieder einfällt, womit er mich nerven wollte. Ab durch die Mitte!«
Quelle:

  • Frank Callahan: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 19. Bastei Verlag. Köln. 26.07.2016