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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die sechs schlafenden Jungfrauen 2

Die sechs schlafenden Jungfrauen oder: Der schreckliche Zweikampf
Eine furchtbare Ritter- und Geistergeschichte von Wilhelm Bauberger erzählt
Kapitel zwei

Böse Nachbarn

Ritter Alfred war ein schöner blühender Jüngling von zwanzig Jahren, und seit einem Jahr, da er innerhalb desselben Vater und Mutter verloren hatte, Besitzer der Schwefelburg, seines Ahnenschlosses. Ritter Urach von Heckeburg, genannt der Eiserne, dessen Besitzungen an die Güter des Schwefelburgers grenzten, war mit Alfreds Vater in häufiger Fehde gestanden, ohne dass ein Teil etwas dabei gewonnen hätte. Jetzt, da der Alte tot war, suchte Urach auf jede nur mögliche Art Streit, weil er in einem Strauß mit dem jungen Ritter leicht fertig zu werden glaubte. Hierzu fand sich für denselben bald eine erwünschte Gelegenheit.

In schlichter Jägerkleidung mit Lanze und Schwert bewaffnet, war Alfred am Morgen nach der Einkehr des schauerlichen Gastes aus dem Totenreich in Begleitung Wolffs zu seinem Forst geritten. Die vom Sturm niedergerissenen Bäume erschwerten oft ihren Weg und lange irrten sie umher, ohne nur auf ein Stück Wild zu stoßen, als jählings ein wütender Eber, der bereits mit einem Pfeil angeschossen war, des Weges daherstürmte und gen Alfred anrannte. Dieser besann sich rasch und stieß dem Keiler das Schwert in den Rachen, dass derselbe nach wenigen Minuten grunzend verendete.

Alfred zerbrach sich darüber den Kopf, wie der Eber angeschossen worden sein mochte. Da erblickte er ganz in der Nähe zwei Kerle, die bei seinem Anblick das Hasenpanier ergriffen. Schnell eilte er ihnen nach, während Wolff bei der Beute zurückblieb, und holte die Flüchtlinge ein.

»Hallunken, steht!«, rief er ihnen zu, »oder ich haue euch nieder!« Atemlos knieten sie nieder und baten um ihr Leben.

Es waren Knechte des Ritters Urach von Heckeburg, der ihnen befohlen hatte, in Alfreds Forsten zu jagen. Alfred erlaubte ihnen unbeschadet zu ihrer Burg zurückzukehren, fügte jedoch eine furchtbare Drohung hinzu, indem er ihnen bedeutete: »Sagt dem Ritter Urach von Heckeburg, dass ich denjenigen, den ich wieder in meinem Forst erwische, ohne Gnade an den nächsten Baum würde aufhängen lassen, und wäre es Ritter Urach selbst!« Dankend für die gnädige Strafe entfernten sie sich.

Mit dem Entschluss, in der Stunde der Mitternacht den Geist erscheinen zu lassen, um ihn zu bitten, dass er ihm die Höhle zeige, wo die sechs Jungfrauen schliefen, ritt er zu seiner Burg zurück.

Noch am selben Abend, als Alfred eben nachdenklich in seinem altertümlichen Gemach saß, erschien vor ihm ein Bote des Heckeburgers und überreichte ein Pergament folgenden Inhalts.

»Da Ihr, Ritter Alfred von Steinkopf, zwei meiner Knechte gröblich beleidigt habt, so erkläre ich Euch hiermit schreckliche Fehde, wenn Ihr nicht innerhalb drei Tagen vom Empfang dieses Pergamentes an zu mir kommt, um Verzeihung bittet und den ganzen Forst, wo die Knechte gejagt haben, an mich abtretet auf ewige Zeit. Da Ihr Euch auch geäußert habt, dass Ihr selbst mich wollt aufhängen lassen, wenn Ihr mich in Eurem Forst erwischt, so verlange ich außerdem zwanzig Harnische und eben so viele Silbergulden.

Gegeben auf Heckeburg im Jahre des Erlösers 1127 am Tage aller Seelen.
Ritter Urach von Heckeburg.«

In Alfreds Adern hätte nicht das ritterliche Blut seiner ruhmvollen Ahnen fließen müssen, wenn er eine so freche Aufforderung ruhig hingenommen hätte. Er erklärte sich zur Fehde bereit und ließ sogleich alles in Verteidigungsstand setzen. Um Mitternacht erschien ihm auf seinen Ruf der Geist des Ritters Unko von Waldstein. Der versprach, im nächsten Frühjahr des Jünglings Gesuch zu erfüllen und ihm den Aufenthalt der sechs schlafenden Jungfrauen zu zeigen. Bis dahin sollte er sein Augenmerk auf die eigenen Angelegenheiten richten.