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Der Welt-Detektiv Band 6

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Hessische Sagen 14

Zwetschenheinrich

Am Rhein bei Gernsheim liegt eine Mühle, die hat zwölf Gänge. Als diese gebaut wurde und das erste Stockwerk fertig war, ging dem Müller das Geld aus. Als der Mann nun so traurig an den Mauern herumschlich und nicht wusste, wie er sich helfen solle, stand plötzlich der Zwetschenheinrich (Teufel) vor ihm und sprach: »Verschreib mir was, dann geb ich dir augenblicklich einen Mehlsack voll Geld.«

Der Müller stutzte anfangs, aber besann sich doch nicht lange, denn das Geld und die Mühle stachen ihm gewaltig in die Augen. Er antwortete: »Gut, ich verschreib dir was, der zwölfte Gang in der Mühle soll dein sein, da darfst du alle Tage eine geschlagene Stunde mahlen.«

»Ein Mann, ein Wort«, sagte der Schwarze und weg war er.

Als der Müller sich aber umschaute, da stand der Sack hinter ihm und es war ein ordentlicher Maltersack.

Jetzt ging der Bau wieder lustig vorwärts und bald stand die Mühle fix und fertig da. Zugleich kam der Zwetschenheinrich wieder und sagte: »Jetzt will ich meine Stunde haben, die muss sein von elf bis zwölf Uhr mittags, dann muss der Gang jedes Mal sauber und scharf sein. Ist er das, dann ist’s gut, wo nicht, dann taugt es nicht.«

Der Müller sorgte, dass alles so geschah, und schärfte seinen Mühlburschen ein, wohl darauf zu achten, dass alles stets in Ordnung sei. Die taten es auch redlich, und jedes Mal, wenn sie geschärft hatten, lag ein neuer Groschen auf dem Mühlstein. Als einer das aber einmal versäumte, verschwand er und man hat nichts mehr von ihm weder gesehen, noch gehört. So wird es noch in der Mühle gehalten. Von elf bis zwölf aber ist ein Rumor in dem Gang, als wenn zwanzig Gänge zugleich liefen, doch sieht man nichts, wenn nicht das Eine, dass der Müller mit jedem Tag reicher wird und besser steht, als einer am ganzen Rhein.


Des Teufels Fuß

Bei den Schmitts-Äckern zwischen Döllbach und Motten steht ein Kreuz aus Stein, an dem man den Eindruck eines Pferdefußes sieht. In der Nähe dieses Kreuzes erwartete einst ein Mädchen seinen Geliebten und sehnte sich wohl allzu sehr nach ihm, sodass sein Herz der Sünde nahe war. Da trat plötzlich eine Gestalt, wie die ihres Liebsten, der ein Jägerbursche war, aus dem Wald und kam querfeldein auf sie zu. Mit freudiger Hast eilte sie ihm entgegen und reichte ihm die Hand. Doch da fasste der Jäger sie stürmisch an und wollte sie zu seinem Willen zwingen. Sie rang sich sträubend, bis sie an das Kreuz kam.

Da rief sie jammernd: »Jesus, Maria, Joseph, steht mir bei!«

Sogleich fühlte sie sich frei. Sie hörte nur noch, wie der Jäger wild mit dem Fuß auf den Stein stampfte, dann sank sie ohnmächtig hin. Als sie wieder zu sich kam, sah sie den Eindruck im Stein und erkannte, in welcher Gefahr sie durch den Bösen gewesen war, den ihr Ruf verscheucht hatte.


Der Teufelspfad

Zwischen Jugenheim und dem Felsberg liegt der Teufelspfad, der hat von folgender Begebenheit seinen Namen. Ein Jäger hatte ein Mädchen um ein Uhr morgens dahin bestellt, aber er hatte ein falsches Herz und ging mit einem andern Mädchen nach Jugenheim. Als das Mädchen nun da stand und auf den Jäger wartete, da kam ein anderer Jäger im grünen Rock des Wegs daher und auf sie zu.

Er fragte: »Was stehst du hier und wartest? Dein Schatz kommt doch nicht. Darum ergib dich mir und werde mein Schätzchen. Ich mach dich reich und glücklich für dein Leben lang.«

»Wer bist du denn? Ich kenne dich nicht«, sprach das Mädchen.

»Ich bin reicher als ein Fürst auf der Welt«, sagte der Jäger.

Da lächelte das Mädchen und schaute vor sich hin, als wollte es sich die Sache überlegen. Da sah es zu seinem Schrecken, dass der Jäger einen Bocksfuß hatte und schrie: »O Herr Jesu, was hast du für einen Fuß!«

Kaum hatte sie das Wort aus dem Munde, da war der Jäger verschwunden. Das Mädchen aber fiel in Ohnmacht und kam erst spät am Morgen zu sich. Als es das weiter erzählte, gaben die Leute den Weg seinen heutigen Namen.


