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Der Welt-Detektiv Band 6

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Jackson – Teil 47

Frei!

Ich grinste zurück.

Diese Bemerkung hätte sich Yalla sparen können.

Mich konnte nichts mehr überraschen, jedenfalls nichts, was aus dieser verrückten Welt stammte, in der Dinos, Experimente an Menschen und genmanipulierte Kreaturen anscheinend zur Tagesordnung gehörten.

Anstatt den Fuß vom Gas zu nehmen, drückte ich das Pedal bis zum Anschlag durch und der Tankwagen raste wie eine ferngesteuerte Rakete zielgenau durch die Dunkelheit auf den Felsendurchlass vor uns zu.

Die Lichtkegel der Scheinwerfer spendeten gerade soviel Licht, dass ich die Fahrbahn sehen konnte. Die Sicherheitslampen am Tank und die Strahler auf dem Dach des Führerhauses hatte ich ausgeschaltet. Bis zum Sonnenaufgang war es noch mindestens eine Stunde und ich hatte nicht die Absicht, beleuchtet wie ein Weihnachtsbaum durch Feindesland zu rasen.

»Bist du verrückt geworden?«, kreischte Yalla, während wir im Höllentempo über die Sandpiste rumpelten. »Ich habe anhalten gesagt! Oder willst du uns umbringen?«

Ich schwieg und fuhr weiter.

Fünf Minuten später, als sich ihre Stimme förmlich überschlug, tat ich ihr den Gefallen und stieg in die Eisen.

Ungefähr zehn Yard vor den Felsdurchlass brachte ich den Tanklastwagen zum Halten. Das wäre mir zwar auch so gelungen, schließlich beherrschte ich als alter Autofreak den Truck inzwischen im Traum, aber mein Verhalten hatte Gründe. Ich wollte Yalla mit meinem Tun nur etwas erschrecken in der Hoffnung, einige Dinge aus ihr herauskitzeln zu können. Ein unbedachtes Wort, eine Geste, irgendetwas, was mir mehr Informationen über unsere Situation gab als ihre knappen Antworten.

»Zufrieden?«, fragte ich, als der Lastwagen stand.

Yalla musterte mich ärgerlich. »Wenn du weiterhin genau das Gegenteil von dem machst, was ich dir sage, sind wir bald geschiedene Leute. Dann kannst du dir deinen Weg aus dieser Area alleine suchen.«

»Dann entscheide dich endlich, was du willst. Die ganze Zeit über sagst du schneller, schneller, und wenn ich dann aufs Gas drücke, heißt es wieder Stopp. Da soll einer draus schlau werden«, brummte ich ebenso mürrisch zurück.

»Warum kannst du nicht einfach tun, was ich sage, und mir vertrauen! Ist das so schwer?«

Ich wiegte unentschlossen den Kopf.

»Versetz dich doch einmal in meine Lage. Da, wo ich herkomme, gelte ich als einer der besten Sicherheitsagenten des ganzen Landes. Ein Mann, der Waffen, Autos und die verschiedensten Arten der Selbstverteidigung genauso beherrscht wie andere Leute das Lesen und Schreiben. Ich bin es gewohnt, mich in einer Welt von skrupellosen Geschäftemachern, Betrügern, Mördern und Dieben zu behaupten. Das ist mit ein Grund, warum es mir schwerfällt, mich jemandem unterzuordnen, der nichts anderes als seine Forschungen kennt und in einer degenerierten Welt lebt. Noch dazu, wenn dieser jemand eine Frau ist.«

Sie bedachte mich mit einem nachsichtigen Blick.

»Deine Fähigkeiten mögen vielleicht in deiner Welt genügen, aber nicht hier. Hier weißt du nicht einmal, was dich hinter der nächsten Ecke erwartet. Im Gegensatz zu mir hast du allein keine Chance, in dieser Area zu überleben. Also halte dich in Zukunft an die Anweisungen von jemandem, der sich hier auskennt. Auch wenn es dir schwerfällt, wenn dieser jemand eine Frau ist, du verdammter Macho!«

Nachdem das geklärt war und sie mir einen Versöhnungskuss auf den Mund gegeben hatte, erklärte sie mir auch ihren plötzlichen Sinneswandel.

»Das mit dem schneller fahren war okay, solange wir damit eventuelle Verfolger abgehängt haben, aber dann wäre es besser gewesen, wenn du angehalten hättest, als ich es dir sagte.«

»Warum?«, fragte ich naiv.

»Weil mit dem Ende des Felsdurchlasses auch die Area endet. Der Grenzpunkt ist bewacht, und hättest du den Wagen angehalten und den Motor abgestellt, so wäre unsere Ankunft unbemerkt geblieben. Aber du musstest ja unbedingt auf die Tube drücken und unser Kommen mit röhrenden Motoren ankündigen. Die Männer dort erwarten uns jetzt bestimmt mit der Waffe im Anschlag und haben dank deiner Sturheit wahrscheinlich auch schon das Hauptquartier benachrichtigt.«

Ich schluckte. Scheinbar hatte ich da eine Riesendummheit begangen.

