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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die sechs schlafenden Jungfrauen 14

Die sechs schlafenden Jungfrauen oder: Der schreckliche Zweikampf
Eine furchtbare Ritter- und Geistergeschichte von Wilhelm Bauberger erzählt
Kapitel 14
Des Geistes Erlösung

»Ihr Jünglinge«, sprach Alfred nach einigen Tagen dortiger Anwesenheit zu diesen, »habt ihr euch wirklich alle tugendhaft und rein bewahrt, so ist es mir vergönnt, euch zu glücklichen Menschen zu machen.«

»Wir sind noch tugendhaft und rein«, entgegneten sie, »und keine Schmach und Makel klebt an uns.«

»So lasst eure Rosse satteln und folgt mir, denn eine schöne Zukunft hat euch das Schicksal zugewiesen.«

Neugierig folgten die Jünglinge dem Ritter. Nach mehrtägiger Reise an einem breiten Fluss angelangt, ließen sie sich in einer Barke übersetzen. Am jenseitigen Ufer angekommen, drangen sanfte Töne eines Glöckleins zu ihren Ohren und in gespannter Erwartung folgten sie denselben, während diesmal ganz im Gegensatz zu Alfreds erstem Besuch in der Höhle wolkenloser Himmel auf sie hernieder lächelte. Am Firmament prangte der Vollmond, in dessen Schimmer der Ritter und seine Begleiter eine herrliche Burg in weiter Ferne vor sich liegen sahen, die sie freundlich zur Einkehr einzuladen schien. Ein sanftes Lüftchen umgaukelte den Pfad der Jünglinge, und als sie unter Alfreds Führung immer mehr der vermeintlichen Burg zuwanderten, klärte sich allmählich dieses Trugbild, denn nicht an einer Burg, sondern an einem weißen Felsenhügel waren sie angelangt.

Dort aus einer düsteren Felsenhöhle tönte ihnen eine liebliche Musik entgegen und leise Stimmen wisperten: »Willkommen! Tausendmal willkommen!«

Rasch schritten sie dem finsteren Eingang zu. Doch wie ungemein überrascht waren alle, als sie in der Mitte einer hell erleuchteten Höhle Unkos Geist in weißem langen Gewand erblickten.

»Ritter von Steinkopf«, sprach der Geist »du hast dein Gelübde gehalten. Ich danke dir, edler Ritter!«

»Nur meine Pflicht tat ich«, entgegnete der Ritter, »hier sind die Jünglinge, wie du sie verlangt hast. Das günstige Geschick hat sie mir zugeführt.«

»Unsere Träume werden in Erfüllung gehen!«, riefen die Jünglinge.

»Erwacht zu neuem Leben, meine Kinder, damit mein Geist Ruhe findet«, erhob Unko seine Stimme. Wie von einem Zauberschlag erhoben sich die schönen Jungfrauen und betrachteten verlegen die umstehenden Jünglinge. Diese aber konnten ihren Gefühlen nicht länger widerstehen. Jeder erfasste die Hand einer Jungfrau und drückte sie an seine klopfende Brust, während von ihren Rosenlippen der Schwur des Bandes ertönte: »Auf ewig! Ewig!«

»Lebt in Eintracht und Frieden und vergesst nicht, dass Reinheit des Herzens auch fortan euer größtes Augenmerk sei«, sprach der Geist, »dann wird es euch hier auf Erden stets wohl ergehen. Mein Zauberbann ist nun gebrochen, mein Geist erlöst!« Er verschwand. Die Höhle erbebte, und indem sie selbst nicht recht wussten, wie ihnen geschah, befanden sie sich plötzlich im Freien auf einer grünenden Ebene.

Am Arm ihrer Jungfrauen traten nun die Jünglinge ihren Rückweg nach Alfreds Burg an, wo sie ein festliches Mahl erwartete, und seit vielen Jahren wieder einmal in diesen Hallen unendlicher Jubel ertönte. Ein herbeigerufener Mönch weihte die glücklichen Paare zum ewigen Bund. In Eintracht und Frieden lebten sie viele Jahre hindurch, nachdem sich jeder einen eigenen Wohnsitz in Alfreds Nähe ausgewählt hatte, und dienten den Bewohnern der Umgegend zum lebenden Beispiel echt christlicher Familien.