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Der Welt-Detektiv Band 6

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Im fernen Westen – Sioux-Kit 8

Sioux -Kit
Kapitel 8

»Siehst Du? Du wirst nun nicht mehr entfliehen, Vater, nicht wahr?«, sagte der alte Indianer zu Hogg, als er ihn und die seinen zu dem Tipi führte und ihnen zu verstehen gab, dass es für sie errichtet worden sei. Dann ließ er sie allein, denn sie hatten sich ja notgedrungen so viel zu erzählen von ihren gegenseitigen Schicksalen und Erlebnissen. Was Mutter Judith zu erzählen hatte, war freilich nicht viel. Sie und Theo hatten keine Ahnung von dem, was ihrem Gatten und Vater geschehen war. Als sie erwachten und in die Stube traten, fanden sie hier vier Sioux, welche am Feuer saßen und sich ein Frühstück bereiteten. Einer der Krieger erklärte ihnen, dass sie als Gefangene weggeführt werden würden, aber nichts zu befürchten hätten, wenn sie keinen Fluchtversuch machten. Sie waren natürlich bis zum Tode erschrocken und konnten nicht an Widerstand denken. Auf die Frage nach ihrem Gatten erhielt Mutter Judith die kurze Antwort, dass er schon fortgeführt worden und ihm nichts geschehen sei. Sie wurde aufgefordert, für sich und Theo ein Frühstück zu bereiten, da man bald aufbrechen würde. Es war noch nicht Tag, und während Mutter Judith den Tee bereitete, trat ein hochgewachsener Mann in vollem Kriegsschmuck durch den Eingang und sprach mit einem der Siouxkrieger.

»Ich konnte ihn nicht erkennen, Joel«, sagte Mutter Judith, »der Schein des Herdfeuers drang nicht zu ihm. Aber er hatte für mich etwas Bekanntes, das mich anheimelte, und wenn es kein Ding der Unmöglichkeit wäre, so würde ich darauf schwören, dass es unser armer verschollener Kit gewesen sei.«

»Und warum soll er es nicht gewesen sein, Liebe?«, fragte Hogg, ebenfalls von einer freundlichen Ansicht durchdrungen. »Bei Gott ist kein Ding unmöglich. O, wenn es wirklich Kit wäre, so könnte ich mir alles erklären.«

Mutter Judith erzählte dann weiter, wie es bis zum Aufbruch mittlerweile Tag geworden sei, wie man ihr und Theo ihre eigenen Pferde gesattelt vorgeführt und sie aufgefordert habe, diejenigen Stücke ihrer Habe zu benennen, welche sie mitnehmen möchten. Als sie das getan und hierauf fortgeführt worden und auf dem ganzen Weg zwar etwas barsch nach Indianerart, aber rücksichtsvoll behandelt und sogar teilweise getröstet worden seien, dass ihnen nichts zuleide geschehen solle, und wie sie in mäßigen Tagereisen fortgebracht und genügend verpflegt worden seien und sogar einen Teil ihrer Habe mitgebracht hätten. Einer der Indianer hatte ihr sogar vorsorglich ihren zinnernen Teetopf mitgegeben.

Unter diesen wechselseitigen Mitteilungen und diesem frohen zärtlichen Austausch in der Hütte hatten Hogg und die seinen nicht bemerkt, dass die Krieger draußen alle möglichen Vorbereitungen zu einem größeren Lager getroffen hatten und dass es mittlerweile Abend geworden war. Plötzlich erscholl draußen ein wildes Freudengeschrei, und als die Hoggs aus der Hütte eilten, sahen sie oben auf der hohen Uferböschung eine Reiterschar von mindestens zwanzig Pferden, welche durch den Wald herunterstieg. Die Sonne war am Untergehen, als das Reitergeschwader aus dem Wald herauskam und an seiner Spitze ein hochgewachsener, schlanker, kräftiger Häuptling, in welchem sie wirklich Kit, den längst verloren geglaubten Kit, erkannten. Sein Gesicht war nicht bemalt, aber sonst trug er den vollen Kriegsschmuck seines Volks an Federn, Bärenzähnen und anderem. Als sie ihm freudig überrascht zuriefen, winkte er ihnen lächelnd von fern, hatte aber zunächst mit seinen Leuten zu tun, denen er Anweisungen gab.

