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Hessische Sagen 12

Hexe als Schwein

In Bensheim lebte ein Bauer, den das Unglück so verfolgte, dass er bald aus einem reichen ein armer Mann wurde. Was er säte und pflanzte, ging zugrunde, und sein Vieh fiel, ein Stück nach dem anderen, sodass er endlich wohl sah, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging. Als er nun eines Abends spät noch ausging, um für seine Frau, die gerade im Kindbett lag, etwas in der Apotheke zu holen, hörte er über sich in der Luft eine, wie es ihm schien bekannte Stimme sprechen: »Nein, das darf ich ihm nicht antun, er hat ja weiter nichts mehr, als das Kind.«

Als er nach Hause kam, sagte er zu seiner Frau, sie solle das Kind heute Nacht zu sich nehmen, er selber legte einen alten Säbel zu sich ins Bett und blieb wach. Um zwölf Uhr ging die Tür auf, eine große Sau kam herein, schnüffelte an der leeren Wiege herum und lief dann auf das Bett zu, wo die Frau mit dem Kind lag. Da sprang der Mann heraus und hieb mit dem Säbel nach dem Schwein, welches laut grunzend floh. Des anderen Morgens sah der Bauer eine abgehauene Hand in der Stube liegen, mit dem Ring seiner Mutter daran. Er lief zu seiner Mutter, fand sie noch im Bett und zog die Decke weg da war ihr linker Arm mit blutigen Lappen umwickelt und die Hand war fort.

»Ach Mutter«, sprach er, »warum habt ihr mich zu einem so elenden Mann gemacht?«

»Schweig nur still«, sagte sie, »es soll ja alles wieder anders werden, ich bin nur dazu gezwungen worden.«

Von dem Tage an ging es mit dem Bauern wieder vorwärts, die alte Frau ist aber seitdem ohne Hand herumgegangen.


Eifersüchtige Katze

Ein Bursche pflegte oft nachts zu seinem Schätzchen zu gehen. Da begegnete ihm aber jedes Mal eine schwarze Katze, die hinter oder neben ihm herlief, bald ihm den Weg verrannte und ihn mit ihren glühenden Augen anguckte, dass ihm ganz grausig zumute wurde. Endlich nahm er einmal seinen Kameraden mit, der sich auf Zauberdinge verstand. Es währte nicht lange, so sahen sie die Katze vor einem Zaun sitzen. Da machte der Kamerad sein Gartenmesser auf und warf es über das Tier weg. Jetzt sahen sie plötzlich statt der Katze ein Mädchen aus dem Dorf vor dem Zaun liegen, nackt wie sie Gott geschaffen, die hatte den Burschen schon längst heimlich lieb gehabt und war ihm eifersüchtig auf Schritt und Tritt nachgefolgt.


Die beiden Katzen

Ein Bursche wollte sich bei einem Bauer verdingen.

Der warnte ihn endlich und sprach: »Ich rate dir’s nicht, so viele Knechte hab ich schon gehabt und keiner hat die dritte Nacht überlebt.«

Der Bursche aber fürchtete sich nicht und sagte, er wolle es wagen. Es war aber zufällig von denen einer, über die kein Zauber Gewalt hatte. In der dritten Nacht blieb er wach, stellte sich aber schlafend. Da sah er bald zwei schwarze Katzen sich gegenüber, ihm zu Haupte und zu Füßen sitzen.

Die eine sagte »Er bevt«, die andere »Er bevt nicht«, die eine wieder »Er bevt«, die andere »Er bevt nicht« und so weiter und so fort. Das heißt in ihrer Hexensprache: Er schläft.

Als es ihm zu lange währte, sprang er auf, nahm sein Messer und hieb der einen eine Pfote, der anderen eine Kralle ab, worauf sie entwichen. Die zwei Gliedmaßen aber wickelte er in ein Tüchlein und brachte sie morgens hinunter. Da fand er des Bauern Weib und Schwester im Bett und unpässlich. Als der Knecht ihnen die Decke kurz und gut herunterzog, fehlte der einen eine Hand, der anderen ein Finger. Da tat er sich mit dem Bauern zusammen, sie machten hinter dem Haus ein großes Feuer und verbrannten die beiden zu Asche.


