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Liza Cody – Eva langt zu

Liza-Cody-Eva-langt-zuLiza Cody – Eva langt zu

Eva Wylie ist eine junge Frau aus der Londoner Unterschicht. Sie ist groß, stark, hässlich und nicht sehr klug. Die Autorin lässt Eva die vorliegende Geschichte aus ihrem Leben selbst erzählen.

Eva besitzt drei Kampfhunde. Ramses, der Größte und Gefährlichste von ihnen, konkurriert mit ihr um die Führung des Rudels, und sie hat alle Hände voll zu tun, um ihn im Zaum zu halten. Lineker, der zweite Hund, ist etwas weniger gefährlich, und Milo, der Dritte im Bunde, ist zwar noch ein Welpe, noch nicht so recht abgerichtet, ein geschwätziger Waschlappen, wie Eva sagt, aber bereits so groß wie ein Kalb.

Eva ist die typische Frau aus der Unterschicht und hat einen Job als Bewacherin von Luxusautos für die Agentur Lee-Schiller Security, die unter anderem der Feindin Anna Lee gehört, einer ehemaligen Polizistin. Weil Eva säuft, verliert sie diesen Job und ist nun auf ihr zweites Strandbein angewiesen, einen Job als nächtliche Wache auf einem Schrottplatz. Dort haust sie in einem ausrangierten Wohnwagen, hat einen Zwinger für die Hunde und dreht mit diesen nachts ihre Runden.

Eva würde gern weiter als Catcherin arbeiten, denn als solche hatte sie schon einmal Erfolg. Ihr Kampfname war damals Londoner Killerqueen. Aber der Manager, ein Mister Deeds, hat sie damals suspendiert.

Sie leiht sich manchmal Autos aus, das heißt, sie bricht sie auf, schließt sie kurz und fährt damit eine Strecke, bis sie diese irgendwann am Straßenrand abstellt, sodass die Besitzer sie wiederfinden können.

Als sie eines Abends an einer Tankstelle ein Auto mit laufendem Motor vorfindet, dessen Insassen sich in dem Tankstellenhäuschen aufhalten, ist dies für sie die Gelegenheit, mit dem Auto zu verschwinden. Sie steigt ein und fährt los. Die Besitzer stürmen aus dem Häuschen heraus, und einer von ihnen schießt mit einer abgesägten Schrotflinte auf die Flüchtende. Eva allerdings übersteht den Angriff unbeschadet. Als sie das Auto verlassen und abstellen will, findet sie jedoch in seinem Inneren eine Sporttasche mit sehr viel Geld. Ist das der Jackpot, auf den sie schon so lange gewartet hat?

Im weiteren Verlauf der Geschichte lernt der Leser noch Evas Mutter kennen, eine Frau in den Vierzigern, ewig betrunken, die in der Kneipe ständig neue Kerle abschleppt, sowie Evas Schwester Simone, wesentlich zierlicher und hübscher als Eva, die offensichtlich als Prostituierte arbeitet.

Natürlich bleibt es den beiden und einigen anderen zwielichtigen Gestalten nicht verborgen, dass Eva auf irgendeine Weise zu Geld gekommen ist, und diese gerät deshalb mehr und mehr in Bedrängnis. Sie beschäftigt schließlich Keif, einen jungen Catcher aus der Truppe von Mister Deeds, als Trainer und will wieder als Catcherin auftreten. Dann aber entwickeln sich die Dinge anders, als es der Leser erwartet hat.

Der Autorin ist es gelungen, mit Eva Wylie einen Heldinnentypus zu schaffen, der völlig anders ist als die Hauptcharaktere der allermeisten Kriminalromane. Eva ist eine absolute Antiheldin, hat keinen scharfen Verstand, ist nicht schön und hat überhaupt keine besonderen Vorzüge. Sie ist vielmehr eine durch und durch authentisch dargestellte Vertreterin der Unterschicht, und Liza Cody beschreibt äußerst genau ihr Milieu und seine Menschen.

Witzig, spannend und sprachlich treffend werden hier die Dinge um die Heldin beschrieben, und man erfährt sehr präzise, was diese und die Leute aus ihrem Umfeld wirklich umtreibt. Dabei wartet die Verfasserin mit psychologisch ausgefeilten Personenbeschreibungen auf.

Der vorliegende Krimi ist folglich eine ausgesprochen interessante Geschichte, sicherlich zusammen mit dem Roman eines Comedians, den ich im letzten Winter gelesen habe, das Ungewöhnlichste, was ich bisher aus diesem Genre kenne. Das vorliegende Buch ist der dritte Band einer Trilogie um Eva Wylie, und wenn die beiden anderen Romane, die ich nicht gelesen habe, ebenso hervorragend und ungewöhnlich sind, wie dieser, so möchte ich sie alle dem Leser sehr empfehlen.

Fazit:
Liza Cody legt mit Eva langt zu eine Milieustudie der Extraklasse vor. Sie lässt ihre extravagante Antiheldin genau die Sprache benutzen, die in deren Kreisen tatsächlich gesprochen wird, und beschreibt zudem die Typen ihrer Schicht, die immer und überall dieselben sind, hundertprozentig genau. Ich möchte dieses Buch dem Leser ans Herz legen, der gesellschaftlich und vor allem am Leben der Lower Class interessiert ist. Es bietet einen absolut ungewöhnlichen Lesespaß, der mir in dieser Form noch nicht untergekommen ist.

Die Autorin

Liza-CodyLiza Cody ist das Pseudonym von Liza Nassim, die im April 1944 in London geboren wurde und dort aufwuchs. Sie studierte Kunst an der London Art School und der Royal Academy und arbeitete als Fotografin, Malerin, Textildesignerin und Möbelbauerin, bevor sie mit dem Schreiben begann. Außerdem kennt sie als ehemaliger Roadie bei einer Band die Londoner Musikszene der 60er und 70er Jahre von innen.

1980 entwarf sie mit der Privatdetektivin Anna Lee ihre erste Serienheldin und bekam für ihren Roman Dupe einen Preis für das beste Krimidebüt. 1992 und 1993 wurden die Romane um Anna Lee verfilmt und liefen als Serie im britischen Fernsehen.

In den 90er Jahren begann sie die Krimireihe um die Catcherin Eva Wylie. Die Autorin hat diese Romanheldin der britischen Star-Catcherin Klondike Kate nachempfunden und ist selbst bekennender Fan des Frauencatchens.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung des Argument Verlags.
  • Foto der Autorin. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung des Argument Verlags.

(ww)