Mutter Judith hatte schon das Abendbrot bereitet und aufgetragen. Theo schürte das Feuer auf, damit es zum Essen leuchte, als Kit, in eine schöne blaue Wolldecke gehüllt, in die Hütte trat und seine Pflegeeltern zärtlich umarmte. Sein Anstand und seine stolze Haltung verrieten den Häuptling, den erfahrenen Krieger, und jenes stolze Selbstgefühl, jene Selbstbeherrschung, welche der Indianer sich anderen gegenüber zu wahren bemüht, liehen selbst seiner Zärtlichkeit etwas Gemessenes und Zeremonielles.

»Dankt nicht, meine treuen Freunde, denn Ihr seid mir keinen Dank schuldig«, sagte Kit dann mit leicht bewegter, aber möglichst fester Stimme. »Ich habe nur eine Schuld der Dankbarkeit und Pflicht abgetragen, und mein Werk ist noch nicht zu Ende. Was ich nun bin, ein angesehener Häuptling und Krieger der Dakota, das bin ich durch Euch. Krank und schwach fandet Ihr mich und habt mich am Leben erhalten, und nun fand ich Euch in Gefahr und fing die Streitaxt auf, welche über Eurem Haupt schwebte. Lasst mich erzählen, wie es mir ergangen ist, seit ich aus Eurem Hause entfloh, um meinem Vater zu folgen und die Stütze seiner Tage zu sein. Dieser hier ist Ta-his-ka, der Weiße Büffel, mein Vater!« Damit deutete er auf seinen Begleiter, in welchem Vater Hogg nun den alten Siouxkrieger erkannte, der ihn hierher geleitet hatte und welcher den Hoggs nun freundlich die Hand schüttelte und ihre Hände an seine Stirn legte.

