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Captain Concho – Band 57

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 57
Die Fuhre durch die Hölle

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Shirley House, Ransom’s Gun Path, Teil 8
Kurzinhalt:
Noch immer tobt der Kampf um Vicksburg. Die Rebellen weichen keinen Zoll zurück! Doch die Festung ist seit Monaten eingekesselt. Nun wird sie zu allem Übel von einem neuen Feind bedroht, der mit keiner Waffe zu schlagen ist – vom Hunger. Und die Yankees haben Zeit, viel Zeit. Ihre Versorgungsschiffe bringen reichlichen Nachschub. Es wäre die letzte Chance für die Konföderierten, eines dieser Schiffe zu kapern und sich mit der Ladung durch den Belagerungsring der Yankees nach Vicksburg zu schlagen. Ein fast aussichtsloses Todeskommando! Doch Concho wagt diesen Trail in die Hölle …

Leseprobe:

Sergeant Forscreek, Corporal Finnewacker und Corporal Oscura lagen am Ufer des Mississippi im Gras und dösten vor sich hin.

»Denkt ihr eigentlich oft an zu Hause?«, fragte Oscura, der so schmächtig war, dass er es mit Gelassenheit ertrug, wenn ihn die Kameraden »Kleiner« nannten.

»Hin und wieder!«, murmelte Forscreek.

Finnewacker war zu faul, um zu antworten.

»Du nicht, Finnewacker?«, ließ der Kleine nicht locker..

»Verschone mich doch mit deinen dämlichen Fragen!«, knurrte der massige Sergeant und wälzte sich auf die andere Seite.

»Was ist denn an so einer Frage dämlich?«, entrüstete sich Oscura.

»Wie kommst du denn jetzt auf so etwas?«, wollte Forscreek wissen.

»Weil ich immer an zu Hause denke!«, sagte der Kleine. »Wenn den ganzen Tag nicht, dann bestimmt am Abend. Und ich wollte einfach nur wissen, ob es nur mir so geht.«

»Der Kleine hat Heimweh!«, spöttelte Finnewacker.

»Du Reisbauer! Das hat doch mit Heimweh nichts zu tun.«

Forscreek legte Oscura die Hand auf’ die Schulter. »Rege dich nicht auf. Klar geht das jedem von uns so. Und immer abends. Da hast du ganz recht.«

Oscura grinste. »Wirklich?«

»Klar!«, sagte Forscreek schläfrig. »Und an wen denkst du da?«, wollte Oscura wissen.

»Na, an wen schon! An meine Eltern und Geschwister. An wen soll ich denn da sonst denken?«

Oscura richtete sich auf die Ellenbogen und griente versonnen vor sich hin.

»Also ich muss immer an die Weiber denken, die ich gepudert habe.«

»Entschuldige!«, ließ sich Finnewacker vernehmen. »Das hat mit Heimweh nichts zu tun.«

»Mensch, wie alt bist du denn damals gewesen?«, fragte Forscreek.

Glückselig blickte Oscura über den Fluss. »Ich bin siebzehn gewesen, als ich das erste Mal … verführt worden bin.«

Finnewacker setzte sich und grinste breiter als der Mississippi. »Also das möchte ich gesehen haben. Erzähl mal!«

»Du Angeber!«, griente Forscreek. »Und sie war zwanzig, was?«

»Dreißig!«

Oscuras Augen leuchteten schwelgend vor Erinnerung.

»Meine Oma fährt im Hühnerstall mit dem Fahrrad …«‚ sang Finnewacker, lachte und sank ins Gras zurück. »Du Tüte, hör auf!«

»Das ist wahr!«, ereiferte sich der Kleine. »Das kann ich beschwören!«

»Dreißig!«, sagte Forscreek. »Die hast du doch gar nicht geschafft, Mann.«

»Was?« Oscura setzte sich. »Die ist immer wieder gekommen.« Er klopfte sich an die Brust. »Zu mir! Immer wieder. Bis ich eingerückt bin.«

»Jetzt ist mir klar, weshalb du so klein geblieben bist, du frühreifer Weiberheld!«, gluckste Finnewacker in die Arme. Er hatte sich vor Lachen auf den Bauch gewälzt.

