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Der Welt-Detektiv Band 6

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Pamfilius Frohmund Eulenspiegel 21

Pamilius-Frohmut-Eulenspiegel-Band-2Des Erzkalfakters, Quadratschlankels und durchtriebenen Leutvexierers, Pamfilius Frohmut Eulenspiegel, des allbekannten, berüchtigten und weltverrufenen Till Eulenspiegel einzigen Sohnes pfiffigen Streiche, Ränke, Schwänke und lustige Possen als: Hendlschnipfer, Brotschwindler, Rahmkripfer, Fischdieb, Entenangler, Zigeuner-, Schneider- und Schusterlehrbua, Herzogslebensretter, Herold, Schatzgräber, magistratischer Bademeister, Hofnarr, Feldherr, frommer Pilger, glücklich dem Galgen entgangener Spieler usw.

Ein Freibad

Eine halbe Stunde vor der Stadt Assingen führt die Straße, auf welcher ich gekommen war, und auch der Herzog kommen musste, durch einen Hohlweg zwischen zwei beträchtlichen Anhöhen herab. Am Fuße der linken Anhöhe liegt, ringsum von Weidengebüsch umschattet, ein großer Teich, kaum 4 Fuß tief, mit festem Kiesboden.

Am Sonntag um halb 3 Uhr nachmittags begleitete ich den Bürgermeister und die sechs Magistratsräte auf diesem Weg zur Stadt hinaus zum Empfang des Herrn Herzogs. Alle sieben waren in ihrer Amtstracht. Der Bürgermeister hatte die geschriebene Empfangsanrede in der Hand und lernte sie laut murmelnd immer noch auswendig. Von Schweiß triefend in der ärgsten Sonnenhitze kamen die sieben Magistratsherren am Fuß der linken Anhöhe an und lagerten sich im Schatten der Gebüsche des Teiches. Sie hatten dicke Köpfe und gutgefütterte Schmerbäuche.

Als sie ausgeruht hatten, trat ich vor sie hin und sprach: »Nichts für ungut, gestrenge Herren, aber ich halte es für meine Pflicht, Euch auf etwas Wichtiges aufmerksam zu machen. Ich spüre nämlich von Weitem, dass ihr erschrecklich schwitzt. Da nun bekanntlich die gnädigsten Herrschaften ganz absonderlich feine und empfindliche Nasen haben, so dürfte es meines Erachtens, da es sonst der Herr Herzog geruchlich nicht aushalten möchte, die herrliche Empfangsanrede ganz anzuhören, sehr gut sein, wenn Ihr Euch durch ein erfrischendes Bad in diesem Teich von allem Schweiß reinigen, stärken und verlustieren möchtet. Eure verschweißten Kleider und Hemden würde ich auf die Anhöhe hinauf tragen, wo sie in der Sonne schneller trocknen können als hier unten, und Euch rechtzeitig wieder zustellen, damit Ihr hinlänglich Zeit habt, Euch wieder anzukleiden.«

Dieser Vorschlag fand bei den sieben Herren die beste Aufnahme. Sie legten alle ihre Kleider ab, selbst ihre Hemden, nachdem sie sich zuvor Leibgürtel aus ihren großen und breiten Halstüchern gemacht und sie benutzt hatten. Den dicken Pack von Kleidern, Schuhen, Unterhosen und Hemden trug ich auf die Anhöhe hinauf und breitete sie dort aus, muss mich aber heute noch wundern, dass ich nicht vor Gestank umgekommen bin.

Von Rosines glücklichem Jäger, der mir höchst dankbar zugetan blieb, hatte ich indes erfahren, dass der Herzog nicht erst um halb 6 Uhr, sondern schon um halb 5 Uhr ankommen würde. Als es auf der Turmuhr der Stadtkirche ein Viertel über 4 Uhr geschlagen hatte, rief ich zu den noch immer in dem Teich Badenden hinunter, die von keinen Zuschauern belästigt waren, weil diese an den Stadttoren zurückbleiben mussten, sie möchten doch jetzt aus dem Wasser herausgehen, wenn sie nicht blau werden wollten wie blau abgesottene Karpfen und sich ankleiden, um dann mit Bequemlichkeit die Ankunft des Herzogs erwarten zu können.