Dann setzte sich Kit zum Feuer und erzählte in englischer Sprache, welche er noch immer fließend sprach, seine Geschichte. In den Tagen, welche seiner Flucht aus der Yanktonreservation vorangingen, hatte Kit ganz unversehens seinen Vater in der Prärie getroffen, wo dieser umherschweifte, um ihn zu suchen. Der Weiße Büffel war unter den Siouxkriegern gewesen, welche die weißen Krieger als Geiseln des Friedens fortgeschleppt und in einem Grenzfort untergebracht hatten. Der Weiße Büffel ertrug die Gefangenschaft nicht und wollte entfliehen, aber sein Fluchtversuch wurde vereitelt und er erschlug dabei einen der Soldaten, welche ihn daran hindern wollten. Er wurde vor Gericht gestellt und zu acht Jahren Kettenstrafe verurteilt. Als er seine Strafe verbüßt hatte, durfte er wieder zu seinem Stamm zurückkehren, den er nur mühsam erreichte, da dieser in einen anderen Landstrich verzogen war. Und was fand er daheim? Seine Weiber waren teils tot, teils die Weiber von anderen, seine Kinder zerstreut, sein Vermögen und seine Häuptlingswürde verloren, er selbst in den langen Jahren seiner Abwesenheit beinahe vergessen und zu einem bedeutungslosen Mitglied seines Stammes herabgesunken. Er fristete eine Zeit lang mühselig sein Leben. Da hörte er eines Tages von einem der umherziehenden Händler, welche mit den Rothäuten Tauschhandel treiben, einem Mann, der ihn in seinen besseren Tagen gekannt hatte, dass der Missionar in der Yanktonreservation einen Siouxknaben Namens Wah-si aufgenommen und erzogen habe. Alsbald stand bei dem Weißen Büffel der Entschluss fest, seinen Sohn aufzusuchen und zu sich zu nehmen, um einen Gefährten und eine Stütze zu haben. Er fand in Kit seinen Sohn, gab sich ihm zu erkennen, wurde von ihm erkannt und drang in ihn, ihm in die Wildnis zu folgen. Kit hatte dazu anfangs keine Lust und wollte den Vater überreden, sich unter den Yankton niederzulassen, wo Vater Hogg ihm schon vorwärts helfen würde. Allein Ta-his-ka hasste die Weißen und die Yankton gleich sehr, denn diese waren ja die Ursache seines Unglücks gewesen. Er wollte durchaus unter seinen Stammesbrüdern leben; eingedenk der Lehre, welche man ihm eingeprägt hatte: »Ehre Vater und Mutter.« In der halben Befürchtung, Vater Hogg möchte ihn am Ende doch noch zwingen wollen, in das Seminar zu gehen, willigte nun Kit ein, seinem Vater zu folgen. Aber er war von diesem durchaus nicht zu bewegen, dass er seines Pflegevaters Pferde und Waffen mitnahm. So stahl denn der Weiße Büffel das beste Pferd der Yankton für Kit, und dieser und sein Vater ritten miteinander in die Wildnis und schlossen sich einem Dakotastamm an. Kit oder Wah-si, wie er sich nun wieder nannte, wurde einer der besten Jäger, Schützen und Reiter seines Stammes, baute ein kleines Feld, hielt einige Kühe und Schweine, sorgte treulich für seinen Vater, gelangte zu Wohlstand und Ansehen bei seinem neuen Stamm und überragte an Intelligenz und Würde alle Krieger desselben. Er heiratete endlich die Tochter eines Häuptlings, und als die Dakota eine Gesandtschaft nach Washington schickten, um dem »Großen Vater«, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, ihre Bitten und Beschweren vorzutragen, wurde Wah-si auserkoren, die rothäutigen Gesandten als Dolmetscher zu begleiten. Er reiste auf Kosten der Regierung nach Osten, lernte die großen Städte und die Zivilisation der Weißen kennen, aber auch die Herrschsucht, Ländergier und Wortbrüchigkeit, womit sie die Indianer behandelten und von jeher behandelt und um Heimat und Frieden beraubt hatten. Sein Zorn entflammte gegen die tückischen Weißen und die Falschheit, womit sie die Indianer behandelten. Aus dem Dolmetscher wurde der Sprecher der Gesandtschaft, der geschickte und unbestechliche Vorkämpfer der Rechte seiner roten Brüder. Vergebens versuchten ihn die schlauen Weißen in Washington durch Bestechung und Versprechungen für sich zu gewinnen und der Sache seiner Stammesbrüder abspenstig zu machen, wie es ihnen schon bei so manchem Indianer gelungen war. Wah-si blieb unerschütterlich und lernte nun die Weißen auch verachten, nachdem er sie schon hassen gelernt hatte. Er sagte den Senatoren und Staatsmännern in Washington, mit denen die Gesandtschaft zu verhandeln hatte, die bittersten Worte und prophezeite ihnen Blutvergießen und Krieg, wenn sie die armen Rothäute zum Äußersten trieben. Die weißen Männer lächelten geringschätzig, als über eitle Drohungen, und die Gesandtschaft wurde mit leeren Versprechungen nach Hause geschickt. Ehe sie aber noch von Washington schied, suchte ein verworfener, weißer Raufbold, ein Rowdy, mit Wah-si Händel in einem Kaffeehaus und zog den Revolver gegen ihn. Allein Wah-si schlug die Waffe beiseite und den Angreifer nieder und warf ihn dann aus dem Fenster. Dafür wurde er verhaftet, mit Verletzung des Völkerrechts, welches den Gesandten Unverletzlichkeit ihrer Person verbürgt, wurde vor Gericht gestellt und hatte Mühe, freigesprochen zu werden und sein Gebaren als gezwungene Notwehr hinzustellen. Dies erhöhte Kits Achtung vor den Weißen nicht, und als er mit seinen Gefährten wieder in die Heimat der Dakota zurückkehrte und seinen Bericht vor der großen Ratsversammlung abstattete, da bewunderten die ältesten und angesehensten Häuptlinge insgesamt die Klarheit und gewaltige Beredsamkeit seiner Darstellung und den Scharfblick, womit Wah-si erkannt hatte, dass die Weißen förmlich darauf ausgingen, die Sioux zum Krieg zu treiben, um sie womöglich auszurotten und aus ihren Ländereien zu verjagen.

