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Der Welt-Detektiv Band 6

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Der bayerische Hiesel – Teil 34

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Hiesel als Feldherr

Solche Vorfälle trieben den Hiesel jederzeit zu neuen tollkühnen Streichen. Er verließ sich eben so sehr auf sein Glück als auch auf seinen Mut. Kurze Zeit nach der Buchloer Geschichte wollte er eben auf einen Jagdzug ausgehen, als ihm der Trüffelhund in den Weg kam und meldete, eine zahlreiche Streife der Reichsstadt Augsburg sei gegen ihn im Anmarsch und werde ihn durch Besetzung des Pfersersteges so in die Enge treiben, dass er wenig Hoffnung habe, sich durchzuschlagen, und eben so wenig Hoffnung auf einen sicheren Rückzug, indem diesen eine zweite Streife abschneiden wolle, um ihn zwischen zwei Feuer zu bringen.

Hiesel lachte dem Trüffelhund über seinen ängstlichen Rapport ins Gesicht, sodass der alte Knirps sich grün und blau ärgerte, zuletzt aber selbst ein gellendes Gelächter ausstieß.

Auf seinen Stutzen deutend sagte Hiesel: »Mit diesem da schieß ich den unüberwindlichen reichsstädtischen Sandhosen die langen Haarzöpfe von den Köpfen weg, denn ihre Köpfe selbst sind nicht viel besser als Nachttöpfe. Wäre schade um die Kugeln!«

Er raffte sogleich an Mannschaft zusammen, was er in Eile auftreiben konnte, und marschierte den Augsburgern entgegen, welche er traf, als sie eben den Pfersersteg, diese wichtige Position, besetzten. Sogleich schien er die Flucht ergreifen zu wollen, doch schlug er nicht den Weg ein, wo er der zweiten Streife begegnet wäre, sondern eilte zwischen beiden einem Wald zu. Bald bemerkte er, dass die beiden Streifen ihm seitwärts folgten, um ihn zuletzt in die Mitte zu nehmen. Die Augsburger ließen auf dem Steg nur 4 Mann als Posten zurück.

Als er den Wald erreichte und merkte, dass auch die beiden Streifen schon in denselben gedrungen waren, befahl er 4 Kameraden, immer so schnell wie möglich tief in den Wald zu laufen und unaufhörlich zu schießen. Dadurch wurden die beiden Streifen irregeführt, indem jede vermutete, Hiesels Bande befinde sich bereits im Kampf mit der anderen. Beide Streifen machten nun nach ihrer Meinung die geschicktesten Flankenmärsche, um den Hiesel zu umzingeln, und stießen nach einer halben Stunde zu ihrer Verwunderung aufeinander, ohne auch nur einen einzigen Wildschützen gesehen zu haben.

Inzwischen eilte Hiesel mit dem größten Teil seiner Bande auf dem nächsten Weg, aber immer dicht am Saum des halbmondförmigen Waldes zurück, und stand plötzlich auf Schussweite im Rücken des Wachtpostens auf dem Steg, der sich demnach mutig zur Wehr stellte.

»Soll ich dort den langen Kerl auf die Haut legen?«, fragte der Bub, den Stutzen anschlagend.

»Tu es!«, erwiderte Hiesel.

Der Bub schoss dem Musketier Leitner eine Kugel mitten durchs Herz. Die anderen flohen.

Nun hätte Hiesel ungehindert sich in die Wälder zurückziehen können. Dies lag aber nicht in seinem Charakter. Die in der Nähe arbeitenden Holzhauer mussten mit ihren Äxten die Bretter des Steges in Stücke hatten, um den Übergang unmöglich zu machen. Dann erwartete er die Rückkehr der beiden Streifen, die auch bald in größter Eile erschienen, aber nichts gefangen hatten als lange Nasen. Denn die vier Wildschützen waren bereits glücklich in Kellmünz angekommen, wo sie den Hiesel und ihre Kameraden erwarten sollten.

Mit allen erdenklichen Schimpfworten empfing Hiesel die Streifen, die er Reichsstadt Augsburgische Esel nannte und auf alle Weise verhöhnte. Sie wagten nichts gegen ihn zu unternehmen, weil die Wildschützen zu zahlreich waren, von denen jeder Schuss einen Mann gekostet hätte.

Zuletzt rief er ihnen zu: »Ihr Staudenjäger, ich gehe jetzt ins Wirtshaus nach Kellmünz. Wenn ihr Hunger habt, so kommt nach, dann will ich euch die Mägen mit Kugeln stopfen!«

Ihre Gewehre im Arm zogen die Wildschützen lachend und singend gegen Kellmünz, die Streifen aber langsam seitwärts, jenseits des Steges in den Wald.

 

***

 

Hiesel bewies bei dieser Gelegenheit, dass es ihm nicht an Feldherrntalent fehle. Der von ihm angeordnete Marsch und dabei angewendete Kriegslist findet man zum Teil in den Geschichten späterer Feldzüge nicht selten.