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Aetherherz

AetherherzAnja Bagus
Aetherherz
Ein Annabelle Rosenherz-Roman

Steampunk, Taschenbuch, Selbstverlag, Juni 2013, 400 Seiten, 12,00 Euro, ISBN 9781484903537, Titelbild: Anja Bagus

Seit der Jahrhundertwende steigt grüner Nebel über den Flüssen auf. Æther ist für die Industrie ein Segen, für die Menschen ein Fluch. Luftschiffe erobern den Himmel, Monster bevölkern die Auen.
Wir schreiben das Jahr 1910: Im mondänen Baden-Baden scheint die Welt noch in Ordnung. Doch während die Kurgäste aus aller Welt durch die Alleen und den Kurpark flanieren, sterben junge Frauen an einer mysteriösen Vergiftung. Das Fräulein Annabelle Rosenherz versucht die Ursache herauszufinden und gerät dabei selbst in große Gefahr, denn sie hat schon lange ein Geheimnis. Als sie der Wahrheit zu nahe kommt, nimmt man sie gefangen. Auf den finsteren Höhen des Schwarzwalds verliert sie fast ihren Verstand und es entscheidet sich, ob Annabelle sich selbst akzeptieren kann, und ihre erste Liebe stark genug ist, den Widerständen der Gesellschaft zu trotzen.

Steampunk ist Aetherhertz, Aetherhertz ist Steampunk.

Gut, das ist jetzt eine Aussage, aber man kann durchaus ein wenig mehr schreiben.

Wer, wie, was …

Der Roman beginnt mit einer Verschwörung. Dies ist immer gut, baut Spannung und eine besondere Erwartungshaltung auf. Die Geburt eines Kindes wird vertuscht, vielleicht sollte man die Kinder auch vertauschen, das falsche Kind als richtiges ausgeben und umbringen. Spannung pur. Ein Steampunk-Thriller? Die Geschichte ist eine klassische Kriminal– und Verschwörungserzählung, die mit mystischen Elementen und dem ungewöhnlichen Aether interessant gestaltet wurde.

Aetherhertz spielt in einem alternativen Baden-Baden des Jahres 1910. Wie auch in der »richtigen« Welt ist es ein mondäner Kurort für Reiche und Adlige. So entsprechen das Leben und die sozialen Strukturen ganz dem Leben vom alten Wilhelm II. und seiner Regierungszeit. Da Baden-Baden sich in vielen Bereichen seit damals nicht geändert hat, kann man einiges in der heutigen Stadt wiedererkennen. Was fehlt wäre tatsächlich ein Steampunkfestival im passenden Ambiente.

Was von den damaligen Strukturen abweicht, ist der Aether. Als in den 1888er bis 1890er Jahren die Flüsse und Seen ihren Aether abgaben, veränderten sich Menschen und Tiere, die damit in den direkten Kontakt kamen. Diese Veränderten nennt man »Verdorbene« und sind seither der Aussatz der Gesellschaft. Diese Verdorbenen werden im günstigsten Fall ignoriert, im ungünstigsten Fall weggesperrt.

Gleichzeitig erkannte die Industrie den Nutzen dieser neuen Materie. Er wird unterschiedlich eingesetzt, und die Forschung und Wissenschaft machte mit ihm einen großen Sprung vorwärts, denn diese geheimnisvolle Substanz ist der Ausgangspunkt aller Geschehnisse.

Im Mittelpunkt der Erzählung steht Annabelle Rosenherz. Sie ist das einzige Kind des verschollenen Wissenschaftlers Rosenherz. Die Tochter kommt ganz nach ihrem Vater und interessiert sich ebenfalls für die Wissenschaft, etwas, was man als Tochter gar nicht in Betracht ziehen sollte. Hier herrschen noch die Wilhelminischen Sitten und Gebräuche und die bekannten drei K – Kinder, Küche, Kirche. Kinder hat sie keine, Kirche ist bedingt interessant und die Küche wird mit einem Labor getauscht. Die junge Wissenschaftlerin Annabelle hütet zudem ein Geheimnis. Sie gehört im weitesten Sinn ebenfalls zu den Verdorbenen, denn sie kam mit dem Aether in Berührung und besitzt seither eine grüne Hand. Diese versteckt sie in Handschuhen, womit sie sehr gut klar kommt. Mit der Hand bekam sie jedoch auch eine ganz besondere Fähigkeit. Durch eine einfache Berührung kann sie mehr über einen Menschen in Erfahrung bringen, als dieser bereit ist, über sich preiszugeben. Dies ist auch ihr Verhängnis, denn sie gerät dabei in eine Verschwörung. Gleichzeitig ist aber noch ein Anwalt tätig, der das Vermögen der jungen Dame verwalten will, bis sie volljährig ist. Und er würde sie gern an einen seiner Söhne verkuppeln.

Die Handlung ist dynamisch und bringt sehr viel Spannung an den Leser. Sie überzeugt, weil sie logisch ist. Nicht unbedingt mit dem Aether, sondern mit der Umgebung, der Handlung, den Personen. Gerade Letztere sind es, die mit ihren gut ausgearbeiteten Charakteren und Besonderheiten dem Leser schnell am Herzen liegen. Anja Bagus geizt nicht mit überraschenden Wendungen, setzt Klischees ein, wie es nötig ist, um die Handlung fließender zu gestalten und gibt dem Leser gerade genug Wissen mit an die Hand, damit er darüber nachdenken kann.

Wieso, weshalb, warum …

In Aetherhertz sind so einige Dinge nicht so, wie sie zu sein scheinen, die Hauptcharaktere überzeugen in einem historisch und räumlich funktionierenden Setting. Aetherhertz ist ein herausragendes Erstlingswerk.

(es)