Und da sagte Sitting Bull, der Mächtigste der Siouxhäuptlinge, zu ihm: »Mein Bruder hat gesprochen wie ein Buch der weißen Männer. Sein Gesicht ist noch frisch und jung, sein Geist aber ist gereift und findig wie der eines älteren Mannes. Er verdient, im Rat der Nation zu sitzen, und sein Name sollte nicht Wah-si oder Schneefuß sein, sondern Muschta-wee, strahlende Sonne.«

Und so blieb ihm fortan dieser Name, und er wurde zum ersten Häuptling des Stammes erwählt, dem er sich angeschlossen hatte, und zu einem der Räte der Nation erkoren.

»Und nun haben uns die Weißen auf den Kriegspfad gedrängt«, schloss Kit endlich, »und viel Blut ist bereits geflossen und noch unendlich mehr wird fließen. Ich muss zu den meinen stehen und werde ihre Rechte verteidigen bis zu meinem letzten Atemzug. Aber ich führe nur Krieg gegen die Krieger, gegen Eure Soldaten, nicht gegen wehrlose Ansiedler. Ich schickte diese einfach unter Geleit über die Grenze zurück, anstatt sie zu erschlagen. Mein Herz hatte keine Ahnung, wer in jenem Gehöft an der Furt wohne, das jüngst einer meiner Späher entdeckte, der Euren Hund erschoss. Ich war in der Nähe gewesen, er meldete mir es. Ich schlich hin, sah meinen guten Pflegevater hinter der Tür stehen und erkannte seine ehrwürdigen Züge. Mein Herz drängte mich, ihn und die seinen zu retten, und in freundlicher Absicht umstellten wir sein Haus, damit nicht Krieger eines anderen Stammes ihn überfielen. Ich fand Mittel,

Euch zu retten, und der Augenblick, wo ich Euch sicher unter Euren weißen Brüdern sehen werde, soll der glücklichste meines Lebens sein, denn ich werde eine hohe Dankespflicht abgetragen haben.«

Es war auch für Vater Hogg und Mutter Judith einer der ergreifendsten und glücklichsten Augenblicke ihres Lebens, als sie sich von der Treue und Dankbarkeit Kits überzeugt hatten, welcher vielleicht kälter erscheinen musste, als ihm ums Herz war, um nicht seinen eigenen Kriegern ein Ärgernis zu geben oder zu weich zu erscheinen. Mit dem Andeuten, dass sie am anderen Morgen in aller Frühe aufbrechen würden, um noch vor Abend eines der Forts zu erreichen, schied Kit von seinen Pflegeeltern und kehrte an sein eigenes Lagerfeuer zurück.

Welche Dankgebete und Segenswünsche entströmten an diesem Abend den Lippen der Hoggs, als sie diese unerwartete Wendung ihres Geschicks überschauten und sich so ungemein reich für die Wohltat belohnt fanden, welche sie einst dem armen halb verhungerten Knaben erwiesen hatten und die ihnen nun so unerwartet vergolten wurde! Der einzige bittere Tropfen, welcher in diesen Freudenbecher fiel, war die Tatsache, dass Kit nun gegen die Weißen im Feld stand, ein unglückseliges Opfer der Verhältnisse. Aber wer konnte dafür?