Sie stiegen gemächlich aus dem Wasser, als plötzlich der Türmer mit der Trompete das verabredete Zeichen der Ankunft des Herzogs gab, und ich zu gleicher Zeit auf der Straße eine große Staubwolke aussteigen sah. Der Herzog fuhr so schnell, als ob ihm die Pferde neuerdings durchgegangen wären.

»Der Herzog kommt!«, schrie ich von der Anhöhe hinunter.

»Die Kleider! Schnell die Kleider herab!«, schrien die Sieben zu mir hinauf, die ich mit den Zähnen vor Kälte klappern hörte, weil sie allzu lange im Wasser geblieben waren.

Ich warf ihnen Hosen und Schuhe büschelweise hinunter, aber keine Hemden. Hinterher flogen ihre Mützen hinab. Kein Einziger erwischte seine eigene Hose oder seine eigenen Schuhe. Zu ihrem größten Glück musste der herzogliche Wagen den Hohlweg langsam herunterfahren, wodurch sie noch so viel Zeit fanden, sich am Ende desselben zum Empfang halb nackt aufzustellen. Bei diesem Anblick lachten der Herzog und sein Herr Schwager aus vollem Hals, dass ihnen die Tränen aus den Augen rannen, während der Bürgermeister seine feierliche Empfangsrede hielt, von welcher er aber nur mehr acht Worte wusste, die zusammenpassten wie eine Faust auf ein Auge.

Als der Herzog sich ein wenig gesammelt hatte, verbeugte er sich freundlich und sprach: »Ich danke Euch, Bürgermeister, für Eure sehr schöne Ansprache und für die darin ausgedrückte Liebe und Treue meiner lieben Einwohner von Assingen. Versichert dieselben meiner besonderen herzoglichen Huld und Gnade, mit der ich ihnen immer zugetan bleiben werde!«

Dies anhörend hatte ich inzwischen alle übrigen Kleider die Anhöhe hinuntergeworfen, und war zu dem Jäger, den ich von der Rettung her kannte, hinten uns den Wagen gehupft, sodass ich mit dem Herzog in die Stadt fahren konnte. Als nun der Herzog in der Stadt sah, dass aus den meisten Fenstern Männer, Frauen, junge Leute und Jungfrauen im Sonntagsputz heraushingen und Lebehoch riefen, so fingen der Herzog und sein Schwager wieder so schrecklich zu lachen an, dass sie vor Lachen fast erstickt wären. Nach meinem Rat hatten die Einwohner zur Verzierung der Häuser sich selbst wechselseitig einander zum Fenster hinausgehängt, aber nicht an Stricken um den Hals, sondern an breiten Binden zwischen den Schultern. Übrigens ist es glaublich, dass mancher sein altes, zänkisches und erzböses Weib lieber an einem Strick um den Hals zum Fenster hinausgehängt hätte, was aber natürlich bei einem solchen Empfangsfest nicht wohl schicklich gewesen wäre.

Als der herzogliche Wagen in der Residenz hielt, sprang ich schnell herab, und öffnete den Schlag.

»Hm, du bist’s, Pamfili! Dachte ich mir’s doch gleich, dass diese zwei lustigen Streiche von dir kommen. Aber du, zuerst mein Lebensretter, hättest mich bald dahin gebracht, mich totzulachen. Du hast dein Talent zu einem Hofnarren vollkommen nachgewiesen und sollst von heute an mein Hofnarr und lustiger Rat sein. Bleibe nur gleich da!«

Wer war glücklicher als ich.