Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Uwe W. Appelbe: Draußen in der Nacht – Unheimliche Erzählungen

Draußen-in-der-NachtUwe W. Appelbe: Draußen in der Nacht – Unheimliche Erzählungen

Horrorliteratur hat viele Facetten. Realistischer Horror, Fantasyliteratur mit gruseligem Einschlag, Splatter- und Zombiegeschichten und subtile, unheimliche Geschichten, die in der klassischen Tradition stehen.
Der Erzählband Draußen in der Nacht von Uwe W. Appelbe , den wir in seiner erweiterten Zweitauflage vorstellen möchten, gehört sicherlich zur letztgenannten Richtung der Horrorliteratur. Der Autor Uwe W. Appelbe verzichtet vollkommen auf gängige Gruselszenarien und Monster wie Zombies, Vampire oder Werwölfe. In Appelbes unheimlichen und durchaus grausamen Geschichten bestimmen irrationale, unkontrollierbare Mächte über das Schicksal der Helden. Gegen diese Ungeheuer helfen weder Pflöcke noch Kreuze. Keiner der Erzählungen folgt dabei gängigen Genremustern. Trotzdem sind die Geschichten spannend und unterhaltsam. Der Autor lädt zu einer unheimlichen Reise durch Südengland und Wales ein, denn jede Geschichte ist mit einem spezifischen Ort in diesen Regionen verbunden. Das Unheimliche und Tödliche lauert in alten Schlössern Wales, aber auch in modernen Appartements London.
Die Erstveröffentlichung von Draußen in der Nacht ist auf großen Zuspruch gestoßen. Herausgeber Andy Giefer von stolz darauf, nun die überarbeitete und um zwei Erzählungen erweiterte Neuauflage des Buches präsentieren zu können. Draußen in der Nacht ist bei Amazon und im Apple iTunes Store zu erhalten.

Das E-Book

Uwe W. Appelbe, Andy Giefer (Hrsg.)
Draußen in der Nacht

Horror, Kurzgeschichtensammlung, randexistenz.net, Bonn, E-Book, Kindle Edition, 1150 Kb (294 Seiten), 2,99 Euro, ASIN: B007U3UXNY
Kurzinhalt:
Reisende, die in den dunklen Tälern Wales auf uralte, grausame Rituale stoßen; eine einsame Frau in einem Londoner Hochhaus, die der Faszination und der Macht eines vampirartigen Wesens verfällt; ein Ehepaar, das in einer abendlichen Fahrt vom Wege abkommt und dafür einen hohen Preis zahlt; eine Obdachlose, die in der von Menschen verlassenen Stadt Bath aufwacht; ein von Selbstzweifeln zerfressener Fotograf, der in einem Geisterhotel Aktfotos macht; eine junge Studentin in Cambridge, die einem übersinnlichen Wesen geopfert werden soll – sie alle befinden sich weit Draußen in der Nacht, alleine und der Gefahr ausgeliefert.
Der Erzählband Draußen in der Nacht ist eine Hommage an die klassische Horrorgeschichte und an das Land, in dem diese Literaturgattung bis heute lebendig ist. Jede Erzählung spielt an einem anderen Ort in Großbritannien – von der Hauptstadt London bis zu den dunklen Hügeln Wales. Der Band folgt der alten Prämisse des Genres, die Meister wie Robert Aickmann oder Henry James so perfekt beherrschten: Was passiert, wenn das Irrationale in unsere schön geordnete Welt eindringt?

Uwe-W-AppelbeDer Autor

Geboren am 29.05.1964 in Stolberg (Rheinland). Lebt in Bonn. Arbeitet als Autor, Dozent und Kurator von Filmreihen.

Seit 1990 Veröffentlichungen (bis 1999 unter dem Geburtsnamen Radermacher) in verschiedenen Literaturzeitschriften, Anthologien, Filmzeitschriften und Magazinen, sowie verschiedene Tätigkeiten im kulturellen Bereich.

Leseproben

Ughtred – Auszug 1

(…) Ein heller Kreis blieb. Kaum größer als zwei Meter, wie der Lichtkegel einer schwachen Lampe. Der Rest des Zimmers war in Dunkelheit gehüllt. Janet saß mit angezogenen Beinen in der Mitte des Kreises und versuchte, ihren Atem zu kontrollieren. Das Kratzen hatte endlich aufgehört. Nachdem es stetig lauter geworden war, hatte es plötzlich gestoppt. Für einen Augenblick hatte Janet geglaubt, dass es überstanden sei, doch dann hatte das Flüstern eingesetzt. Eine süße, hohe und doch kalte Stimme, die bettelte: »Janet öffne. Lass mich zu dir.«

Immer der gleiche Satz, wie ein grausames Uhrwerk, das einmal aufgezogen nicht mehr stoppte. »Janet, öffne, lass mich zu dir.« Die Worte drangen durch die Tür und schienen sie, kalten Fingern gleich, zu berühren. Janet spürte, wie ihr übel wurde. Sie zwang sich, gleichmäßig zu atmen. In dieser Dunkelheit die Kontrolle über sich selbst zu verlieren, das war das Schlimmste, was passieren konnte. Sie begann, ein altes Kinderlied zu summen, an dessen Worte sie sich nur unvollständig erinnerte. Ihre eigene Stimme war das Einzige, was ihr nun helfen konnte. Die fremde Stimme schien von allen Seiten des Raumes zu kommen. Schon längst war das Toben des Sturmes nicht mehr zu hören. Janet begann, zuerst gebrochen, dann laut und klar, eine Melodie zu singen.

