Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Die Trapper in Arkansas – Band 3.10

Die-Trapper-in-Arkansas-Band-3Gustave Aimard (Olivier Gloux)
Die Trapper in Arkansas Band 3
Zweiter Teil – Waktehno – der, welcher tötet
Kapitel 13 – Das Gesetz der Prärie

Vor der Höhle, welche Treuherz bewohnte, war eine ansehnliche Strecke Landes gelichtet und geebnet worden, und hundertundfünfzig bis zweihundert Hütten standen darauf.

Der ganze Stamm der Comanchen hatte sich dort gelagert.

Die Trapper, Jäger und Krieger der Rothäute vertrugen sich vortrefflich.

In der Mitte dieses improvisierten Dorfes, dessen Hütten von bemaltem Büffelfell mit einer gewissen Symmetrie errichtet waren, erhob sich eine, welche geräumiger als die anderen war, mit an langen Stangen befestigten Skalps umgeben, in welcher ein großes Feuer unterhalten wurde, und die als Beratungshütte diente. Es herrschte das lebhafteste Treiben im Dorf.

Die indianischen Krieger waren wie zum Krieg bemalt und bewaffnet, als ob sie zur Schlacht ziehen wollten.

Die Jäger hatten ihre besten Kleider angelegt und ihre Waffen sehr sorgfältig geputzt. Vielleicht glaubten sie, sich ihrer bald bedienen zu müssen.

Die Pferde standen völlig angeschirrt, gebunden da, und waren unter der Obhut einiger Krieger zum Aufsteigen bereit. Man sah die Jäger und Rothäute geschäftig hin und wieder gehen.

Und, was etwas Seltenes, beinahe gar nicht Gebräuchliches bei den Indianern ist, es waren in angemessener Entfernung Wachen aufgestellt, um die Ankunft irgendeines Fremden zu melden.

Alles ließ darauf schließen, dass man eine, in der Prärie gebräuchliche Feier begehen wolle.

Aber, seltsam genug! Treuherz, Adlerkopf und der Schwarze Hirsch waren abwesend.

Belhumeur allein leitete die Vorbereitungen, welche man traf, und unterhielt sich dabei mit dem alten Comanchenhäuptling, Ehsis oder die Sonne genannt.

Die Stirn der beiden war düster, der Ausdruck ihrer Miene streng, sie schienen eine Angelegenheit lebhaft zu besprechen.

Es war der vom Hauptmann zur Auslieferung von Donna Luz bestimmte Tag.

Würde der Hauptmann zu kommen wagen? Oder war sein Vorschlag nur eine Prahlerei?

Die, welche den Räuber kannten, die Zahl derselben war bedeutend, – beinahe alle hatten unter seinen Räubereien gelitten, – waren geneigt, das Erstere zu glauben.

Der Mann besaß, und das waren übrigens die einzigen Tugenden, die man an ihm kannte, einen wilden Mut und einen eisernen Willen.

Wenn er sich etwas vorgenommen hatte, so tat er es, koste es, was es wolle.

Was hatte er übrigens zu fürchten, wenn er sich auch ein zweites Mal unter seine Feinde wagte? War der General nicht in seinen Händen? Bürgte das Leben desselben nicht für das seine? Es war bekannt, dass er sich nicht bedenken würde, ihn seiner eigenen Sicherheit zu opfern.

Es war ungefähr acht Uhr morgens, die Sonne übergoss das Bild, was wir zu schildern versucht haben, mit ihrem glänzenden Licht.

Donna Luz erschien auf den Arm der Mutter von Treuherz gestützt und gefolgt von Eusebio.

Die zwei Frauen waren traurig, blass, ihre matten Züge und geröteten Augen zeigten, dass sie geweint hatten.

Belhumeur ging ihnen, als er sie erblickte, entgegen und begrüßte sie.

»Ist mein Sohn noch nicht zurückgekehrt?«, fragte die alte Dame besorgt.

»Noch nicht«, antwortete der Jäger, »aber, beruhigen Sie sich, er muss bald kommen.