»Erzähl mal!«, forderte Forscreek. »Du hast doch mit siebzehn noch gar nicht gewusst, wo es langgeht. Wie hat sie das gemacht?«

»Das war so ein Tag wie heute«, begann Oscura schwärmerisch. »Wir sind rausgegangen, um Heu zu machen.«

»Um Heu zu machen!« Finnewacker wälzte sich vor Lachen durchs Gras.

»Was gibt es denn da zu lachen?« Oscura musterte ihn verärgert. »Klar, wir haben Heu gemacht.«

»Erzähl weiter!«, verlangte Forscreek.

»Sie war vom Nachbarhof. Wir haben uns immer gegenseitig geholfen. Mal sind wir zu denen aufs Feld und mal die zu uns. Annegret ist ihr Name. Und hier!« Er zeigte es mit den Händen. »Solche Dinger!«

»Und damit hat sie dich erdrückt!«, gluckste Finnewacker.

»Quatsch!«, knurrte der Kleine beleidigt. »Ich saß am Wiesenrain und habe gebuttert. Da kam sie zu mir, ließ sich vor mir auf die Knie sinken und goss sich Ziegenmilch in den Becher.«

Finnewacker schrie und schlug einen Purzelbaum.

Forscreek grinste.

Oscura sah verständnislos von einem zum anderen. »Wir haben auf dem Feld immer Ziegenmilch getrunken. Die lässt sich besser kühl halten als Kuhmilch. Wusstet ihr das nicht?«

Finnewacker purzelbaumte zurück und setzte sich. »Wenn sie solche Dinger hatte, brauchst du doch keine Ziegenmilch … wow!« Er rollte wieder davon.

»Erzähl weiter!«, sagte Forscreek. »Den sticht doch der Hafer. Sie hat sich also hingekniet, und du hast ihr von oben in die Bluse geglotzt!«

»Ach was! Das ist ja der Hammer gewesen. Sie hat …«

Der Lieutenant stand plötzlich vor ihnen. »Euch haben sie wohl das Gehirn geklaut? Ihr seid wohl alle vom wilden Affen gebissen worden? Da kommt ein Dampfer, und ihr schreit hier rum wie die Verrückten. Und wieso ruft hier keine Sau Achtung, wenn ich auf der Bildfläche erscheine?«

Die Männer ruckten hoch und nahmen Haltung an.

»Keine Sau hier, Sir!«, sagte Finnewacker respektlos.

Der Lange verschränkte die Hände auf dem Rücken und reckte den Kopf vor, der auf einem unheimlich dünnen und langen Hals saß.

»Keine Sau hier? Ich sehe hier nur Säue! Wildsäue! Und die größte Wildsau bist du! So benimmst du dich jedenfalls. Du wälzt dich durch das Gras und schreist wie ein Schwein. Dass du ein Mensch bist, sehe ich erst jetzt. Wirklich!«, knurrte der lange Benson. »Der Mann kann nämlich aufrecht stehen. Wir sprechen uns noch, Finnewacker! Den Feldstecher und runter ans Floß, oder der Laden bricht zusammen.«

Forscreek reichte ihm das Glas und rannte dann hinter Finnewacker und Oscura her zum Floß, das sie halb auf das Ufer gezogen hatten.

Da kam tatsächlich ein Dampfer. Der schwarze Rauchschleier verriet, wie schwer er gegen die Strömung anzukämpfen hatte.

