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Der Welt-Detektiv Band 6

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Robert der Teufel – Kapitel 7

Robert der Teufel und die höllischen Fanghunde
Eine schauderhafte Teufels-, Hexen-, Räuber- und Mördergeschichte um 1860

Kapitel 7 – Das Bildnis des Robert des Teufels

Der Hofmaler des Königs von Burgund hatte das Bildnis Robert des Teufels vollendet. Es war entsprechend ähnlich, nur die Augen fehlten. Schon so der nächsten Stunde wollten die königlichen Eltern kommen, um es anzusehen. Wie oft er es auch versucht hatte, sie zu malen, es war ihm nie gelungen. Noch einmal setzte er seinen sonst so gewandten Pinsel an, vergebens! Unwillig warf er ihn auf den Tisch und rief: »Es brennt ein ganz eigentümliches, seltenes und unheimliches Feuer in den Augen Robert des Teufels, das ich durch keine Farbe darzustellen vermag. Wie ist es möglich, dass gerade an diesen Augen meine ganze Kunst scheitert?«

»Das ist eben der Teufel!«, rief hinter dem Maler eine Stimme mit kreischendem Lachen.

Erschrocken schaute dieser um, und sah Roberts Amme.

»Ohne Zweifel habt Ihr meine Worte gehört«, sagte er, »und kennt also meine Verlegenheit.«

»Ich hab mir’s schon zuvor gedacht, dass Ihr die Augen nicht zustande bringt. So etwas geht nicht so leicht.«

Sie zog aus ihrem schwarzen, weiten Faltenkleid ein weißes Büchslein, öffnete ein Klappdeckelchen, hielt eine feuerfarbene, schimmernde Flüssigkeit dem Maler hin und sprach. »Taucht die äußerste Spitze eures Pinsels in diese Flüssigkeit, vermischt sie mit den Farben, welche ihr für die Augen bestimmt habt, und malt dann frisch darauf los! Es wird dann schon gehen.«

Der Maler vollzog diesen Rat, und in wenigen Minuten waren die Augen so gut getroffen, dass der Künstler mit seinem Werk vollkommen zufrieden war und die Amme ihre größte Freude darüber äußerte.

»So ist’s recht!«, rief sie, in die Hände klatschend, »so ist’s recht! Ganz wie er leibt und lebt, der gute Robert! Seine Braut wird sich in dieses Bildnis nicht wenig verlieben, hi, hi, hi!«

Mit grellem Gelächter verließ sie das Gemach, in welches bald darauf Roberts Eltern traten, die große Ähnlichkeit lobten, aber innerlich doch keine rechte Freude daran hatten.

Mit diesem Bildnis in prachtvollstem Rahmen schickte Roberts Vater den vornehmsten Edelmann am Hofe nebst einem zahlreichen und prächtigen Gefolge zu dem König von Provence, mit dem Auftrag, um die Hand der Prinzessin Irmengard für Robert zu werben.

Der König von Provence empfing die Gesandtschaft feierlich in seinem Thronsaal, auf dem Thron sitzend zur Rechten der Königin, neben welcher Irmengard saß und umgeben von allen Großen des Reiches und allen hohen Personen seines Hofes, unter denen sich auch der Patriarch von Jerusalem und Florestan, der »Freund« des Königs, befanden. Der Großbotschafter hielt eine feierliche Ansprache an den König, die er mit der Werbung um die Hand der Prinzessin Irmengard schloss, indem er zugleich Roberts Bildnis überreichte.

Der König erwiderte: »Meldet meinem lieben Herrn Bruder, dem König von Burgund, meinen innigsten Dank für das ehrenvolle Vertrauen, das ich in dieser Werbung um die Hand meiner Tochter erkenne, zugleich aber auch mein tiefstes Bedauern, diesem Wunsche nicht entsprechen zu können, da ich, mit Zustimmung meiner viel geliebten Frau Gemahlin, der Königin, über die Hand meiner geliebten Tochter, der Prinzessin Irmengard, bereits verfügt habe.«

Allgemeines Erstaunen. Irmengard zitterte und erblasste, Florestan rang sichtbar nach Fassung. Beide hatten eine so schnelle Trennung ihrer sich liebenden Herzen nicht geahnt.

Der Großbotschafter drückte im Namen seines Monarchen und des Prinzen Robert, den er als einen Prinzen von der größten Auszeichnung schilderte, in einer langen und zierlichen Rede das lebhafteste Bedauern aus, mit der Werbung zu spät gekommen zu fein, die Hoffnung äußernd, dass deshalb in den freundschaftlichen Beziehungen der beiden Königreiche Provence und Burgund keine Änderung eintreten werde, was auch der König mit den wohlwollendsten Worten sogleich beteuerte.

Das Bildnis des Prinzen Robert war inzwischen von Hand zu Hand gegangen und von allen mit höfischer Artigkeit gelobt worden, obgleich es auf jeden einen unangenehmen Eindruck machte, einen schrecklichen aber auf den Patriarchen, der es lange und mit schwer verhaltener innerer Aufregung betrachtete, bis er es durch einen diensttuenden Kammerherrn dem König zurückgeben ließ, der es wieder in die Hände des Großbotschafters legte, welcher, ohne irgendeines der angebotenen reichen Geschenke anzunehmen, allsogleich den Thronsaal und die Residenzstadt verließ, um an den Hof seines Monarchen heimzukehren.

Diesen Augenblick benutzend, erhob sich der König von seinem Thron und sprach: »Damit niemand glaube, dass die bevorstehende Vermählung meiner geliebten Tochter, der Prinzessin Irmengard nur ein Vorwand gewesen sei, um die Werbung des Großbotschafters schicklich ablehnen zu wollen, verkünde ich hiemit öffentlich und feierlich, dass sie am nächsten Sonntag getraut werden wird, mit …«

Alle Blicke hingen an den Lippen des Königs.

»… dem Retter meiner Krone und meines Königreiches, meinem vertrauten Freunde, Florestan, Ritter vom Heiligen Grabe!«

Irmengard und Florestan knieten vor dem Thron nieder und wurden vom König und der Königin zärtlich umarmt. Das Entzücken der beiden liebenden jungen Herzen vermag keine Feder zu schildern. Die Anwesenden wünschten ihnen alles Glück, und am ganzen Hof erscholl ein allgemeiner Jubel. Noch spät am Abend dieses Tages hatte der Patriarch eine lange und wichtige geheime Unterredung mit dem König, und ritt gegen 2 Uhr morgens mit Florestan, der ihn als Beschützer begleitete, zum Thor hinaus, nach Arles, der Hauptstadt von Burgund.