»Mein Gott! Ich weiß nicht, warum ich mir einbilde, dass ihn irgendein Unfall zurückhält.«

»Nein, gnädige Frau, das würde ich wissen. Als ich ihn vergangene Nacht verließ, um Sie zu beruhigen und seine Befehle zu vollziehen, befand er sich in einer sehr günstigen Lage. Deshalb, glauben Sie wir, beruhigen Sie sich und fassen Sie Vertrauen.«

»Ach!«, seufzte die arme Frau, »seit zwanzig Jahren lebe ich in beständiger Angst. Jeden Abend muss ich fürchten, meinen Sohn am nächsten Morgen nicht wiederzusehen. Ach Gott! Wirst du dich meiner nicht erbarmen?«

»Fassen Sie sich«, sagte Donna Luz liebevoll und küsste sie sanft. »Ach! Ich fühle es, wenn Treuherz jetzt eine Gefahr besteht, so ist es, um meinen armen Onkel zu retten. Mein Gott«, sagte sie mit Andacht, »gib, dass es ihm gelinge.«

»Bald wird sich alles aufklären, meine Damen. Verlassen Sie sich auf mich. Sie wissen, dass ich Sie nicht täuschen würde.«

»Ja«, sagte die alte Dame, »Sie sind gut, Sie lieben meinen Sohn und würden nicht hier sein, wenn er etwas zu fürchten hätte.«

»Sie lassen mir Gerechtigkeit widerfahren, gnädige Frau. Ich danke Ihnen dafür. Jetzt kann ich Ihnen noch nichts sagen, aber, ich beschwöre Sie, haben Sie etwas Geduld. Es genüge Ihnen, zu wissen, dass er tätig ist, um die Señora glücklich zu machen.«

»Ja, gewiss«, sagte seine Mutter. »Er ist immer so gut, so selbstvergessen.«

»Deshalb heißt er auch Treuherz«, flüsterte das junge Mädchen errötend.

»Und niemals ward ein Name richtiger gegeben«, sagte der Jäger mit Überzeugung, »man muss so lange mit ihm gelebt haben, wie ich, ihn so kennen, wie ich ihn kenne, um ihn recht zu würdigen.«

»Ich danke Ihnen gleichfalls für das, was Sie von meinem Sohn sagen, Belhumeur«, antwortete die alte Dame und drückte die raue Hand des Jägers.

»Ich sage nur die Wahrheit, Señora, ich lasse ihm Gerechtigkeit widerfahren, das ist alles. Ja! Es ließe sich besser in den Prärien leben, wenn alle Jäger ihm glichen.«

»Ach Gott! Die Zeit vergeht. Wird er nicht endlich kommen?«, murmelte sie und sah sich mit fieberhafter Ungeduld um.

»Bald, Señora.«

»Ich will die Erste sein, die ihn bei seiner Rückkehr sieht und begrüßt.«

»Das ist leider unmöglich.«

»Aber warum denn?«

»Ihr Sohn hat mir aufgetragen, sowohl Sie als auch die Señora zu bitten, sich in die Höhle zurückzuziehen. Er wünscht nicht, dass sie dem Auftritt, der hier vor sich gehen wird, beiwohnen.«

»Aber«, sagte Donna Luz angstvoll, »wie werde ich dann erfahren, ob mein Onkel gerettet ist?«

»Beruhigen Sie sich, Señorita, Sie werden nicht lange in der Ungewissheit bleiben, doch ich bitte Sie, bleiben Sie nicht länger hier, gehen Sie, gehen Sie!«

»Es ist vielleicht besser so,« bemerkte die alte Dame, »wir wollen gehorchen, Liebchen.« Dann fügte sie, dem jungen Mädchen zulächelnd hinzu: »Gehen wir, da mein Sohn es verlangt.«

Donna Luz folgte ihr ohne Widerstreben, doch warf sie verstohlene Blicke hinter sich, um den Geliebten womöglich zu sehen.

»Wie glücklich ist man, eine Mutter zu haben!«, murmelte Belhumeur und erstickte einen Seufzer, als er den beiden Frauen, die im Dunkel der Grotte verschwanden, mit den Augen folgte.