»Ist das ein ungemütlicher Knochen!«, grollte Finnewacker am Floß, den Blick auf den langen Lieutenant gerichtet, der mit dem Feldstecher vor den Augen durch das Schilf pirschte, als wäre er auf Entenjagd. »Der Pott hat doch nur Kohlen geladen. Ich wette, man kann das jetzt schon sehen.«

»Nee!«, meinte Oscura. »Das ist ein schneeweißer …« Er glitt aus und plumpste hinter dem Floß in den Fluss.

Forscreek griff hilfsbereit zu und zog ihn aus dem Wasser.

»Scheiße!«, entfuhr es Oscura. Pudelnass kletterte er ans Ufer.

»Der Pott ist tatsächlich schneeweiß.

Also müssen wir dieses Mal rüber«, sagte Forscreek. »Kannst ruhig im Wasser bleiben. Erzähl mal weiter von dem Hammer und so«

Der Kleine hatte sich abgekühlt. Er wischte das Wasser aus den Augen »Sie hat …«

Benson stapfte heran. »Los! Ablegen! Sonst schaffen wir es nicht mehr. Der Kahn schwimmt drüben auf der anderen Seite.«

Sie wuchteten das Floß ins Wasser und strampelten kräftig mit den Beinen, um vom Ufer wegzukommen.

Das Floß war voller Schilf und diente ihnen nur als Tarnung. Die Männer wollten sich damit an das Schiff herantreiben lassen, an Bord klettern und nachsehen, was der Yankee geladen hatte.

Drei Schiffe waren bislang vorübergekommen, und schon von Weitem hatten sie sehen können, dass diese Transporter mit Kohle beladen gewesen waren. Für die Yankeeflotte, die in Grand Gulf vor Anker lag.

Die Männer hätten es aber auf einen Transporter abgesehen, der mit Lebensmitteln und Munition für die Grant-Armee beladen war, die Vicksburg seit Monaten eingeschlossen hielt.

Nicht nur die Bevölkerung in Vicksburg hungerte, auch die Soldaten. Die Munition wurde knapp. Doch der Ring von General Grants Armee war undurchdringlich geworden. Weder ein Brot noch eine Granate war seit Wochen in die Festung gelangt.

Der lange Lieutenant schwamm voran und hielt sich mit einer Hand am Floß fest. Hin und wieder griff er nach einem Schilfbüschel und zog es herab, damit er nicht gesehen werden konnte.

Der Dampfer, tatsächlich ein weißes Schiff, befand sich noch eine gute Meile entfernt. Doch um an ihn heranzukommen, mussten sie mit dem Floß auf die andere Seite hinüber.

Die Strömung erfasste sie und trug sie schnell davon.

Benson sah sich um. »Nicht so lahm, Leute! Weiter rüber. Beinarbeit, Beinarbeit! Oscura, hängen Sie sich nicht einfach nur dran! Wir wollen den Dampfer schließlich nicht nur betrachten. Wir müssen da rauf!«

Die Männer vollführten mit den Beinen kräftige Schwimmbewegungen, die Blicke auf den Dampfer gerichtet, der eine lange schwarze Rauchfahne nach sich zog.

»Und wenn das ein Truppentransporter ist, Sir?«, fragte Forscreek.

»Das wird ja wohl zu sehen sein, oder?«, versetzte Benson, griff aber nach dem Feldstecher, der, wie ihre Revolver auch, auf dem Floß lag.

Mit einer Hand hielt er das Fernglas an die Augen. Er sah nur eine Gestalt auf dem Steuerbordbrückennock.

»Keine Leute zu sehen!«, sagte er.

»Die Bordwand ist verdammt hoch«, meinte Finnewacker. »Sehen Sie Strickleitern oder Tampen herabhängen?«

»Ich sehe auch kein Schaufelrad«, sagte Forscreek. »Hat er das hinten?«

»Scheint ein Schraubendampfer zu sein, Männer«, erklärte Benson. »Die Schraube ist hinten und arbeitet unter Wasser. Wer es also bis dahin nicht gepackt hat, weg von dem Kahn, damit er nicht in die Schrauben, gezogen wird.«

»Können Sie den Namen lesen?«, fragte Forscreek.

