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Der Totenwirt und seine Galgengäste 4

Der-Totenwirt-und-seine-GalgengästeDer Totenwirt und seine Galgengäste
Eine abenteuerliche und höchst wundersame Ritter-, Räuber-, Mörder- und Geistergeschichte aus der grauen Vorzeit, um 1860

Belohnung

Der Graf segnete sie und sprach: »Ich wusste, dass ihr euch liebt, meine Kinder!«, sagte er, »und trug den Gedanken an eure Verbindung schon lange in mir, hab auch öfter schon mit der Mutter darüber gesprochen, die mit mir ganz einverstanden ist. Die Verlobung gerade am heutigen Tag betrachte als eine Belohnung und zugleich als eine Genugtuung, die ich dir schuldig bin, lieber Hildebert. Du verstehst mich schon, ich brauche nicht darüber zu reden.«

Der Graf meinte eine Genugtuung für seinen bösen Verdacht wegen der Burg Kralleneck.

»Die Vermählung kann aber erst stattfinden«, fuhr er fort, zu Hildebert gewendet, »wenn du dir zuvor die Rittersporen verdient hast. Soviel ich weiß, wird der Kaiser bald der tapferen deutschen Ritterschaft Gelegenheit geben, sich im Krieg gegen wilde feindliche Völker durch Ruhmestaten auszuzeichnen, bei denen du gewiss nicht fehlen wirst. Andere behaupten, der Kaiser wolle zunächst die Raubburgen zerstören, um dem deutschen Land im Inneren endlich einmal Ruhe zu verschaffen. Und auch in diesem Fall, Hildebert, wird deine Klinge nicht in der Scheide rosten.«

»Gewiss nicht, Herr Graf! Die Ruinen von Auffenbach schreien um Rache zum Himmel.«

»Recht so! Doch von nun an nennst du mich Vater!«

»Und mich … Mutter«, sagte die Gräfin.

»Welchen Namen bekomme aber ich, lieber Hildebert?«

»Den Namen himmlische Braut

»Nein, nein«, versetzte Hedwig lächelnd, »ich will ja nicht eine Nonne, folglich keine Braut des Himmels werden, wohl aber ein Kind desselben am Ende meines Lebens.«

»Also herzallerliebste Braut

»So ist’s recht! Aber nun sagt mir auch, Hildebert, warum Ihr von Euren Segenstaten immer so betrübt heimgekehrt seid?«

»Deswegen, meine liebe Hedwig, weil mein Geld nie hinreichte, noch einer größeren Zahl von Armen Hilfe bringen zu können.«

»Edles großmütiges Herz!«, rief die glückliche Braut, ihm ihre beiden Hände reichend.

»Gott wird dich dafür segnen, Hildebert!«, sagte die Gräfin im herzlichsten Ton.

Noch am nämlichen Morgen wurde die Verlobung der beiden Liebenden in der Burgkapelle vollzogen, und bei dem stillen Familienfest am Abend desselben Tages durften beide zum ersten Mal das süße trauliche ›du‹ der zärtlichen und reinen Liebe wechseln.

Aber dem Entzücken des Glücks folgt oft das Unglück auf der Ferse nach. Beide Liebende, Vater und Mutter, hatten in diesem Augenblick nicht die leiseste Ahnung davon, dass die finstere Macht der Hölle bereits heranschlich, das scheinbar Vollkommene Glück dieser gottvollen Familie auf eine grausame Weise zu zerstören.

 

Was wir bisher erzählte haben, war zu der Zeit geschehen, als Hedwig noch eine wunderschöne, blühende Jungfrau gewesen war, und noch nicht von unaussprechlichen Schmerzen gefoltert rettungslos auf ihrem Krankenlager hinsiechte. Die geneigten Leser sollen des Weiteren erfahren, auf welche teuflische Art die fromme und tugendhafte Hedwig in dieses entsetzliche Elend geraten sei.