Plötzlich stießen die ausgestellten Wachen einen Schrei aus, den ein vor der Beratungshütte stehender Mann sogleich wiederholte.

Auf dieses Zeichen erhoben sich die Comanchenhäuptlinge und traten aus der Hütte, in welcher sie versammelt waren.

Die Jäger und indianischen Krieger griffen nach ihren Waffen, stellten sich zu beiden Seiten der Hütte auf und warteten.

Eine Staubwolke rollte mit großer Schnelligkeit auf das Lager zu.

Bald verzog sich die Wolke und man sah eine Anzahl Reiter, die im gestreckten Galopp heransprengten.

Die Reiter trugen zum größten Teil die Kleidung mexikanischer Gambusinos. Ein Mann, der einen prächtigen Rappen ritt und den alle sogleich erkannten, tummelte sich an ihrer Spitze.

Es war der Hauptmann Waktehno, der keck mit seiner Truppe erschien, um auf die Vollziehung des abscheulichen Vertrags, den er ihnen vor drei Tagen aufgedrungen hatte, zu bestehen.

Gewöhnlich ist es in der Prärie Sitte, dass, wenn sich zwei Truppen begegnen oder Krieger und Jäger ein Dorf besuchen, eine Art von Fantasia ausgeführt wird, indem beide Teile in vollem Lauf, schreiend und Flintenschüsse abfeuernd, aufeinander los eilen. Dieses Mal unterblieb es.

Die Comanchen und Jäger blieben düster und schweigend stehen und erwarteten unbeweglich die Ankunft der Piraten.

Dieser kalte und abstoßende Empfang überraschte den Hauptmann nicht. Zwar rollte er die Brauen, doch gab er sich das Ansehen, als bemerke er es nicht, und zog kühn an der Spitze seiner Truppe in das Dorf ein. Als sie vor den Häuptlingen an der Beratungshütte angekommen waren, hielten die zwanzig Reiter plötzlich an, als wären sie in Standbilder von Erz verwandelt worden.

Dieses schwierige Manöver wurde mit so großer Geschicklichkeit ausgeführt, dass die Jäger, die selbst tüchtige Reiter sind, nur mit Mühe einen Ausruf der Bewunderung unterdrückten.

Kaum hatten die Piraten Halt gemacht, als die Reihen der rechts und links vor der Hütte aufgestellten Krieger sich fächerartig erweiterten und hinter ihnen schlossen. Durch diese mit großer Präzision ausgeführte Bewegung sahen sich die Piraten von einem Kreis von mehr als fünfhundert gut berittener und vollständig bewaffneter Männer eingeschlossen.

Der Hauptmann empfand bei der Ausführung dieses Manövers eine Anwandlung von Angst und bereute es beinahe, dass er gekommen war, doch überwand er diese Regung bald und lächelte verächtlich. Er glaubte gewiss zu sein, dass er nichts zu fürchten habe. Er grüßte die vor ihm stehenden Häuptlinge leicht und wandte sich zu Belhumeur, den er mit fester Stimme fragte: »Wo ist das junge Mädchen?«

»Ich verstehe nicht, was Ihr meint«, sagte der Jäger höhnisch. »Soviel ich weiß, ist kein junges Mädchen hier, auf welches Ihr Rechte irgendeiner Art hättet.«

»Was soll das heißen und was geht hier vor?«, murmelte der Hauptmann und warf einen misstrauischen Blick um sich. »Hat Treuherz den Besuch, den ich ihm vor drei Tagen abgestattet habe, vergessen?«

»Treuherz vergisst nie etwas«, sagte Belhumeur in festem Ton, »doch handelt es sich nicht darum. Wie habt Ihr die Keckheit haben können, Euch mit einem Haufen Räuber in unserer Mitte zu zeigen?«

»Gut«, sagte der Hauptmann spottend, »ich sehe, dass Ihr mich mit Redensarten abfinden wollt. Was Eure letzte Drohung betrifft, so kümmert sie mich sehr wenig.«

»Dann tut Ihr Unrecht, mein Herr, denn da Ihr die Unvorsichtigkeit begangen habt, Euch selbst in unsere Hände zu liefern, so kann ich Euch die Versicherung geben, dass wir nicht so dumm sein werden, Euch entkommen zu lassen.«

»Oho!«, sagte der Pirat, »was für ein Spiel ist das?«

»Das werdet Ihr sogleich sehen.«

»Ich warte«, antwortete der Räuber und warf einen herausfordernden Blick um sich.