»Mann, das ist doch gar nicht wichtig, wie der Pott heißt. Wir müssen da rauf. Egal, wie!«

»Sehen Sie Leinen herabhängen?«, wiederholte Finnewacker seine Frage.

»Wenn ich etwas sehe, sage ich das schon!«, knurrte Benson. »Vergesst das Schwimmen nicht, Mensch! Wir müssen weiter rüber.«

Sie schwammen kräftig.

»Wie viele Leute werden wohl da oben sein?«, fragte Forscreek.

»Das werden wir schon sehen!«, versetzte Benson gereizt. »Blöde Fragen jetzt mal zurückstehen, bis sich die Antworten von selbst ergeben. Schwimmen!«

Er legte den Feldstecher aufs Floß, hielt sich mit beiden Händen fest und schwamm kräftig. Mit Kopf und Armen stieß er das Floß zur Seite.

E€ gelang ihnen, den Fluss so weit zu queren, dass sie genau auf das Schiff zutrieben.

»Kurshalten jetzt! Und mit den Rüben unter das Schilf!«, befahl Benson.

»Sehen Sie jetzt eine Strickleiter, Sir?«, fragte Finnewacker.

»Siehst du eine?«

»Nein, Sir!«

»Wie soll ich dann eine Strickleiter sehen?«, knurrte Benson.

Das Schiff wuchs ihnen förmlich entgegen. Je näher es kam, desto größer und gigantischer erschien es ihnen.

Die Schaumkrone vor dem Bug war mannshoch.

Drohend ragte der Bug aus dem Wasser. Finnewacker, der auf der rechten Seite gehangen hatte, kam zu Oscura hinüber, um nicht zwischen Floß und Schiffswand zu geraten.

Das Floß tanzte über die Bugwelle hinweg und schoss, sich im Kreis drehend, in das nachfolgende Wellental »Festhalten!«, rief Benson.

Da krachte das Floß schon gegen die Bordwand und schrammte daran entlang.

Die Männer schauten gebannt nach oben. Die Schiffswand war haushoch und glatt. An den Nieten konnte sich schließlich keiner festhalten.

Die Männer schrien freudig auf, als sie die Tampen entdeckten, die da in der Mitte des Schiffes herabhingen. Dann segelten sie schon darunter hindurch. Alle vier reckten sie die Arme hoch. Doch keiner konnte einen der Tampen fassen.

»Hinten!«, rief Forscreek.

Die Männer konzentrierten sich. Achtern hing eine Leine bis ins Wasser hinab. Mit kräftigen Schwimmbewegungen hielten sie das Floß an der Schiffswand. Benson und Finnewacker bekamen das Tau endlich zu fassen.

»Festhalten!«, keuchte Benson.

Finnewacker zog das Tauende aus dem Wasser. Fix, wie er nun mal in solchen Dingen war, schlug er damit zwei halbe Schläge um eines der Stammenden des Floßes.

»Das Floß nehmen wir mit!«, meinte er grinsend, als ihm der Lange anerkennend auf die Schulter schlug. »Könnte ja sein, wir müssen wieder runter von dem Kahn.«

Lieutenant Benson zog sich an dem Tampen aus dem Wasser. Finnewacker reichte ihm zuerst den Revolver, dann den Feldstecher. Mit Händen und Füßen zog sich Benson Stück für Stück an dem Tau die Schiffswand hoch. Finnewacker war der Nächste. Oscura hielt ihm den Revolver hin, den Finnewacker sich vorn in den Gürtel steckte. Rasch hangelte er sich hinter dem Lieutenant empor.

Ihm folgte Forscreek, der auch Oscuras Waffe mitnahm und sie ihm hinabreichte, als der Kleine sich aus dem Wasser gezogen hatte.

(wb)