Wie einmal der Teufel von einem Hessen geprellt wurde

Ein Mann, dem es schlecht ging, schlich trübselig durch den Wald und dachte mehr ans Sterben, als ans Leben. Da trat ein grüner Jäger auf ihn zu und fragte ihn, was ihm fehle.

»Mein Haus und Hof sind abgebrannt«, antwortete der Mann, »und ich kann sie nicht wieder aufbauen, denn ich habe kein Geld und ohne Geld arbeitet keiner für mich. Meine Äcker müssen gepflügt, geeggt und gesät werden, und alle meine Knechte haben mich verlassen.«

»Wenn’s nur das ist«, sprach der Jäger, »dem kann abgeholfen werden. Ich will dir dienen, wenn du mir nur immer Arbeit gibst. Hast du aber keine für mich, dann bist du mein. Willst du das?«

Der Mann dachte, Arbeit will ich schon immer für dich haben, daran soll es nicht fehlen, und ging den Vertrag ein. Das Erste, was er dem Fremden, der niemand als der böse Feind war, zu bauen aufgab, war natürlich das abgebrannte Haus. Aber das machte diesem nicht lange Arbeit, es stand schon am folgenden Morgen da.

»Nun ackere und egge meine Äcker«, sagte der Mann, dem jetzt schon ein bisschen heiß wurde. Und am folgenden Morgen war alles Land in der schönsten Ordnung.

Und der Böse sagte lachend: »Wo ist mehr Arbeit?«

»Baue mir eine Straße bis zur Stadt«, sagte der Mann, dem der Angstschweiß in dicken Tropfen auf die Stirn trat, denn er sah wohl ein, wie leichtsinnig er gehandelt hatte, schlich auch den ganzen Tag trüb und finster umher. Das sah seine Frau und fragte ihn, was ihm denn jetzt noch fehle, da er ja alles schöner besitze, als vor seinem Unglück. Er wollte anfangs nicht mit der Sprache heraus. Endlich sagte er ihr alles und verschwieg ihr nicht, dass er nicht manchen Tag mehr zu leben habe, weil der Böse alle aufgetragene Arbeit so gar schnell fertig bringe. Da lachte sie, sprach, da sei leicht zu helfen und gab ihm einen so guten Rat, dass er wieder ganz heiter wurde.

Am folgenden Morgen kam der Böse wieder und fragte hohnlachend: »Wo ist mehr Arbeit?«

»Komm mit mir«, sprach der Mann und ging mit ihm auf einen Sandbuckel, nahe bei seinem Haus. »Das Seil am Brunnen ist faul«, sprach er dort, »drehe mir aus dem Sand ein Seil, welches meinen Kindeskindern noch aushält.«

»Das hat dir ein anderer geraten, der klüger ist als du«, rief der Böse wütend und verschwand, während der Bauer ihn herzlich auslachte.


Die Teufelskanzel im Hangelstein bei Gießen

Wenn man den Weg von Gießen nach Heibertshausen geht und kommt an dem großen Steinbruch im Hangelstein vorbei, so sieht man gleich rechts im Wald ein hervorragendes Feldstück, das heißt die Teufelskanzel, denn da soll der Teufel alle Jahre einmal des Nachts predigen.


Der weiße Teufel im Dom zu Fulda

Als der Teufel sah, wie sich der Dom zu Fulda so schön erhob und all der Seelen gedachte, welche er durch diesen Bau verlieren werde, verlor er vor Ärger die Farbe und wurde kreideweiß. So sieht man ihn noch heute in der Kuppel des Doms, wo ihn St. Michael bewacht; und er ist ein Wahrzeichen der Stadt.


Stimme aus dem Feuer speienden Berg

Ein Mann aus der Gegend von Wenings diente als Matrose auf einem Schiff. Auf einer seiner Reisen kam er an einem Feuer speienden Berg vorüber. Darin hörte er schreckliches Jammern und Wehklagen und zugleich eine Stimme, die in der Luft schrie: »Tapfer, tapfer, aufgemacht! Der Händler von Ketsch kommt!«

Er merkte sich Tag und Stunde wohl, und als er wieder nach Hause kam, erkundigte er sich, wer unterdes gestorben sei. Da erfuhr er, dass am selben Tag und in derselben Stunde, als er die Stimme gehört hatte, ein berüchtigter Wildbrethändler in Ketsch gestorben war.


Geistertafel am Borstein

In Reichenbach wohnte ein Bäcker mit Namen Gansert, der mit Kuchen und Branntwein hausieren ging und sich besonders immer dann einfand, wenn die Jäger der Umgegend nach einer gemeinsamen Jagd sich zu einem gemeinsamen Mittagsmahl im Freien vereinigten, was meistens am Borstein geschah.