»Und jetzt?«

»Was fragst du mich? Jetzt bist du an der Reihe, lass dir was einfallen.«

 

***

 

Als wir auf den bewaffneten Grenzposten stießen, war es immer noch dunkel. Das Anwesen lag gleich hinter dem Felsdurchlass. Dahinter war im fahlen Licht des Mondes ein mannshoher Stacheldrahtzaun zu erkennen, der sich sowohl nach Westen als auch nach Osten weit in die Nacht hinein erstreckte.

Das Wachhaus selber lag im Dunkeln. Hinter den Fensterscheiben des Gebäudes war kein Licht zu erkennen.

Vor dem Haus standen drei Armeejeeps.

Wie hungrige Wölfe starrten wir durch die Nacht auf das Anwesen. Wir waren müde, hungrig und am Ende unserer Kräfte. Dort gab es Proviant, Wasser und Fahrzeuge, mit denen wir endgültig in die Freiheit fahren konnten.

»Da drüben scheinen noch alle zu schlafen, umso besser. Schätze, das erhöht unsere Fluchtchancen deutlich.«

Ich zog meine Waffe aus dem Hosenbund und schlich vorwärts.

»Sei vorsichtig, wir wissen schließlich nicht, ob sie uns nicht doch schon längst durch irgendwelche Kameras oder andere elektronische Sicherheitsvorkehrungen beobachten. So kurz vor dem Ziel möchte ich jedes Risiko vermeiden.«

Yalla hatte kaum ausgesprochen, als im Haus Licht aufflammte.

»Scheiße«

Ich hob den Revolver und duckte mich hinter einen Felsen. Im selben Moment ging vor uns die Tür auf.

»Wer ist da?«, schrie eine Stimme, in der deutlich Nervosität mitschwang. »Verdammte Scheiße, meldet euch oder ich schieße!«

Ich spurtete los.

Mit zwei, drei Sätzen war ich bei dem Mann. Der Kerl blieb wie angewurzelt stehen, als ich vor ihm auftauchte. Er war mittelgroß, mit breiten Schultern und einem ungepflegten Dreitagebart. Er trug schmuddelige Boxershorts und ein nicht minder schmutziges T-Shirt. Das Haar stand ihm wirr vom Kopf ab und es schien, als hätten wir ihn mit unserer Ankunft aus dem Schlaf gerissen.

Bevor er reagieren konnte, presste ich ihm die Mündung meines Revolvers gegen die Brust, während Yalla von der Seite her an ihn herantrat und ihm sein Gewehr aus den Händen nahm.

Er war so überrascht, dass er es widerstandslos geschehen ließ.

»Ins Haus!«, sagte ich knapp und versetzte dem Typ mit meinem Revolver einen Stoß.

Der Mann nickte hastig und drehte sich um.

Yalla und ich folgten ihm.

Seite an Seite traten wir gemeinsam beinahe gleichzeitig über die Schwelle. In diesem Moment sah ich den hageren Mann, der aus einem der hinteren Zimmer in den Flur kam. In meinem Kopf begannen die Alarmsirenen zu schrillen.

Ich sah den Hausflur, die Tür am Ende des Gangs und den hageren Mann, der aus irgendeiner Falte seiner Uniform eine Pistole zum Vorschein brachte.

Ich schoss instinktiv. Sie sollten mich nicht noch einmal fangen. Ich war zu allem entschlossen,

Der Mann stürzte rückwärts wieder in die Tür hinein, aus der er gekommen war. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Yalla dem anderen den Gewehrkolben gegen die Stirn donnerte. Der Mann ging jaulend in die Knie.

Yalla hastete durch den Flur. Mit wenigen geübten Griffen riss sie mehrere Schlüsselbunde an sich, die an einem Sideboard am Ende des Flurs hingen. Sie schnappte sich die Dinger und rannte hinter mir aus der Tür.

Wir stürzten zu dem Jeep, der uns am nächsten stand, und enterten das Fahrzeug wie zwei Cowboys, die sich im Galopp in den Sattel ihrer Pferde schwangen.

Mein Hintern hatte die lederne Oberfläche des Sitzes kaum berührt, als hinter uns ein Mann aus dem Haus stürzte.

Ich feuerte, ohne zu zögern, und traf den Mann in den Bauch. Er wurde im gleichen Moment zu Boden geschleudert, als ich den Jeep startete.

Der Wagen machte einen Satz nach vorne und fuhr los. Im Höllentempo ließen wir den Grenzposten hinter uns.

Irgendwann, kurz nach Sonnenaufgang erreichten wir eine baumlose Ebene, die schnurgerade nach Westen führte. Als wir anhielten, war es Vormittag und von unseren Verfolgern nichts mehr zu entdecken. Stattdessen war vor uns die Skyline von Perth zu erkennen, deren Hochhäuser sich deutlich am Horizont abzeichneten.

Ich begann zu lachen wie ein Verrückter.

Wir hatten es geschafft.

Wir waren endgültig frei!

So dachte ich, bis mich Yalla, kurz bevor ich auf den Highway nach Perth einbog, mit einem knappen Befehl aus meinen euphorischen Träumen riss.

»Anhalten!«, sagte sie knapp.

Während ich den Kopf drehte und sie aus zusammengekniffenen Augen ungläubig musterte, war vor uns das Heulen mehrerer Polizeisirenen zu hören.

Fortsetzung folgt …