Ughtred – Auszug 2

»Sieh!«, sagte er. Janet öffnete die Augen. Zuerst war nur Dunkelheit um sie herum, doch dann schälten sich Formen aus der Finsternis. Ein schwaches Licht, kaum merklich, fiel durch die Latten und Dachpfannen und kündigte das Morgengrauen an. Einige Schritte von ihr entfernt, an eisernen Ketten aufgehängt, erkannte sie kokonartige Gebilde. Sie glichen dem Gewebe von Spinneneiern, nur länger, wie flache Säcke. Darin waren schemenhaft die Umrisse menschlicher Körper zu erkennen. Spärliches Licht fing sich in den weißen Fäden, die die Netze zusammenhielten.

Janet wusste sofort, was er ihr zeigte. Über ihr hing seine Vorratskammer. Baumelnd wie Speck, hingen seine Opfer vor ihr. Ein leichter Wind ließ die Beutel sanft hin- und herschwingen. Ein einzelner Lichtstrahl brach durch das Dach. Draußen ging die Sonne auf.

Unter dem Gewirr von Fäden erkannte Janet langes Haar, alt, gebrochen, verwoben mit der Hülle und ein bleiches Gesicht, rissig mit eingefallen Augen. Irgendetwas in diesem Gesicht schien noch zu leben. Ein sanfter Schimmer lag in diesen Augen, eine traurige Erinnerung an Tageslicht.

»So möchtest du mich haben?« Ihre eigene Stimme klang weit entfernt und fremd, als würde jemand anderes sprechen.

»So wirst du mir erhalten bleiben. Immer wieder werde ich kommen und dich wecken. Ich werde dir von den Jahrzehnten erzählen, die vergingen wie tauender Schnee, als du schliefst.«

Janet trat näher an den ersten Kokon heran. Sie erkannte eine weiße Hand, dünne, lange Fingernägel, die mit den Fäden verwachsen schienen. Ein Ring, einst golden, nun matt und unpoliert, umschloss einen Finger. Sie starrte auf das Metall. Irgendwann in den Tiefen der Zeit musste es jemanden gegeben haben, der das Gegenstück dazu trug, jemand, der zurückgeblieben war, bestohlen um seine Liebe, trauernd an einem leeren Grab.

Der Sack schwang ein wenig zu Seite und Janet sah, dass sich die Finger leicht krümmten. Sie blickte an dem Gespinst hoch. Hinter den Fäden sahen verfallene Augen voller Traurigkeit auf sie herab. (…)

Die Kinder – Auszug

(…) Und dann spürte er ihre kräftige Hand auf dem Rücken und er wurde mit großer Wucht in den Raum hineingestoßen. Er taumelte nach vorne, ruderte mit den Armen, schaffte es, nicht zu Boden zu gehen und stützte sich an der Holzwand ab. Die Tür hinter ihm schlug zu. Er war alleine mit der Brut. Aus seiner Hosentasche holte er ein Taschentuch heraus und drückte es gegen seinen verletzten Mund. Für einen Augenblick spürte er so etwas wie Erleichterung. Was auch immer in diesem Raum war, sie war hinter der Tür, vor ihr war er sicher. Im Raum herrschte Dämmerung; durch das Fenster ihm gegenüber fiel das letzte Licht des Tages. Hinter dem Glas sah er das Moor und zwischen den von Heidekraut überwucherten Erhebungen stand sein Wagen. Vor dem hohen altmodischen Fenster befand sich ein notdürftig zusammengezimmerter Tisch. Darauf standen hölzerne Schüsseln, Teller und Gabeln, grob und riesig; viel zu groß für Kinderhände. Der Boden war uneben und vorsichtig setzte er einen Fuß vor den nächsten. Die Schmerzen in seinem Gesicht raubten ihm fast Sicht und Verstand. Ihm schwindelte, doch das rettende Fenster war nur wenige Schritte entfernt. Plötzlich stieß er mit seinem Fuß gegen einen hölzernen Kegel, der polternd zu Boden stürzte und mit einem entsetzlichen Lärm über die Holzdielen in eine der dunklen Ecken rollte. Es dauerte eine Ewigkeit, bis das Spielzeug mit einem dumpfen Laut gegen die Wand schlug. Der Raum musste riesig sein. Eric machte einen weiteren Schritt nach vorne. Ein faustgroßer, schwarzer Käfer huschte über den Boden, sein Panzer glitzerte im faden Abendlicht, das durch das Fenster ein helles Viereck auf den Boden warf. Im Halbschatten unter dem Tisch bewegte sich etwas, was einer riesigen, weißen Made ähnelte; es schlängelte vorwärts in das Licht hinein, daneben erschien ein weiteres kopfloses, wurmärmliches Tier, so dick wie der Arm eines Kindes, und dann sah er die Holzschüssel neben dem Tischbein, gefüllt mit abgenagten Gebeinen, Innereien und zerfledderten Fleischstücken. Durch die Löcher eines zerschmetterten Schädels drängelten sich Maden und Würmer. Und dann hörte er ihren Atem, ihre ersten Bewegungen, ihr verhaltenes Grunzen und er sah ihre blitzenden Augen in der Dunkelheit. Sie schienen ihn genau zu beobachten, sie machten sich einen Spaß aus seiner Angst, so wie Kinder sich gerne im Dunkeln verstecken, um einen zu erschrecken. Der erste beharrte, muskulöse Arm wurde sichtbar, die ersten unförmigen Köpfe schälten sich aus der Dunkelheit und der erste mächtige Schritt war zu hören. Die Kinder der Riesen kamen aus ihrem Versteck. (…)

Veröffentlichung des Covers, des Autorenfotos und der Leseproben mit freundlicher Genehmigung von randexistenz.net

Quelle:

  • Pressematerial von randexistenz.net

(wb)