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Der Mythos Tempelritter – Teil 3.4

Einst waren sie im Hochmittelalter die mächtigste Organisation auf Gottes Erden. Sie waren führend im Bankwesen, sie besaßen die größte Flotte des Abendlandes. Zeugen ihrer schier übermächtigen Größe und ihres Reichtums findet man noch heute: Der Newport Tower in Newport, Rhode Island, der als Leuchtturm der Templer gilt; Santa Mariá de Eunate in Spanien, welche die Templer nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem erbauten; Temple Church in London, die den Templern als englisches Hauptquartier diente; die Klagemauer sowie der Tempelberg in Jerusalem, wobei aufgrund der derzeitigen religiösen und politischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästina es dort unmöglich erscheint, umfangreiche Ausgrabungen durchführen zu können. Die Liste der noch existierenden zeitgenössischen Sachzeugen und Bauwerke ist groß und würde den hiesigen Rahmen sprengen.
Wer waren die Templer? Wie waren sie organisiert? Wer waren ihre Führer? Gingen die geheimnisvollen Templer am Freitag, den 13. Oktober 1307 tatsächlich unter? Oder gibt es heute noch Nachfahren der Templer? Fragen über Fragen.
In einer losen Folge möchte ich versuchen, den Mythos der Tempelritter ein wenig zu beleuchten.


Die Großmeister des Tempelordens


Bernhard de Tromelai 1151 – 1153

Wie bereits angemerkt, ging mehr als ein Jahr dahin, bevor man sich zur Wahl eines neuen Großmeisters entschloss, sodass der Nachfolger Eberhards, Bernhard de Tromelai, erst im Jahre 1151 gewählt wurde. Die Familie Tromelai stammte aus der Gegend von Lyon. Bernhard war der Sohn Humberts, Herr des Schlosses Tromelai in Bourgogne, und wird als ein tapferer Mann geschildert, dessen erste Sorge es war, Gaza noch stärker befestigen zu lassen. Doch Tapferkeit allein half weder dem Orden, noch dem heiligen Land, denn Unfriede und Eifersucht brachen immer heftiger unter den großen Baronen und Körperschaften des Reiches aus. Sie waren der weibischen Herrschaft der Königin Melisende, noch mehr aber des Einflusses ihres Vetters, des Connetables Manaffes, überdrüssig. König Balduin sehnte sich sehr nach Befreiung von der mütterlichen Bevormundung. Daher ließ er sich wider Wissen und Willens seiner Mutter krönen, vermehrte dadurch jedoch die Verwicklungen, in welchen sich das Königreich nach allen Seiten hin befand. Balduin sah sich sogar genötigt, gegen seine Mutter 1152 Krieg zu führen, bis diese nachgab und sich nach Naplus, der ihr bewilligter Aufenthaltsort, zurückzog. Doch die Zwietracht hörte nicht auf. Alle Unternehmungen des Königs wurden durch seine Mutter und ihre Helfershelfer erschwert, geschwächt und vereitelt. Zu dieser und anderen Zerwürfnissen kam noch hinzu, dass Graf Raimund von Tripolis im Südtor von Tripolis von Assassinen meuchlings ermordet wurde, sodass das Fürstentum Antiochien sowie die Grafschaft an Melisende gegeben werden musste. Im November kam Husameddin Timurtasch, Fürst von Maredin, mit zahlreichen Scharen über Damaskus in das Reich Jerusalem. Bei der Nachricht von diesem feindlichen Einfall hatte der größte Teil der christlichen Ritterschaft bei Naplus gelagert, weil man für diese offene Stadt mehr als für Jerusalem fürchtete. Unvermutet jedoch setzten sich die Turkomannischen Horden auf dem Ölberg fest und bedrohten die Heilige Stadt. Die Überraschung in dieser war so groß, dass, hätte der Fürst von Maredin den Angriff sofort begonnen, sie leicht in die Hände der Ungläubigen hätte fallen können. Er zögerte jedoch. Die Einwohner erholten sich von ihrer Betroffenheit, machten des Nachts mit den anwesenden Rittern des Tempels und Hospitals einen Ausfall und schlugen die Feinde am 22. November in die Flucht. Da der Weg von Jerusalem über Jericho nach Jordan durch gebirgiges Land führt, wodurch die Flucht recht langsam vonstattenging, die Ritterschaft von Naplus nach Erhalt der Nachricht von den Ereignissen herbeikam und sich an der Verfolgung beteiligte, entkamen nur wenige Türken. Dieser Sieg erweckte in den Christen den Gedanken, den Kampf gegen die Ungläubigen, was seit Jahren nicht geschehen war, wieder aufzunehmen.

Man zog gen Askalon, und die Sarazenen wichen überall zurück. Daher beschloss man, diese Stadt, die stärkste in Syrien, zu belagern. Es erschienen der Patriarch Fulcher von Jerusalem, die Erzbischöfe Peter von Tyrus, Balduin von Cäsarea, Robert von Nazareth, die Bischöfe Friedrich von Akkon, Gerhard von Bethlehem und mehrere Äbte, der Großmeister Bernhard, der der Hospitaliter Raimund, der Connetable Humfried von Toron, die Herren Hugo von Ibelin, Philipp von Naplus, Simon von Tiberias, Moriz von Montroyal. Auch die anwesenden abendländischen Pilger schlossen sich an, sodass am 24. Januar 1153 ein stattliches Heer vor Askalon stand. Längst schon war diese Stadt durch die von den Christen ringsum gebauten Burgen, namentlich durch das die Straße sperrende Templerschloss bei Gaza, hart bedrängt, jedoch blieb die Belagerung für die damalige syrische Miliz sehr schwierig.