Zwölf Katzen

Auf dem Neuenhof bei Gelnhaar ließ der Pächter Branntwein brennen und nahm dazu vier Gesellen in Dienst. So oft die nun abends beim Kessel standen, kamen zwölf Katzen herein und setzten sich in einer Reihe auf eine Bank. Die Gesellen hatten ihre Freude daran, streichelten sie und lobten sie, was sie für artige Kätzchen wären. Nur einem von den vieren kam die Sache nicht ganz richtig vor, und als eines Abends die drei anderen beim Kessel eingeschlafen waren, tat er, als ob er auch fest schlafe, und gab genau auf die Katzen acht. Es dauerte auch nicht lange, so fing die älteste und größte, die obenan saß, zu sprechen an und fragte die anderen: »Schlafen sie?«

»Sie schlafen!«, antworteten die übrigen Katzen.

Und nun besprach es die Alte mit ihnen, dass sie des folgenden Abends die vier im Schlaf umbringen wollten. Des anderen Tags aber erzählte der Geselle alles seinen Kameraden. Als des Abends die zwölf Kätzchen wieder in einer Reihe auf der Bank saßen, schöpfte sich jeder einen großen Löffel voll kochenden Wassers und goss es über sie, sodass die größte am meisten verbrannt wurde, die anderen jedoch auch ihr richtiges Teil bekamen. Sie liefen alle mit furchtbarem Geschrei davon, und des anderen Morgens lagen in einem Ort, zwei Stunden vom Neuenhof entfernt, zwölf Weiber im Bett und waren übel verbrannt. Die Älteste davon war so zugerichtet, dass sie nach drei Tagen den Geist aufgab. Sie war es, welche die elf andern angestiftet hatte, weil sie von den vier Burschen verhöhnt und eine Hexe gescholten worden war.


Strumpfbänder geliehen

Das Kind eines Mannes in Reichenbach, welches eine feste Gesundheit hatte und sehr gut gedieh, fing plötzlich an, die Muttermilch gleich nach dem Trinken wieder von sich zu geben, sodass es bald das Schwinden bekam. Die Mutter des Kindes ließ einen klugen Mann kommen, der maß das Kind und wendete mancherlei an. Dann sagte er, die Hexe, die es dem Kind angetan, werde nun neun Nächte lang in Gestalt einer Katze an die Tür kommen. Danach werde es mit dem Kind wieder besser gehen.

Am folgenden Abend, als die Frau allein bei dem Kind saß, kratzte es beständig an der Tür. Die Frau hütete sich aber wohl, aufzumachen und nachzusehen. Ebenso ging es die folgenden Nächte. Als am dritten Abend der Mann spät nach Hause kam und die Treppe hinaufstieg, sah er vor der Stubentür ein Ding gleich einer Katze sitzen, welches bei seiner Annäherung die Treppe hinab durch die Küche lief und dort durch eine Fensterscheibe hinaussprang. Sechs Nächte noch kam die Katze regelmäßig wieder. Am zehnten Tage wurde das Kind schon bedeutend besser und bald war es wieder so gesund als es vorher gewesen. Später, als die Frau in jenen Mann drang, ihr zu sagen, wer das Kind behext habe, fragte er sie, ob sie sich nicht erinnern könne, jemanden etwas geliehen zu haben. Nach langem Besinnen fiel es ihr ein, dass eine Nachbarin ein Paar Strumpfbänder von ihr geborgt hatte.

Da sagte der Mann: »Die Strumpfbänder haben Eurem Kind auf dem Herzen gelegen, dass es die Milch nicht bei sich behalten konnte.«


Hexe erkannt

Ein Küfergeselle ging auf die Arbeit zu einer alten Meisterin in Bindsachsen. Als er abends fortging, fragte ihn die Frau, ob er sich nicht fürchte, so allein nach Hause zu gehen.

»Nein«, sagte er. Als er nun auf dem Heimweg zu seinem Ort durch die Wiesen ging, machte sich eine große Katze zu ihm und lief beständig neben ihm her. Er aber kümmerte sich nicht darum. Als er des anderen Abends fortging und ihn die Wirtin wieder fragte, ob er sich nicht fürchte, sagte er, es käme wohl eine Katze zu ihm, er fürchte sich aber vor dem dummen Tier nicht. Wie er nun in die Wiesen kam, war auch die Katze wieder da, und diesmal ging sie auf ihn hinein und wollte auf ihn los springen. Da schlug er ihr mit der Reifzange das linke Vorderbein entzwei, dass sie schreiend entfloh. Des anderen Tags lag die Meisterin im Bett, der Geselle zog ihr die Decke weg und sah, dass ihr linker Arm zerbrochen war. So kam es an das Tageslicht, dass die Frau eine Hexe war.