Am folgenden Morgen ward in aller Frühe aufgebrochen und unter dem Geleit von zehn oder zwölf Siouxkriegern der Zug nach Nordwesten angetreten. Kit oder Muschta-wee gab ihnen ein Stück mit einigen anderen Reitern das Geleit, ritt aber nicht mit den Hoggs, vielleicht weil er aus Rücksicht für seine Krieger ihnen nicht zu deutlich sein Wohlwollen zeigen konnte und wollte. Joel Hogg aber sah, dass die vier Packpferde, welche der Zug mit sich führte, die Kisten und Packen mit seiner besten Habe enthielten, und dass der Weiße Büffel diese Saumpferde und ihre Last emsig überwachte. Die Reise ging ohne Gefahr vonstatten. Von Zeit zu Zeit zeigten sich Kit und seine Reiter wieder, die offenbar als Vortrab voranzogen, um für die Sicherheit ihrer Pflegebefohlenen zu sorgen. Am Abend wurde in einem kleinen Waldtal an einem kleinen Flüsschen gelagert, und Kit kam, um sich nach dem Befinden seiner Pflegeeltern zu erkundigen und ein Stündchen mit ihnen zu verplaudern.

»Ergebt Euch geduldig in diese Strapazen, denn morgen sollt ihr hoffentlich in Sicherheit sein«, sagte er.

Am Morgen geleitete er sie wieder ein Stück weit und sie zogen durch einsame Prärien und kleine Gehölze bis gegen Mittag, wo sie Kit mit seinen Reitern wieder sahen, der sie am Fuß einer Anhöhe erwartete. Sie ritten diese hinauf, und als sie oben waren, lag ein ziemlich weites Flusstal vor ihnen, an dessen Sohle der Missouri seine raschen Fluten hinwälzte. Jenseits desselben mündete ein kleinerer Fluss in diesen, und auf der Höhe der Flusses lag eine kleine Befestigung, über deren hölzernen Gebäuden das Stern- und Streifenbanner der Union wehte.

»Das ist Fort Rice, wo Ihr unter Freunden sein werdet«, sagte Kit. »Jenes Flüsschen ist der Longlake Creek. Ihr braucht nur noch vorwärts zu reiten und Eure Ankunft zu melden und Hilfe zu begehren, und man wird Euch eine Fähre herüberschicken. Und hier scheiden sich unsere Wege. Lebt wohl und gedenkt meiner in Liebe, wie ich Euer immer gedenken werde. Ich fürchte, wir scheiden hier auf immer!«

Es war ein schwerer Abschied, der unter einer Gruppe alter Bäume genommen wurde. Kit und sein Vater, von Gebüsch gedeckt, blieben oben auf der Böschung und überwachten die Hoggs, die mit ihren Packpferden, welche von zwei Sioux geführt wurden, die Uferböschung hinunterritten. Unten am schmalen Ufer schoss Vater Hogg seine Flinte mehrmals ab und Mutter Judith winkte mit dem Tuch, um die Aufmerksamkeit der Besatzung des Forts auf sich zu ziehen und um Hilfe zu bitten. Sie wurden bemerkt und sahen bald, wie einige Soldaten und Halbblut herunterkamen, um sie zu befragen und gegebenenfalls aufzunehmen. Nachdem sich beide Parteien eine Weile über den Fluss hinüber verständigt hatten, schoben die Soldaten eine Fähre ins Wasser und holten auf einigen Fahrten die Hoggs, ihre Tiere und ihr Gepäck hinüber.

Kit beobachtete diesen Vorgang mit tiefer Bewegung. Als seine beiden Krieger aber wieder zurückgekehrt waren und er die Hoggs wohlbehalten am jenseitigen Ufer erblickte, sprang er auf, winkte ihnen noch einmal bewegt einen Gruß zu und eilte dann zu dem Ort zurück, wo er seine Pferde und Krieger gelassen hatte, schwang sich in den Sattel und sprengte mit ernstem Gesicht und verhängten Zügeln gen Südwest, dem Heer der Dakota zu.