Als dieser Gansert eines Tages von einer seiner Wanderungen zurückkehrte und in das Reichenbacher Tal hinabstieg, führte ihn sein Weg an dem Borstein vorbei. Da sah er an dem Fuß des Felsens eine gedeckte Tafel stehen mit allerlei Geschirr und schönen Gläsern darauf. Indem trat ein Mann hinter dem Felsen hervor, bot ihm die Zeit und fragte ihn, wie es dem Herrn Pfarrer zu Reichenbach gehe.

»Ganz gut!«, sagte der Bäcker. Und weil er glaubte, es sei in seiner Abwesenheit eine Jagd veranstaltet worden und die Jäger wollten hier Mittag hatten, so ging er rascher vorwärts nach dem Dorf zu, um bald mit frischen Vorräten wieder da sein zu können. Wie erstaunte er aber, als er in Reichenbach den Förster ganz ruhig im Fenster liegen und eine Pfeife rauchen sah.

Er fragte: »Ei seid Ihr denn nicht bei der Jagd?«

Da lachte der Förster und sagte, er wisse nicht, was er damit sagen wolle, es sei seit vierzehn Tagen keine Jagd gewesen.

Der Bäcker erzählte nun, was er gesehen hatte und stieg auch sogleich in Begleitung mehrerer Leute wieder hinauf an den Borstein. Da war jedoch nichts mehr zu sehen. Der Pfarrer aber war von einer schweren Krankheit befallen worden, zu derselben Stunde, als der Fremde sich nach seiner Gesundheit erkundigte.


Die schlechten Gemeinderäte

Vor mehr als hundert Jahren hatten die Gemeinden Reichenbach und Bensheim einen Prozess über eine schöne Waldung, die mitten zwischen den Gemarkungen beider Orte lag. Nachdem der Streit lange Jahre gedauert hatte, und beide Teile es endlich müde waren, die Advokaten mit ihrem Schweiß zu mästen, kam man dahin überein, dass die Sache dem Rathaus zu Bensheim durch den schiedsrichterlichen Spruch von zwölf, von beiden Parteien dazu erwählten Männern geschlichtet werden solle. Von den Reichenbachern wurden sechs Gemeinderäte erwählt, welche das Interesse ihrer Mitbürger aufs Beste zu vertreten gelobten. Als aber die Herren zu Bensheim auf dem Rathaus ankamen, hatten die klugen Bensheimer ein Fässlein ihres besten Weines als Frühtrunk bereitgestellt und tranken nun ihren Gegnern so lange daraus zu, bis dieselben von dem Recht ihrer Wirte ganz durchdrungen waren und den Wald durch feierlichen Spruch Bensheim zusprachen. So waren die Reichenbacher schändlich betrogen, die falschen Gemeinderäte aber haben bis auf den heutigen Tag keine Ruhe. Auf Advent steigen sie aus ihren Gräbern heraus und tanzen in dem Wald umher, der durch ihre Schuld jetzt zu der Bensheimer Gemarkung gehört. Oft auch sind sie als sechs Irrwische bis in die Straßen von Reichenbach gekommen, sind vor den Fenstern der Leute herumgetanzt und haben sich gebalgt, dass die roten Funken davon gefahren sind.


Heim leuchten

In Laudenau lebte einmal ein wüster und wilder Mann, der lag den ganzen Tag im Wirtshaus, und wenn er abends heimkam, ritt er mit dem Gaul in die Stube hinein bis vor seiner Frauen Bett. Eines Abends spät, auf dem Heimweg, sah er auf einer Wiese zwei Heerwische tanzen, und weil es eine dunkle Nacht war, so rief er ihnen zu, sie sollten ihm heimleuchten, er wolle ihnen zwei Kreuzer geben! Da kamen die beiden Flämmchen herbeigeschossen und tanzten auf dem ganzen Weg vor ihm her und leuchteten so gut, dass das Pferd an keinen Stein stieß. Ais der Mann aber zu Hause ankam, ritt er hinein und riegelte die Tür hinter sich zu, ohne den Heerwischen den bedungenen Lohn auszuzahlen. Diese warteten eine Zeit lang draußen, dann aber liegen sie wider das Fenster und wurden ihrer so viele und fingen an, so zu toben und zu wirtschaften, dass der Mann jeden Augenblick glaubte, sie hätten ihm das Haus über dem Kopf angesteckt. Mit Zittern und Zagen reichte er die zwei Kreuzer hinaus, da gab’s Ruhe. Der Mann hat sich aber nicht mehr von den Irrwischen den Weg weisen lassen, sondern sich in Zukunft lieber selber heimgeleuchtet mit einer Laterne, was auch nicht mehr oft geschah, denn er wurde von der Zeit an ein gesetzter Mann und blieb abends daheim.