Der Hexe wird die Hand abgeschnitten

Ein Bauer hatte eine behexte Kuh. Er stellte des kranken Tieres Milch in einem Krug in den Schrank und ließ den Viehdoktor kommen. Wie der das Haus betrat, kam auch gleich die Hexe gelaufen, wollte hinein und schrie, er solle ihr den Krug geben, der in seinem Schrank stehe. Aber der Tierarzt ließ Tür und Fenster verschließen und einen Eimer voll Wasser in die Mitte der Stube stellen. Da konnte man auf dem Boden des Eimers deutlich das Bild der nackten Hexe sehen. Das Wasser wurde in einem Kessel übers Feuer gestellt. Als es kochte, nahm der Vieharzt den Krug aus dem Schrank und ließ die geronnene Milch langsam hineinlaufen. Dabei schnitt er mit dem Messer durch das Erste, das herauskam. Der Kessel musste noch eine Zeit lang tüchtig kochen. Des anderen Tages lag die Hexe im Bett und war übel verbrannt, und die linke Hand war ihr abgeschnitten.


Hexe gezeichnet

In einem Städtchen im Odenwalde hatten einmal ein paar Bauern eine Hexe in einem Sack gefangen. Sie nahmen nun ihre Dreschflegel zur Hand und schlugen so lange darauf, bis der Sack, der anfangs leer zu sein schien, ganz dich und voll wurde. Zuletzt, als man das Gesicht der Hexe mit der Hand fühlen konnte, meinte einer der Bauern, man solle sie doch nicht ungezeichnet entwischen lassen und stach sie mit einer Gabel zwischen Mund und Nase. Als die Bauern den Sack aufmachten, war er auf einmal wieder leer, aber eine Frau im Ort ging lang mit verbundenem Mund herum und war als eine Hexe gezeichnet für ihren Lebtag.


Der blaue Gickel bringt’s Essen

Es wohnte vor Zeiten in Gelnhaar ein Assessor, der hatte eine Frau, welcher man nicht recht trauen konnte. Das Essen, welches sie den Dienstboten gab, schmeckte stets sonderbar. Sie hatte wohl eine Köchin, doch überließ sie ihr nie die Küche, sondern schickte sie immer unter irgendeinem Vorwand weg, wenn vormittags die Zeit heranrückte, wo das Essen gekocht werden sollte. Das hatten sich die Dienstboten gemerkt und waren neugierig geworden, gaben von da an auf alles genau acht, was zu der Zeit um das Haus herum vorging. So standen sie eines Abends am Brunnen und da sahen sie, wie der Teufel in Gestalt eines feurigen Wiesbaumes durch die Luft daherzog und als blauer Gickel auf das Dach niedersaß, worauf er durch den Schornstein in das Haus hinabfuhr.

Sie bohrten heimlich ein Loch in die Wand der Speisekammer, und als der Teufel in der anderen Nacht wiederkam, legten sie sich an das Loch und sahen Butter und frische Käsematten in Schüsseln auf dem Tisch stehen, welche der Teufel eben gebracht hatte. Sie hätten nun der Assessorin einen argen Streich spielen können, denn wenn sie vier Klumpen Teig genommen und Das Blut Jesu Christi darauf geschrieben hätten, dann würde der Teufel nicht aus dem Hause weggekonnt haben, ohne das Dach mitzunehmen. Aber das taten sie nicht, sondern nahmen kurz und gut alle ihren Abschied und wollten nicht länger im Haus dienen.


Halb Part

Ein Mädchen aus Gelnhaar ging abends spät aus der Spinnstube nach Haus und sah, wie der Teufel in Gestalt eines feurigen Wiesbaumes durch die Luft und auf das nächste Dorf zu fuhr. Das Mädchen kannte wohl das Sprüchlein Dem einen nimmt er’s, dem andern bringt er’s und wusste, dass er eben einer Hexe anderswo genommenes Gut zutrage. Darum rief es laut: »Halb Part! Halb Part!«

lm selben Augenblick fiel ihr ein Klumpen Käsematten auf Hand und Spinnrad. Die Hand aber war wie verbrannt und blieb ihr zeitlebens gelähmt, das Rad war schwarz wie Kohlen und fiel ihr zu Hause in Stücke.