»In dieser Wildnis, wo keine menschlichen Gesetze bestehen,« fuhr der Jäger mit heller Stimme fort, »entscheidet das Gesetz Gottes allein und das Gesetz lautet ›Auge um Auge, Zahn um Zahn‹. Das wisst Ihr?«

»Weiter!«, sagte der Pirat kurz.

»Seit zehn Jahren,« fuhr Belhumeur gleichmütig fort, »seid Ihr an der Spitze einer Räuberbande ohne Gott noch Gebot, der Schrecken der Prärie gewesen. Ihr habt sowohl Weiße als auch Rote ermordet und geplündert, denn Ihr gehört keinem Land an. Raub und Diebstahl ist Euer einziges Gebot, seien es Reisende, Trapper, Jäger, Gambusinos oder Indianer. Das gilt Euch gleich, wenn Ihr durch einen Mord Geld gewinnen könnt. Noch vor wenigen Tagen habt Ihr das Lager von friedlichen mexikanischen Reisenden im Sturm genommen und sie erbarmungslos abgeschlachtet. Eine so verbrecherische Laufbahn muss ein Ende haben, – und dieses Ende ist jetzt gekommen. Wir alle, Jäger und Indianer hier, sind versammelt, um über Euch Gericht zu halten und das unerbittliche Gesetz der Prärie an Euch zu vollziehen.«

»Auge um Auge, Zahn um Zahn«, schrien die Anwesenden und schwangen ihre Waffen.

»Ihr irrt Euch gewaltig, meine Burschen«, antwortete der Pirat keck, »wenn Ihr meint, dass ich mich gutwillig, wie ein Kalb, das man zur Schlachtbank führt, werde erwürgen lassen. Ich war auf das, was geschehen ist, gefasst, deshalb seht Ihr mich in so zahlreicher Begleitung. Ich habe zwanzig entschlossene Männer bei mir, die sich zu wehren wissen. Ihr habt mich noch nicht.«

»Seht Euch um, und bedenkt, was Ihr zu tun habt.«

Der Pirat drehte sich um und sah, dass fünfhundert Flintenläufe auf seine Truppe gerichtet waren. Ein Zittern flog über seinen Körper, Totenblässe bedeckte sein Gesicht, der Räuber begriff, dass er sich in großer Gefahr befinde. Doch nach kurzem Besinnen hatte er seine Kaltblütigkeit wiedergewonnen.

Zu dem Jäger gewandt, sagte er in spöttischem Ton: »Ihr scherzt und wollt mich mit Drohungen schrecken, die mich doch wenig kümmern können, denn Ihr wisst sehr gut, dass mich Eure Streiche nicht treffen können. Wie Ihr vorhin ganz richtig bemerkt habt, habe ich vor einigen Tagen mexikanische Reisende überfallen, doch wisst Ihr ebenfalls, dass der Angesehenste derselben in meine Hände gefallen ist! Wagt es, ein Haar auf meinem Haupt zu krümmen, und der General, der Onkel des jungen Mädchens, das Ihr vergeblich bemüht seid, meiner Gewalt zu entreißen, wird die mir zugefügte Beleidigung augenblicklich mit dem Leben bezahlen. Deshalb, glaubt mir, meine Herren, ist es besser, Ihr gebt es auf, mich schrecken zu wollen. Liefert mir diejenige, die ich zu holen gekommen bin, gutwillig aus oder, ich schwöre es bei Gott! In einer Stunde hat der General aufgehört zu leben!«

Plötzlich drängte sich ein Mann durch die Menge und stellte sich vor den Räuber.

»Ihr irrt«, sagte er zu ihm, »der General ist frei.« Der Mann war Treuherz.

Ein Beben der Freude lief durch die Reihen der Jäger und Indianer, indessen die Räuber vor Furcht zitterten.