Als Vater Hogg und die seinen sich dem Tor von Fort Rice näherten, kamen ihm die Offiziere der Vereinigten Staaten-Truppen entgegen, unter ihnen der Major Campion, welcher Hogg persönlich kannte und sich nicht wenig wunderte, ihn hier zu sehen. Alle waren begierig, zu erfahren, durch welche wundervolle Fügung der Umstände er Fort Rice erreicht habe, denn die Offiziere wussten, dass drüben auf dem westlichen User des Missouri längst feindliche Indianerbanden umherschweiften, denen er gewissermaßen nur durch ein Wunder entgangen sein konnte. Die Erzählung seiner Erlebnisse aber klang beinahe noch erstaunlicher.

Major Campion sagte: »Ihre Schilderungen rühren mich, denn zum ersten Mal zeigen sie mir ein Beispiel von Dankbarkeit und Edelmut einer Rothaut. Möchten unter den Sioux nur viele solcher Männer sein, wie jener Muschta-wee, einer ihrer angesehensten und tapfersten Häuptlinge!«

Hogg und die seinen sahen sich natürlich in Fort Rice auf das Herzlichste und Gastfreundlichste aufgenommen. Man wies ihnen ein eigenes kleines Häuschen zu, da sie vorerst bleiben mussten, bis sie unter genügendem Schutz ostwärts reisen konnten. Sie brachten ihre geretteten Habseligkeiten in dem Häuschen unter. Als Vater Hogg seinen Sattel aufhängen und die Satteltaschen leeren wollte, fand er in einer dieser eine alte Brieftasche, mit welcher er einst Kit zu Weihnachten beschenkt hatte, und in dieser eine namhafte Summe in Papiergeld und einen Zettel, von Kit handgeschrieben, mit der Bitte, diese Summe als Entschädigung für das anzunehmen, was sie durch den Krieg verloren hätten.

Der Krieg entbrannte auf der ganzen Grenze mit der wildesten Wut und mit entschiedenem Misserfolg für die Truppen der Vereinigten Staaten, welche mehrmals von den Indianern heimlich überfallen, in Massen niedergemacht und zurückgeworfen wurden, während die rothäutigen Krieger nur höchst selten den Angriffen der Amerikaner standhielten. Nur einmal, als die Truppen unter General Gibbon ein Lager der aufständischen Sioux überfielen und diese, wie immer der Übermacht gegenüber, nach kurzer Gegenwehr zu weichen begannen und sich zurückzogen, warf sich eine kleine Schar tapferer und besser disziplinierter Indianer den Soldaten entgegen, hielt diese in Schach und deckte den roten Brüdern den Rückzug. Bei dieser tapferen Gegenwehr wurden viele Sioux erschlagen, worunter auch ihr tapferer Häuptling Muschta-wee, dessen Leiche, von mehreren Kugeln durchbohrt, auf der Walstatt liegen blieb, erkannt und mit Ehren beerdigt wurde, als ein Opfer seiner tapferen und loyalen Kriegführung. Sein Tod rief die wildeste Erbitterung und Rachgier unter den Sioux hervor. Als einige Monate später General Custer gegen die aufständischen Sioux den Bighorn River hinauf in Wyoming einrückte, wurde er am 25. Juni 1876 von den Indianern überfallen und beinahe mit allen seinen Leuten, über 300 Mann, schonungslos niedergemacht, als Totenopfer für Muschta-wee.

Monate danach erst erfuhren Hogg und die seinen aus den Zeitungen den Tod des armen Kit. Sie waren mittlerweile in einer Stadt in Illinois, wo sich Vater Hogg zur Ruhe gesetzt hatte. Aber er und seine Gattin und seine Söhne gedachten mit Dank und Rührung ihrer glücklichen Rettung aus drohender Gefahr durch den tapferen Sioux-Kit.