Askalon, am Meer liegend, konnte sich leicht Zuflucht verschaffen, die Mauern waren fest, die Türme hoch und gewaltig, an Wasser herrschte kein Mangel, die Besatzung kriegerisch und zweimal so stark wie das christliche Heer. Zwei Monate hindurch schloss es die Stadt vergeblich ein. Die Sarazenen stellten sich mutig dem Kampf. Nachts zündeten sie auf den Mauern eine unermessliche Menge von Öllampen an, dass ringsum heller Tag zu sein schien. Den Christen fehlte es sowohl an geschickten Kriegsbaumeistern als auch an Bauholz für Belagerungsgerät. Als zu Ostern viele Pilger aus dem Abendland und unter ihnen tüchtige Werkmeister ankamen, wurde ein gewaltiger Turm erbaut, von welchem aus die Bogenschützen und Steinschleuderer die Sarazenen hart bedrängten, indem niemand vor ihnen in Askalons Straßen sicher war. Der Kampf entbrannte heißer denn je. Doch erreichten die Christen ihren Zweck noch nicht, weil sie die Seeseite nicht sperren konnten, sodass, als der August herankam, man die Belagerung aufzuheben gedachte. Nur die Geistlichkeit und die Hospitaliter rieten zur Fortsetzung.

Mit doppeltem Eifer wurde gegen die Stadt angerannt, die Tempelritter zeichneten sich durch ihre Tapferkeit vor allen anderen aus. Die Sarazenen, um jenen Turm zu vernichten, errichteten an der Mauer unweit der Burg einen ungeheueren Holzstoß, begossen ihn mit Pech, Öl und anderen harzigen und leicht brennbaren Flüssigkeiten. Glücklicherweise erhob sich aber ein starker Ostwind, welcher den fürchterlichen Rauch sowie die gewaltige Feuersäule zur Mauer und über die Stadt trieb, sodass Lohe und Dampf die Besatzung in der Nähe der Burg von den Mauern versagte. Eine ganze Nacht währte der ungeheure Brand, welcher die Mauer so zerbröckelte, dass sie in der Morgendämmerung von einem Turm bis zum anderen mit einem donnerähnlichen Getöse einstürzte und den Turm der Belagerer sehr beschädigte. Das christliche Heer, einen Überfall befürchtend, griff zu den Waffen. Als man die Bresche entdeckte, wollte man sofort einen Sturm unternehmen. Allein der Großmeister Bernhard, gierig nach der reichen Beute dieser herrlichen Stadt, da nach damaligem Brauch das, was jemand in einer erstürmten Stadt in Besitz nahm, ihm und seinen Erben zu eigen blieb, drang in die Bresche ein, besetzte sie, verwehrte jedermann den Eingang und wollte die Eroberung der Stadt mit den Seinigen allein bewerkstelligen. Mit 400 seiner Ritter drang er kühn und habgierig vorwärts, obgleich 20 000 feindliche Streiter ihm gegenüberstanden. Die anfangs weichenden Sarazenen sahen bald, dass nicht das ganze Christenheer eingedrungen sei. Sie umzingelten die tollkühnen Templer, erschlugen sie samt dem Großmeister, hängten die Leichname in der Bresche auf und versperrten diese mit großen Balken und Werkstücken. Da verließ den Kreuzfahrern der Mut. Sie beschlossen die Belagerung aufzuheben, doch der Patriarch und die Hospitaliter, welche nach der päpstlichen Exemtion trachteten, rieten die Belagerung fortzusetzen. Und wirklich sahen sich die Ungläubigen genötigt, die Stadt am 19. August 1153 zu übergeben. Der König verlieh die Grafschaft seinem jüngeren Bruder, dem Grafen Amalrich von Joppe.

Das Benehmen Bernhards von Tromelai lehrt uns, wie sehr der Orden bereits von dem einfachen, mäßigen Sinn seiner Gründer abgewichen war. Die Gier nach dem Besitz dieser Stadt, nachdem ihnen Damaskus entgangen, oder wenigstens nach der Burg oder einem anderen ansehnlichen Teil Askalons verleitete hier die Templer zu einem unbedachtsamen und unglückseligen Benehmen. Askalon war so reich, dass das ganze Heer sich herrlicher Beute erfreute. Allein jene Habsucht, welche nun immer mächtiger im Orden hervortrat, begnügte sich nicht mit redlicher Teilung nach Kriegsgebrauch und beschmutzte den Namen der Templer. Der heilige Bernhard, am 20. August gefallen, erlebte nicht mehr diese Schmach des Ordens. Noch im gleichen Jahr hatte er einen Brief an seinen Onkel, den Templer Andreas von Montbarry, geschrieben, aus welchem deutlich hervorgeht, dass er mit dem Orden nicht mehr zufrieden war und dessen Habsucht ihn anwiderte. Die Templer bemühten sich immer mehr darum, nur Mitglieder aus den edelsten und reichsten Familien für reiche Mitgabe aufzunehmen. Als im Jahr 1152 Peter Atarius, Besitzer von Borgia in Aragonien, starb, erhielten sie kraft seiner testamentarischen Verfügung mehrere Besitzungen. Sie lösten Ambela nebst mehreren Ortschaften, welche Atarius hinterlassen, vom König ein, auch besaßen sie Miravez, einen sehr festen Ort am Ebro in Katalonien. Um diese Zeit hatte Sizilien schon in der Person des Gottfried von Campiniaco einen eigenen Meister, welcher von einem sizilianischen Edelmann Gottfried einige Schenkungen erhielt, die vorher dessen Schwiegervater, Heinrich von Buglio, den Templern mit Einwilligung König Rogers gemacht hatte. So war der Orden bereits außer in Syrien in Frankreich, England, Spanien und Italien sesshaft geworden.